Lebensdaten
1518 – 1597
Geburtsort
Köln
Sterbeort
Köln
Beruf/Funktion
Ratsherr in Köln ; Advokat ; Chronist
Konfession
katholisch
Normdaten
GND: 118945408 | OGND | VIAF: 46105116
Namensvarianten
  • Weinsberg, Hermann von
  • Weinsberg, Hermann
  • Weinsberg, Hermann von
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Zitierweise

Weinsberg, Hermann, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118945408.html [20.04.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Christian v. Schwelm (Swelme) (1489–1549), Bürger u. seit 1517 Ratsherr in K., Kaufm., nach ruinösem Rechtsstreit 1543 Burggraf unter dem Rathaus in städt. Diensten, nannte sich nach seinem Wohnhaus Weinsberg, S d. Gottschalk (1439–1502), wanderte 1458 v. e. Hof b. Schwelm (Westfalen) n. K. ein, 1481 Bürger u. seit 1494 Ratsherr in K., Kaufm., u. d. Maria Keppel (1463–1540);
    M Sophia (1498–1575), T d. Hermann Kort u. d. Margarete Bachmanns;
    3 jüngere B Christian, Gottschalk Hieronimus, 7 Schw;
    1) Köln 1548 Weisgin ( 1557, 1] Paul v. Kaub), T d. Hermann Ripgin, Schöffe u. Bgm. in Neuss, 2) Köln 1558 Gertrud (Drutgin) ( 1573, 1] Wilhelm Ross), T d. Antonius Bars;
    2 Stief-S aus 1) Hermann v. Kaub, Johann v. Kaub, Stief-K aus 2) Wilhelm Ross, Heinrich Ross;
    aus Verbindung mit e. Magd 1 außerehel. T Anna (1546–v. 1591).

  • Biographie

    Nach dem Besuch von Kölner Elementarschulen wurde W. von seinem Vater auf die renommierte Schule der Fraterherren in Emmerich/ Rhein geschickt und seit 1534 zum Studium auf die Kölner Univ., das W. 1543 mit dem Lizentiat in den Rechten abschloß; er praktizierte aber in der Folge nur selten als Jurist. Da W. keinen einflußreichen Fürsprecher fand, blieb ihm die angestrebte geistliche Karriere verwehrt. 1543 wurde W. als erster unverheirateter Akademiker in den Kölner Rat gewählt. Durch die Heirat mit einer älteren wohlhabenden Witwe mit zwei Söhnen entschied er sich 1548 für eine Lebensführung in der bürgerlichen Mittelschicht Kölns, die sowohl Handel als auch Handwerk betrieb. Nach dem Tod seines Vaters 1549 folgte er diesem im Burggrafenamt und schied damit aus dem Ratsturnus aus. Gerüstet durch seine humanistischen Studien kompensierte W. sein gesunkenes Ansehen durch eine phantastische Verklärung seiner Herkunft, zu der ihn der Name des Hauses Weinsberg verleitete. In seinem „Buch Weinsberg“ (Boich Weinsberch) schilderte er 1558–60 die Geschicke seiner fiktiven Ahnen, beginnend mit einem röm. Adligen, der zur Zeit Karls des Großen den Begründer des Hauses gezeugt habe, als dessen Hausvater W. sich stilisierte. Mit seinem Testament 1557 stiftete er ein Familienfideikommiss, dessen Verwaltung er den zukünftigen Hausvätern des Stammes und Hauses Weinsberg anvertraute. Von 1561 bis kurz vor seinem Tod verfaßte er ein umfangreiches „Gedenkbuch“ (3 Bde., Liber Iuventutis, Liber Senectutis, Liber Decrepitudinis), das seine Lebensgeschichte von 1517 an in ihrer Verflechtung mit der Geschichte seiner Vaterstadt und der Welt außerhalb ihrer Mauern dokumentieren sollte. Diese Aufzeichnungen sollten geheim gehalten werden und ausschließlich zur Belehrung der zukünftigen Hausväter des Hauses Weinsberg dienen. Das Gedenkbuch dokumentiert nicht nur W.s Wahrnehmung der politischen und gesellschaftlichen Ereignisse in Köln, im Rheinland, im Reich und Europa, es ist auch die ergiebigste Quelle für die Kölner Alltagskultur des 16. Jh. W. gewährt auch Einblicke in intime Lebensbereiche wie Körperlichkeit, Sexualität und Krankheit. Von W. ist darüber hinaus Schriftgut zur Wirtschaftsführung der Familie und zu seiner Tätigkeit als Kirchmeister seiner Pfarrkirche St. Jakob erhalten. Nach dem Tod seiner ersten Frau heiratete er wiederum eine gut situierte Witwe mit unmündigen Kindern, die ihn drängte, seinen Dienst als Burggraf aufzugeben und erneut für den Rat zu kandidieren. Von 1565 an wurde W. im Dreijahresturnus bis zu seinem Lebensende in den Rat gewählt.

    W. führte ein bescheidenes Leben und leistete, ähnlich anderen Kölner Bürgern des 16. Jh., in kirchlichen, wirtschaftlichen und politischen Gremien einen Beitrag zum Wohlergehen ihres Gemeinwesens. Ohne eheliche Kin-| der lebte er nach dem Tod seiner zweiten Frau 1573 eingebunden in seine große Familie, um deren Belange er sich unermüdlich kümmerte. Profil gewinnt er in seinen ausufernden Aufzeichnungen, in denen er seine Sicht des bewegten Zeitalters der Reformation und Konfessionalisierung festgehalten hat.

  • Werke

    |Das Buch W., Denkwürdigkeiten aus d. 16. Jh., 5 Bde., hg. v. K. Höhlbaum (I-II), F. Lau (III–IV) u. J. Stein (V), 1886–1926;
    Die autobiogr. Aufzz. H. W.s, Digitale Gesamtausg. auf d. Internetseite d. Univ. Bonn.

  • Literatur

    |ADB 55;
    W. Herborn, Die Fam. v. Schwelm/ v. W., Entwicklungsstufen e. bäuerl. Fam. im großstädt. Milieu an d. Schwelle z. Neuzeit, in: Rhein. Jb. f. Volkskde. 25, 1983 / 84, S. 7–26;
    ders., in: Rhein. Lb. XI, 1988, S. 59–76;
    W. Schmid, Kölner Renaissancekultur im Spiegel d. Aufzz. d. H. W. (1518–1597), 1991;
    B. Studt, Der Hausvater, Haus u. Gedächtnis b. H. v. W., in: Rhein. Vj.bll. 61, 1997, S. 135–60;
    G. Rohmann, Der Lügner durchschaut d. Wahrheit, Verwandtschaft, Status u. hist. Wissen b. H. v. W., in: Jb. d. Köln. Gesch.ver. 71, 2000, S. 43–76;
    G. Schwerhoff, Verklärung u. Untergang d. Hauses W., Eine gescheiterte Geltungsgesch., oder: Vom glückl. Überlfg.-Zufall e. Ego-Dokuments aus d. 16. Jh., in: Kloster – Stadt – Region, FS f. H. Rüthing, hg. v. J. Altenberend, 2002, S. 65–86;
    M. Groten (Hg.), H. W. (1518–1597), Kölner Bürger u. Ratsherr, Studien zu Leben u. Werk, 2005;
    M. Lundin, Paper Memory, A Sixteenth-Century Townsman Writes his World, 2012;
    Killy.

  • Porträts

    |Federzeichnung v. M. Johann, Werkstatt B. Bruyn d. Ä., 1539 (Köln. Stadtmus.);
    Stifterbild mit 1. Ehefrau, Altartafel (Kreuzigung) v. B. Bruyn d. J., 1556 / 57 (ebd.);
    mehrere Selbstporträts als Federzeichnungen in seinen Aufzz.

  • Autor/in

    Manfred Groten
  • Zitierweise

    Groten, Manfred, "Weinsberg, Hermann" in: Neue Deutsche Biographie 27 (2020), S. 652-653 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118945408.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA

  • Biographie

    Weinsberg: Hermann von W., Kölner Chronist, wurde am 3. Januar 1518 in Köln geboren als Sohn des Christian v. W. und der Sophia Korth. Nachdem er in seiner Vaterstadt den Elementarunterricht genossen hatte, besuchte er das Gymnasium in Emmerich und bezog alsdann die Kölner Universität, wurde 1536 Baccalaureus, 1537 Magister in artibus und schließlich im J. 1543 Licentiatus iuris. Er ließ sich in Köln als Advocat nieder und wurde gleichzeitig, 25 Jahre alt, von seiner Gaffel Schwarzhaus in den Rath gewählt. Da sein Vater ihn in die Rolle der Weinschule hatte eintragen lassen, so kam ihm die meiste Einnahme aus dem von ihm übernommenen väterlichen Weinzapf zu. Im Alter von 30 Jahren schritt er zur ersten Ehe mit einer Wittwe Weisgin Ripgin, die einen Tuchhandel betrieb. Als sein Vater 1549 starb, wurde W. an seiner Stelle Burggraf, d. i. Kastellan unter dem Rathhause, mußte aber als städtischer Beamter sein Rathsherren-Amt niederlegen. Um wieder Weinhandel treiben zu können, gab er später das Burggrafen-Amt auf. Nach dem Tode seiner ersten Frau schritt er 1558 zur zweiten Ehe, ebenfalls mit einer Wittwe, Drutgin Bars. Im J. 1564 wählte ihn seine Gaffel zum Bannerherrn und 1565 anstatt seines verstorbenen Bruders Christian wieder zum Rathsherrn. Im regelmäßigen Turnus wurde er immer wieder gewählt; gegen das Ende seines Lebens bekleidete er auch das Amt eines Rathsrichters. In den unruhigen Kriegsjahren 1583—87|war er Hauptmann in einem Bürgerfähnlein. In seiner Pfarre S. Jakob war er Kirchmeister. Im hohen Alter von 80 Jahren starb er im Frühling 1598 als einsamer Mann. Sein Neffe Hermann, den er zu seinem Nachfolger und Erben bestimmt hatte, lohnte ihm mit Undank. Er wurde der Ermordung seiner Tante bezichtigt, und bei einer Haussuchung nahm der Rath bei ihm die Gedenkbücher des Oheims in Beschlag. Dieselben haben unbeachtet im städtischen Archiv geschlummert, bis der städtische Archivar Leon. Ennen sie in den 1860er Jahren wieder entdeckte. Diese Gedenkbücher, in welchen der Verfasser in größter Breite alle Einzelheiten des eigenen Lebens im Spiegel der vaterstädtischen Geschichte wahrheitsgetreu berichtet, sind eine unschätzbare Quelle namentlich für die Culturgeschichte Kölns, aus dessen Mauern W. nur selten und nicht weit herausgekommen ist, im 16. Jahrhundert. Der Chronist hat das „Hausbuch“, wie er es nennt, im J. 1560 begonnen, indem er die früher liegenden Begebenheiten nachtrug und von jener Zeit ab das Buch gleichzeitig führte. Bis zum Jahre 1578 hat Konst. Höhlbaum, bis zum Schlusse (1598) Friedr. Lau die Bände herausgegeben, freilich mit Auswahl, wie sie namentlich die zunehmende Schreibseligkeit des alternden Verfassers erforderte.

    • Literatur

      Das Buch Weinsberg. Kölner Denkwürdigkeiten aus dem 16. Jahrh., bearb. von K. Höhlbaum u. Fr. Lau. 4 Bde. (Leipzig 1886/87 bzw. Bonn 1897/98) (Publikationen d. Gesellsch. f. Rhein. Geschichtskunde III. IV. XVI).

  • Autor/in

    Hermann Keussen.
  • Zitierweise

    Keussen, Hermann, "Weinsberg, Hermann" in: Allgemeine Deutsche Biographie 55 (1910), S. 18-19 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118945408.html#adbcontent

    CC-BY-NC-SA