Lebensdaten
1897 – 1978
Sterbeort
Gallspach (Österreich)
Beruf/Funktion
sozialdemokratischer Politiker
Konfession
mehrkonfessionell
Normdaten
GND: 119494329 | OGND | VIAF: 79277554
Namensvarianten
  • Paul, Ernst

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Zitierweise

Paul, Ernst, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd119494329.html [28.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Anton, Tuchweber ( 1927);
    M Anna Tampe ( 1912);
    1922 Gisela Hübner; kinderlos.

  • Biographie

    P., dessen Jugend von Armut bestimmt war, begann eine Schriftsetzerlehre und trat mit 16 Jahren in die Deutsche Sozialdemokratische Arbeiterpartei in Böhmen ein. Im 1. Weltkrieg kämpfte er als Korporal der k. u. k. Armee am Isonzo, in Galizien, in der Bukowina und in Rumänien. Nach dem Krieg veröffentlichte er in der Zeitung „Der Sozialdemokrat“ erste Proben seiner lebendigen und zugreifenden Formulierungsgabe. Mit den führenden Persönlichkeiten der sudetendeutschen Sozialdemokratie, Josef Seliger (1870–1920) und Wenzel Jaksch (1896–1966) verband ihn eine enge Freundschaft. Gegen die in den 20er Jahren immer zahlreicher werdenden Übergriffe der tschech. Staatsorgane und später der NS-Anhänger Konrad Henleins stellten die Sozialdemokraten eine „Republikanische Bürgerwehr“ auf, deren Führung P. übertragen wurde. Zur Zeit des Münchener Abkommens (29.9.1938) zufällig in Schweden, blieb er dort, um einer Verhaftung in der Heimat zu entgehen. P. gründete die „Kleine Internationale“, die Aufbaupläne für die Nachkriegszeit entwarf. Sein ehrenamtlicher Sekretär war Willy Brandt (1913–92). Gegen die Absicht des Staatspräsidenten Eduard Benesch, 3, 5 Mio. Sudetendeutsche aus der Tschechoslowakei auszuweisen, leisteten Jaksch und P. 1942 in London heftigen Widerstand; sie wurden 1943 ausgebürgert.

    1946 folgte P. dem Ruf seiner vertriebenen Gesinnungsfreunde nach Esslingen und wurde Chefredakteur des Landesparteiorgans der SPD in Württemberg-Baden. 1949-65 über die Landesliste Mitglied des Bundestages, gehörte er den Ausschüssen für Auswärtiges und Verteidigung an. In letzterem sorgte er als Mitglied der „Großen Verfassungsgebungskoalition“ dafür, daß die Wiederbewaffnung in demokratische Bahnen gelenkt wurde; die Einführung der Institution des Wehrbeauftragten – nach schwed. Vorbild – geht auf seine Vorschläge zurück. Führende Positionen übernahm P. in der Beratenden Versammlung des Europarates und in der Versammlung der Westeurop. Union (WEU):|Er war neun Jahre lang Vorsitzender des Europarats-Flüchtlingsausschusses und Sprecher der Bundestagsdelegation in der WEU-Versammlung, in der er sich besonders für die Solidarität der WEU-Staaten mit Berlin einsetzte. P. fädelte den erstmaligen Besuch einer sozialdemokratischen Delegation beim Papst (Paul VI.) 1964 ein, was als „Einbruch ins kath. Milieu“ (Hildebrand) gewertet wurde. Nach dem Ausscheiden aus dem Bundestag schrieb er eine vierbändige Geschichte der sudetendeutschen Arbeiterbewegung und porträtierte Josef Seliger, Oswald Hillebrand und Wenzel Jaksch.

  • Werke

    u. a. Wenzel Jaksch u. d. sudetendt. Sozialdemokratie, 1946;
    Der Lebensweg, in: Wenzel Jaksch, Seher u. Künder, hg. v. K. Kern, 1967;
    Die Berlin-Frage vor d. Verslg. d. Westeurop. Union, hg. v. d. Dt. Delegation in d. WEU-Verslg., mit e. Vorwort v. E. P., 1967;
    Sudetendt. – Stiefkinder d. Gesch., 1968;
    Die Tragik d. dt. Widerstands, in: Die Brücke v. 19.8., 26.8. u. 2.9.1969;
    Georg Hans Trapp, Das Antlitz d. Opfer, mit e. Vorwort v. E. P., hg. v. d. Seliger-Gde., 1971;
    Autobiogr. in: Abgeordnete d. Dt. BT, Aufzeichnungen u. Erinnerungen, II, 1983.

  • Literatur

    K.-P. Schulz, Die Berlin-Frage vor d. Verslg. d. WEU, in: Bull. d. Presse- u. Informationsamtes d. Bundesreg. v. 6.5.1967;
    E. Jauernig, Sozialdemokratie u. Revanchismus, 1968;
    Der Europarat 1949-1969, hg. v. d. Bundeszentrale f. pol. Bildung, 1969;
    W. Brandt, in: SPD-Pressedienst v. 26.4.1972;
    ders., ebd. v. 26.4.1977;
    H. Müssener, Exil in Schweden, 1974;
    K. Misgeld, Die „Internat. Gruppe dem. Sozialisten“ in Stockholm 1942-1945, 1976;
    B. Kreisky, in: Vorwärts v. 28.4.1977;
    H. Wehner u. A. Hasenöhrl, in: Die Brücke v. 8.7.1978;
    Die SPD in Baden-Württ. u. ihre Gesch., hg. v. J. Schadt u. W. Schmierer, 1979;
    K. Hildebrand, Von Erhard zur Gr. Koalition 1963-1969, in: Gesch. d. Bundesrep. Dtld. in 5 Bdn., hg. v. K. D. Bracher u. a., 1984;
    E. Franzel, Sudetendt. Gesch., 1996;
    BHdE I;
    Biogr. Lex. Böhmen.

  • Autor/in

    Horst Ferdinand
  • Zitierweise

    Ferdinand, Horst, "Paul, Ernst" in: Neue Deutsche Biographie 20 (2001), S. 113-114 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd119494329.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA