Lebensdaten
1471 – 1553
Geburtsort
Ochsenfurt/Main
Sterbeort
Rebdorf bei Eichstätt
Beruf/Funktion
Augustinerchorherr ; Prior zu Rebdorf ; Humanist ; Kontroverstheologe ; Historiker
Konfession
katholisch
Normdaten
GND: 118890298 | OGND | VIAF: 57412912
Namensvarianten
  • Leib, Kilian
  • Leyb, Chilianus
  • Leyb, Kilian
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Zitierweise

Leib, Kilian, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118890298.html [29.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Leonhard;
    M Barbara Lutz.

  • Biographie

    Nach Schulbesuchen in Ochsenfurt (1481–85), Schweinfurt und Eichstätt trat L. im Herbst 1486 in das seit 1448 der Windesheimer Kongregation angeschlossene Augustinerchorherrnstift Rebdorf ein und setzte seine Ausbildung fort. Kurz nach seiner Priesterweihe wurde er zum Prokurator in Rebdorf, 1499 zum Prior des reformbedürftigen Klosters Schamhaupten bestellt und 1503 zum Prior in Rebdorf gewählt; dieses Amt hatte er bis zu seinem Tod inne. – Als guter Wirtschafter mehrte L. das Einkommen des Stifts so, daß es den Eichstätter Bischöfen und anderen Fürsten Geld leihen konnte. Er ließ sich überkommene Rechte und Privilegien von Päpsten, Bischöfen und Kaisern bestätigen und wachte eifersüchtig über die Freiheit von der bischöfl. Gerichtsbarkeit. Als Ordensoberer sorgte er für einen guten religiösen Geist, für Disziplin und Ordnung bei den Chorherren. L. stand in Briefwechsel und Gedankenaustausch mit bedeutenden Persönlichkeiten seiner Zeit (u. a. Reuchlin, Wimpfeling, Eck, Cochläus, vor allem W. Pirckheimer). Er beschäftigte sich besonders mit Fragen der Bibel, studierte Griechisch, Hebräisch und „Chaldäisch“ (Kollektaneen, unveröff.), interessierte sich für juristische und kanonistische Probleme und vergaß auch die antike Literatur nicht, aus der er gern zitierte. – L.s „Große Annalen“ umfassen die Zeit 1502–49; er verwertete in ihnen überwiegend Mitteilungen anderer, jedoch nicht ohne Überprüfung, so weit das möglich war. Die „Kleinen Annalen“ (1503-36) haben eine „lokale Färbung“, ähnlich wie die „Diarien“ (1503-47), in denen auch über Krankheiten, Lebensmittelpreise und anderes mehr berichtet wird. Seine Beobachtung der Witterung und daraus folgend die Überprüfung von Bauernregeln hielt L. in seinem „Wettertagebuch“ (1513-31) fest. Trotz eigener Kritik an den Mißständen in der Kirche bekämpfte L. Martin Luther und die lutherische Bewegung in Wort und Schrift, beteiligte sich als Begleiter seines Bischofs Gabriel v. Eyb 1530 kurzzeitig an der Beratung über die „Confutatio“ in Augsburg und hielt beim Religionsgespräch 1546 in Regensburg die einleitende Predigt. Seine (ungedruckten und gedruckten) Schriften, die sich meist auf polemische Abwehr beschränken, sollten vor allem in Glaubensnot Geratene stützen. Seine eigene Klostergemeinschaft konnte er im wesentlichen vor lutherischen Ideen bewahren. – L. ist der bedeutendste aller Chorherren, die je in Rebdorf gelebt haben. Als Prior vermittelte er dem Stift religiösen Geist, wirtschaftliche Sicherheit und Ansehen.

  • Werke

    Von d. endschafft u. frucht d. aufruer u. empörungen d. gepovels u. voleks wider d. oberkeit, o. J.;
    De sacrae Scripturae dissonis translationibus, 1542;
    Resolutio quaestionis de S. Paulo Apostolo, an conjugatus fuerit necne, 1545;
    De Caelibatu atque Castimonia, 1547;
    Gründtl. anzeygung u. bericht auß was ursachen (deren fümemlich siben seind) so mancherlay u. vilfaltige Ketzereyen zwispaltung u. irrthumb … erwachsen seind und jren grund genommen haben, 1557;
    Chiliani Leibii … Historiam sui temporis ab MDII ad Annum MDXLVII Annales, in: Btrr. z. Gesch. u. Lit., hrsg. v. J. Ch. Frhr. v. Aretin, VII, 1806, S. 535-60, 621-68, IX, 1807, S. 1011-51;
    Kiliani Leib … Historiarum sui temporis ab anno 1524 usque ad annum 1548 Annales, in: J. J. I. v. Döllinger, Btrr. z. pol., kirchl. u. Cultur-Gesch. d. sechs letzten Jhh. II, 1863, S. 445-611 (d. Schluß d. „Großen Annalen“ b. Schlecht, Briefwechsel, S. 139);
    Die kleinen Ann. d. K. L., Priors zu Rebdorf, hrsg. v. J. Schlecht, in: Sammelbl. d. Hist. Ver. Eichstätt 2, 1887, S. 39-68, 14, 1899, S. 167 ff. (weitere Bruchstücke b. Schlecht, Briefwechsel, S. 140-45);
    K. L.s Briefwechsel u. Diarien, hrsg. v. J. Schlecht, 1909. -W-Verz.:
    Clm 26468 I f. 120 ff.;
    F. K. G. Hirsching, Versuch e. Beschreibung sehenswürdiger Bibliotheken Teutschlands III, 1790, S. 517-21 (Anm).

  • Literatur

    ADB 19;
    M. Stein, In: Literar. Wochenbl. 2, 1770, S. 81-92 (W-Verz.);
    J. Deutsch, K. L., Prior v. Rebdorf, Ein Lb. aus d. Za. d. dt. Ref., 1910;
    F. Klemm, Über d. meteorolog. Beobachtungen d. Priors K. L. im Augustinerchorherrenstift Rebdorf in d. Zeit v. 22.4.1513-31.12.1531, in: Meteorolog. Rdsch. 20, 1967, H. 3, S. 72-77;
    E. Reiter, in: Fränk. Lb. II, 1968, S. 217-36 (P);
    ders., Domus sancti Johannis Baptistae in Rebdorp (Rebdorf), in: Monasticon Windeshemense, T. 2: Dt. Sprachgebiet, 1977, S. 340-62 (W, L, P);
    LThK, LThK².

  • Porträts

    Gedäcbtnisbild (im Bes. d. Hist. Ver. Eichstätt, als Leihgabe im Diözesanmus. Eichstätt).

  • Autor/in

    Ernst Reiter
  • Zitierweise

    Reiter, Ernst, "Leib, Kilian" in: Neue Deutsche Biographie 14 (1985), S. 115 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118890298.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA

  • Biographie

    Leib*)Zu Bd. XVIII S. 172.: Kilian L., Prior zu Rebdorf, geb. im J. 1471 zu Ochsenfurt a. M. Wie es scheint, von Haus für den geistlichen Beruf bestimmt, erhielt er seine höhere Ausbildung in Eichstädt und trat bereits im J. 1486 in das regulirte Chorherrnstift Rebdorf, das in nächster Nähe der genannten Bischofsstadt lag und nicht lange vorher auf Grund der sogen. Windesheimischen Regel reformirt|worden war. Mit nicht gewöhnlicher gelehrter Bildung ausgestattet und zugleich mit hervorragender Befähigung für weltliche und praktische Geschäfte begabt, stieg L. rasch von Stufe zu Stufe. Zuerst wurde er Pfarrer seines Stiftes, dann (1497) als Prior zur Verwaltung der diesem seit dem J. 1491 einverleibten, in der Nähe von Ingolstadt gelegenen Canonie Schamphaupten entsendet und endlich bereits im J. 1503 zum Prior des Stiftes Rebdorf selbst erwählt. Als solcher war er das Oberhaupt des Stiftes, da seit der Reform desselben dieser bescheidene Name an die Stelle des früher üblichen eines „Propstes“ getreten war. Ein volles halbes Jahrhundert hat L., zum Theil unter schwierigen Zeitverhältnissen, das ihm anvertraute Amt bekleidet. Der Bauernkrieg, der ja bis in die nächste Nähe von Rebdorf vordrang, hat seine Umsicht und Entschlossenheit auf eine wohlbestandene Probe gestellt. Der reformatorischen Bewegung gegenüber nahm er eine entschieden ablehnende und verwerfende Stellung ein: ein Eiferer, wie Cochläus, war daher der Mann nach seinem Herzen; auch litterarisch ist er gegen sie aufgetreten. Dem Reichstag in Augsburg des J. 1530 hat er als Begleiter seines Bischofs beigewohnt und der Bekämpfung der Evangelischen seine theologischen Kenntnisse zur Verfügung gestellt. Es hinderte das aber nicht, daß er nicht blos mit Reuchlin und den Gebrüdern Adelmann, sondern auch mit Peutinger und Pirkheimer gute Beziehungen unterhielt. Für die Litteratur ist er durch seine „Annales“ interessant geworden, deren ersten Theil (von 1502—23) bereits Aretin im 7. Bande seiner „Beyträge“ im J. 1806 veröffentlicht hat, und deren zweite Hälfte (von 1524—48) durch Döllinger im J. 1863 in seinen „Materialien zur Geschichte des 15. und 16. Jahrhunderts“ herausgegeben worden ist. L. ist am 17. Juli 1550 gestorben und es scheint demnach, daß er die Ereignisse der letzten Jahre seines Lebens nicht mehr aufgezeichnet hat. Die „Annalen“ sind zum guten Theil gleichzeitig mit den Ereignissen niedergeschrieben und liefern für die Zeitgeschichte manchen willkommenen Beitrag zur richtigeren Erkenntniß so mancher Thatsachen und zugleich der Stimmung, von welcher ein immerhin bedeutender und unterrichteter Anhänger der alten Kirche gegenüber der Reformation erfüllt war. Besonders verläßlich unter andern sind seine bez. Mittheilungen über den Verlauf des Bauernkrieges, dessen Wogen, wie angedeutet, an der Grenze des Hochstifts Eichstädt nicht stille gestanden haben. Im Interesse der Charakteristik jener Zeit mag erwähnt werden, daß auch L., wie so viele seiner hervorragenden Zeitgenossen aller Parteien, dem Glauben an astrologische Voraussetzungen redlich gehuldigt hat.

    • Literatur

      S. (Straus, Andr.): Viri scriptis, conditione ac pietate insignes, quos Eichstadium vel genuit vel aluit. Eichstadii 1794, p. 261—278. — Suttner, Bibliotheca Eystettensis Dioecesana. Ein Beitrag zur Herstellung von Annalen der Litteratur des Bisthums Eichstädt. Erste Abth. Eichstädt 1866, stellenweise.

  • Autor/in

    Wegelt.
  • Zitierweise

    Wegele, Franz Xaver von, "Leib, Kilian" in: Allgemeine Deutsche Biographie 19 (1884), S. 753-754 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118890298.html#adbcontent

    CC-BY-NC-SA