Lebensdaten
1862 – 1934
Geburtsort
Weißenburg (Bayern)
Sterbeort
bei Dachau
Beruf/Funktion
bayerischer Politiker ; Jurist ; Ministerpräsident ; Generalstaatskommissar
Konfession
evangelisch
Normdaten
GND: 119446901 | OGND | VIAF: 44230392
Namensvarianten
  • Kahr, Gustav Ritter von
  • Kahr, Gustav von
  • Kahr, Gustav
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Zitierweise

Kahr, Gustav Ritter von, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd119446901.html [28.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Gustav Rr. v. K. (bayer. Personaladel 1888, 1833-1905), Dr. med. h. c., Präs. d. Bayer. Verwaltungsgerichtshofs, Reichsrat (s. BJ Tl.), S d. Georg Samuel K. (1794-1870), Dekan zu W., u. d. Pfarrers-T Charlotte Ötter;
    M Emilie (1839–1911), T d. Dr. med. Joh. Georg Rüttel, Gerichtsarzt in W., u. d. Luise Reichelt;
    Urur-Gvv Samuel Wilhelm Ötter (1720-92), Pfarrer in Markt Erlbach, brandenburg. Historiograph, Heraldiker, Genealoge (s. L);
    - München 1890 Ella (1864–1938),| T d. Oberregierungsrats Gustav Schübeck u. d. Louise Vocke;
    4 T (1 früh †), u. a. Ella ( Anton Kerschensteiner, 1884–1970, Präs. d. Landesarbeitsger. in München).

  • Biographie

    Nach dem Besuch des Maxgymnasiums in München und dem Abschluß des Rechtsstudiums 1888 begann der angehende Verwaltungsbeamte K. seine Laufbahn am Bezirksamt Erding. Dort, wie später als Bezirksamtmann in Kaufbeuren, nahm er sich mit organisatorischem Geschick der Erhaltung der Volkskunst und der gefährdeten Baudenkmäler an. Zusammen mit Kurat Frank und dem Bildhauer Wadere wurde K. Mitbegründer des „Bayerischen Landesvereins für Heimatpflege“. Bleibende Verdienste als Heger und Hüter des gefährdeten Kulturgutes auf Landesebene erwarb sich K. nach seiner Berufung (1902) in das Staatsministerium des Innern. Schon in jungen Jahren vom Prinzregenten Luitpold und wissenschaftlichen Gremien für seine Verdienste um den Heimatschutz hochgeehrt, durchlief K. schnell die Stationen des Ministerialdienstes bis hin zum Staatsrat. Als einer der frühesten Mahner erkannte K., der 1917 Regierungspräsident von Oberbayern wurde, die kommende Revolution. Der Königssturz von 1918 erschütterte zwar das überkommene Leitbild des patriarchalisch verwalteten Staates, ermöglichte aber zugleich K., sich für die Zukunft des Reiches und ein erträgliches Verhältnis zwischen dem Freistaat Bayern und dem Staat von Weimar einzusetzen. Diese Sorge führte K., der eigentlich kein Politiker war, wie er selbst bekannte, zwangsläufig in die Politik. 1920-21 bemühte er sich als Ministerpräsident, Bayern zu einer „Ordnungszelle“ des Reiches und zum damals einzigen nationalen Machtfaktor im Reich zu machen. Dabei ließ er sich in seiner gut gemeinten, aber insgesamt glücklosen Politik wiederholt auf Kraftproben mit Berlin und den Siegermächten (Einwohnerwehr, Reichsausnahmeverordnung) ein. Am 11.9.1921 trat er als Ministerpräsident zurück und übernahm wieder das Amt des Regierungspräsidenten.

    Kurz vor seinem Rücktritt hatte K. Hitler kennengelernt. Er sah in ihm wie viele seiner Zeitgenossen den „Trommler“ für die nationale Sache, mit dessen Hilfe er den Kommunismus abzuwehren, die gestörte Ordnung in Berlin und im Reich herzustellen hoffte. Er wollte die bayerischen Kampfverbände mit ihren Führern Hitler und Pittinger vor den nationalen Wagen spannen. K. geriet aber unversehens ins Zwielicht, als ihn vor den aufkommenden Gefahren von rechts und links am 26.9.1923 die bayerische Staatsregierung unter Knilling zum Generalstaatskommissar bestellte. Es liegt ein Stück Ironie darin, daß Hitler zu dem von K. nie gebilligten Alleingang gerade in dem Augenblick ansetzte, als K. am Abend des 8. November im vollbesetzen Bürgerbräukeller in München den starken Mann beschwor. Lossow, Seißer und K. wurden vorübergehend Hitlers Gefangene, konnten dann aber nach einer Erklärung – ob erzwungen oder freiwillig gegeben, bleibt unklar –, sich an dem Putsch zu beteiligen, den Bürgerbräukeller verlassen. Noch in der Nacht begannen unter ihrer Teilnahme die Gegenaktionen. K. wurde von Freund und Feind zum „Sündenbock“ gestempelt. Die Regierung ließ ihn fallen. Seine Beamtenlaufbahn beschloß er 1930 als Präsident des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs. Hitlers Rache traf K., als ihn seine Häscher im Schatten der „Röhmaffäre“ verschleppten und in der Nähe von Dachau ermordeten. So stehen Name und Schicksal von K. stellvertretend für eine Zeit, die wie er selbst im Zwielicht stand.|

  • Auszeichnungen

    Dr. med. h. c. (München), Dr.-Ing. E. h. (München).

  • Literatur

    K. Rothenbücher, Der Fall K., 1924;
    G. Wulz, Die Fam. K., in: Archiv f. Rassen- u. Ges.biol. 18, H. 3., Sept. 1926, S. 249-69;
    H. Gordon, Hitlerputsch 1923, 1971;
    H. Heiber, Die Republik v. Weimar, in: Dt. Gesch. seit d. 1. Weltkrieg I, 1971, S. 13-211;
    G. Bonnin, Le Putsch de Hitler à Munich en 1923, 1966 (darin u. a. Geh. Prozeßprotokolle K.-Ludendorfl, L);
    B. Zittel, in: Fränk. Lb. III, 1969, S. 327-46 (L, P);
    F. Menges, Hans Schmelzle, 1972;
    Rhdb. (P);
    - Zu Urur-Gvv Oetter:
    ADB 24;
    G. Pfeiffer, in: Jb. f. fränk. Landesforschung 21, 1961, S. 79-108.

  • Porträts

    Gem. v. L. Samberger (Ingolstadt, Städt. Mus.).

  • Autor/in

    Bernhard Zittel
  • Zitierweise

    Zittel, Bernhard, "Kahr, Gustav Ritter von" in: Neue Deutsche Biographie 11 (1977), S. 29-30 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd119446901.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA