Lebensdaten
erwähnt 1184, gestorben 1202
Beruf/Funktion
Herzog von Ravenna ; Markgraf von Ankona
Konfession
katholisch
Normdaten
GND: 118781987 | OGND | VIAF: 18018476
Namensvarianten
  • Markward von Anweiler
  • Markward
  • Anweiler, Markward von
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Zitierweise

Markward von Annweiler, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118781987.html [29.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    Aus am Mittelrhein begüterter u. in Diensten d. Staufer stehender Familie;
    B Konrad;
    S Dietrich. Warum sich M., dessen bis dahin unbek. Fam. wohl erst seit stauf. Zeit zu d. Reichsdienstmannen zählte (urspr. vielleicht Straßburger od. Lorscher Dienstleute), zeitweilig (1192-94) nach „Anweiler“ (wohl Annweiler, Kr. Bergzabern; der Ort scheint unter Hzg. Friedrich II. v. Schwaben [ 1147] an die Staufer gekommen zu sein) genannt hat, ist unklar; Fam.bes. ist nur an anderen Orten d. späteren Pfalz nachweisbar. Überhaupt sind wir über M.s Herkunft u. Fam., d. nach seinem Tode bald wieder in Vergessenheit geriet, kaum unterrichtet. Über seine Abstammung hat sich Innozenz III. abfällig geäußert.

  • Biographie

    Die außergewöhnliche Karriere M.s, der eine ausgezeichnete ritterliche Erziehung erhalten haben muß, begann unter Kaiser Friedrich I. Barbarossa. Man vermutet, daß ihn der Kaiser zusammen mit anderen Höflingen zum Erzieher Heinrichs VI. bestellt hat. Nach der Schwertleite des Thronfolgers 1184 zählte M. bald zu dessen engsten Vertrauten; er bekleidete das Hofamt eines Truchsessen (als dapifer regis, später imperialis aule dapifer, mehrfach auch senescalcus genannt, erstmals bezeugt im Sommer 1185) und wurde schon 1186/87 von Heinrich VI. mit Legatenaufgaben in Italien, wohin er diesen begleitet hatte, betraut. Wohl während seines damaligen Italienaufenthalts hat M. auch jene herzlichen Kontakte zum toskan. Hochadel geknüpft, die ihm in seinem späteren Wirkungsfeld zustatten kamen (Patenschaft für einen Sohn des Grafen Guido Guerra III. von Tuszien; eine Tochter M.s wurde später mit einem Sohn Guido Guerras verheiratet). 1189 begleitete M. Barbarossa auf dem Kreuzzug, wo er sich als Kriegsmann bei der Einnahme der Festung Nikitz (östl. Adrianopel) und als Gesandter beim byzant. Kaiserhof hervortat. Nach seiner Rückkehr 1192 nach Deutschland treffen wir ihn ständig in Diensten Heinrichs VI. an. Sein Hauptwirkungsfeld wurde aber seit Anfang 1194 Italien, wo er zunächst Genua für das geplante Flottenunternehmen gegen Sizilien gewann und dann als Oberbefehlshaber der vereinigten Flotten Pisas und Genuas bei der Eroberung Siziliens 1195 durch den Staufer eine entscheidende Rolle spielte (Siege bei Catania und Syrakus). Der Kaiser dankte ihm auf dem Hoftag in Bari im April 1195 mit der Ernennung zum Herzog von Ravenna (womit auch die Herrschaft über die Romagna verbunden war; tatsächlich nennt sich M. in einigen Urkunden dux Ravenne et Romaniole) und Markgrafen von Ancona. Für diese „Reichsämter“ gestand ihm Heinrich VI. die Erblichkeit zu (Haverkamp). Wohl gleichfalls noch 1195 hat ihm Heinrich VI. auch den nordöstl. Grenzstreifen des Regnum Siciliae, die Abruzzen-Grafschaft um Teramo, anvertraut, zwei Jahre später nach dem Tod Konrads v. Lützelhard auch die sich südlich anschließende wichtige Großgrafschaft Molise (die gleichfalls zum Regnum Siciliae gehörte), so daß M. die gesamte, für die Ziele Heinrichs VI. in Italien strategisch wichtige Adriaküste von der Mündung des Po bis zu den nördlichen Provinzen des Regnum Siciliae verwaltete. Fortan spielte M., den wir regelmäßig in der Umgebung des Kaisers antreffen, in der Auseinandersetzung zwischen diesem und der Kurie über die von Heinrich VI. angestrebte, von den Päpsten aber bekämpfte „Unio regni ad imperium“ eine Schlüsselrolle. Etwa Anfang 1196 muß er – wohl im Auftrag seines Herrn – in Verbindung mit Kg. Philipp II. August von Frankreich getreten sein, von dem er bei dieser Gelegenheit ein Lehen im Elsaß (Leberau) erhielt. Auch mit Philipp von Schwaben, der im selben Jahr wie M. seine mittelitalienischen Lehen (Hzg. von Tuszien) erhalten hatte, ist er in der Folgezeit zusammengetroffen. Im Herbst 1196 gehörte M. zu der Gesandtschaft, die Heinrich VI. für die entscheidenden Verhandlungen mit Coelestin III. über den sog. Erbreichsplan benannt hatte. Anläßlich der für einen Ministerialen außergewöhnlichen Rangerhöhung zum Herzog von Ravenna scheint ihn der Kaiser formell aus dem Ministerialenstand entlassen zu haben (libertate donavit: Burchard v. Ursberg). Im Mai 1197 schlug M. zusammen mit Heinrich v. Kalden bei Catania die sizilische Verschwörung gegen Heinrich VI. nieder. Beim Tod des Kaisers am 28. Sept. in Messina war M. zugegen. Das (nur unvollständig überlieferte, aber wohl kaum entscheidend verfälschte) „Testament“ des Kaisers hat dieser offensichtlich M. anvertraut (executor testamenti: Gesta Inn. III.). Die darin enthaltenen Bestimmungen waren wohl als Instruktionen für die Verhandlungen gedacht, die M. mit der Kurie (vielleicht einvernehmlich mit der Kaiserin Konstanze) führen sollte. Damit wurde M. zum Führer der in Mittel- und Süditalien gegen eine Koalition aus Papsttum, Kommunen und „national-sizilischer“ Partei ausharrenden „Imperialen“ und zum zentralen Gegenspieler des im Januar 1198 gewählten Papstes Innozenz III., der sofort daranging, die päpstl. Oberhoheit in den M. anvertrauten mittelital. Gebieten wieder herzustellen (Rekuperationspolitik). Seine Gegnerschaft zu Innozenz III. hat M. mit groben Verunglimpfungen durch die päpstl. Propaganda bezahlt (perfidus M. Dei et ecclesie inimicus, dampnate memorie etc.; kaum zutreffend ist auch der von Innozenz III. erhobene Vorwurf, M. habe nach dem Tode Heinrichs VI. selbst nach der Krone Siziliens gestrebt). Von Konstanze, die sich mit der M. von Heinrich VI. zugewiesenen Rolle nicht abfinden wollte und sich an die Spitze der „national-sizilischen“ Partei gestellt hatte, wie alle Deutschen aus dem Königreich gewiesen, von Innozenz III. gebannt, kehrte er nach seinem weitgehenden Scheitern in Mittelitalien Ende 1198 nach dem Tod der Kaiserin ins Königreich zurück. Unter Berufung auf das Testament des Kaisers (ob zu Recht, ist fraglich) und zusätzlich legitimiert durch Philipp von Schwaben und die diesen stützenden deutschen Fürsten, die M. spätestens im Frühjahr 1199 formell als procurator regni Siciliae anerkannt hatten (RNI 14 = MG Const. II, Nr. 3), strebte er nun die Regentschaft für den unmündigen Friedrich II. in Sizilien an. Nachdem im Hochsommer 1199 letzte Verhandlungen mit Innozenz III. gescheitert waren, setzte er Ende des Jahres nach Sizilien über, wo er zahlreiche Anhänger fand und sich, unterstützt insbesondere von den Sarazenen und den dort lebenden Pisanern, weitgehend durchsetzen konnte, obwohl er im Sommer 1200 von päpstl. Truppen bei Monreale und Randazzo (unweit Taormina) besiegt wurde. Der mit der Leitung der Regierungsgeschäfte für den unmündigen Friedrich II. durch Papst Innozenz beauftragte, jetzt aber mit ihm wegen der päpstl. Abmachungen mit Walter v. Brienne entzweite sizilische Kanzler Walter v. Pagliara nahm M. Ende 1200 in den Kronrat (Familiarenrat) auf. Innozenz III. reagierte mit der Bannung und Absetzung des Kanzlers, der sich in die festländischen Provinzen bege- ben hatte, konnte aber nicht verhindern, daß M. sich im November 1201 der Stadt Palermo und des jungen Friedrich bemächtigte. Im September 1202 war auch der letzte Stützpunkt der päpstl. Partei auf der Insel, Messina, bereit, M. die Tore zu öffnen, doch starb dieser unerwartet auf dem Weg dorthin an einer heftigen Dysenterie (Gesta Inn.: an einer mißlungenen Steinoperation) etwa Mitte des Monats in Patti.

    M. war kaum eine „Führergestalt renaissancehaften Ausmaßes“ (Bosl), wohl aber ein überragender, dabei nicht ganz uneigennütziger Träger der staufischen Italienpolitik, der die Aufstiegsmöglichkeiten, die der Königsdienst einem Ministerialen bis hin zu einer fürstengleichen Stellung bot, konsequent ausgenutzt hat.

  • Literatur

    ADB I;
    Regg. Imp. IV/3, V/1, S. 1-24, 153-161. V/4, S. 10-14, 142-144;
    Reg. super negotio imperii (RNI);
    Reg. Innocentii III. 1-2;
    Codex dipl. regni Siciliae ser. 2, 1/2, S. 275, 302;
    Th. Toeche, Kaiser Heinrich VI. (Jbb. d. Dt. Gesch.), 1867;
    E. Winkelmann, König Philipp v. Schwaben (ebd.), 1873;
    P. Prinz, M. v. A., Truchsess d. Reiches, Mgf. v. Ancona, Hzg. d. Romagna u. v. Ravenna, Gf. v. Abruzzo u. Molise, 1875, Anhang B, I (Regesten): J. Ficker, Die Reichshofbeamten d. stauf. Periode, in: SB d. Ak. d. Wiss. Wien, Jg. 1862, S. 470-72 (= ders., Ausgew. Abhh. 1, 1981, S. 304-06);
    K. Rausch, Die staatsrechtl. Stellung Mittel-Italiens unter Heinrich VI., 1878;
    F. Baethgen, Die Regentschaft Papst Innozenz III. im Kgr. Sizilien, 1914;
    J. Haller, Heinrich VI. u. d. Röm. Kirche, ²1962;
    Th. C. Van Cleve, M. of A. and the Sicilian Regency, 1937;
    R. Kraft, M. v. A., Um 1140-1202, in: Dt. Westen – Dt. Reich, Saarpfälz. Lb. 1, 1938, S. 15-26;
    K. Bosl, Die Reichsministerialität d. Salier u. Staufer II, 1951, S. 588-601;
    W. Hagemann, in: Qu. u. Forschungen aus ital. Archiven u. Bibliotheken 30, 1940, S. 103 ff., 36, 1956, S. 144 ff., 37, 1957, S. 108 f., 44, 1964, S. 95 ff., S. 171 ff.;
    K. Hampe u. F. Baethgen, Dt. Kaisergesch. in d. Zeit d. Salier u. Staufer, 111963, S. 238 f.;
    V. Pfaff, Die Gesta Innocenz' III. u. d. Testament Heinrichs VI., in: ZSRGk 50, 1964, S. 78-126;
    A. Haverkamp, Herrschaftsformen d. Frühstaufer in Reichsitalien I, 1970, bes. S. 230-32;
    W. Goez, Ein Brief d. Gf. Guido Guerra III. an M. v. A., in: DA 32, 1976, S. 131-46;
    Potere, società e popolo tra età normanna ed età sveva (1189-1210), 1983, bes. S. 37-41 (G. Tabacco), S. 105-08 (M. Maccarone), S. 114-19 (C. A. Willemsen);
    I. Seltmann, Heinrich VI., Herrschaftspraxis u. Umgebung, 1983, S. 134-39;
    R. Neumann, Parteibildungen im Kgr. Sizilien während d. Unmündigkeit Friedrichs II. (1198–1208), 1986, passim.

  • Porträts

    Abb. im Liber ad Honorem Augusti d. Petrus v. Eboli, ed. Rota, Rer. Ital. SS 31/1 (auch ed. Siragusa, Fonti 39), Tafel 37 u. 53 (viell. mit authent. Wappenbildern;
    vgl. H. Schreibmüller, Pfälzer Reichsministerialen, 1911, S. 33-35).

  • Autor/in

    Herbert Zielinski
  • Zitierweise

    Zielinski, Herbert, "Markward von Annweiler" in: Neue Deutsche Biographie 16 (1990), S. 225-226 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118781987.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA

  • Biographie

    Anweiler: Markward von A., Sept. 1202, ein Reichsdienstmann aus der Hardt, nahm am Kreuzzuge Barbarossas Antheil und wurde nach seiner Rückkehr von Heinrich VI., dem er schon früher zur Zeit seines Königthums als Truchseß gedient hatte, zum Reichstruchseß ernannt, aber 1195 aus der Unfreiheit entlassen und durch Belehnung mit dem Herzogthum Ravenna und der Markgrafschaft Ancona zur fürstlichen Stellung erhoben, endlich 1197 auch noch mit der wichtigen Abruzzengrafschaft Molise beschenkt, nachdem unter Mark wards Anführung im Februar die sicilischen Insurgenten besiegt worden waren. Der Kaiser ernannte auf dem Todbette (28. Sept. 1197) diesen Mann, der ihm also unendlich viel verdankte, zum Vollzieher seines Testamentes, aber Markward rechtfertigte das Vertrauen nicht, sondern unterdrückte das Testament, wahrscheinlich weil es im Interesse des staufischen Hauses unter anderem von ihm verlangte, aus seinem Verhältnisse zum Reiche in ein gleiches zum Papsttum überzutreten. Durch die von der Kaiserin-Wittwe Constanze geleitete nationale Erhebung der Sicilier aus dem Königreiche vertrieben, versuchte Markward sich wenigstens in Mittelitalien gegen die Päpstlichen zu behaupten. Als er auch hier den Kürzeren zog, kehrte er in das Königreich zurück, wie es scheint, von dem deutschen Könige Philipp beauftragt, der Kaiserin und, als diese im November 1198 starb, dem Papste die Vormundschaft über den jungen Kaisersohn Friedrich zu entreißen und in Philipps Namen zu übernehmen. Er soll aber im Grunde die Absicht gehabt haben, die sicilische Krone für sich selbst zu erwerben, und in diesem Sinne machte er dem Papste Anträge, welche derselbe zurückgewiesen zu haben sich rühmt. Während nun der deutsche Capitän Dipold von Vohburg das Festland im Zaume hielt, ging Markward auf die Insel hinüber; obwol er am 21. Juli 1200 bei Monreale und nochmals bei Ran dazzo von den päpstlichen Truppen geschlagen wurde, konnte er doch nicht vernichtet werden, weil seine Gegner selbst wieder unter sich zerfielen. Zuletzt bemächtigte er sich der Person des Königs und war wirklich Herr der Insel, als eine verunglückte Steinoperation seinem Leben ein Ende machte. Er ist neben den Bolanden ein hervorragendes Beispiel für die Geltung der Dienstmannen im deutschen Reiche. Während jedoch die Stellung der Bolanden eine. dauernde war, weil sie auf großem Güterbesitze beruhte, konnte Markward, der nur die Gunst des jeweiligen Herrschers für sich hatte, sich zwar persönlich aus der Unfreiheit des Standes, welche er mit jenen theilte, zu glänzender Höhe emporarbeiten, aber dieselbe nicht seinen ins Dunkel zurücksinkenden Nachkommen vererben.

    • Literatur

      Vrgl. Ficker, Reichshofbeamte S. 26 ff.

  • Autor/in

    Winkelmann.
  • Zitierweise

    Winkelmann, Eduard, "Markward von Annweiler" in: Allgemeine Deutsche Biographie 1 (1875), S. 499-500 unter Anweiler [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118781987.html#adbcontent

    CC-BY-NC-SA