Lebensdaten
1836 – 1913
Geburtsort
Sankt Petersburg
Sterbeort
Wien
Beruf/Funktion
Flugpionier
Konfession
evangelisch
Normdaten
GND: 119223554 | OGND | VIAF: 52494287
Namensvarianten
  • Kress, Wilhelm

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Zitierweise

Kress, Wilhelm, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd119223554.html [17.04.2024].

CC0

  • Genealogie

    Fam. wanderte aus Hanau nach St. P. aus;
    ⚭ Emilie Hastly (* 1843);
    1 T.

  • Biographie

    Begabt für feinmechanische Arbeiten, erlernte K. das Klavierbauerhandwerk. 1857-64 war er auf Wanderschaft in ganz Mitteleuropa. Nach St. Petersburg zurückgekehrt, begann er, sich 1864 mit dem Flugproblem zu beschäftigen. Zunächst baute er einen freifliegenden Kreisel, wie er später ein bekanntes Kinderspielzeug wurde. Während er mit seinem Neffen Papierdrachen steigen ließ, kam er auf die Idee des Drachens mit Motor und Luftschraube als Lösung des Problems des Menschenfluges. Er baute ein Modell mit Uhrfedermotor, das aber wegen des zu schweren Motors nicht aufstieg. Auf Rat Ludwig Bösendorfers übte K. 1874-99 in Wien den Beruf eines Klaviermachers aus. 1876 gelang es ihm, ein Modell zum Flug zu bringen. Ausgerüstet mit zwei Gummischnur-Motoren und Fahnenpropellern, konnte es in geschlossenen Räumen starten und landen. Mit seiner „lenkbaren Flugmaschine“ wurde K. zum Begründer des Modellfluges. 1877 teilte er dem deutschen Militärattaché in Wien mit, wie er sich den Motorflug eines Menschen vorstellte: Aufstieg mit Anlauf in schräger Linie, dann Horizontalflug; Steigfähigkeit und Geschwindigkeit des Flugzeugs hingen von der Motorkraft im Verhältnis zum Flugzeuggewicht ab; das Flugzeug müsse sich auf Land oder Wasser fortbewegen können; es müsse von der Luftströmung unabhängig sein und in beliebiger Richtung fliegen können. Damit hatte K. die Formen der künftigen Motorluftfahrt klar vorausgesehen. 1880 verfaßte er eine Werbeschrift über seine lenkbare Flugmaschine, in der er ihre theoretischen Voraussetzungen aus dem Vogelflug ableitete. Seinen ersten Vortrag mit Flugvorführung hielt er 1880 vor dem Niederösterr. Gewerbeverein. Daraufhin war K. über Nacht in Wien bekannt. Vor der 1880 gegründeten Fachgruppe für Flugtechnik im Österr. Ingenieur- und Architekten-Verein hielt er 1881 einen Vortrag über neuere aerodynamische Grundformeln für Flugapparate; darin zeigte er sich als ernstzunehmender Flugtechniker. Er hielt den Motorflug eines Menschen nur für möglich, wenn ein Motor mit einem Leistungsgewicht von 5 kg/PS zur Verfügung stünde; diesen gab es damals allerdings noch nicht. 1893/94 belegte K. als ao. Hörer Vorlesungen Johann v. Radingers an der TH Wien, wobei er sich besonders im Konstruieren weiterbildete. Er beendete dieses Studienjahr mit einem eigenen Experimentalvortrag, dem Radinger beiwohnte. 1894 führte|K. seine Flugmodelle dem Physiker Ludwig Boltzmann vor. Während eines Vortrags von Boltzmann über den Stand der Luftfahrttechnik ließ K. ein großes Flugmodell auf einem Tisch starten und durch den Großen Musikvereinssaal in eine Loge fliegen. Boltzmann schloß daraus, das Flugproblem stehe kurz vor der Lösung. In einer Patentanmeldung von 1895 sah K. die gegenläufigen Luftschrauben voraus. Um 1890 erfand er die dreidimensionale Steuerung durch einen einzigen Hebel (Steuerknüppel), mit der sich Patentprozesse bis 1924 beschäftigten. 1896 lernte er beim Besuch der Weltausstellung in Berlin den Segelflugpionier Otto Lilienthal kennen, der ihm Gleitflüge vorführte. K. selbst blieb aber bei seinem Ziel des Motorfluges. Als er 1898 die Zeichnungen für einen bemannten Drachenflieger fertiggestellt hatte, bildete der Flugtechnische Verein ein „Kress-Komitee“, das 38 000 Kronen sammelte; dazu spendete Kaiser Franz Joseph weitere 5 000 Kronen. Das Komitee finanzierte den Bau eines Wasserflugzeugs (1898–1900). Nach Fahrversuchen mit einem österr. Motor auf dem Tullnerbacher Stausee erhielt K. 1901 einen Daimler-Motor, der aber noch immer 140 kg zu schwer war. Bei weiteren Versuchsfahrten kippte im Okt. 1901 der Flugapparat um und versank. Solange die Motorenfrage nicht gelöst war, mochte K. keine neuen Versuche mehr unternehmen; er war an einem Punkte angelangt, von dem der Stand der Technik ihn nicht mehr vorwärtskommen ließ. Dennoch sah er in einer weiteren Patentanmeldung 1907 den Senkrechtstarter voraus: er schlug als erster eine in die Senkrechte und Waagerechte schwenkbare Luftschraube vor, an der bis 1912 gearbeitet wurde. Den Triumph des Motorflugzeuges hat K. schließlich noch erlebt.

  • Werke

    Aérovéloce, 1880;
    Über dynam. Luftschifffahrt, 1902;
    Aviatik, 1905;
    Die erste Entwicklung d. Drachenfliegers in Wien, 1912;
    Der persönl. Kunstflug, in: Zs. f. Luftschiffahrt u. Physik d. Atmosphäre, 1893, H. 5;
    Über d. Stabilität d. Drachenfliegers in ruhiger u. bewegter Luft, ebd., 1896, H. 2/3;
    Über d. Bau d. K.schen Drachenfliegers, in: Zs. d. Österr. Ing.- u. Architekten-Ver. 52, 1900, S. 390 f. -
    Patente: DRP 8 706 v. 1879 (lenkbarer Flugapparat mit Motor u. Propeller) u. 35 917 v. 1886 (Klavier mit schrägliegendem Resonanzboden, Rost u. Saitenbezug);
    Österr. Patente v. 1895 (Captifschraube), 1905 (Ballonluftschiff) u. 40 038 v. 1907 (Flugmaschine ohne Anlauf).

  • Literatur

    J. v. Radinger, Das Flugschiff v. K., in: Neue Freie Presse v. 14.8.1898;
    M. Nordau, Die Formel d. Fortschritts, ebd. v. 1.2.1899 u. v. 25.2. 1913;
    Th. Herzl, Zeppelin u. K., ebd. v. 29.7.1900;
    V. Silberer, in: Allg. Sportztg. v. 26.6.1904;
    ders., Die Wahrheit üb. d. Stand d. Luftschiffahrt, 1913;
    R. Nimführ, Erinnerung an W. K., in: Aviat. Archiv, März 1914;
    ders., in: Leitfaden d. Luftschiffahrt u. Flugtechnik, 1909, S. 276-80;
    P. Supf, Das Buch d. dt. Fluggesch., 1936, I, S. 146 ff.;
    H. Hoernes, Buch d. Fluges, 1911 f., II, S. 395 u. 427 ff., III, S. 317-20 (P);
    P. Karlson, Der Mensch fliegt, 1937, S. 104 ff.;
    E. Kurzel-Runtscheiner, in: Bll. f. Technik-Gesch. 1948, 10. H., S. 30-62 (P);
    V. Schützenhofer, in: Zs. d. Österr. Ing.- u. Architekten-Ver. 98, 1953, H. 3/4, S. 30 f.;
    L. Birkenmeier, in: Austroflug 15, 1965, H. 6, S. 18, u. H. 7, S. 22 f.;
    E. Zesch, ebd. 19, 1969, H. 4, S. 12;
    ÖBL.

  • Autor/in

    Hans Christoph Graf von Seherr-Thoß
  • Zitierweise

    Seherr-Thoß, Hans Christoph Graf von, "Kress, Wilhelm" in: Neue Deutsche Biographie 13 (1982), S. 9-10 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd119223554.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA