Lebensdaten
1789 – 1817
Geburtsort
Celle
Beruf/Funktion
Dichter
Konfession
evangelisch?
Normdaten
GND: 11899848X | OGND | VIAF: 69039759
Namensvarianten
  • Schulze, Ernst
  • Schultz, Ernst Konrad Friedrich
  • Schultze, Ernst Conrad Friedrich
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Objekt/Werk(nachweise)

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Zitierweise

Schulze, Ernst, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd11899848X.html [28.03.2024].

CC0

  • Biographie

    Schulze: Ernst Karl Friedrich S., der Sänger der bezauberten Rose. Er wurde am 22. März 1789 als Sohn des Bürgermeisters in Celle geboren. Der Vater hatte nach Art der damaligen hannöverischen Amtleute auch die Verwaltung eines Grundstückes und so fehlte es für S. zu keiner Zeit an Anregungen und Ausflügen. Durch Schul- und Privatunterricht, auch in Musik und wie die meisten Dichter der Freiheitskriege sogar im Guitarrespielen ausgebildet, bezog Ernst 1806 die Universität Göttingen. Die dortigen Bürger hatten sich zwar bei deren Begründung nur ungern vom Ackerbau losgerissen, widmeten sich nun aber bereits dermaßen bloß der Aufnahme von Studenten in ihre schöne Stadt mit den herrlichen Promenadenstraßen von dem unvergleichlichen Walle bis zum Markte und zum Rathhause, daß auch Ernst in diesem Capua anfänglich doch einigen Schaden gelitten zu haben scheint. Aber bald genoß er, was sich selten mit der Rohheit des Studentenlebens vereinigt, die Leichtigkeit des Umgangs in so vielen hochstehenden Gelehrtenfamilien, unter denen diejenige Tychesn's durch zwei ausgezeichnete Töchter hervorragte. Für seine Studien war anfänglich das wichtigste, daß er, zum Landprediger bestimmt, alsbald durch den Litterarhistoriker Bouterwek von der Theologie mehr auf die Aesthetik geführt wurde. Bouterwek, der auch noch mit Heine verkehrte, stand zu Schulze's Zeit in seiner Blütheperiode. Es traf sich gut, daß er einer der besten Kenner Wieland's war, der schon früher auf den jungen S. eingewirkt hatte. Noch wichtiger als der Verkehr mit Bouterwek hätte für ihn besonders seit 1809 der Verkehr mit ausgezeichneten Commilitonen werden können, wenn nicht unter diesen Lachmann vier Jahre jünger gewesen wäre als er. Wenn daher beide vom Studium der Theologie bald zur Philologie übergingen und wenn S. wie Goethe Elegien nach römischem Muster schrieb, während Lachmann den Properz früh in seine Pflege nahm, so sind die Anregungen doch wohl eher von S. als von Lachmann ausgegangen. Lachmann war auch darin S. ähnlich, daß er dichterische Productionen mit seinen wissenschaftlichen Bestrebungen verband. Sie trugen bei Lachmann mehr im gewöhnlichen, bei S. mehr im Goethe’schen Sinne den Charakter von Gelegenheitsgedichten. Wie S. vorzugsweise classischer Philologe war, so hat er auch in der Elegie als Dichter weit mehr geleistet als im romantischen Epos, in welchem er Wieland nachahmte und durch seine Kenntniß der neueren Sprachen unterstützt wurde. Wiewohl er auch der Familie Tychsen, für welche er die „heilige Cäcilie“ und die „bezauberte Rose“ schrieb, solche Elegien widmete, so glückte ihm die Elegie doch dann besonders, wenn eine etwas stärkere Sinnlichkeit in ihr auftreten durfte. So sind dann die 9 besten, ein hübscher Kranz von Elegien, einer Jungfrau in einem Forsthause des Harzes, der Pleßburg, gewidmet, wo er freilich ebenso unglücklich liebte als im Hause des Professors Tychsen. Die Pleßburg liegt am Brocken zwischen der Ilse und der steinernen Renne, nahe bei der letzteren. Hier sah er Adelheid zuerst 1809 und hielt|sich vom 7. bis 11. Juli 1810 als angeblicher Maler dort auf. 1811 folgte in Göttingen vorübergehend ein häßliches Verhältniß zu einer verheiratheten adligen Dame. Aber schon seit 1810 hatte er sich auch Cäcilie Tychsen immer mehr zu nähern gesucht. Er war nicht der einzige, der sie besungen hatte. Sie zeichnete sich aus durch Schönheit, Verstand und ideale Bildung. Sie spielte auch die Harfe und regte nachhaltige religiöse Empfindungen bei ihm an. Das Verhältniß blieb ein sinniges Spiel mit Blumen oft unter den Augen der Mutter. Der nachmalige Dichter der bezauberten Rose schenkte seiner Cäcilie eines Tages eine Rose mit 19 Knospen. Ehe es entschieden war, ob die zarte und aetherische Jungfrau den Dichter lieben könne, verfiel sie in ein Siechthum. Als ihr Tod unvermeidlich war, stand einer gewissen wachsenden Vertraulichkeit nichts mehr im Wege. Sie starb im J. 1812, in welchem der Doctor S. in Göttingen das Recht Vorlesungen zu halten, erlangte. Für das Verhältniß beider ist es bezeichnend, daß Cäcilie, als er einst über den Wall mit ihr nach Hause ging, zu ihm sagte, jedes seiner Gedichte sei schöner als das frühere, und daß er darauf antwortete, das sei ganz natürlich, weil er sie immer näher kennen lerne. Wie hoch Cäcilie stand, zeigte sie, als sie ihren Freund in durchaus richtiger Weise vor Ausländerei warnte. Dadurch war sie allerdings in den litterarischen Kreisen des Königreichs Westfalen, das erst von außenher durch die Schlacht bei Leipzig frei wurde, eine Seherin. Lachmann reiste noch nach ihrem Tode nach Cassel, bewarb sich dort vergeblich um eine Lehrerstelle in Ilfeld, wurde 1813 (wie Lessing bei ähnlichen Gelegenheiten in Meißen) von seinem Vater zu einem Gedichte auf den Herzog von Oels veranlaßt, den man 1809 unbeachtet gelassen hatte, habilitirte sich 1815 in Göttingen und eröffnete 1815 seine Laufbahn als königstreuer Preuße dadurch, daß er in ein Detachement preußischer freiwilliger Jäger eintrat. Anders der von Cäcilie geleitete Sänger. Schon zur Feier der Schlacht bei Leipzig schrieb er auf den Wunsch des Orientalisten Tychsen vielleicht sein bestes Gedicht „Cäcilie. Erne Geisterstimme“, dem, abgesehen von den singbaren Liedern aus dieser Zeit, wenige Poesien aus den Freiheitskriegen an die Seite gestellt werden können. In diesem Gedichte finden sich die auch über die litterarischen Leistungen unseres Lyrikers Aufschluß gebenden Worte: „Es gibt ein Maß, das soll der Mensch erfüllen, und groß durch Kraft, durch Hemmung größer sein“. Der Dichter trat auch wirklich noch 1813 dem Grubenhagen’schen Jägerbataillon bei, welches der Oberforstmeister Beaulieu in Göttingen anwarb. Es war für die Niederelbe bestimmt, wo sich die Franzosen noch immer hielten, und beschäftigte S. länger als ein Jahr, allerdings Monate lang in Göttingen, wo er bei Bouterwek im Quartier lag. An dem Gedichte „Cäcilie. Eine Geisterstimme“ war es nicht genug. Er bereitete auch das erst nach seinem Tode erschienene Epos von der heiligen Cäcilie in zwanzig Gesängen vor, welches eigentlich den Sieg des Christenthums über die nordischen Völker feiert. Da das Gedicht aber wiederum zugleich die Verstorbene verherrlichte, so machte er gleichsam noch Studien dazu durch den Umgang mit ihrer schönen und blühenden Schwester, welche wie das Mädchen auf der Pleßburg Adelheid hieß. Sein Freund, der nachmalige braunschweigische Minister v. Schleinitz, sagte freilich gerade umgekehrt, daß er sogar durch sein romantisches Epos „die bezauberte Rose“ nur sein Verhältniß zu der noch lebenden Familie Tychsen habe ordnen wollen. Indessen hat ihm offenbar Adelheid Tychsen noch mehr Herzeleid verursacht als Cäcilie. Als Lachmann 1815 schon zum erstenmale neben Thilo in Reih und Glied stand, suchte Ernst die grüne Jägeruniform und den Hirschfänger wieder hervor und ging nach dem Oberharze, um dort wieder in ein Corps einzutreten. Er kam zu spät. Er erfreute sich auf dieser Fußwanderung seiner „vielen Jägerbekanntschaften aus dem Kriege“, wurde aber von Adelheid, die mit Tychsens auf dem|Lande war, kalt behandelt und als er in die Grafschaft Wernigerode kam, fand er die dortige Adelheid auf der Pleßburg gar nicht mehr vor. Auch 1816 unternahm Ernst wieder eine Reise nach dem Oberharze. Später machte er noch eine Rheinreise, die ihm aber nicht gut bekam. Wie Cäcilie verfiel er in ein Siechthum und wurde von seiner Stiefmutter, einer verhältnißmäßig jungen Dame, in's Vaterhaus nach Celle geholt. Damals begann die Buchhandlung von Brockhaus in Leipzig ihre glänzende Fürsorge für ihr Taschenbuch „Urania“, welches eine Reihe von Jahren hindurch eine meist ausgezeichnete Novelle von Tieck oder von Berthold Auerbach brachte, anfänglich aber einen Preis, wie es scheint auf die beste Erzählung in Versen, ausgesetzt hatte. Von einer Anzahl berühmter und einsichtsvoller Preisrichter wurde in gutmotivirter Weise Ernst's „bezauberte Rose“ mit dem Preise gekrönt, deren Ottave rime noch mehr als die in der heiligen Cäcilie durchaus musterhaft waren, und die bei vielleicht zweifelhaftem poetischen Werthe an Zartheit bei den Deutschen noch nicht ihres Gleichen hatte, auch gleich der heiligen Cäcilie vor Deutschlands Wiedergeburt nicht hätte geschrieben werden können. Ernst war von seinem Siege unterrichtet, ehe er am 29. Juni 1817 starb. Als Docent hatte er noch nichts geleistet. Es würde aber nöthigenfalls auch ihm, Bunsens Commilitonen, schon seiner politischen Haltung in der Jugend wegen sicherlich gelungen sein, außerhalb Hannovers einen größeren Wirkungskreis zu finden. Jedenfalls ist er wegen der bezauberten Rose der Lieblingsdichter unserer Mütter während der glücklichen Regierungsjahre Friedrich Wilhelm's III. geblieben. Freilich, ob Adelheid Tychsen, die sich an einen preußischen Juristen verheirathete, zu den drei Damen gehörte, die kurz nach seinem Begräbnisse in Celle sein Grab besuchten, ist sehr zweifelhaft. Aber gewiß ist, daß der König Georg V. 1866 auf der Reise nach Langensalza, wo er sein Land aufs Spiel setzte, Cäcilie Tychsen's Grabe in Göttingen einen tiefempfundenen Besuch machte. Die Hinterbliebenen des Dichters hatten dem Könige 1855 die Ausgabe seiner poetischen Werke gewidmet, deren fünfter Band aus Hermann Marggraff's ausführlicher Biographie nach des Dichters Tagebüchern und Briefen besteht. Die aus Mangel an Lokalkenntniß hervorgegangenen Irrthümer dieser fleißigen Biographie sind berichtigt in H. Pröhle „Harz und Kyffhäuser“, wo auch die Gedichte auf den Harz von S. zusammenstehen, und in H. Pröhle „patriotische Erinnerungen“ 155—167.

    • Literatur

      Vgl. Martin Hertz: Lachmann, und Karl Goedeke: Grundriß III, 2. Abth, S. 1074. — Mittheilungen aus dem Briefwechsel zwischen S. und seinem Jugendfreunde v. Bülow machte Franzos in der Vossischen Zeitung, 1. Quartal 1891, Sonntagsbeilagen.

  • Autor/in

    H. Pröhle.
  • Zitierweise

    Pröhle, Heinrich, "Schulze, Ernst" in: Allgemeine Deutsche Biographie 32 (1891), S. 763-765 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd11899848X.html#adbcontent

    CC-BY-NC-SA