Lebensdaten
1861 – 1915
Geburtsort
München
Sterbeort
München
Beruf/Funktion
Dramatiker ; Erzähler
Konfession
-
Normdaten
GND: 118791508 | OGND | VIAF: 3266990
Namensvarianten
  • Ruederer, Josef Anton Heinrich
  • Ruederer, Josef
  • Ruederer, Josef Anton Heinrich
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Zitierweise

Ruederer, Josef, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118791508.html [28.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Josef Franz (1834–1907), Großhandelskaufm., Bankier, Großaktionär d. Bayer. Handelsbank u. d. Löwenbrauerei, portugies. Gen.konsul in M.;
    M Anna Theresia Koeck (1841–1906), aus vermögender Bierbrauerfam.;
    1888 Elisabeth Wilhelmine Gertrude (1868–1934, ev.), T d. Ludolf Gazert, Arzt in Coburg;
    1 S Hans (1889–1976), Dr. phil., Exportkaufm., 1 T Margarethe (* 1890).

  • Biographie

    Auf Wunsch des Vaters absolvierte R. 1882-85 eine kaufmännische Ausbildung bei der „Coburg-Gotha. Kreditgesellschaft“ in Coburg und ein Praktikum in Berlin (1885/86). Nachdem das Stahlwerk, dessen Teilhaber er war, bankrott gegangen war, lebte R. vom Vermögen des Vaters; 1911 trat er in den Aufsichtsrat der Löwenbrauerei. 1888-99 wohnte er in Schwabing, später ließ er sich von Max Langheinrich eine Villa in der Maria-Theresia-Straße bauen und erwarb einen großen Landsitz in Oberammergau.

    R.s Biographie ist durch die Auseinandersetzung mit Elternhaus und Gesellschaft, durch kritischen Abstand zur Bohème sowie durch die Verehrung Richard Wagners und Max Klingers (Erlösung, 1892) gekennzeichnet. Den Durchbruch als Schriftsteller schaffte er mit seinem ersten Roman „Ein Verrückter“ (1894, ³1908), der in naturalistischer Erzähltradition die Auseinandersetzung zwischen den Individuen und ihrem Milieu zeigt und den politischen Katholizismus kritisiert. Dieser Komplex beherrscht auch R.s erstes Drama, die Komödie „Die Fahnenweihe“ (1895, ³1913, UA 1898). Die Kommerzialisierung der Natur durch zunehmenden Tourismus, an der sich auch Einheimische beteiligen, griff R., selbst versierter Bergsteiger, auch in alpinen Berichten an („Österr. Alpenztg.u. „Alpenfreund“, 1892/93). „Die Morgenröte, Eine Komödie aus dem Jahre 1848“ (1905) entwickelte die Gattung parodisierend weiter. Typische Motive der Fin de siècle-Literatur, wie die grausame, erotische und egomane Femme fatale und der Vitalismus, werden effektvoll mit der Analyse der Machtverflechtung zwischen Politik, Wirtschaft und Moral verbunden. 1905 privat uraufgeführt, blieb das Stück bis 1912 verboten und wurde erst wegen R.s jahrelanger Mitwirkung im Zensurbeirat gestattet.

    Unter R.s Versuchen mit ernsten Stoffen – z. B. die Versdichtung „Germania“ (1891), die Bismarcks Gründerleistung feiert – ist die historische Tragödie „Der Schmid von Kochel“ (1911) über die Niederschlagung einer Bauernrevolte bei Sendling 1705 hervorzuheben. In historischer Analogie wird der Machtmißbrauch in der Gegenwart als Resultat der Passivität der Masse gedeutet. Neuland betrat R. mit der historischen Tragikomödie „Prinz Dschem“ (1920), in der die Dekadenzliteratur und ein bis zur Amoralität reichender Ästhetizismus kritisch bewertet werden. R.s Bearbeitung der „Vögel“ nach Aristophnnes (1909, UA 1908) u. d. T. „Wolkenkuckucksheim“ hingegen gehört zu seinen Satiren über München, die vom phantastischen Kunstbericht (Höllischer Spuk, 1897) bis zum Festspiel (Auf drehbarer Bühne, Festspiel z. Einweihung d. Münchener Prinzregenten-Theaters, 1901) reichen. Zahlreiche Themen kehren in seinem vielgelesenen Stadtbuch „München“ (1907, Nachdr. in: Werkausg., Bd. 4) wieder.

    Als Mitbegründer des „Intimen Theaters“ 1896 und als Mitglied im Theaterzensurbeirat 1908-12 nahm R. lebhaft am öffentlichen Leben teil; sein Werk, zwischen der Gründerzeit und der naturalistischen Avantgarde stehend, markiert noch vor den Erfolgen Ludwig Thomas den Beginn einer kritischen bayer. Regionalliteratur.

  • Werke

    Weitere W Geopfert!, 1892;
    Tragikomödien, 2 Bde., 1897/1906;
    Münchener Satiren, 1907;
    Geistiges u. künstler. München in Selbstbiogrr., 1913;
    Das Erwachen, Ein Münchner Roman z. J. 1848, 1916;
    Woißblaue Achtundvierziger, 1962;
    Werkausg. in 5 Bdn., hg. v. H.-R. Müller, 1987 (Zeittafel, Bibliogr., Nachwort). – Nachlaß;
    Stadtbibl. München, Monacensia.

  • Literatur

    E. Gudenrath, Das dramat. Werk v. J. R., Diss. München 1924;
    W. E. Trieb, J. R. als Erzähler, Diss. München 1929;
    M. Dirrigl, Die geistige u. künstler. Entwicklung J. R.s, Diss. München 1949;
    E. Stiglmaier, in: Jberr. d. Wilhelms-Gymn. München 1990/91, S. 146-56;
    C. Müller-Stratmann, J. R. (1861-1915), Leben u. Werk e. Münchner Dichters d. Jh.wende, 1994;
    W. Hettche, „…daß e. Mensch Ihrer Art auf d. Welt ist“, Der Berliner Kunstförderer Willy Levin, mit bisher ungedr. Briefen v. Hugo v. Hofmannsthal, Richard Strauss u. J. R., in: Berliner Hh. z. Gesch. d. lit. Lebens, 1996, H. 1, S. 9-24;
    J. Dewitz, Le renoveau du théâtre populaire autour de 1900, in: G. Merlio u. N. Pelletier (Hg.), München 1900 als Ort d. Moderne, 1998, S. 117-27;
    DBJ I, Tl.;
    Kosch, Lit.-Lex.³;
    Killy.

  • Porträts

    Ölgem. v. L. Corinth, 1904 (München, Städt. Gal. im Lenbachhaus), Abb. in: L. Corinth, Die Gemälde, Werkverz., ²1992, Nr. 296;
    Foto, in: Schwabing, Kunst u. Leben, hg. v. H. Bauer, 1998, S. 235.

  • Autor/in

    Gertrud M. Rösch
  • Zitierweise

    Rösch, Gertrud Maria, "Ruederer, Josef" in: Neue Deutsche Biographie 22 (2005), S. 212-213 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118791508.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA