Lebensdaten
1530 oder 1531 – 1591
Geburtsort
in oder um Nimwegen
Sterbeort
Uraniborg auf Hven
Beruf/Funktion
Bildhauer
Konfession
katholisch
Normdaten
GND: 119064286 | OGND | VIAF: 27873203
Namensvarianten
  • Schardt, Jan Gregor van der
  • Schardt, Johann Gregor van der
  • Sart, Joannes Gregorij de
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Zitierweise

Schardt, Johann van der, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd119064286.html [19.04.2024].

CC0

  • Genealogie

    Eltern unbekannt; wohl ledig.

  • Biographie

    Über die Vorfahren und die ersten drei Lebensjahrzehnte S.s fehlen jegliche Informationen. Wahrscheinlich genoß er seine Ausbildung zunächst in Geldern oder Brabant, später in Italien. Seit der Jh.mitte war er in Florenz, Rom und Venetien tätig, wo er vermutlich im Umkreis Palladios wirkte. Bereits damals war er als vielseitiger Bildhauer und Gießer sowie für seine Antikenkopien bekannt. 1569 rief ihn Ks. Maximilian II. in seine Dienste. Wahrscheinlich richtete sich S. in diesem Zusammenhang in Nürnberg, dem damaligen Zentrum des Bronzegusses im Reich, eine Werkstatt ein, um hier mit Wenzel Jamnitzer (ca. 1507/08-85) an einem großen Tischbrunnen für den Wiener Hof zu arbeiten. Von diesem zwischen 1571 und 1576 entstandenen Werk blieben allerdings nur vier bronzene Karyatiden erhalten (Wien, Kunsthist. Museum). Daneben schuf er um 1570 die berühmte Terrakottabüste des Willibald Imhoff (Berlin, Staatl. Museen). Daß er darüber hinaus detailreiche Wachsmodelle für den Silberguß herstellte, ist anzunehmen. Auf jeden Fall brachte er ein neues Stilempfinden nach Nürnberg, scheint sich aber auch intensiv mit der lokalen Tradition auseinandergesetzt zu haben. In seiner an die Kunstkammer des Paulus Praun (1548–1616) abgegebenen Studiensammlung befanden sich an die 100 verkleinerte, weitestgehend eigenhändige Nachbildungen berühmter Kunstwerke, v. a. aus Terrakotta gebildete Reduktionen und Teilkopien von Werken Michelangelos (erhaltene Teile heute London, Victoria & Albert Mus.; Houston, Mus. of Fine Arts; Vancouver, Vancouver Collection). Von keinem Künstler dieser Zeit ist ähnlich viel über einen Atelierfundus bekannt.

    1575 folgte S. vermutlich dem Astronomen Tycho Brahe auf die dän. Insel Hven, wo er an der bildnerischen Ausstattung von Schloß und Observatorium Uraniborg beteiligt war. Reste seiner Bauplastik finden sich in der Hist. Universitätssammlung zu Lund. Für 1577-79 ist sein Aufenthalt am dän. Hof belegt (Bronzebüsten d. Königspaares Friedrich II. u. Sofie). Um 1580 weilte er wohl nochmals in Nürnberg und war dort für mehrere Patrizierfamilien tätig. Zu den späten Werken nach der Rückkehr nach Dänemark gehören das Kreuzigungsrelief aus Alabaster im Altar der Schloßkirche von Kronborg (1587) und die Marmorbüste des Anders Bing in der Kirche von Smedstorp/Schonen (um 1589).

    S. war einer der ersten manieristischen Bildhauer nördl. der Alpen. Bedeutung besitzt er v. a. als hervorragender Porträtist, der lebensnahe, teilweise veristisch gefaßte Büsten und Porträtfiguren sowie kleine, vornehmlich in Terrakotta ausgeführte Bildreliefs schuf. Eine eigentümliche Spannkraft und der Eindruck latenter Bewegung, der eine scheinbare Natürlichkeit zu erzeugen vermag, charakterisieren seine Gestalten. Neben den Büsten des Willibald Imhoff (um 1570) und dessen Gemahlin Anna (1578/79, beide Staatl. Museen zu Berlin, Skulpturenslg.) gelten die Bronzebüsten des dän. Königspaares (1578/|79, Kopenhagen, Schloß Rosenberg) und sein Selbstporträt als Hauptwerke dieser Gattung, die auf die Inspiration durch Vorbilder aus dem Quattrocento zurückzuführen sind. Als Meister von Kleinbronzen, zumeist mythologischen und allegorischen Inhalts rezipierte er plastische Auffassungen der Antike, Benvenuto Cellinis und Giovanni da Bolognas sowie des Frühwerks Alessandro Vittorias. S. setzte die Oberflächenbrechung des Lichtes bewußt zur Modellierung seiner Figuren ein, und die vertikale Balance der Statuetten wird vom ausgewogenen Rhythmus anatomisch fundierter Bewegungen und der Ausstrahlung einer inneren Kraft gekennzeichnet. Spekulativ sind sowohl Vermutungen über eine Tätigkeit als Architekt als auch die jüngsten Zuschreibungen einiger monumentaler Grabmäler in dän. Kirchen. Sein Einfluß auf die Entwicklung der dän. Kunst ist kaum greifbar. S. besaß keine direkte Schülerschaft. Seine im Auftrag Maximilians geschaffenen Werke wirkten jedoch nachhaltig auf die Hofkunst Rudolfs II., insbesondere auf die Maler Bartholomäus Spranger (1546–1611) und Hans von Aachen (1552–1615).

  • Werke

    Weitere W Zuschreibungen: zwei überlebensgroße Stuckfiguren (Maser, Villa Barbaro);
    Auftrag f. e. größere, jedoch nicht überlieferte Stuckplastik f. d. Palazzo Communale in Bologna;
    Merkur u. Pallos, Bronze, 1569/70 (Stockholm, Nat.mus.);
    Sol, Bronze, n. 1570 (Amsterdam, Rijksmus.);
    Luna, Bronze, n. 1570 (Wien, Kunsthist. Mus.);
    Merkur aus d. Slg. Praun. Bronze, um 1569 (Malibu, J. P. Getty Mus.);
    Minerva u. Merkur sowie Pferdestatuette, Bronze, um 1569/70 (Stuttgart, Württ. Landesmus.);
    Bacchus. Bronze, um 1570 (Hamburg, Mus. f. Kunst u. Gewerbe);
    Büste Friedrich II., Terrakotta, 1577/78 (Hillerod, Frederiksborg Mus.);
    Männerbüste, Terrakotta, um 1578 (Den Haag, Mauritshuis);
    Porträtrelief W. Imhoff, Terrakotta, 1580 (Nürnberg, GNM);
    Porträtrelief e. Unbekannten, Terrakotta, 1580 (Berlin, Staatl. Mus.);
    Porträtrelief Paulus Praun, Terrakotta, 1580 (Stuttgart, Württ. Landesmus. u. Nürnberg, GNM);
    Porträtrelief e. Unbekannten, Terrakotta, um 1580 (Amsterdam, Rijksmus.);
    Kruzifixus auf Mineralienberg, Bronze, um 1580 (Nürnberg, GNM).

  • Literatur

    R. A. Peltzer, J. G. v. d. S. aus Nymwegen, in: Münchner Jb. d. bild. Kunst X, 1916-18, S. 198-216;
    L. L. Möller, Über d. Einwirkung auf d. Kunst d. J. G. v. d. S., in: W. Lotz u. L. L. Möller (Hg.), Studien z. toskan. Kunst, FS L. Heydenreich, 1964, S. 191-204;
    L. O. Larsson, Bemerkungen z. Bildhauerkunst am Dän. Hofe im 16. u. 17. Jh., in: Münchner Jb. d. bild. Kunst XXVI, 1975, S. 177-92;
    H. Honnes de Lichtenberg, J. G. v. d. S. Sculptor – and architect, in: Hafnia X, 1985, S. 147-64;
    ders., J. G. v. d. S. Bildhauer b. Maximilian II., am dän. Hof u. b. Tycho Brahe, 1991 (P);
    A. Radcliff, J. G. v. d. S., in: Kunst voor de beeldenstorm, Ausst.kat. s'Gravenhage 1986, S. 461-63;
    L. O. Larsson, Imitation u. Variation, Bemerkungen z. Verhältnis J. G. v. d. S. z. Antike, in: Klassizismus, FS E. Forssman, hg. v. J. Meyer zur Capellen u. G. Oberreuther-Kronabel, 1987, S. 277-87;
    U. Berger, Bemerkungen zum Werk v. J. G. v. d. S. anläßl. d. ersten Monogr. üb. d. Bildhauer, in: Kunstchronik 46, 1993, S. 361-70;
    dies., Die Negervenus, e. Statuette v. J. G. v. d. S. ?. in: Von allen Seiten schön, Rückblicke auf Ausst. u. Kolloquium, 1, hg. v. V. Krahn, 1996, S. 59-67 (P);
    F. Scholten, J. G. v. S.s zelfportret, circa 1573, in: Bull. van het Rijksmus. 49, 2001, S. 311-25 (P);
    ThB;
    Stadtlex. Nürnberg.

  • Porträts

    Selbstbildnis, Terrakottabüste, um 1573 (Amsterdam, Rijksmus.);
    Silbermedaille, Anonymus, um 1569 (London, Privatbes.);
    Ölgem. v. H. Hoffmann, 1581 (Triest, Museo Storico del Castello di Miramare).

  • Autor/in

    Frank Matthias Kammel
  • Zitierweise

    Kammel, Frank Matthias, "Schardt, Johann van der" in: Neue Deutsche Biographie 22 (2005), S. 567-568 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd119064286.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA