Lebensdaten
1884 – 1969
Geburtsort
Lübeck
Sterbeort
Curitiba (Brasilien)
Beruf/Funktion
Biologe ; Ethnograph ; Sprachforscher
Konfession
evangelisch
Normdaten
GND: 119392569 | OGND | VIAF: 56662770
Namensvarianten
  • Tessmann, Günther Theodor
  • Tessmann, Günther
  • Tessmann, Günther Theodor
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Zitierweise

Tessmann, Günther, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd119392569.html [20.04.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Theodor (1832–1924), aus L., Kaufm. in L.;
    M Laura Wöbbe, verw. Georg (1847–1921), aus Wandsbek; ledig.

  • Biographie

    T., der bis 1902 das Lübecker Katharineum, besuchte, entwickelte schon in dieser Zeit entomologische Interessen. Nach einer zweijährigen Lehre an der Kolonialschule in Witzenhausen bereiste er 1904 als Aufseher einer Kakaoplantage die damalige dt. Kolonie Kamerun und besuchte verschiedene Pangwe (heute: Fang) sprechende Gruppen (Baja, heute: Basa, und Ewondo) und die Stämme am Río Muni in der an Kamerun angrenzenden span. Kolonie Guinea Española (heute: Äquatorial-Guinea). Bald nach seiner Rückkehr nach Lübeck 1907 folgten zwei weitere Westafrika-Expeditionen 1907–09 und 1913–17. Auf letzterer besuchte er die unter span. Kolonialverwaltung stehende Insel Fernando Po (heute: Bioko) und wurde dort nach Ausbruch des 1. Weltkriegs interniert. Während dieser Gefangenschaft v. a. in Spanien stellte er drei wiss. Monographien fertig. Nach seiner Entlassung und Rückkehr nach Deutschland führte er 1922–26, weitgehend aus Stiftungsgeldern und öffentlichen Mitteln finanziert, ethnographische Feldforschung in Nordost-Peru (Río Ucayali) durch. Seit 1927 in Berlin ansässig, nutzte er 1936 einen weiteren Forschungsauftrag zur Emigration mit seinem damaligen Lebensgefährten Rudolf Zeidler nach Brasilien. Dort übte er verschiedene Tätigkeiten, u. a. als Landwirt sowie als Botaniker am Museo Paranaense, später am Instituto de Biologia in Curitiba, aus. Deutschland besuchte er nur noch einmal, 1955, bevor er 1969 in einem brasil. Altersheim verstarb.

    Neben den ethnographischen auf westafrikan. Bantu-Stämme bezogenen Monographien über die „Pangwe“, „Bubi“, „Baja“ und „Bafia“ veröffentlichte T. auch Sprachstudien und eine Überblicksdarstellung der Sprachvielfalt von Kamerun. In Südamerika verfaßte er für das östl. Grenzgebiet von Ecuador und Peru die ersten umfassenden ethnographischen Monographien und machte Sprachaufnahmen. Auf allen Reisen sammelte er auch botanisch und zoologisch. In den letzten 20 Lebensjahren versuchte sich T. vornehmlich an einer esoterischen Welterklärung und gab im Eigenverlag das Buch „Der Schöpfungsplan“ (1950) heraus. Seine homoerotischen und pädophilen Neigungen, die er offen auslebte, scheinen sein Ansehen als Forscher und Publizist nicht wesentlich beeinträchtigt zu haben. Seine Heimatstadt Lübeck würdigte T. nach Wiedereröffnung des dortigen Völkerkundemusems 1980 wiederholt mit Ausstellungen (1986, 2000).

  • Auszeichnungen

    A Dr. phil. (Rostock 1930);
    Benennung d. Schmetterlings „Pterocarpus tessmanii Harms“.

  • Werke

    W Ethnograph. Slgg.: Mus. f. Völkerkde. Berlin;
    Hamburg. Mus. f. Völkerkde (Kriegsverlust);
    Völkerkundemus. d. Stadt Lübeck (umfangreiche Kriegsverluste);
    Mss.: Leibniz-Inst. f. Länderkde., Leipzig;
    Schrr. Die Pangwe, Völkerkundl. Monogr. e. westafrikan. Negerstammes, Ergebnisse d. Lübecker Pangwe-Expedition 1907–1909 u. früherer Forschungen 1904–1907, 2 Bde., 1913;
    Homosexualität b. d. Negern Kameruns, in: Jb. f. sexuelle Zwischenstufen, Hh. 1 u. 2, 1921, S.121–38;
    Die Bubi auf Fernando Póo, Völkerkundl. Einzelbeschreibung e. westafrikan. Negerstammes, 1923;
    Menschen ohne Gott, Ein Besuch b. d. Indianern des Ucayali, 1928;
    Die Indianer Nordost-Perus, Grundlegende Forschungen f. e. systemat. Völkerkde., 1930;
    Die Völker u. Sprachen Kameruns, in: Petermanns geogr. Mitt. 78, 1932, S. 113–20 u. 184–90;
    Die Bafia u. d. Kultur d. Mittelkamerun-Bantu, Ergebnisse d. 1913 v. Reichs-Kolonialamt ausgesandten völkerkundl. Forsch.reise nach Kamerun, 2 Bde., 1934–37;
    – Mein Leben, Tageb. in 12 Bdn., hg. v. S. Dinslage u. B. Templin, 2012 ff. (Ms. mit Zeichnungen u. Photogrr. im Archiv d. Völkerkundemus. d. Stadt Lübeck).

  • Literatur

    L W. Haberland, in: Zs. f. Ethnol. 94, 1969, S. 169 f. (P);
    H.-O. Neuhoff, Lebensweg u. Veröff. Dr. G. T.s, in: Afrika heute, 1969, S. 117–20 (P);
    Th. Klockmann, G. T., Kg. im weißen Fleck, Das ethnol. Werk im Spiegel d. Lebenserinnerungen, Ein biogr.-werk-krit. Versuch, 1988 (P); S. Ziegler, Die Wachszylinder d. Berliner Phonogramm-Archivs, 2006, S. 382 (P);
    G. Miehe, K. Winkelmann u. B. Riese, in: Internat. Dict. of Anthropologists, hg. v. Ch. Winters, 1991;
    Lex. Bryologen;
    Biogr. Lex. Schleswig-Holstein VIII, 1987 (Qu, W, L), erneut in:
    Lübecker Ll. I (P).

  • Autor/in

    Berthold Riese
  • Zitierweise

    Riese, Berthold, "Tessmann, Günther" in: Neue Deutsche Biographie 26 (2016), S. 45-46 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd119392569.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA