Lebensdaten
1735 – 1786
Geburtsort
Bern
Sterbeort
Bern
Beruf/Funktion
Historiker ; Berner Staatsmann ; Schriftsteller
Konfession
reformiert?
Normdaten
GND: 119500019 | OGND | VIAF: 95183019
Namensvarianten
  • Haller, Gottlieb Emanuel von
  • Haller, Gottlieb von
  • Haller, Gottlieb Emanuel von
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Zitierweise

Haller, Gottlieb von, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd119500019.html [28.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Albrecht (s. 1);
    M Marianne Wyß;
    1761 Anna Marg. (1734–1810), T d. Hans Kaspar Schultheß (1709–1804), Dir. d. Kaufm.schaft in Zürich, u. d. Regula Hirzel;
    6 S (3 früh †), 4 T, u. a. Karl Ludw. (s. 4).

  • Biographie

    Nach medizinisch-naturwissenschaftlichen Studien in Göttingen kehrte H. mit seiner Familie 1753 nach Bern zurück. Er gab das Medizinstudium auf und wandte sich zur Vorbereitung auf den Staatsdienst dem Studium der Rechte und der vaterländischen Geschichte zu. In der Folge bekleidete er verschiedene Sekretariatsstellen im öffentlichen Dienst und versah nach seinem Eintritt in den Großen Rat 1775 das Amt eines Großweibels (1775–79) und eines Gerichtsschreibers (1780–84); von 1784 bis zu seinem Tod amtete er als Landvogt in Nyon am Genfersee. Den revolutionären Ideen, etwa der Idee der Volkssouveränität, abgeneigt, befürwortete er als toleranter, gläubiger, einem gedämpften Rationalismus verpflichteter Praktiker gewisse Lockerungen geistiger Vormundschaft und die Erweiterung der persönlichen Freiheitsrechte und setzte sich besonders für die Humanisierung des Strafprozesses und Strafvollzuges ein. – Vereinzelte darstellende Arbeiten sind für H.s Bedeutung als Historiker von geringem Gewicht. 1760 erschien anonym und ohne Angabe des Druckorts – gleichzeitig auch in deutscher Übersetzung – seine Abhandlung über „Guillaume Tell, fable danoise“, eine umgearbeitete, selbständige Neubearbeitung einer bisher ungedruckten gegen die Existenz des altschweizerischen Freiheitshelden gerichteten Schrift des Pfarrers Uriel Freudenberger. Nach dem sich allenthalben erhebenden Sturm der Entrüstung distanzierte sich H. von seiner von ihm nun als Scherz erklärten Publikation, bezeichnete Freudenberger als den eigentlichen Urheber und feierte in einer 1772 veröffentlichten, quellenkritisch bedeutungslosen Schrift „Wilhelm Tell, eine Vorlesung“ den verunglimpften Helden. Von bleibender Bedeutung ist nicht H.s Leistung als Darsteller, sondern als Bibliograph, Kritiker, Sichter und Sammler des gedruckten und handschriftlichen schweizergeschichtlichen Schrifttums im weitesten Sinne. Sein bibliographisches Werk wurde zur Grundlage der sich zur eigentlichen Wissenschaft auswachsenden schweizerischen Geschichtsforschung und bildete einen wesentlichen Beitrag zu dem eben neu erwachten eidgenössischen Nationalgefühl. Kaum 20jährig begann H. seine Sammelarbeit; Studienreisen und Besuche in Archiven, Bibliotheken und Privatsammlungen, dazu besonders auch zahlreiche Helfer in der Schweiz und im angrenzenden Ausland förderten in etwa 30 Jahren ein großes Material zutage. Die wissenschaftliche Korrespondenz umfaßt über 4000 Briefe von über 350 verschiedenen Korrespondenten, darunter besonders des Luzerner Historikers J. A. F. von Balthasar und des Generals Beat Fidel Zurlauben; allein H.s Handschriftenbibliothek umfaßte schließlich einige hundert Handschriftenbände, meist Kopien von Originaldokumenten, die er freimütig andern Forschern zur Verfügung stellte. So erklärte Johannes von Müller, daß er ohne H.s Sammlung seine Schweizergeschichte nie hätte schreiben können. Nach einigen Neben- und Vorarbeiten erschienen kurz vor H.s Tod die beiden ersten Bände seines bibliographischen Lebenswerks, der „Bibliothek der Schweizergeschichte“ (6 Bände, 1 Band Hauptregister, Bern 1785–88). In der Form einer bibliothèque raisonnée erfaßt diese Bibliographie in über 11 000 Nummern das landeskundliche Schrifttum der alten Eidgenossenschaft und hat als klassisches Werk bis heute ihre Bedeutung bewahrt. Neben der Mitarbeit an verschiedenen allgemeinen, topographischen und naturwissenschaftlichen Sammelwerken (zum Beispiel an der sogenannten Encyclopédie von Yverdon) verfaßte H. als weiteres klassisch gebliebenes Werk einen Katalog, betitelt „Schweizerisches Münz- und Medaillenkabinett“ (2 Bände, Bern 1780/81, Neuauflage 1795).

  • Werke

    Weitere W u. a. Specimen Bibl. Historiae Helveticae, Bern 1757;
    Erster bis sechster Versuch e.|Crit. Verz. aller Schrr., welche d. Schweiz betreffen, 6 Bde., ebd. 1759-70 (1. Ausg. d. Bibl. d. Schweizergesch.); Nachlaß
    in Burgerbibl. Bern.

  • Literatur

    ADB X;
    H. Haeberli, in: Archiv d. Hist. Ver. d. Kt. Bern 41, 1952, S. 111-337 (vollst. W-Verz., ältere L, Ahnentafel, Stammtafel; das hier u. in der folgenden Arb. abgebildete P stellt nicht H. [P nicht bekannt], sondern dessen S Albrecht Eman. dar) ;
    ders., Die Hss.slgg. G. E. v. H.s u. d. Fam. v. Mülinen, in: Schätze d. Burgerbibl. Bern, 1953, S. 51 ff.;
    R. Feller/E. Bonjour, Gesch.Schreibung d. Schweiz I, 1962, S. 544-46.

  • Autor/in

    Hans Haeberli
  • Zitierweise

    Haeberli, Hans, "Haller, Gottlieb von" in: Neue Deutsche Biographie 7 (1966), S. 548-549 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd119500019.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA

  • Biographie

    Haller: Gottlieb Emanuel v. H. (1735—86). Der älteste Sohn Albrechts v. H. und der Marianne geb. Wyß, wurde den 17. October 1735 in Bern geboren. Der bald hernach nach Göttingen ziehende Vater fand keine Zeit zur Beschäftigung mit der Erziehung seiner Kinder; eigene Arbeitsamkeit mußte bei diesen Alles ersetzen. H. war zuerst zum Studium der Medicin bestimmt und hatte sich bereits 1751 und 53 im gelehrten Streite seines Vaters gegen Linné mit Abhandlungen betheiligt; aber nach der Rückkehr der Familie nach Bern wollte der Wunsch des Vaters, daß er sich zu den Regierungsgeschäften vorbereite. Er trat als Gehülfe in die Staatskanzlei und wendete sich mit dem größten Fleiße der Rechtswissenschaft und der Geschichte zu. Im J. 1760 machte er eine Reise nach Paris und knüpfte werthvolle Verbindungen an; die von dort aus an seinen Vater geschriebenen Briefe wurden später gedruckt. 1763 wurde er in Bern Bibliothekar, zwei Jahre später Secretär des Kriegsraths, 1775 trat er in den Großen Rath und erhielt das wichtige Amt des Großweibels, welcher Stellvertreter des Schultheißen im Stadtgericht und Untersuchungsrichter in Criminalfällen war. Als solcher war er ein Gegner der damals noch häufig angewendeten Tortur. Im J. 1779 wurde er im Auftrage der schweizerischen Tagsatzung in die Unterthanenlande jenseits des Gotthardt gesandt, 1780 zum Gerichtsschreiber und 1785 zum Landvogt zu Nyon am Genfer See (im damals bernischen Waadtlande) erwählt und bewährte auch in diesen Aemtern die Eigenschaften eines sorgsamen und umsichtigen Magistraten. Sein größtes Verdienst erwarb er sich als historischer Sammler, Forscher und Schriftsteller; er war Uebersetzer und Herausgeber einiger Schriften seines Vaters, Mitarbeiter mehrerer Zeitschriften und Sammelwerke, Correspondent der königl. Gesellschaft der Wissenschaften in Paris und in Göttingen, Mitglied der kaiserl. Naturforscher-Gesellschaft und der ökonomischen Gesellschaft in Bern. Im Jahr 1770 erschien sein „Kritisches Verzeichniß aller Schriften, welche die Schweiz betreffen", in 6 Bdn., 1780—81 kam sein „Schweizerisches Münz- und Medaillen-Cabinet“ in 2 Theilen heraus; bis zu seinem Tode arbeitete er an dem Hauptwerke, der „Bibliothek der Schweizergeschichte“, eine Frucht dreißigjährigen ganz außerordentlichen Fleißes. In 7 Bänden enthält dieses Werk, eine Umarbeitung|des oben schon genannten, eine systematisch geordnete und — mit sehr wenigen Ausnahmen — vollständige Zusammenstellung und zugleich kritische Beurtheilung aller bis 1786 in Druck erschienenen oder als Manuscript vorhandenen Schriften über die Schweiz, ihre Geschichte, Topographie und Natur. Das Schweizerische Münzcabinet und die „Bibliothek der Schweizergeschichte“ sind classische, noch heute unentbehrliche Werke, die bis zur Stunde weder durch bessere ersetzt, noch auch nur in entsprechender Weise fortgesetzt werden konnten.

    • Literatur

      Bibliothek der Schweizer. Gesch. Einleitung zum VI., nach dem Tode des Verfassers herausgegebenen Bande (von J. J. Stapfer). — Schweizer. Museum, 1786, 33—46. —
      Lutz, Nekrolog der Deutschen, 202—203. —
      Conservateur Suisse. 1817, T. VIII. 356 ss.Biographie universelle, 1817, Vol. XIX. p. 337.
      Ersch und Gruber's Encyklopädie, 1827. —
      Walthard, Description de Berne 1827, S. 226—227. —
      Tillier, Berner Geschichte, Bd. V. 469. —
      Monatliche Nachrichten aus der Schweiz, 1783, S. 51—52. —
      Ueber die Bibl. d. Schw. Gesch. vgl. Göttinger gel. Anzeigen, 1785, S. 1143. —
      Allg. deutsche Bibliothek, Bd. LXV. — Lengnich, Beiträge zur Kenntniß seltener Bücher und Münzen, 1786, 2. Stück.

  • Autor/in

    Blösch.
  • Zitierweise

    Blösch, "Haller, Gottlieb von" in: Allgemeine Deutsche Biographie 10 (1879), S. 430-431 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd119500019.html#adbcontent

    CC-BY-NC-SA