Lebensdaten
1910 – 1937
Geburtsort
Stuttgart
Sterbeort
El Escorial, Spanien
Beruf/Funktion
Photographin
Konfession
jüdisch
Normdaten
GND: 119206706 | OGND | VIAF: 64211157
Namensvarianten
  • Pohorylle, Gerta (eigentlich)
  • Taro, Gerda (Pseudonym)
  • taro, gerda
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Objekt/Werk(nachweise)

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Zitierweise

Taro, Gerda (Pseudonym), Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd119206706.html [19.04.2024].

CC0

  • Genealogie

    Aus ostgaliz. Fam., d. 1909 in d. Kgr. Württ. einwanderte;
    V Heinrich (Hersch) Pohorylle (1876– vermutl. 1941), aus Husyatin (Ostgalizien), Kaufm., Bes. e. Eierimportgeschäfts in St. u. Leipzig;
    M Gisela (Ghittel) (1877–1937), aus Buczacz (Ostgalizien), T d. Bernhard (Berleib) Boral u. d. Pauline Eisner;
    2 B Oskar Pohorylle (1912–vermutl. 1941), Karl Pohorylle (1914–vermutl. 1941); – wohl ledig; 1936 Robert Capa (eigtl. Endre Ernő Friedmann, auch André Friedman) (1913–54), aus Budapest, Photograph (s. ANB; W, L).

  • Biographie

    T. besuchte seit 1917 die Kgn.-Charlotte-Realschule in Stuttgart. Obwohl in Deutschland geboren und aufgewachsen, war sie erst österr.-ungar., nach 1919 poln. Staatsangehörige. Nach Ende der Realschulzeit 1927 verbrachte sie ein weiteres Schuljahr in einem Mädchenpensionat in Pully (bei Lausanne am Genfer See), um ihre Englisch- und Französischkenntnisse zu vervollkommnen, und ging danach in Stuttgart auf die Höhere Handelsschule mit Spanisch als dritter Fremdsprache. 1929 zog die Familie aus wirtschaftlichen Gründen nach Leipzig; T. besuchte die Gaudigschule und half als Kontoristin im Betrieb des Vaters. Das Erstarken der Nationalsozialisten und der zunehmende Antisemitismus führten zur Politisierung im Umfeld sozialistischer und kommunistischer Parteien. Sie lernte Erwin Ackerknecht (1880–1960), Alfred Schmidt-Sas (1895–1943) und Boris Goldenberg (1905–80) kennen. 1933 an Flugblattaktionen beteiligt, wurde sie kurz nach dem Reichstagsbrand verhaftet; aufgrund von Protestnoten des poln. Konsulats kam sie nach 18 Tagen aus der Schutzhaft frei. Im Okt. emigrierte sie nach Paris, wo sie im Umfeld der Sozialistischen Arbeiterpartei Deutschlands (SAPD), die in Paris ihre Exilzentrale aufgebaut hatte, u. a. Willy Brandt (1913–92) kennenlernte. Seit 1934/35 lebte und arbeitete T. mit dem ungar. Photographen André Friedman zusammen, der sie an der Kamera unterrichtete. T. gab sich den Künstlernamen Gerda Taro (Friedman den Namen Robert Capa) und verkehrte mit den Photographen Henri Cartier-Bresson, Chim (David Seymour), Willy Maywald (1907–85) und Fred Stein (1909–67). Sie wurde Mitglied der antifaschistischen Künstlervereinigung „Association des Écrivains et Artistes Révolutionnaires“ (AEAR) und arbeitete als Bildagentin bei der Fotoagentur „Alliance Photo“, seit Febr. 1936 auch für „A.B.C.-Press-Service“ in Amsterdam. Seit Anfang Aug. 1936 in Spanien, photographierte sie zusammen mit Robert Capa im Span. Bürgerkrieg und veröffentlichte ihre Arbeiten zunächst unter dem gemeinsamen Copyright „Capa“. Seit 1937 arbeitete T. mit dem Copyright „Photo Taro“ unter eigenem Namen und wurde umgehend von dem Schriftsteller Louis Aragon für die neugegründete Pariser Zeitung „Ce Soir“ unter Vertrag genommen. In Madrid traf T. zahlreiche Künstler, wie Ernest Hemingway und den Filmemacher Joris Ivens, sie photographierte die Schriftsteller André Malraux, José Bergamín, Anna Seghers und v. a. mehr.

    Ein Jahr lang arbeitete T. an nahezu allen Kriegsschauplätzen; ihre Aufnahmen erschienen v. a. in franz. Zeitungen und Magazinen, aber auch in weiteren europ. und amerik. Publikationen. Während eines Angriffs der Legion Condor an der Madrider Front von einem republikanischen Panzer überrollt, starb T. im brit. Frontspital der 35. Division. Nach öffentlichen Aufbahrungen in Madrid und Valencia wurde sie nach Paris überführt, wo Zehntausende, unter ihnen dieSchriftsteller Pablo Neruda, Max Aub und Paul Nizan ihr das letzte Geleit gaben.

    Bald danach gerieten T. und ihr photographisches Werk in Vergessenheit. T.s Familie war im Holocaust umgekommen, ihre Bilder aus dem Span. Bürgerkrieg wurden teilweise unter Robert Capas Namen vertrieben und erst 1994 von der Forschung wiederentdeckt.

    Aufgewachsen in der Weimarer Republik, war T. von der photographischen und filmischen Bildästhetik der 1920er Jahre ebenso geprägt wie durch das kulturelle und politische Milieu ihres Pariser Exils. Der Kampf gegen den Nationalsozialismus hatte für T. existentielle Bedeutung; sie setzte sich über Frontverbote hinweg und strebte experimentierfreudig und risikobereit einen Blickwinkel als Teilnehmer an. Dieser photohistorisch bedeutsame Perspektivenwechsel kostete T. das Leben. Ihr Werk steht mit den Arbeiten ihres Partners Robert Capa am Beginn der modernen Kriegsphotographie.

  • Auszeichnungen

    A Grabmal mit Schale (verloren) u. Horusfalke v. A. Giacometti, Granit, 1938, Inschrift 1942 getilgt (Paris, Friedhof Père-Lachaise);
    Gedenkplatz auf d. Südfriedhof, Leipzig;
    G.-T.-Str. in Leipzig (1970);
    G.-T.-Platz in Stuttgart (2008).

  • Werke

    Death in the Making, Photographs by Robert Capa and G. T., 1938;
    Ausst.:
    G. T., Internat. Center of Photography, New York, 2007 (erste umfassende Retrospektive z. 70. Todestag);
    London, Barbican Gallery, 2008;
    Mailand, Forma, 2009;
    Barcelona, Museu Nacional d`Art de Catalunya, 2009;
    Rotterdam, Nederlands Fotomus., 2009;
    Stuttgart, Kunstmus., 2010;
    Madrid, Circulo de Bellas Artes, 2010;
    Salamanca, Hospederia Fonseca, Universidad de Salamanca, 2011;
    The Mexican Suitcase, The Rediscovered Spanish Civil War Negatives by Capa, Chim, and Taro, New York, International Center of Photography, 2010;
    Arles, Musée Départemental Arles Antique, 2011;
    Barcelona, Museu Nacional d`Art de Catalunya, 2011;
    Bildnachlaß:
    Internat. Center of Photography, New York.

  • Literatur

    I. Schaber, G. T., Fotoreporterin im Span. Bürgerkrieg, 1994 (P), ²1995, franz. 2006, ital. 2007;
    dies., Hoffnung u. Zeugenschaft, Die biogr. Konstruktion d. Fotografen G. T. u. Robert Capa im Span. Bürgerkrieg, in: Exilforschung 23, 2005, S. 208 f.;
    dies., R. Whelan u. K. Lubben (Hg.), G. T., 2007, ²2009, ital.2009, katalan. 2009, span. 2009 (P);
    dies., Augenecho, Medienecho, Notizen zu G. T. (1910–1937), in: Politik, Parteiarbeit, Pazifismus in d. Emigration, hg. v. H. Häntzschel, 2010, S. 228–49;
    G. Paul, Der Krieg d. Fotografen, Die fotograf. Kriegsberichterstattung im Span. Bürgerkrieg 1936–1939, in: U. Daniel, Augenzeugen, Kriegsberichterstattung v. 18. z. 21. Jh., 2006, S. 141–68;
    F. Maspero, L`ombre d`une photographe, G. T., 2006 (P);
    F. Olmeda, G. T., Fotógrafa de Guerra, 2007;
    C. Young (Hg.), The Mexican Suitcase, The Rediscovered Spanish Civil War Negatives of Capa, Chim, and T., 2010;
    Dictionnaire biographique du mouvement ouvrier français 1871–1939, Bd. 42, hg. v. J. Maitron, 1992;
    Württ. Biogrr. I, 2006.

  • Porträts

    Photogrr. v. R. Capa, F. Stein u. anonym, Abb. in: I. Schaber u. a., 2007, ²2009 (s. L).

  • Autor/in

    Irme Schaber
  • Zitierweise

    Schaber, Irme, "Taro, Gerda" in: Neue Deutsche Biographie 25 (2013), S. 790-791 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd119206706.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA