Lebensdaten
1448 – 1506
Geburtsort
Unna bei Soest (Westfalen)
Sterbeort
Frankfurt/Main
Beruf/Funktion
Dichter ; Musiker
Konfession
katholisch
Normdaten
GND: 119269473 | OGND | VIAF: 42644387
Namensvarianten
  • Johannes
  • Steinwert von Soest, Johannes
  • Johann von Soest
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Zitierweise

Johannes Steinwert von Soest, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd119269473.html [28.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Rotcher von Grummelkut ( 1451), Steinmetz;
    M Wendel Husselin aus Werl; zweimal verheiratet;
    K.

  • Biographie

    Seit 1457 Chorschüler in Soest, wurde J. in der Kapelle Johanns I. von Cleve zum Sänger ausgebildet. Nach Wanderjahren, die ihn nach Jülich, Brügge, Aarenburg, Maastricht, Köln und Kassel führten, wurde er 1472 Leiter der Hofkapelle auf Lebenszeit bei Pfalzgf. Friedrich I. in Heidelberg. Zur Musikpflege traten medizinische und literarische Interessen. In Pavia erwarb er die Doktorwürde der Medizin und hielt dort und in Heidelberg medizinische Vorlesungen. Nach Zerwürfnissen mit dem Hofmarschall war er nacheinander Stadtarzt in Worms, Oppenheim und Frankfurt Main.

    Als Dichter steht J. in der Linie, die von Rosenplüt zu H. Sachs führt. Sein Hauptwerk sind „Die Kinder von Limburg“ (1479/80, 23 000 Verse), ein Abenteuer- und Liebesroman in Art einer Reimchronik nach dem mittelniederländ. Original des Hein van Aken. In Heidelberg entstand auch ein gereimter Beichtspiegel „Dy gemein bicht“ (1483, 12 000 Verse). Durch die „Norimberga“ des C. Celtis und durch die Reform des Stadtrechts von Worms angeregt, verfaßte J. 1494 die Schrift „Wy men eyn statt regyrn sol, damytt sy lang bestendig blyb“ in deutschen Versen, aber von ihm selbst lateinisch kommentiert. In Frankfurt schrieb er den „Lobspruch auf die Stadt Frankfurt“ (1501), ein Gedicht zur „Verteidigung der unbefleckten Empfängnis Mariens“ (1502) und seine in deutschen Versen abgefaßte Selbstbiographie (1504). Sie ist wegen der Fülle anschaulicher Einzelszenen einzigartig. J. erscheint hier trotz aller hausbackenen Nüchternheit und seinem wenig moralischen Lebenswandel als starke, originelle Persönlichkeit und Künstlernatur, die sich in kein Schema bringen läßt. Verloren sind die musiktheoretische Schrift „De musica subalterna“ und eine gereimte Erklärung der Evangelien für die meisten Sonn- und Feiertage des Kirchenjahrs.

  • Werke

    Ausgg.: Verteidigung d. unbefleckten Empfängnis Mariens, ed. F. H. v. d. Hagen, in: ders., Dt. Gesch. d. MA I, 1808, S. XXIII a;
    Lobspruch auf d. Stadt Frankfurt, ed. J. C. v. Fichard. in: Frankfurter. Archiv f. alte dt. Lit. u. Gesch. 1, 1811;
    Selbstbiogr., ebd., hrsg. v. dems.;
    Dy gemeine bicht, ed. K. v. Bander, in: Germania 33, 1888.

  • Literatur

    ADB 34 (unter Soest);
    F. Stein, Zur Gesch. d. Musik in Heidelberg, Diss. Heidelberg 1912;
    W. R. Zülch, J. St. v. S., 1920;
    O. Feis, J. v. S., Der Sänger und Arzt, in: Archiv f. Gesch. d. Medizin, 13, 1921, S. 184;
    W. Wirth, J. v. S., Diss. Heidelberg 1928;
    H. Rupprich, Die dt. Lit. vom späten MA z. Barock I, 1970;
    Vf.-Lex. d. MA II;
    MGG XII (unter Soest, W, L);
    Riemann (unter Seost, W, L)

  • Autor/in

    Rainer Rudolf SDS
  • Zitierweise

    Rudolf SDS, Rainer, "Johannes Steinwert von Soest" in: Neue Deutsche Biographie 10 (1974), S. 568 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd119269473.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA

  • Biographie

    Soest: Johann Steinwert v. S. (so nannte er sich später, wohl auf das väterliche Handwerk anspielend; früher und auch urkundlich nannte er sich schlechthin Johann v. S), wurde etwa 1448 als Sohn des Steinmetzen Rotcher Grumelkut zu Unna geboren, kam nach dem Tode des Vaters nach Soest und verlebte dort seine Jugend, bis der glanzvolle Herzog Johann I. von Cleve auf die schöne Stimme des Knaben aufmerksam wurde und ihn in seinem Hofgesinde zum Sänger ausbilden ließ. Gegen den Willen seines Herrn verließ er dessen Hof, um in Brügge zu zwei Gesangesmeistern aus England in die Lehre zu gehen, und versah dann in Hardenbergh und Maestricht als Caplan und Succentor kirchliche Aemter. 1469 trat er eine Reise nach Rom an, um in der päpstlichen Capelle die Gesangeskunst zu üben, aber schon in Köln veranlaßte ihn Landgraf Hermann von Hessen, der spätere Erzbischof von Köln, an den Hof seines Bruders Ludwig nach Kassel zu ziehen. Zwei Jahre praßte er hier in Saus und Braus und kam 1472 nach manchen Irrfahrten an den Hof des musikliebenden Pfalzgrafen Friedrich nach Heidelberg. Hier wendete er sich nebenbei dem Studium der Arzneikunde zu, hielt Vorlesungen an der Universität und besuchte auch zu Studienzwecken die Hochschule Pavia, doch blieb er seiner Kunst treu, denn unter Pfalzgraf Philipp erlangte er die Stellung eines Sängermeisters. Nachdem er sich 1494 zum zweiten Male verheirathet hatte, verließ er im nächsten Jahre infolge eines ihm angethanen Schimpfes den Heidelberger Hof, begab sich nach Worms und erhielt dort die Stelle des Stadtarztes. 1499 ging er als solcher nach Oppenheim, nahm aber schon 1500 das ihm angebotene Amt des Stadtarztes von Frankfurt a. M. an. Hier starb er am 2. Mai 1506. — Nicht als Meister des Gesanges und der Heilkunde, sondern als Dichter hat er Anspruch auf einen Platz in der A. D. B.; freilich nicht als ein Dichter, der durch geniale Werke auf die Bildung seiner Zeit eingewirkt, ihr neue Bahnen gewiesen, unbekannte Gebiete erschlossen hätte, denn anscheinend sind seine Werke weder handschriftlich verbreitet noch durch den Druck Gemeingut des Volkes geworden. Der Frankfurter Historiker J. C. v. Fichard (s. d.) besaß eine Handschrift des Dichters und druckte daraus das „Spruchgedicht zu lob und eer der statt Frankfortt. Anno 1501“, sowie die nur fragmentarisch erhaltene, gereimte Lebensbeschreibung des Dichters in seinem „Frankfurtischen Archiv für ältere deutsche Litteratur und Geschichte“, Band I (1811), S. 75 ff. ab. Diese Handschrift, welche außerdem noch eine gereimte Erklärung des Textes der Evangelien auf die meisten Sonn- und Feiertage des Jahres aus 1503 enthielt, wird jetzt vermißt. Eine Heidelberger Handschrift enthält von Johann v. S. dessen aus 25000 Versen bestehenden Roman „Die Kinder von Limburg“, eine Uebersetzung des mittelniederländischen Originals des Hein van Aken; ob er auch der Bearbeiter weiterer niederländischer Originale, des Reinolt von Montelban, Malegys und Ogier gewesen, erscheint zweifelhaft. Weitere Werke Johann's sind der „Beichtspiegel“ (1483), ein Gedicht über die unbefleckte Empfängniß der Jungfrau Maria, ein Gedicht „wie man wol eine statt regyren soll“, eine nicht erhaltene Abhandlung über die musica subalterna. Seine dichterische Befähigung ist eine auch für jene Zeit recht mäßige; rühmenswerth ist nur die gewandte Behandlung der Sprache in den kurzen Reimpaaren zu vier Hebungen, beachtenswerth seine überall hervortretende Neigung, den Stoff didaktisch zu verwerthen. Die Beschreibung seines abenteuerlichen Lebens an den verschiedenen Fürstenhöfen ist für die Culturgeschichte der Zeit von ganz hervorragendem Interesse.

    • Literatur

      Vgl. die treffliche Abhandlung von Friedrich Pfaff: Johann v. Soest, Sänger, Dichter und Arzt 1448—1506 in der Allgem. Konservativen Monatsschrift für das christliche Deutschland, herausgeg. von v. Oertzen und Müller, 1887, S. 147 ff., 247 ff., woselbst nähere Litteraturangaben. — C. Reuling Johann v. Soest, Stadtarzt in Frankfurt a. M., im Archiv für Frankfurts Geschichte und Kunst, dritte Folge, Band II (1889), S. 184 ff.

  • Autor/in

    R. Jung.
  • Zitierweise

    Jung, Rudolf, "Johannes Steinwert von Soest" in: Allgemeine Deutsche Biographie 34 (1892), S. 540-541 unter Soest [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd119269473.html#adbcontent

    CC-BY-NC-SA