Lebensdaten
um 1555 – 1601
Geburtsort
Bernburg (Anhalt)
Sterbeort
Bernburg (Anhalt)
Beruf/Funktion
Astronom ; Mathematiker
Konfession
evangelisch
Normdaten
GND: 119393662 | OGND | VIAF: 51934101
Namensvarianten
  • Rothmann, Christoph
  • Rhotmann, Christoph
  • Rhotmannus, Christophorus
  • mehr

Objekt/Werk(nachweise)

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Zitierweise

Rothmann, Christoph, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd119393662.html [28.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    B Johannes, Arzt in Erfurt, Astronom.

  • Biographie

    Zu R.s Elternhaus, Jugend und Elementarausbildung liegen uns keine Nachrichten vor. Joachim Ernst Fürst v. Anhalt (1536–86) ermöglichte R. seit 1575 das Studium der Theologie, Mathematik und Astronomie in Wittenberg, wo wahrscheinlich auch Johannes Praetorius (1537–1616) zu seinen Lehrern zählte. Vermutlich auf Empfehlung des Fürsten stellte ihn Lgf. Wilhelm IV. von Hessen (1532–92) um 1577 als „Hofmathematicus“ ein. Gemeinsam mit dem „Hofuhrmacher“, dem Schweizer Mechaniker Jost Bürgi (1552–1632), beförderte R. wesentlich das wissenschaftliche Ansehen der seit 1560 in Kassel bestehenden, ersten fest eingerichteten europ. Sternwarte. Er widmete sich v. a. der beobachtenden Astronomie, verbesserte die von Johannes Regiomontan (1436–76) angegebene Methode der Azimutbestimmung und entwickelte Regeln zur Kontrolle und Korrektur der Sternbeobachtungen. In der Nachfolge von Regiomontan war R. ein eifriger Kometenbeobachter; 1585 verfaßte er die Arbeit „Dialexis cometae“, in der die stoffliche Natur der Kometenschweife beschrieben wird. Zweifelhaft ist, ob er, wie mehrfach behauptet, als erster abendländischer Astronom das Zodiakallicht beobachtet hat.

    Nicht zuletzt die Genauigkeit der Zeitmessung – R. verwendete eine durch die Einführung von Gangregulatoren verbesserte „Sekundenuhr“ – trug dazu bei, daß von ihm, Bürgi und Wilhelm IV. bis 1587 ein maßstabsetzender Sternkatalog erarbeitet werden konnte, der die Positionen von 383 Sternen enthält (vollst. veröff. erst 1666 in Augsburg als Teil d. „Historia coelestis“). Als überzeugter Copernicaner führte R. über mehrere Jahre hinweg einen Briefwechsel mit Tycho Brahe (1546–1601) und erkannte bereits vor Galilei, daß die „dritte Erdbewegung“ des Copernicus für das heliozentrische Modell „überflüssig“ sei. 1580-90 entstand R.s unveröffentlicht gebliebenes umfangreiches Kompendium der Trigonometrie „Organon mathematicum“ (Univ.bibl. Kassel, Sign. 4 Ms. math. 29), Darin ist u. a. die „Prostaphaeresis“ beschrieben, ein von ihm gemeinsam mit Bürgi entwickeltes Verfahren zur leichteren Multiplikation und Division trigonometrischer Funktionen.

    Warum R. nach einem Besuch bei Brahe auf der Insel Hven 1590 nicht nach Kassel zurückkehrte, konnte bislang nicht geklärt werden. Während seiner letzten Lebensjahre, die er in Bernburg verbrachte, befaßte er sich vermutlich nur noch am Rande mit astronomischen Fragen. In dieser Periode entstanden einige konventionelle theologische Traktate.

  • Werke

    Weitere W Restitutio Sacramentorum, 1611;
    Descriptio accurata cometae anni 1585, 1619;
    C. R.s Hdb. d. Astronomie v. 1589, Kommentierte Ed. d. Hs. C. R.s „Observatorium stellarum liber primus“, Kassel 1589, hg. v. M. A. Granada u. a., 2003.

  • Literatur

    ADB 29;
    J. M. Matsko, Programms, quo prosthaphaeresis inventori suo C. R. vindicatur, 1781;
    B. T. Moran, C. R., the Copernican Theory and Technical Influences on the Criticism of Aristotelean Cosmology, in: Sixteenth Century Journal 13, 1982, S. 85-108;
    J. Hamel, Die astronom. Forschungen in Kassel unter Wilhelm IV., 1998;
    Strieder;
    Pogg. II, VII a Suppl.;
    DSB XI;
    Killy;
    Kosch. Lit.-Lex.³, Erg.bd. VI.

  • Autor/in

    Andreas Kühne
  • Zitierweise

    Kühne, Andreas, "Rothmann, Christoph" in: Neue Deutsche Biographie 22 (2005), S. 127-128 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd119393662.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA

  • Biographie

    Rothmann: Christoph R., Astronom, geboren zu Bernburg, ebenda. Es ist auffallend, daß man die Geburts- und Todeszeit des in seiner Art doch immer hervorragenden Mannes gar nicht genauer zu bestimmen in der Lage ist, obwohl auf R. Wolf's Wunsch hin so compelente und localkundige Forscher wie Schwabe und Curtze sich um die Klarstellung dieser Verhältnisse bemüht haben. Die Angabe der „Geschichte der Astronomie", daß 1596 das Todesjahr Rothmann's sei, ist zweifellos unrichtig, denn eine seiner theologischen Schriften stammt noch vom Jahre 1599, während allerdings der 1608 gedruckte „Bericht von der Tauffe“ als „posthum“ bezeichnet wird. Ebensowenig wissen wir von Rothmann's Jugendjahren; er begegnet unsern Blicken zuerst 1577, indem ihn|da, nachdem Praetorius (s. A. D. B. XXVI, 519) den betreffenden Ruf ausgeschlagen hatte, Landgraf Wilhelm V. in Kassel als seinen „Mathematicus“ anstellt; bei dieser Gelegenheit wird uns kund, daß R. in Wittenberg Theologie und Mathematik studirt hatte und mit materieller Unterstützung seines Anhalter Landesfürsten Joachim zur Besichtigung der eben damals berühmt werdenden Kasseler Sternwarte nach Hessen gereist war; Wilhelm's scharfer Blick erkannte das Talent und wußte es für seinen Dienst zu gewinnen. Denn ein bedeutendes Talent besaß R. allerdings neben einem allen Anzeichen zufolge sehr wenig liebenswürdigen Charakter; auch war er nicht sowol zum Beobachter recht geschickt, wol aber in um so höherem Maße für Rechnungs- und Reductionsarbeiten. Da der selbst in der Sternkunde vortrefflich beschlagene Landgraf diesen Sachverhalt richtig herausfühlte, so berief er zur Ergänzung als „Hofuhrmacher“ den trefflichen Schweizer Mechaniker Justus Bürgi, und durch das Zusammenwirken dieser beiden Männer wurde das Observatorium in Kassel auf eine Höhe gehoben, welche fast mit der von Brahe's „Uranienburg“ erreichten concurriren konnte.

    Um seine Verdienste ins richtige Licht zu setzen, bemerken wir, daß R. die von Regiomontanus angegebene Methode der Azimutbestimmung erheblich verbessert und als einer der ersten deutschen Astronomen — nur Werner war ihm darin vorangegangen — die Polhöhe als arithmetisches Mittel aus der oberen und unteren Culminationshöhe eines Circumpolarsternes definirt hat. Er drang darauf, Sonnenparallaxe und Refraction zu berücksichtigen, und wenn er auch erstere viel zu groß annahm und von der zweiten irrig vermuthete, daß sie für Zenitdistanzen kleiner als 700 nicht mehr einen merkbaren Einfluß ausübe, so wird durch diese wol zu entschuldigenden Irrthümer der Umstand doch nicht alterirt, daß R. jede Beobachtung vor ihrer weiteren Verwendung erst mit den nöthigen Correctionen versehen wissen wollte. So durfte der „hessische Sternkatalog“, welcher 121 scharf bestimmte Sterne enthält und in den Jahren 1567 bis 1586 von Wilhelm selbst und seinen beiden Gehülfen zustande gebracht wurde, als eine Meisterleistung jener Zeit gelten; herausgegeben ward er freilich erst viel später durch Snellius ("Coeli et siderum inerrantium observationes Hassiacae“. Leyden 1618). R. war auch, im Gegensatze zu den meisten seiner damaligen Fachgenossen, ein eifriger Kometenbeobachter; derselbe Snellius nahm Rothmann's „Descriptio accurata cometae anni 1585“ in sein eigenes, 1619 zu Leyden erschienenes Kometenwerk auf. Für eine schärfere Eintheilung der Zeit interessirte sich R. lebhaft; er betont ausdrücklich die relativ lange Dauer und Meßbarkeit der Zeitsecunde und erwähnt in der Einleitung zum hessischen Sternverzeichniß, daß man in Kassel eine ganz besondere Secundenuhr — Bürgi's Pendeluhr (?) — zur Verfügung gehabt habe. Daß R. als der erste Europäer die besondere Natur des Zodiakallichtes constatirte, darf gleichfalls nicht unverschwiegen bleiben. Seiner theoretischen Anficht nach war R. bereits überzeugter Coppernicaner und vertrat diesen seinen Standpunkt auch in Briefen gegen Tycho Brahe, der in seinen Antworten die bekannten, etwas kindlichen Gründe gegen die heliocentrische Weltanschauung entwickelt; wie richtig R. über solche Fragen dachte, geht u. a. auch daraus hervor, daß er schon vor Galilei von der „dritten Erdbewegung“ Coppernic's als „überflüssig“ nichts wissen wollte. Zwischen 1580 und 1590 entstand Rothmann's heute noch handschriftlich in Kassel befindliche, von Billwiller und Wolf aber wissenschaftlich ausgenutzte „Doctrina triangulorum“, ein theilweise dem coppernicanischen Vorbilde angepaßter Lehrbegriff der gesammten Trigonometrie, welcher aber auch manch eigenes enthält, so z. B. eine hübsche geometrische Auflösung der Aufgabe, aus den drei Winkeln eines Kugeldreieckes die drei Seiten zu finden. Dagegen rühmte sich R. mit Unrecht der Erfindung der „ Prostaphaeresis“, d. h. eines Verfahrens,|um die Producte goniometrischer Functionen in Summen zu verwandeln; dieses Verfahren brachte Wittich der Idee nach von seiner dänischen Studienreise mit, und Bürgi hat es dann weiter ausgebildet.

    Warum R. von einem Ausfluge, welchen er 1590 zum Besuche Tycho's auf die Insel Hveen unternahm, nicht wieder nach Kassel zurückgekehrt ist und ohne eigentliche Verabschiedung den Dienst seines gütigen Herrn verlassen hat, wird wol niemals aufgeklärt werden. Jedenfalls lebte derselbe von obigem Zeitpunkte an in seiner Vaterstadt Bernburg, hing die Astronomie an den Nagel und betheiligte sich umso eifriger litterarisch an den theologischen Zänkereien jener streitlustigen Zeit. Die Unsterblichkeit freilich wäre ihm keine der Arbeiten aus dieser zweiten Periode seines Gelehrtenlebens zu sichern im Stande gewesen.

    R. Wolf, Astronomische Mittheilungen, XXXIII. — R. Wolf, Geschichte der Astronomie, S. 228, 272 ff., 344 ff., 370 ff., 381 ff., 387, 409, 693, München 1877. — Mädler, Geschichte der Himmelskunde von der ältesten bis auf die neueste Zeit, I. S. 200 ff., 226, Braunschweig 1877. — Geschichte der Astronomie von den ältesten bis auf gegenwärtige Zeiten, I, S. 274, Chemnitz 1792. — Matsko, Programma, quo prosthaphaeresis inventori suo Chr. Rothmanno vindicatur, Rinteln 1781.

  • Autor/in

    Günther.
  • Zitierweise

    Günther, "Rothmann, Christoph" in: Allgemeine Deutsche Biographie 29 (1889), S. 370-372 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd119393662.html#adbcontent

    CC-BY-NC-SA