Lebensdaten
1831 – 1907
Geburtsort
Kittsee bei Preßburg
Sterbeort
Berlin
Beruf/Funktion
Violinist ; Komponist ; Musikpädagoge
Konfession
mehrkonfessionell
Normdaten
GND: 118776223 | OGND | VIAF: 59269863
Namensvarianten
  • Joachim, Joseph
  • Ioakhim, Ǐozef
  • Ioakhim, József
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Zitierweise

Joachim, Joseph, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118776223.html [19.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Julius (1790–1865), Kaufm. (Wollgroßhandel) in K., seit 1850 in Budapest;
    M Fanny (1798–1867), T d. Isaak Figdor ( 1850), Großkaufm. u. Bankier in Wien, u. d. Anna Schlesinger; Vt 2. Grades Albert Figdor ( 1927), Kunstsammler (s. NDB V);
    - 1863 ( 1884) Amalie Weiß (Künstlername, 1839–99), Opern- u. Konzertsängerin (s. L), T d. Magistratsrats Franz Schneeweiß u. d. Eleonora Linder;
    3 S, 3 T, u. a. Johannes (1864 - n. 1935), Bibliotheksrat in Göttingen, Heinrich (1866 - n. 1938), Musiker, Dir. d. Konservatoriums in Guatemala, Marie (1868–1918), Opernsängerin.

  • Biographie

    Nach Übersiedlung der Familie nach Pest erhielt J. den ersten Geigenunterricht. Schon der 7jährige konnte 1839 einen bemerkenswerten Konzert-Erfolg verbuchen. Noch wichtiger für ihn wurde die anschließende Lehrzeit in Wien (1839–43), nicht zuletzt dank der violinistischen Unterweisung Gg. Hellmesbergersd. Ä. und insbesondere Joseph Böhms. 1843/44 kam J. an das neugegründete Leipziger Konservatorium und damit in die Einflußsphäre Felix Mendelssohns, Robert Schumanns, Moritz Hauptmanns und Ferd. Davids; vor allem Mendelssohn sorgte nicht nur für J.s musikalische Ausbildung, sondern auch für seine Allgemeinbildung. Sein erstes Auftreten im Gewandhaus (Aug. 1843) gestaltete sich zu einem Triumph; bereits 1844 erschien er auf dem Londoner Podium: ein „Wunderkind“, dessen Aufstieg dennoch in völlig normalen Bahnen verlief. Für seine spätere Entwicklung schufen die Leipziger Jahre wohl das Hauptfundament. Ähnlich anregend wurde dann die Zeit in Weimar, wohin ihn Franz Liszt (seit 1849/50) als Konzertmeister berufen hatte. Hier hörte er erstmals Wagners „Lohengrin“. Er lernte Hans v. Bülow, Joachim Raff und die Bestrebungen der „Neudeutschen“ kennen, von denen|er sich freilich später distanzierte. Hier genoß er den Umgang mit Herman Grimm, mit Bettina v. Arnim und deren Töchtern Armgart und Gisela. Letztere, eine Zeitlang ihm tief verbunden, wußte sehr stark auf seine geistige Haltung einzuwirken. Leitbilder für ihn waren und blieben Mendelssohn und Schumann, neben die bald der junge Brahms trat, zu dessen Freunden er sich zeitlebens zählen konnte. Die Anstellung in Hannover (seit 1853) gab ihm erste Selbständigkeit, Freizügigkeit und das Gefühl beruflichen Geachtetseins. Dort war er nicht bloß als Konzertmeister, sondern auch als gefeierter Solist und Dirigent tätig. Er komponierte mancherlei; schon damals wuchs in ihm die Neigung, sich auch auf pädagogischem Gebiete zu beweisen. So kamen allmählich Angebote auf ihn zu, Lehranstalten verantwortlich zu übernehmen (1865 Brüssel, 1867 Wien). J. entschied sich für Berlin, wohin er im Herbst 1868 übersiedelte. Erst hier sollten seine mannigfachen Aktivitäten sich so recht entfalten; insbesondere mit dem Frühstadium der dortigen Hochschule für Musik (Neugründung 1869) ist seine Persönlichkeit unauflöslich verknüpft. In der Bewältigung der zahlreichen verwaltungstechnischen Aufgaben erreichte er viel. Dank seiner Autorität und seines internationalen Rufes zog er immer wieder Musikstudierende nach Berlin, das während dieser Dezennien zu einem künstlerischen Zentrum avancierte. Als Organisator, nach wie vor als Geiger-Solist, als Orchesterleiter und auch als Kammermusiker kümmerte er sich um das aufblühende Konzertleben Berlins. Mit dem von ihm geführten Joachim-Streichquartett hat er Geschichte gemacht.

    J.s Tonschöpfungen zeugen von Einflüssen der Klassik und der Romantik. Es ist deshalb kaum verwunderlich, daß sie ihre Epoche nicht lange haben überdauern können. Überall aber, wo er nachschaffend oder ordnend wirkte, verstand er es, Maßstäbe zu setzen. Musikausübung war ihm höchste Erfüllung und strenges Gesetz zugleich. Selbst große Meister wie Schumann, Brahms, Dvořák und Max Bruch hörten bei der Komposition ihrer Violinkonzerte auf sein Urteil. Als J. starb, verlor die Welt einen in der Hauptsache reproduktiven Musiker von ganz eigener Prägung und durchaus ernster Kunstauffassung.

  • Werke

    u. a. Violinkonzert in ungar. Weise op. 11;
    Stücke f. Violine u. Klavier op. 2 u. 5;
    Variationen üb e. eigenes Thema f. Viola u. Klavier op. 10;
    Ouvertüren f. Orch. zu „Hamlet“ op. 4, zu „Heinrich IV.“ op. 7;
    Kadenzen zu Beethovens Violinkonzert;
    Violinschule in 3 Bänden (mit A. Moser).

  • Literatur

    C. Flesch, Was bedeutet uns d. Erinnerung an J. J., in: Die Musik 7, 1907/08, S. 43 f.;
    A. Moser, J. J., 2 Bde., 1908/10 (W, P);
    Johs. Brahms im Briefwechsel mit J. J., hrsg. v. dems., 1908;
    H. J. Moser, in: 96. Neuj.bl. d. Allg. Musikges., 1908;
    Briefe v. u. an J. J., ges. u. hrsg. v. Johs. Joachim (S) u. A. Moser, 3 Bde., 1911-13 (P);
    H. Kretzschmar, in: Archiv f. Musikwiss. 2, 1919/20, S. 411 ff.;
    G. Schünemann, Die Gründung d. Hochschule f. Musik, in: Staatl. Ak. Hochschule f. Musik in Berlin, 51. Jber., 1929/30, S. 9 ff.;
    ders., Btrr. z. Gesch. d. Hochschule, Die Organisation in d. J. 1869-74, ebd., 52. Jber., 1930/31, S. 14 ff.;
    S. Borris, Hochschule f. Musik, 1964;
    Th.-M. Langner, Die Gesch. d. Hochschule f. Musik in Berlin (in Vorbereitung);
    MGG VII (W, L, P, auch f. Ehefrau);
    Riemann (W, L) u. Erg.bd. (L). - Zu Ehefrau Amalie: H. Ehrlich, 30 J. Künstlerleben, 1893;
    O. Plaschke, A. J., 1899;
    H. Reimann, Musikal. Rückblicke II, 1900, S. 122 ff.;
    A. Kohut, Die Gesangsköniginnen in d. letzten 3 Jhh. II, 1906, S. 75 ff.

  • Porträts

    Zeichnung v. F. Preller d. Ä., 1848, Abb. in: MGG;
    Kohlezeichnung v. A. v. Menzel, 1854 (J. u. Clara Schumann musizierend), Abb. ebd. (Foto Marburg).

  • Autor/in

    Werner Bollert
  • Zitierweise

    Bollert, Werner, "Joachim, Joseph" in: Neue Deutsche Biographie 10 (1974), S. 440-441 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118776223.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA