Lebensdaten
1890 – 1951
Geburtsort
Blankenburg (Thüringen)
Sterbeort
Berlin
Beruf/Funktion
Philosoph
Konfession
evangelisch
Normdaten
GND: 11877932X | OGND | VIAF: 44425530
Namensvarianten
  • Leisegang, Hans
  • Leisegang
  • Leisegang, Ioannes
  • mehr

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Zitierweise

Leisegang, Hans, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd11877932X.html [19.04.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Otto, Militärpfarrer;
    M N. N.;
    Leipzig 1914 Erna, T d. Pfarrers Paul Mehlhose in Leipzig-Stötteritz; Ov d. Ehefrau Carl Hermann Philipp Mehlhose (1863–1936), Pfarrer, hist. Schriftsteller (s. Kürschner, Lit.-Kal. 1928); Vt d. Ehefrau Johannes Mehlhose (Ps. Hanns Melos, * 1889), Dr. phil., Pfarrer, Schriftsteller (s. Kosch, Lit.-Lex.);
    K.

  • Biographie

    L. studierte Klassische Philologie, Theologie und Philosophie und legte die Prüfung für das Lehramt an Höheren Schulen ab. 1911 wurde er in Straßburg bei Clemens Bäumker und Theobald Ziegler zum Dr. phil. promoviert. Die Dissertation über „Die Begriffe der Zeit und Ewigkeit im späteren Platonismus“ (1913) ging hervor aus einer von der Universität gestellten Preisaufgabe (Die Raumtheorie im späteren Platonismus, insbes. bei Philon und den Neuplatonikern), die L. als Laureat gelöst hatte. Bereits damals präzisierte sich für ihn das philosophische Interesse für den Grenzbereich zwischen den Disziplinen und damit zugleich ihren „Zusammenhang“, den er – in der Folge Diltheys, Sprangers und Jaspers' – als „Weltanschauung“ bestimmt. Hierunter versteht er „die in einem philosophischen System dargestellte Lehre von dem Ursprung und dem Wesen der Welt, der Stellung des Menschen in dieser Welt und der sich aus ihr ergebenden Bestimmung des einzelnen Menschen ebenso wie der Menschheit“. Philosophie als interdisziplinäres Weltanschauungskonzept stellt sich also dar 1. als übergeordnete Einheit von Metaphysik (bzw. Ontologie), Kosmologie, Anthropologie und Ethik, 2. in ihrer einheitsstiftenden, „zusammendenkenden“ Zielrichtung als eine synthetische (und nicht analytische) Wissenschaft, die es zu tun hat mit der Frage nach der Wahrheit, nach dem Wesen und nach dem Sinn. – L. war zunächst als Gymnasiallehrer tätig. 1920 habilitierte er sich an der Univ. Leipzig und wurde 1925 ao. Professor. 1930 erhielt er den Lehrstuhl für Philosophie in Jena. Zuvor hatte er im Auftrag der Berliner Akademie der Wissenschaften einen zweibändigen philologisch-philosophischen Index zu den Werken Philons von Alexandrien verfaßt (1926/30), noch heute ein Standardwerk. Einzeluntersuchungen fanden ihren Niederschlag in einer Fülle von Zeitschriftenaufsätzen und lexikalischen Beiträgen (für die „Realenzyklopädie der klassischen Altertumswissenschaften“ und für „Religion in Geschichte und Gegenwart“). 1933 wurde L. wegen „Beschimpfung des Reiches“ zu Gefängnis verurteilt und seines Amtes enthoben. Damit entfiel zugleich die Möglichkeit, in Deutschland zu publizieren. 1934 begann L. das Studium der Physik, das er 1942 mit der Promotion abschloß. Bis Kriegsende war er als Physiker in der Industrie tätig. Den erzwungenen Berufswechsel wertete er im nachhinein als Bereicherung und als Flucht vor der „Verlogenheit des Weltgetriebes … in die saubere und kristallklare Atmosphäre der Mathematik und der mathematischen Naturwissenschaft“. In der Auseinandersetzung mit naturwissenschaftlichen Problemen wurde L. in seiner Überzeugung bestärkt, daß Philosophie wesenhaft Grenzfragenforschung bzw. – in seiner Terminologie – „Denkformenforschung“ sei. Im Wintersemester 1945/46 konnte er seine akademische Lehrtätigkeit in Jena wieder aufnehmen, wurde jedoch im Okt. 1948 fristlos entlassen. Diesmal konnte er jedoch als philosophischer Lehrer weiterarbeiten, und zwar an der Freien Univ. Berlin.

    L. war davon überzeugt, daß man von jedem Gebiet der Wissenschaft und Kultur, in dem man bewandert ist, Zugang zur Philosophie finden könne. Sein eigener „Weg in die Philosophie“ ging aus von der Philologie. L. vertiefte sich in die Geschichtsphilosophie eines Windelband und Rickert, wandte sich der geisteswissenschaftlichen Psychologie zu, wie sie von Dilthey begründet und von Spranger vertreten wurde, studierte Logik und Logistik und befaßte sich mit Problemen der Mathematik und theoretischen Physik. Das Kennenlernen verschiedener Denkformen führte ihn „zu einer wissenschaftlich begründbaren Weltanschauung“. Folglich widmete er sein Hauptwerk „Denkformen“ (1928) „dem Verstehen und dem Problem der Möglichkeit des Verstehens fremden Geistes überhaupt“. Der Gebrauch der zentralen Begriffe dieses Werkes – „Denkform“ und „Weltanschauung“ – geht davon aus, daß „das menschliche Denken im wesentlichen aus der Anschauung entspringt und sich ständig an ihr orientiert“, daß eine „Denkform“ also nur dann wahr ist, wenn sie sich über die „Anschauung“ an den „Gegenständen“ orientiert. L. will damit jede Art von Subjektivismus überwinden – sei es der psychologische Subjektivismus Diltheys oder der transzendentale Subjektivismus Kants. „Nicht im Denken als solchem, sondern in den Gegenständen des Denkens … liegen die das Denken bestimmenden und ihm die Gesetze vorschreibenden Prinzipien“. Demnach gelte, „daß Gegenstände von|toto genere verschiedener Struktur auch verschiedene Arten logischen Denkens hervorbringen müssen“. Seine Definition der „Denkform“ als „das in sich zusammenhängende Ganze der Gesetzmäßigkeiten des Denkens“ präzisiert L. in der 2. Auflage 1949 als „die auf die logische Struktur eines Bereiches gleichartiger Gegenstände und der zwischen ihnen bestehenden Beziehungen zutreffenden Begriffsbildungen und die Verbindung der Begriffe in Sätzen und Schlüssen“. – L. hat mit seinem epochalen Werk eine historisch wie systematisch fundierte Denkformenforschung begründet und den philosophischen Subjektivismen der Gegenwart einen philosophischen Objektivismus entgegengestellt.

  • Werke

    Weitere W u. a. Der Hl. Geist, Das Wesen u. Werden d. mystisch-intuitiven Erkenntnis in d. Philos. u. Rel. d. Griechen, 1919;
    Pneuma Hagion, Der Ursprung d. Geistbegriffs d. synopt. Evangelien aus d. griech. Mystik, 1922;
    Griech. Philos. v. Thales bis Platon, 1922;
    Hellenist. Philos., 1923;
    Die Gnosis, 1924, ³1942;
    Weltanschauung, Phil. Lesebuch, 2 Bde., 1926 (hrsg. mit Ernst Bergmann);
    Dt. Philos. im 20. Jh., 1928;
    Die Platondeutung d. Gegenwart, 1929;
    Rel.philos. d. Gegenwart, 1930;
    Lessings Weltanschauung, 1931;
    Goethes Denken, 1932;
    Dante u. d. christl. Weltbild, 1941;
    Hegel, Marx, Kierkegaard, 1948;
    Meine Weltanschauung, 1951 (P);
    Einführung in d. Philos., 1951, ³1956.

  • Literatur

    E. Unger, Die Philos. d. letzten J.zehnts, 1932;
    N. Hartmann, Der Aufbau d. realen Welt, ²1949;
    H.-J. Lieber, H. L., 1950 (W);
    Th. Litt, H. L., in: Zs. f. phil. Forschung 6, 1951 f., S. 275-82;
    Gert Müller, Kritik d. L.schen Denkformen, ebd. 9, 1955, S. 663-83;
    H. Stoffer, Die modernen Ansätze zu e. Logik d. Denkformen, ebd. 10, 1956, S. 442-66, 601-21;
    O. Wichmann, Idee u. Idealismus in d. Platondeutung, in: Kantstud. 49, 1957 f., S. 401-22;
    W. G. Waffenschmidt, Denkformen u. Denktechnik, 1961;
    H. Schüling, Denkstil, Beschreibung u. Deutung d. Denkformen, 1964;
    Hans Meyer, Abendländ. Weltanschauung V, ²1966;
    H. G. Meier, Art. „Denkform“, in: Hist. Wb. d. Philos. II, hrsg. v. Joachim Ritter, 1972;
    Ziegenfuß.

  • Autor/in

    Friedbert Holz
  • Zitierweise

    Holz, Friedbert, "Leisegang, Hans" in: Neue Deutsche Biographie 14 (1985), S. 155-156 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd11877932X.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA