Lebensdaten
1893 – 1972
Geburtsort
Basel
Sterbeort
Soglio (Kanton Graubünden)
Beruf/Funktion
Architekt
Konfession
konfessionslos
Normdaten
GND: 119131595 | OGND | VIAF: 15573129
Namensvarianten
  • Schmidt, Johannes
  • Schmidt, Hans
  • Schmidt, Johannes

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Zitierweise

Schmidt, Hans, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd119131595.html [19.04.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Carl (s. 1);
    M Dorothea Charlotte Hudtwal(c)ker;
    Basel 1928 Elisabeth (Lili) Imboden (1900–86);
    T Madleen Lamm-Schmidt (* 1929).

  • Biographie

    Im Anschluß an ein Semester mit Vorlesungen in Geschichte, Kunstgeschichte und Archäologie an der Univ. Genf absolvierte S. 1912/13 ein Volontariat als Bauzeichner im Zürcher Büro von Robert Curjel (1859–1925) und Karl Moser (1860–1936). 1913-17|studierte er Architektur an der TH München bei Karl Hocheder (1854–1917) und Friedrich v. Thiersch (1852–1921). 1917 wechselte S. an die ETH Zürich zu Moser und Hans Bernoulli (1876–1959), wo er 1918 sein Diplom erwarb.

    Schon sein erstes eigenständiges Projekt, ein 1918 eingereichter Wettbewerbsbeitrag zu einer Genossenschaftssiedlung in Aïre bei Genf, zeigt zahlreiche Fähigkeiten als Siedlungs- und Stadtplaner. Großen Wert legte er zudem auf die Ausarbeitung der verschiedenen Wohnungsgrundrisse, ein weiteres Kontinuum seines Œuvres. Zunächst für jeweils kurze Zeit bei Bernoulli und Ernst Eckenstein tätig, arbeitete S. 1921 bei Johan Wilhelm Hanrath (1867–1932) in Hilversum (Holland) und kam dort vermutlich mit Mart Stam (1899–1986) in Kontakt. 1922 war er bei Michiel Brinkman (1873–1925) angestellt und für dessen Baustelle in Rotterdam-Spangen tätig, wo er für seine späteren Arbeiten zentrale Anregungen erhielt. Zurück in der Schweiz, initiierte er mit seinem Beitrag zum Wettbewerb für den Friedhof Hörnli in Riehen bei Basel 1922 eine Debatte über das Neue Bauen in der Schweiz, anläßlich der sich erstmals die Schweizer Avantgarde formierte. Seine außergewöhnlich rege Tätigkeit als Kritiker, Propagandist und Theoretiker des Neuen Bauens entfaltete S. seit seiner Rezension von Le Corbusiers „Vers une architecture“ 1923. Mit Stam und Emil Roth (1893–1980) gab S. 1924-28 in Zürich die Zeitschrift „ABG. Beiträge zum Bauen“ heraus. 1926 gründete S. zusammen mit Paul Artaria (1892–1959) ein Architekturbüro, aus dem einige der wichtigsten Wohnhäuser und Siedlungen der Schweizer Moderne hervorgingen. Bei den Häusern Colnaghi (1927), Schaeffer (1927–29) und Huber (1928–30) in Riehen experimentierten Artaria und S. mit der Stahlskelettbauweise, die in der Schweiz erstmals im Hausbau eingesetzt wurde. Spektakulär war neben der Bautechnik aber v. a. ihre formale Gestaltung, mit der S. die internationale Moderne in der Schweiz einführte. Zeitgleich war S. an einer Innenausstattung des Schweizer Werkbunds im Apartmenthaus Ludwig Mies van der Rohes (1886–1969) auf der Stuttgarter Werkbund-Siedlung auf dem Weißenhof (1927) beteiligt. Hervorzuheben sind des weiteren das Haus für alleinstehende Frauen „Zum Neuen Singer“ (Basel, 1927–29), die Siedlung Schorenmatten (Basel, 1927–29) und die Werkbund-Siedlung Neubühl (Zürich, 1928–32), an der S. maßgeblich beteiligt war. S.s radikale architektonische und wohl auch politische Einstellungen – er war seit 1943 in der Kommunistischen Partei der Schweiz und deren Nachfolgeorganisation Partei der Arbeit (PdA) tätig – waren ausschlaggebend dafür, daß Otto Rudolf Salvisberg (1882–1940) bei der Kandidatur um die Nachfolge Karl Mosers als Architekturprofessor an der ETH Zürich 1928 S. vorgezogen wurde. Auch seine erneute Kandidatur nach dem frühen Tod Salvisbergs 1941 blieb erfolglos.

    1928 zählte S. zu den Mitbegründern der CIAM (Congrès internationaux d'architecture moderne) in La Sarraz. 1930 lud ihn der Frankfurter Stadtbaurat Ernst May (1886–1970) ein, an seinem Planungsstab zur Projektierung und Ausführung von neuen Industriezentren in der Sowjetunion teilzunehmen. Bis 1937 war S., zunächst zusammen mit Stam, mit der Planung von Orsk im Süd-Ural beauftragt, seit 1936 vornehmlich mit der Industrialisierung des Wohnungsbaus beschäftigt. Zurück in der Schweiz, ging S., der sich aufgrund seiner Erfahrungen in der Sowjetunion nun vorwiegend auf die Planung genossenschaftlicher Wohnsiedlungen konzentrierte, zu jeglichem formalen Modernismus und damit auch zu den CIAM auf Distanz und suchte mit seinen Projekten einen Kompromiß zwischen typisierter Fertigung und handwerklichem Erscheinungsbild. 1948 war S. am Gründungskongreß der UIA (Union internationale des architectes) in Lausanne beteiligt.

    Zunehmend isoliert durch seine politische Tätigkeit, aber auch durch seine Konzentration auf Fragen der Typisierung und Rationalisierung, folgte S. 1956 einem Ruf an die Deutsche Bauakademie in Berlin-Ost. Mit seinen zahlreichen theoretischen Beiträgen prägte S. wesentlich die Typisierungsdebatte in der DDR, konnte aber seine Theorien nicht selbst in die Praxis umsetzen. Unter seinen zahlreichen Entwürfen sind v. a. die Wettbewerbsbeiträge für die Neugestaltung des Zentrums von Berlin-Ost (1958–59) sowie für das Zentrum von Potsdam (1959–60) hervorzuheben. Nach seiner Pensionierung 1969 kehrte S. in die Schweiz zurück.

    S. ist als einer der wichtigsten Schweizer Architekten des 20. Jh. zu bezeichnen. Maßgeblich an der Einführung und Durchsetzung des Neuen Bauens in der Schweiz beteiligt, gelang ihm als international tätiger Architekt, Städtebauer und Theoretiker zudem der Brückenschlag zwischen den politischen Systemen. Der individuelle formal-künstlerische Ausdruck geriet dabei zunehmend zugunsten gesellschaftlicher und sozialer Überlegungen in den Hintergrund.

  • Auszeichnungen

    Dr. h. c. (Inst. f. Städtebau u. Architektur d. Dt. Bauak., Berlin-Ost, 1963).

  • Werke

    Weitere W Doppelwohnhaus Zollinger, La Colonia della Valle, Mexiko, 1929;
    Haus Riesen, Basel, 1929-30;
    Gestaltung u. Einrichtung d. Sektion „Städtebau u. Landesplanung“ auf d. Schweizer. Landesausst., Zürich, 1938-39;
    Infektionskrankenhaus (heute Kt.spital), Basel, 1939-46;
    Siedlung Haselrain, Riehen, 1945-47;
    Mehrfam. haus Chrischona, Basel, 1945-46;
    Siedlung ARBA, Riehen, 1945-47;
    Siedlung Im Höfli, Riehen, 1946-54;
    Wiederaufbau u. Erweiterung d. Schweizer Gesandtschaft, Warschau, 1947-49;
    Schrr.:
    Btrr. z. Architektur, zus.gest. u. eingel. v. Bruno Flierl, 1965, erg. durch d. Einl. v. Aldo Rossi z. ital. Ausg., ²1993;
    |

  • Nachlass

    Nachlaß: Archiv d. Inst. f. Gesch. u. Theorie d. Architektur, ETH Zürich; Inst. f. Regionalentwicklung u. Strukturplanung, Berlin-Erkner (ehem. Dt. Bauak.).

  • Literatur

    H.-J. Kadatz, Wb. d. Architektur, 1988;
    Benedikt Huber, Die Stadt d. Neuen Bauens, Projekte u. Theorien v. H. S., Schrr.reihe d. Inst. f. Orts-, Regional- u. Landesplanung, ETH Zürich, Nr. 45, 1993;
    U. Suter, H. S. 1893-1972, Architekt in Basel, Moskau, Ost-Berlin, Werkkat. 1993 (Bibliogr., P);
    ThB;
    Vollmer;
    Künstlerlex. d. Schweiz XX. Jh., 1958/1967;
    Macmillan Enc. of Architects, 1982;
    Schweizer Lex., 1993;
    Architektenlex. d. Schweiz 19./20. Jh., 1998;
    Hatje-Lex. d. Architektur d. 20. Jh., 1998.

  • Autor/in

    Matthias Noell
  • Zitierweise

    Noell, Matthias, "Schmidt, Hans" in: Neue Deutsche Biographie 23 (2007), S. 169-171 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd119131595.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA