Lebensdaten
1898 – 1969
Geburtsort
Hörde (seit 1928 Dortmund-Hörde)
Sterbeort
Bonn
Beruf/Funktion
Fürsorgerin ; Politikerin
Konfession
katholisch
Normdaten
GND: 119137801 | OGND | VIAF: 50029030
Namensvarianten
  • Wessel, Helene Elisabeth Friederike
  • Wessel, Helene
  • Wessel, Helene Elisabeth Friederike

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Zitierweise

Wessel, Helene, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd119137801.html [20.04.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Heinrich ( 1905), Lokomotivführer, Reichsbahnbeamter in Dortmund, Mitgl. d. Zentrumspartei;
    M Helene Linz;
    3 ältere Geschw;
    – ledig;
    Alwine Cloidt (1899–1988), Sekr., persönl. Mitarb. v. W., übergab deren Nachlaß 1969/70 d. Archiv d. soz. Demokratie d. Friedrich-Ebert-Stiftung.

  • Biographie

    W. arbeitete nach dem Besuch der Volks- und Handelsschule in Dortmund 1915–28 hier als Parteisekretärin der Dt. Zentrumspartei (Mitgl. 1917). Sie war in deren Jugendorganisation, dem Windthorstbund (1922 westfäl. Landesvors., 1930 Mitgl. d. Reichsparteivorstands), und in deren Reichsfrauenbeirat aktiv. 1923 / 24 absolvierte sie die Staatliche Wohlfahrtsschule in Münster und arbeitete anschließend bis 1928 als Jugend- und Wirtschaftsfürsorgerin in der Jugendpflege in Dortmund. Als Beisitzerin im Parteivorstand des Zentrums wurde W. 1928 für Arnsberg (Westfalen-Süd) in den Preuß. Landtag gewählt. In ihrem Arbeitsschwerpunkt Sozialpolitik machte sie mit konservativen kath. Positionen auf sich aufmerksam. Neben ihrem Mandat bildete sie sich 1929 / 30 an der „Deutschen Akademie für soziale und pädagogische Frauenarbeit“ in Berlin zur Diplomwohlfahrtspflegerin fort.

    Nach der NS-Machtübernahme 1933, der Annahme des Ermächtigungsgesetzes und der Selbstauflösung der Zentrumspartei kehrte W. 1934 nach Dortmund zurück, wo sie während der NS-Diktatur lebte und arbeitete: 1934–37 in der Verwaltung des kath. St. Johannes-Hospitals, 1938 / 39 als „Propagandasekretärin“ der vom Kath. Dt. Frauenbund herausgegebenen Zeitschrift „Frauenland“ und 1939–45 als Fürsorgerin bei der Zentrale des Kath. Fürsorgevereins für Mädchen, Frauen und Kinder, seit 1944 in leitender Stellung. Bei der „Aktion Gewitter“ nach dem Attentat vom 20. Juli 1944 entkam sie nur durch Zufall der Verhaftung als ehemalige Zentrumsabgeordnete. Dennoch konnte W. zwischen 1934 und 1945 ihre sozialpolitischen Forschungen publizieren, da ihre Ergebnisse in Teilen mit der NS-Politik der „Auslese“ sog. „Minderwertiger“ übereinstimmten, insbesondere in der Forderung nach Zwangsunterbringung von „gefährdeten und erbkranken Menschen, um die Allgemeinheit zu schützen“. 1945 gehörte W. zu den Wiederbegründern der Zentrumspartei (stellv. Vors.). Als deren Abgeordnete war sie Mitglied im Provinzialrat von Westfalen, im Landtag des Landes Nordrhein-Westfalen (1946–50), seit 1947 im|Zonenbeirat der brit. Zone sowie 1946–49 Lizenzträgerin und Geschäftsführerin der Zentrums-Tageszeitung „Neuer Westfälischer Kurier“. Als eine von vier weiblichen Abgeordneten im 65köpfigen Parlamentarischen Rat 1948 / 49 stimmte sie nach anfänglicher Ablehnung dem Artikel 3 GG, der Gleichberechtigung von Männern und Frauen, zu. Dagegen beharrte sie auf ihrer Ablehnung einer rechtlichen Gleichstellung ehelicher und unehelicher Kinder. Dem Grundgesetz stimmte sie nicht zu, da nach ihrer Überzeugung wesentliche Elemente des Eltern- und Familienrechts sowie das Instrument der Volksabstimmung fehlten. Weiterhin verfolgte sie das Ziel, die gesetzlichen Voraussetzungen für die Verwahrung von Menschen zum Schutz der Allgemeinheit zu schaffen, ein 1951 von ihr in den Bundestag eingebrachter Entwurf eines Bewahrungsgesetzes der Zentrumsfraktion wurde jedoch nicht weiterverfolgt.

    Im Okt. 1949 zur Vorsitzenden des Zentrums und damit zur ersten Frau an der Spitze einer Partei in Deutschland gewählt, wurde W. 1949 Abgeordnete im ersten Dt. Bundestag und dort Vorsitzende der Zentrumsfraktion. 1952 trat sie als Vorsitzende zurück und schied wenig später aus der Partei aus, da sie Konrad Adenauers (1876–1967) Politik der Westorientierung und der Wiederbewaffnung als Hindernis zur dt. Wiedervereinigung nicht mittrug. Ende 1951 hatte sie mit Gustav Heinemann (1899–1976) die außerparlamentarische „Notgemeinschaft für den Frieden Europas“ und 1952 die „Gesamtdeutsche Volkspartei“ (GVP) gegründet, war bis zu deren Auflösung 1957 Mitglied ihres Präsidiums und Mitherausgeberin der „Gesamtdeutschen Rundschau“. 1954–57 arbeitete W. auch als Gewerkschaftssekretärin für Sonderaufgaben beim DGB-Landesbezirk Nordrhein-Westfalen.

    1957 trat W. in die SPD ein, die ihr einen sicheren Listenplatz für die Bundestagswahl 1957 einräumte, und blieb Mitglied des Bundestags bis 1969 mit Arbeitsschwerpunkt Sozialpolitik. Sie war maßgeblich an der Ausarbeitung des Bundessozialhilfegesetzes und der darin enthaltenen Regelungen über die Verwahrung beteiligt, die 1971 vom Bundesverfassungsgericht als Verstoß gegen das Grundrecht der Freiheit der Person wieder gestrichen wurden. Bis 1965 leitete sie den Petitionsausschuß als Vorsitzende, anschließend war sie stellv. Vorsitzende. W. sprach sich gegen die atomare Bewaffnung der Bundeswehr aus und votierte gegen die Notstandsgesetze und die Bildung der Großen Koalition 1966.

  • Werke

    W Lebensunterhalt aus Fürsorge u. aus Erwerbstätigkeit, Eine Unters. d. Kostenaufwandes f. Soz.vers., Fürsorge u. Versorgung im Vgl. z. Fam.einkommen aus Erwerbstätigkeit, 1931;
    Bewahrung, nicht Verwahrlosung, eine eugen. u. fürsorger. Notwendigkeit, 1934;
    Der Weg d. Dt. Demokratie, 1946;
    Von d. Weimarer Demokratie z. demokrat. Volksstaat, 1947;
    Nachlaß: Archiv d. soz. Demokratie, Friedrich-Ebert-Stiftung, Bonn(P);
    H. Paul u. a., Findbuch, Nachlaß H. W., Archiv d. soz. Demokratie, 1985.

  • Literatur

    L A. Ebbinghaus, H. W. u. d. Verwahrung, in: dies. (Hg.), Opfer u. Täterinnen, 1987, S. 152–73;
    W. Rudloff, Öff. Fürsorge, in: H. G. Hockerts (Hg.), Drei Wege dt. Soz.staatlichkeit, NS-Diktatur, Bundesrep. u. DDR im Vgl., 1998, S. 191–230;
    M. Willing, Das Bewahrungsgesetz, Eine rechtshist. Stud. z. Gesch. d. dt. Fürsorge, 2003, S. 227–78;
    G. Notz, Mehr als bunte Tupfen im Bonner Männerclub, Soz.demokratinnen im Dt. BT 1957–1969, 2007 (P);
    E. Friese, H. W. (1898–1969), Von d. Zentrumspartei z. Soz.-demokratie, 1993.

  • Autor/in

    Gertrud Lenz
  • Zitierweise

    Lenz, Gertrud, "Wessel, Helene" in: Neue Deutsche Biographie 27 (2020), S. 883-884 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd119137801.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA