Lebensdaten
1347 oder 1348 – 1400
Sterbeort
Rom
Beruf/Funktion
Bischof von Meißen ; Erzbischof von Prag
Konfession
katholisch
Normdaten
GND: 11877624X | OGND | VIAF: 88990550
Namensvarianten
  • Jenzenstein, Johann von
  • Jenštejna, Jan z
  • Jan z Jenštejna
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Zitierweise

Jenstein, Johann von, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd11877624X.html [20.04.2024].

CC0

  • Genealogie

    Aus d. seit Ende 13. Jh. erw. Adelsfam. v. Vlašim;
    V Paul v. Vlašim, seit Erwerb d. Burg Jenstein: v. Jenstein ( 1375), Notar d. kgl. Kammer, S d. Johann v. Kamnitz (Kamenice), Hofnotar b. Kg. Johann v. Böhmen;
    M wahrsch. Margarete Leublin;
    Ov Johann I. Očko v. Vlašim ( 1380), 1351 Bischof v. Olmütz, 1364-78 EB v. Prag, Kardinal, Michael v. Vlašim ( 1368 auf d. 2. Romzug Karls IV.), in kgl. Diensten;
    B Paul v. J., Schreiber d. kgl. Kammer;
    N Wolfram (Olbram) v. Škvorec ( 1402), Propst v. St. Apollinaris in Prag, seit 1396 EB v. Prag.

  • Biographie

    Nach theologischen und kanonistischen Studien (1370–76) in Padua, Bologna, Montpellier und Paris erlangte J. durch die Gunst Kaiser Karls IV. bereits 1375 das Bistum Meißen. Beim Ausbruch des großen Schismas hoffte Urban VI. auf kaiserl. Unterstützung und erhob J. am 20.10.1378 zum Erzbischof von Prag. Dieses Amt prädestinierte ihn auch zum Kanzler Kg. Wenzels. Zeitlebens war er ein Gegner der avignonesischen Päpste. In diesem Sinne wirkte er (1379-81) auch diplomatisch im Reich und gegenüber Frankreich. Vor allem bemüht um die Einheit der Kirche unter der röm. Oboedienz, hatte er aber keinen Blick für die politischen Notwendigkeiten des Königs. – Seit 1380 stand er in enger Verbindung mit dem Augustinerstift Raudnitz, wo er zu aszetischmonastischem Leben und zu der neuen Innerlichkeit der „Devotio moderna“ angeregt wurde. So machte er sich bei aller kirchenkonformen, jedoch mystischen Frömmigkeit (Marienverehrung; 1386 führte er das Fest Mariä Heimsuchung ein) die Reformforderungen nach Armut und moralischem Ernst der Kleriker zu eigen, die er vor allem in Synodalgesetzgebung und Predigt vortrug. Unter seinem höheren Klerus schuf er sich allerdings Feinde durch scharfes Vorgehen gegen die Anhänger Clemens' VII. und durch Jurisdiktionsstreitigkeiten. Durch seinen Kampf um die Unabhängigkeit der Kirche in ihrem Besitz und ihrer Jurisdiktion („libertas ecclesiae“) – in dem er weder von den Reformern noch vom Papst unterstützt wurde – geriet er immer mehr in Spannungen zum Hof, der über das Patronat Einfluß auf Klerus und Kirchenbesitz zu nehmen suchte. Diese Differenzen führten 1384 zur Absetzung J.s als Kanzler. Danach verstärkte sich seine beachtliche literarische Tätigkeit; dabei trat er in den Disputen mit Mag. Adalbertus Ranconis unter anderem für die Befreiung der Bauern vom Heimfallsrecht auf den erzbischöfl. Gütern ein. 1392 appellierte er in einer Klageschrift an den König gegen dessen Räte und verlangte Ausgleich für alle kirchlichen Besitzverluste. Als er den Plan des Hofes durchkreuzte, einen Teil des Bistums als neue Diözese abzutrennen, kam es 1393 zum Zusammenstoß mit dem König und zur Folterung und Ertränkung des Generalvikars Johann von Nepomuk. Den königl. Forderungen entzog er sich durch eine Reise an die Kurie, der er eine Dokumentation über alle Schädigungen an Kirchenbesitz in Böhmen vorlegte. Nachdem er noch mit der Magnatenverschwörung (1394/95) in Zusammenhang gebracht wurde, besetzte der König die erzbischöfl. Güter. J. floh nach Rom und resignierte dort 1396 zugunsten seines Neffen. – Sein Ziel war eine moralisch geläuterte, von weltlichen Mächten unabhängige und unter dem Papsttum geeinte Kirche; die politischen Umstände des Schismas waren indes diesem Ideal diametral entgegengesetzt.

  • Werke

    als Hs. ges. in: Cod. Vat. Lat. 1122 (Verz. b. R. E. Weltsch, s. L);
    aus d. Disputen mit Mag. Adalbertus Ranconis (1386–88): Duo libelli ad honorem Dei et beate Marie virginis visitacionis;
    De devolucionibus subditorum;
    Tractatulus de potestate claviura. -
    Hymnen, in: Analecta Hymnica 48, 1905;
    De bono mortis (1390-93). -
    Acta in Curia Romana (1393, Anklage gegen Kg. Wenzel).

  • Literatur

    ADB 14, S. 321;
    Der Cod. epistolaris d. EB v. Prag, J. v. J., hrsg. v. J. Loserth, in: AÖG 55, 1877, S. 267-400;
    E. Machatschek, J. II. v. J., Bischof v. Meißen, in: Archiv f. d. sächs. Gesch. NF 6, 1880;
    G. Sommerfeld, Die verwandtschaftl. Verhältnisse d. Prager EB J. II., in: Mitt. d. Ver. f. Gesch. d. Deutschen in Böhmen 60, 1922;
    R. Holinka, Církevní politika arcibiskupa J. z J. za pontifikátu Urbana VI, 1933;
    F. M. Bartoš, Jenštejn a jeho zápas, in: Jihočeský sborník historický, 1940, S. 94-108 (Qu., L);
    R. E. Weltsch, Archbishop J. of J. (1348-1400), Papalism, Humanism and Reform in pre-hussite Prague, 1968 (ausführl. W., Qu.- u. L-Verz.);
    Vita in: Fontes Rerum Bohemicarum I, 1871, S. 457-68.

  • Autor/in

    Winfried Eberhard
  • Zitierweise

    Eberhard, Winfried, "Jenstein, Johann von" in: Neue Deutsche Biographie 10 (1974), S. 410-411 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd11877624X.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA

  • Biographie

    Johann II. von Jenzenstein (Jenstein), geb. 1350, war der Sohn Pauls von J., eines einflußreichen Mannes am Hofe Karls IV. Nachdem er mehrere Universitäten besucht, Italien und Frankreich kennen gelernt hatte, wurde er 1376 Bischof von Meißen und 1379 als Nachfolger seines Oheims Johann I. Oczko von Wlaczim Erzbischof von Prag. Anfangs stand er zu König Wenzel in guten Beziehungen, als Kanzler desselben nahm er regen Antheil an der Bekämpfung des avignonesischen Gegenpapstthums und war wiederholt theils im Gefolge des Königs, theils in dessen Aufträgen im Reiche thätig. Wichtiger ist seine Wirksamkeit als Erzbischof. Mit allem Eifer verwaltete er sein Amt und strebte rastlos die Sitten der ihm unterstellten Geistlichkeit zu bessern, während er zugleich eine ausgedehnte Thätigkeit als Prediger und Schriftsteller entfaltete. Seine Lieblingsidee war die Einführung des Festes Mariä Heimsuchung in die allgemeine Kirche. Wie er sich persönlich der strengsten Ascese unterzog, so war auch sein Auftreten gegen Andere rauh und scharf; leicht fühlte er sich beleidigt und zurückgesetzt. Dem weltlichen Besitze seiner Kirche, wie der Aufrechthaltung seiner geistlichen Gerichtsbarkeit wandte er die größte Aufmerksamkeit zu und setzte jedem wirklichen oder vermeintlichen Eingriffe den entschiedensten Widerstand entgegen. So konnte es kommen, daß er nach allen Seiten hin in den heftigsten Streit gerieth, mit dem Prager Domcapitel, mit seinen Bischöfen, mit den Großen und den Beamten des Königs und endlich mit diesem selbst. Schon 1384 wurde er daher seiner Stellung als Kanzler enthoben. Als er die Absicht des Königs, die Abtei Kladrau in ein Bisthum umzuwandeln, durchkreuzte, königliche Beamte wegen ihrer Eingriffe in die geistliche Gerichtsbarkeit excommunicirte, und an den König selbst eine heftige Klageschrift richtete, befahl ihm Wenzel im März 1393 in der rohesten Weise nach Prag zu kommen, beschimpfte ihn dort öffentlich und ließ den erzbischöflichen Official und den Generalvicar, den bekannten Johann von Pomuk oder Nepomuk, grausam foltern. Der letztere wurde dann Abends in der Moldau ertränkt. Daß er sich geweigert, der Forderung des Königs gemäß das Beichtgeheimniß zu brechen, ist historisch nicht zu erweisen. J. selbst glückte es, aus Prag zu entweichen; er söhnte sich darauf scheinbar mit dem Könige aus, eilte aber bald nach Rom zum Papste, dem er in einer leidenschaftlichen Schrift (Acta in curia Romana) seine Klagen gegen Wenzel vortrug. Unverrichteter Sache mußte er jedoch zurückkehren. Am 2. April 1396 verzichtete er auf das Erzbisthum zu Gunsten seines Schwestersohnes und zog sich nach Rom zurück, wo er, nachdem er den Titel eines Patriarchen von Alexandrien erhalten, am 27. Juni 1400 starb.

    • Literatur

      Pelzel, Lebensgeschichte des — Wenceslaus. I. Palacky, Gesch. von Böhmen. III, 1. Lindner, Gesch. des deutschen Reiches unter König Wenzel. I, II. Frind, Kirchengeschichte Böhmens. III. — Der Codex epistolaris des Erzbischofs von Prag Joh. v. Jenzenstein, herausg. von J. Loserth im Archive für österreichische Geschichte, 55. Bd. S. 265 ff. Vita Joannis de Jenzenstein, Pragae 1793.

    • Korrektur

      S. 321. Z. 7 v. u.: Lateinische Poesien des Erzbischofs Johann von Prag sind neuerdings herausgegeben worden: „Die Hymnen Johanns von Jenstein, Erzbischofs von Prag, zum erstenmal herausgegeben von Guido Maria Dreves“, S. J. Prag 1886. Druck und Verlag der|Cyrillo-Method’schen Buchdruckerei. Hier werden aus dem Pergamentcodex Nr. 1122 der vatican. Bibliothek 6 Prosen, 11 Hymnen und 10 (resp. 11) Cantilenen in correctem Abdruck mit Varianten und Anmerkungen mitgetheilt. Im Anhange folgen 8 Uebersetzungen im Versmaße der Originale und 3 Melodien. Vor dem Titelblatt ist die photolithographische Abbildung der im Germanischen Museum zu Nürnberg befindlichen Büste des Erzbischofs beigefügt worden. W. Bäumker.

  • Autor/in

    Th. Lindner.
  • Zitierweise

    Lindner, Theodor, "Jenstein, Johann von" in: Allgemeine Deutsche Biographie 14 (1881), S. 321 unter Johann II. von Jenzenstein [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd11877624X.html#adbcontent

    CC-BY-NC-SA