Lebensdaten
1630 – 1703
Geburtsort
vermutlich in der Pfalz
Sterbeort
Wien
Beruf/Funktion
Bankier ; Hoffaktor in Wien ; Finanzier der Feldzüge von Prinz Eugen
Konfession
jüdisch
Normdaten
GND: 119272229 | OGND | VIAF: 10652422
Namensvarianten
  • Oppenheim, Samuel ben Simeon
  • Heidelberg, Samuel
  • Samuel Heidelberg
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Zitierweise

Oppenheimer, Samuel, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd119272229.html [19.04.2024].

CC0

  • Genealogie

    Der 1612 aus Frankfurt/Main vertriebenen Fam. gehörten d. wichtigsten Hofjuden ihrer Zeit an; sie bildete mit d. Wertheimer, Behrens u. Gomperz e. Bankiers- u. Rabbinerelite;
    V Simeon Wolf (1580–1664), in Worms;
    M Edel;
    B Moses, Vorsteher in Heidelberg u. Fürth;
    Schw Serlen (⚭ Isak Brilin, Rabbiner in Mannheim);
    – ⚭ Sandela ( 1705), T d. Manoach Carcassone, aus v. Frankreich n. Böhmen eingewanderter Fam.; 4 S, u. a. Emanuel (Mendel, 1721), Wolf ( 1726, Frade, T d. Hofagenten Elieser [Lefman] Behrens, 1634–1714, s. NDB II), Abraham, Nathan, 5 T, u. a. Frumet ( 1713, Josef Guggenheim);
    Schwieger-S Löb Deutz zur goldenen Arche, in Frankfurt/M., Emanuel Drach. Jacob Mannheimer, Löw Sinzheim;
    N David (s. 2);
    Ur-E Fromet Guggenheim (1737–1812, Moses Mendelssohn, 1729–86, s. NDB 17); Verwandter Joseph Süß (s. 3).

  • Biographie

    Um 1660 war O. in Heidelberg Armeelieferant des Kf. Karl Ludwig von der Pfalz. Damit begannen seine gewagten Transaktionen, die ihm später im Dienste Kaiser Leopolds I. ein großes Vermögen einbrachten, ihn aber auch bedeutenden Risiken aussetzten. Seit 1672 brachte er beträchtliche Mittel, insbesondere in Form eines Warenkredits, für den kaiserl. Feldzug am Rhein gegen Frankreich auf, 1674 übersiedelte er nach Wien und wurde 1679 zum kaiserl. Kriegsfaktor, also zum offiziellen Armeelieferanten, 1701 zum Oberkriegsfaktor ernannt. Dank seinem Organisationstalent gelang es ihm, über Zentraleuropa hinaus ein Netz von Vertragspartnern aufzubauen, zu dem auch einige Hofjuden zählten. Als 1683 Wien von den Osmanen belagert wurde, übernahm O. auch die Belieferung des Entsatzheeres, das zur Befreiung der Stadt anrückte, und zur Rückeroberung Ungarns versorgte er die dortigen Militärmagazine. Zur Versorgung der Soldaten mit Brot und der Pferde mit Hafer kaufte er den Großgrundbesitzern, insbesondere Böhmens, ihren Getreideüberschuß ab und sorgte für dessen Transport über die Donau. Dafür setzte er eine Flotte von acht Schiffen mit 52 Mann ein. O. war aber nicht nur Armeelieferant, sondern auch Hoflieferant und Hofbankier und betrieb im Auftrag des Kaisers Darlehensvermittlungen und Wechselgeschäfte. Deshalb konnte er auch in der großen europ. Politik eine Rolle spielen, indem er dem sächs. Kurfürsten mit der Überweisung von annähernd einer halben Mio. fl. Subsidiengeldern die Wahl zum König von Polen sicherte. Die Kosten des Friedens von Karlowitz (1699), die Vorbereitung des Span. Erbfolgekrieges und die Niederwerfung des Rákoczy-Aufstandes in Ungarn brachten ihn in große finanzielle Schwierigkeiten. Mit seinen Finanztransaktionen hatte er zwar wesentlichen Anteil an der Errichtung der österr. Großmacht und war deshalb für den Staat unentbehrlich, geriet jedoch, u. a. durch die Gegnerschaft des seit 1692 amtierenden Hofkammerpräsidenten Leopold Gf. Kollonitsch, wiederholt in große persönliche Bedrängnis. 1683 wurde er von einem Kompagnon wegen Übervorteilung der Hofkammer angezeigt, verhaftet, mußte den nachgewiesenen Schaden von 21 000 fl. ersetzen und zu ungünstigen Bedingungen dem Ärar einen Kredit gewähren. Sein Sohn Emanuel wurde 1688 verhaftet, um die Beschleunigung von Heereslieferungen nach Philippsburg zu erzwingen. Da O. auch von privaten Klägern bedrängt wurde, entzog ihn der Kaiser der Wiener städtischen Jurisdiktion und unterstellte ihn der Gerichtsbarkeit des Obersthofmarschallamtes. Im Rahmen einer Intrige der Anstiftung zum Mord beschuldigt, wurde er wieder verhaftet, jedoch nach neun Monaten gegen einen Kredit von 500 000 fl. an den Fiskus freigelassen. Der Ruf und der Reichtum des Kriegslieferanten O. einerseits und das Elend der unversorgten Kriegsinvaliden andererseits führten 1700 zur Plünderung von O.s Haus durch eine aufgebrachte Volksmenge. Nach seinem Tod drohte wegen der hohen Außenstände und Verpflichtungen der Bankrott seines Unternehmens und damit auch der Staatsbankrott, weil seine vielfältigen Beziehungen zur Beschaffung von Geld und Waren auf dem persönlichen Vertrauen, das er bei seinen Geschäftspartnern genoß, beruht hatten. Über O.s Nachlaß wurde der Konkurs eröffnet, die teilweise Rückzahlung der Staatsschulden an O.s Sohn Emanuel zog sich, auch wegen Beweisnot durch fehlende schriftliche Geschäftsbelege, über Jahre hin. Als Ausweg wurde 1703 Österreichs erste Bank, der „Banco del Giro“, gegründet. O. engagierte sich auch für seine Glaubensbrüder: Er ermöglichte die Wiederansiedlung der 1670 vertriebenen jüd. Gemeinde in Wien, errichtete ein jüd. Versorgungshaus und einen jüd. Friedhof.

  • Literatur

    M. Grunwald, S. O. u. sein Kreis, 1913;
    B. Wachstem, Die Inschrr. d. alten Judenfriedhofes in Wien, 1917, S. 6 ff.;
    J. Mentschl u. G. Otruba, Österr. Industrielle u. Bankiers, 1965, S. 9 ff. (P);
    J. Bérenger, Finances et absolutisme autrichien dans la seconde moitié du XVIIe siècle, 1975;
    ders., Die Gesch. d. Habsburgerreiches 1273-1918, 1990, S. 427, 455, 458;
    E. Klein, Von d. Anfängen bis z. Ende d. Alten Reiches (1806), 1982, S. 284-87;
    W. O. McCagg Jr., A history of Habsburg Jews, 1670–1918, 1989, S. 17 f., 55;
    K. Schubert (Hg.), Die österr. Hofjuden u. ihre Zeit, in: Studia Judaica Austriaca XII, 1991, S. 19 ff.;
    R. Sandgruber, Ökonomie u. Pol., Österr. Wirtsch.gesch. v. MA bis z. Gegenwart, 1995, S. 121, 217 (P);
    Jüd. Lex., 1930, VI/1, S. 592;
    Enc. Jud., 1971 (P);
    F. Czeike, Hist. Lex. Wien, 1992-97, IV, S. 455 f. (P);
    Österr.-Lex. 1995, II, S. 147. – Wiener Stadt- u. Landesarchiv (Biograph. Slg.).

  • Porträts

    Austrian Court Jew, Jerusalem, J.N.U.L., Schwadron Collection.

  • Autor/in

    Josef Mentschl
  • Zitierweise

    Mentschl, Josef, "Oppenheimer, Samuel" in: Neue Deutsche Biographie 19 (1999), S. 569-570 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd119272229.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA