Lebensdaten
1904 – 1988
Geburtsort
Hannover
Sterbeort
Kirchzarten
Beruf/Funktion
Historiker
Konfession
lutherisch
Normdaten
GND: 11939085X | OGND | VIAF: 98447056
Namensvarianten
  • Rosenberg, Hans Willibald
  • Rosenberg, Hans
  • Rosenberg, Hans Willibald

Objekt/Werk(nachweise)

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Zitierweise

Rosenberg, Hans, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd11939085X.html [16.04.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Julius (1851–1918, jüd.), aus Düsseldorf, Kaufm.;
    M Martha Guthmann (luth.), aus preuß. Beamtenfam.;
    1929 Helene gesch. Willach (1900–86, kath.), emigrierte 1933 mit R. nach Großbritannien, 1938 in d. USA, T d. Friedrich Wassermann u. d. Helene Zipps; kinderlos.

  • Biographie

    R., der seit 1910 in Köln aufwuchs, wurde durch das Erlebnis des 1. Weltkriegs und der Revolution 1918/19 tief geprägt. Seit 1922 studierte er Geschichte und Philosophie in Köln, Freiburg (Br.) und Berlin, wo er 1927 bei Friedrich Meinecke mit einer ideengeschichtlichen Arbeit über „Die Jugendgeschichte Rudolf Hayms“ (1928) promoviert wurde. Haym (1821–1901) war auch Thema seiner Kölner Habilitationsschrift (Rudolf Haym u. d. Anfänge d. klass. Liberalismus, 1933), in der R. in kritischer Auseinandersetzung mit der liberalen dt. Geistesaristokratie und ihrer Wendung gegen die kleinbürgerliche und proletarische Massendemokratie versuchte, die Geistes- und Ideengeschichte mit der politischen Geschichte und den sozialen Wandlungsprozessen zu verknüpfen. Im Jan. 1933 gegen erhebliche Widerstände in der Fakultät habilitiert, mußte R., als „Halbjude“ und Demokrat diskriminiert, 1933 nach England emigrieren. Im Herbst 1935 ging er weiter in die USA, wo er nach einer Anstellung in Jacksonville (Illinois) 1938 eine Professur am Brooklyn-College (New York) erhielt. Dort lehrte er europ. Wirtschafts- und Sozialgeschichte seit dem Hochmittelalter und neuere dt. Geschichte. 1959 übernahm er die angesehene Shepard-Professur für Geschichte an der University of California in Berkeley (1972 em.).

    Die Weltwirtschaftskrise, der Zusammenbruch der Weimarer Demokratie und die NS-Diktatur, aber auch methodische Anregungen v. a. aus der Nationalökonomie prägten R.s Geschichtsschreibung seit den 1930er Jahren. Die Abwendung von der Ideengeschichte zeigte sich bereits in der 1932/33 geschriebenen Pionierstudie über „Die Weltwirtschaftskrise 1857-1859“ (1934, ²1974 mit e. „Vorbericht“), in derer die Ursachen, den Verlauf und die Wirkungen der „ersten Weltwirtschaftskrise der Menschheitsgeschichte“ analysierte. Hauptgegenstand seiner Forschungen in den folgenden Jahrzehnten waren Geschichte und ökonomische, soziale und politische Bedeutung des preuß. „Junkertums“ von seiner Entstehung um 1200 bis zu seinem Ende als sozialer Klasse 1945. Das Mittelstück des im Manuskript fast abgeschlossenen Werkes wurde Grundlage seiner 1958 unter dem Titel „Bureaucracy, Autocracy and Aristocracy, The Prussian Experience 1660-1815“ (Nachdr. 1966) veröffentlichten Studie über das Aufkommen der preuß. Beamtenschaft und ihre Verbindungen zur Aristokratie und zur absoluten Monarchie. Dieser Klassiker der mitteleurop. Verfassungs- und Sozialgeschichte hat v. a. die amerik. Geschichtsschreibung über Deutschland stark beeinflußt. Für die dt. Geschichtswissenschaft noch wichtiger wurde sein 1967 veröffentlichtes Werk über „Große Depression und Bismarckzeit, Gesellschaft und Politik in Mitteleuropa“ (Neuaufl. mit e. „Vorbemerkung“, 1976). In dieser als Experiment verstandenen Studie über die Zusammenhänge zwischen konjunktureller Entwicklung und ökonomischen, sozialen, politischen, sozialpsychologischen und ideologischen Wandlungen 1873-96 wollte er die Fruchtbarkeit des v. a. von Nikolai D. Kondratieff (1892–1938) entwickelten Modells der langen Wellen der wirtschaftlichen Entwicklung erproben. Mit diesem Werk wurde R., der schon bei seinen Gastprofessuren an der FU Berlin 1949 und 1950 einen Kern von dt. Schülern gewann, denen er auch das Buch widmete, zum Vorbild und Mentor der sich v. a. an der Univ. Bielefeld etablierenden „kritischen Sozialgeschichte“. 1977 kehrte R. nach Deutschland zurück und wurde Honorarprofessor der Univ. Freiburg (Br.).

    Kennzeichnend für die Geschichtsschreibung R.s sind die Verbindung universaler Fragestellungen mit präzisen empirischen Studien, die Methode des Vergleichs verschiedener Länder zur Herausarbeitung des Typischen und Besonderen eines Landes sowie die Öffnung der Geschichtswissenschaft für Modelle und Begriffe der Nationalökonomie, der Soziologie und der politischen Wissenschaften. In der dt. Geschichte untersuchte R. besonders die tieferen Ursachen der Schwäche liberaldemokratischer Kräfte und der anhaltenden Stärke vorindustrieller Traditionen und feudaler Eliten. Ein höchst origineller Forscher und ungemein anregender akademischer Lehrer, der einen scharfen analytischen Verstand mit großer menschlicher Wärme verband, war R. Pionier und Nestor der modernen dt. Sozialgeschichte sowie ein wichtiger Vermittler zwischen dt. und amerik. Geschichtswissenschaft.|

  • Auszeichnungen

    Dr. phil. h. c. (Bielefeld 1977);
    Hans-Rosenberg-Preis (seit 2003).

  • Werke

    Weitere W Die nat.pol. Publizistik Dtld.s von d. Neuen Ära in Preußen bis z. Dt. Krieg, Eine krit. Bibliogr., 2 Bde., 1935;
    Probleme d. dt. Soz.gesch., 1969;
    Pol. Denkströmungen im dt. Vormärz, 1972;
    Machteliten u. Wirtsch.konjunkturen, Stud. z. neueren dt. Soz.- u. Wirtsch.gesch., 1978 (darin S. 11-23 autobiogr. Aufzeichnung: Rückblick auf e. Historikerleben zw. zwei Kulturen);
    Hg.:
    Ausgew. Briefwechsel Rudolf Hayms, 1930 (Neudr. 1966).

  • Literatur

    G. A. Ritter (Hg.), Entstehung u. Wandel d. modernen Ges., FS f. H. R. z. 65. Geb.tag, 1970 (S. V-X Vorwort d. Hg., P);
    ders., in: Gesch. u. Ges. 15, 1989, S. 282-302;
    ders., H. R. (1904-1988), Gr. Depression u. Bismarckzeit, in: V. Reinhardt (Hg.), Hauptwerke d. Gesch.schreibung, 1997, S. 536-39;
    H.-U. Wehler (Hg.), Soz.gesch. heute, FS f. H. R. z. 70. Geb.tag, 1974 (S. 9-21 Vorwort d. Hg., W-Verz.);
    A. Sywottek, Soz.gesch. im Gefolge H. R.s, in: Archiv f. Soz.gesch. 16, 1976, S. 603-21;
    H. A. Winkler, in: HZ 248, 1989, S. 529-55;
    H. Schissler, in:|An Interrupted Past, hg. v. H. Lehmann u. J. J. Sheehan, 1991, S. 180-87;
    BHdE II;
    R. v. Bruch u. R. A. Müller (Hg.), Hist.lex., 1991; C. Epstein, A Past Renewed, A Cat. of German-Speaking Refugee Historians in the United States after 1933, 1993 (W, Qu, L);.|

  • Nachlass

    Nachlaß: BA Koblenz.

  • Autor/in

    Gerhard A. Ritter
  • Zitierweise

    Ritter, Gerhard A., "Rosenberg, Hans" in: Neue Deutsche Biographie 22 (2005), S. 62-64 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd11939085X.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA