Lebensdaten
1877 – 1955
Geburtsort
Oels (Schlesien)
Sterbeort
Heidelberg
Beruf/Funktion
Psychologe ; Nervenarzt ; Politiker
Konfession
lutherisch
Normdaten
GND: 118819275 | OGND | VIAF: 51816311
Namensvarianten
  • Hellpach, Willy Hugo
  • Gystrow, Ernst (Pseudonym)
  • Hellpach, Willy
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Zitierweise

Hellpach, Willy, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118819275.html [20.04.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Hugo, Gerichtskalkulator;
    M Agnes Otto;
    1904 Olga (kath.), T d. Kaufm. Klim in Prag.

  • Biographie

    H. hat 1931 in seiner autobiographischen Skizze „Was bestimmend war für meinen Lebensweg“ (Die Umschau 35, H. 13-15) gesagt, daß „sich sehr früh zwei brennende Neigungen bemerkbar machten …, die helfende Befassung mit Krankheit und die Lust an eigenem belehrenden Vortrag“. Er studierte seit 1895 in Greifswald Medizin, oblag zugleich historisch-politischer Lektüre (besonders Lassalle), stieß zufällig auch auf Werke von Helmholtz und Wundt und entdeckte „die Seelenkunde als (sein) Schicksal“. Er studierte bei Wundt (1899 Dr. phil.) und erkannte jetzt in der Nervenheilkunde „die mögliche Verbindung von medizinischem mit psychologischem Können“. 1901 bestand er das medizinische Staatsexamen (1903 doctor medicinae). Nach Assistentenzeit bei Kraepelin und Oppenheim ließ er sich 1904 als Nervenarzt in Karlsruhe nieder, habilitierte sich 1906 dort an der Technischen Hochschule für Psychologie mit der Schrift „Grundgedanken zur Wissenschaftslehre der Psychopathologie“ (in: Archiv f. d. gesamte Psychologie 7, 1906). 1911 wurde er außerordentlicher Professor, 1920 Lehrstuhlinhaber und Direktor eines Instituts für Sozialpsychologie. Viel beachteten Werken über Fragen aus dem Grenzgebiet zwischen Medizin und Psychologie folgte 1911 das berühmte Buch „Die geopsychischen Erscheinungen“ (³1923, 4.-7. Auflage unter dem Titel Geopsyche, 1935–65, spanische, französische u. niederländische Übersetzungen), eine „empirisch zusammenfassende und theoretisch durchdringende Darstellung aller Einwirkungen, welche die Seele von Wetter und Klima, Boden und Landschaft her erfährt“. Während Felddienst und Leitung von Nervenlazaretten im 1. Weltkrieg reifte nicht nur die erste seiner schon lange vorher konzipierten klassisch gewordenen Abhandlungen über die Physiognomik der deutschen Stämme heran, sondern auch der Entschluß, „fortan an der Politik mitzuwirken“. Nach Kriegsende schloß er sich der Partei an, der er „unterstellte, daß sie die, Konservative Volkspartei' des neuen Deutschlands werden solle: der demokratischen“.

    Obwohl H. von der Politik seiner Partei bald tief enttäuscht war und in Meinungsverschiedenheiten mit der Parteileitung geriet, nahm er 1922 das Angebot, badischer Unterrichtsminister zu werden, an. Als solcher schuf er das Modell einer Berufsschulordnung. 1924 wurde er badischer Staatspräsident, 1925 Kanditat für das Amt des Reichspräsidenten. Als eine politische Krise seine Amtszeit 1926 beendete, berief ihn die philosophische Fakultät der Universität Heidelberg als ordentlicher Honorarprofessor für Psychologie in ihren Lehrkörper. 1928 ging er als Reichstagsmitglied noch einmal in die Politik zurück, legte aber „nach der inhaltsarmen und sinnlosen Episode von zwei Jahren“ sein Mandat nieder. Literarischer Niederschlag jener Jahre sind auf allgemeinpolitischem Gebiet die „Politische Prognose für Deutschland“ (1928) und auf kulturpsychologischem „Zwischen Wittenberg und Rom“ (1931). Aus der aktiven Politik ausgeschieden, wandte er sich ganz der Einbringung der Ernte seiner bisherigen wissenschaftlichen Arbeit und neuen Ansätzen zu. Lehrbuchdarstellungen galten der Sozial-(1932), Völker- (1938), Klinischen (1946), Religions- (1951) und Kulturpsychologie (1953). Dazu kamen Einzelstudien mannigfacher Art, besonders zur psychologischen Grundlagenforschung. Erst einige Jahre nach dem 2. Weltkrieg machte sich auch der Drang zur Politik, insbesondere zur Kulturpolitik, wieder vernehmbar in den Büchern „Pax futura, Die Erziehung des friedlichen Menschen durch eine konservative Demokratie“ (1949) und „Der deutsche Charakter“ (1954). – H.s bleibendes Verdienst ist die Begründung systematischer Geopsychologie und der Stammesphysiognomik. Seine Anregungen auf manchen anderen medizinisch-psychologischen Gebieten werden zunehmend aufgegriffen, seine praktisch-pädagogische Arbeit wurde beispielgebend, seine politische Wirksamkeit ist von der Forschung noch nicht ausgeschöpft.|

  • Auszeichnungen

    Wundt-Plakette (1947), Gr. Bundesverdienstkreuz (1952), Paracelsus-Medaille (1953).

  • Werke

    Weitere W u. a. Die Grenzwiss. d. Psychol., 1902;
    Grundlinien e. Psychol. d. Hysterie, 1904;
    Die Arbeitsteilung im geistigen Leben, in: Archiv f. Soz.wiss. u. Soz.pol. 35/36, 1912/13;
    Vom Ausdruck d. Verlegenheit, in: Archiv f. d. ges. Psychol. 27, 1913;
    Das fränk. Gesicht, in: SB d. Heidelberger Ak. d. Wiss., Math.-Naturwiss. Kl., Abt. B, Jg. 1921, Abh. 2;
    2. Mitt. z. Physiognomik d.|dt. Volksstämme, ebd., Jg. 1925, Abh. 6;
    3. Mitt. z. Statik u. Dynamik d. dt. Stammesphysiognomien, ebd., Jg. 1931, Abh. 7;
    Gruppenfabrikation, 1922 (mit Lang);
    Prägung, 12 Abhh. aus Leben u. Lehre d. Erziehung, 1928;
    Elementares Lehrb. d. Soz.psychol., 1933, ²1946 u. d. T. Soz.psychol., ³1951;
    Einführung in d. Völkerpsychol., 1938, ³1954 u. d. T. Völkerpsychol.;
    Mensch u. Volk d. Großstadt, 1939, ²1952 (ital. 1960);
    Dt. Physiognomik, Grundlegung e. Naturgesch. d. Nat.gesichter, 1942;
    Klin. Psychol., 1946, ²1949 (span. 1952);
    Das Magethos, 1947;
    Wirken in Wirren, 2 Bde., 1947/49;
    Universitas Litterarum, hrsg. v. G. Heß u. W. Witte, 1948;
    Grundriß d. Rel.psychol. (Glaubensseelenkde.), 1951;
    Stud. z. Ethnophysiognomik u. Ethnopsychognomik, in: Abhh. d. Heidelberger Ak. d. Wiss., Phil.-hist. Kl., Jg. 1951;
    Kulturpsychol., 1953;
    Erzogene üb. Erziehung, 1954.

  • Literatur

    B. de Rudder, C. Oehme, A. Wellek u. W. Witte, in: Universitas Litterarum, 1947;
    W. Witte, in: Psychol. Btrr. 3, 1957, S. 1-17 (P);
    B. de Rudder, in: Jb. 1955 d. Ak. d. Wiss. u. d. Lit. zu Mainz (P);
    Rhdb. (P).

  • Porträts

    in: Gal. hervorragender Ärzte u. Naturforscher, Beil. z. Münchener Med. Wschr., Bl. 617, 1956;
    Die TH Fridericiana Karlsruhe, 1950.

  • Autor/in

    Wilhelm Witte
  • Zitierweise

    Witte, Wilhelm, "Hellpach, Willy" in: Neue Deutsche Biographie 8 (1969), S. 487-488 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118819275.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA