Genealogie

Aus seit d. 16. Jh. zunächst mit →Conrad (* um 1500), Steinmetz, Baumeister in Martinszell b. Kempten, nachweisbarer Fam.;
V →Christian David (1749–1812), Jur. in Ludwigsburg, Bes. d. Guts Hohenentringen, 1773 württ. HR, S d. →Johann Christoph (1714–1760), aus Denkendorf, Mag., Pfarrer in Böblingen, u. d. Regina Dorothea Judith Brecht (1727–1790);
M Christiana Heinrika (1754–1811), T d. →Johann Georg Schneck (1719–1775), u. a. Stadtpfarrer in Waldenbuch, u. d. Heinrike Regine Krompe(in);
Urururur-Gvv →Johannes (1575–1635), aus Sulz/Neckar, Pfarrer in Heidenheim/Brenz, Breitenberg, St. Georgen, Bulach, Vöhringen, Hausen/Würm, Zavelstein u. Rotfelden;
Ururur-Gvv →Johannes (1620–94), aus Rotfelden, Pfarrer in Lienzingen, 1669 Sup. in Vaihingen, 1680 Prälat in Alpirsbach u. 1689 in Maulbronn;
Urur-Gvv →Christoph (1650–1727), aus Münklingen, 1680 Klosterpräzeptor in Maulbronn, 1701 Sup. in Calw, 1707 Konsistorialrat u. Hofprediger in Stuttgart, 1711 Stiftsprediger, Stifter d. Zeller-Stählinschen Fam.stipendiums;
Ur-Gvv →Andreas Christoph (1684–1743), aus Maulbronn, Klosterpräzeptor in Bebenhausen u. Denkendorf, Prälat v. Anhausen;
B →Karl August (1774–1846), Päd., Schulinsp. in Heilbronn, preuß. Oberschulrat (s. ADB 45;
Lb. Schwaben 13);
– ⚭ Entfelden (Kt. Aargau) Sophie (1791–1858), T d. →Friedrich Sigmund Siegfried (1759–1806), aus Innertkirchen, Pfarrer in Häsli im Grund u. Auenstein, u. d. Maria Anna Salchli (1767–1837), aus Zofingen;
4 S (1 früh †) →Nathanael (1823–90), Lehrer, Ökonomieverw. in Beuggen, →Reinhard (1826–1891), Theol., 1860–91 Insp. in Beuggen, →Samuel (1834–1912), Lehrer, Leiter d. Bibelheims Männedorf, 7 T Helene (1812–56, ⚭ →Johann Ludwig Völter, 1809–88, Pfarrer, Päd., Redakteur d. Süddt. Schulboten, s. ADB 40), Marie (1813–79, ⚭ →Samuel Gobat, 1799–1879, Missionar, anglikan.preuß. Bf. in Jerusalem, s. ADB 49), Therese (1815–94, ⚭ →Karl Friedrich Werner, 1804–72, Pfarrer in Effringen-Schönbronn, Großheppach u. Fellbach), →Sophie (1816–1899), Arbeitslehrerin, Hausmutter in Männedorf, Bertha (1818–1868, ⚭ →Heinrich Thiersch, 1817–85, 1845–50 o. Prof. d. Theol. in Marburg, kath.-apostol. Pastor, Vf. e. Biogr. v. Z., s. ADB 38;
L), Tabitha (1821–87, ⚭ →Jakob Ludwig Schmuziger, 1804–64, Fabr. in Aarau), Monika (1829–1893, ⚭ →Aaron Witzemann, 1827–64, Lehrer in Beuggen, Lehrer u. Vorstand d. Armenkinderanstalt in Kasteln, Kt. Aargau);
Verwandte →Eduard (s. 2), →Bernhard (s. 3).

Biographie

Nachdem Z.s Familie 1786 von Böblingen nach Ludwigsburg gezogen war, besuchte er die dortige Lateinschule, bevor er 1796–1800 in Tübingen Rechtswissenschaften studierte.

Ab 1801 wirkte er als Kanzleiadvokat und Privatlehrer in Augsburg. Da ihn pädagogische Tätigkeiten mehr als juristische interessierten, wechselte er 1803 als Lehrer|nach St. Gallen. Dort knüpfte er, der zunächst durchaus aufklärerisch-rationalistische Ansichten vertreten hatte, erste Kontakte zur frühen Erweckungsbewegung und zu dem Pädagogen →Johann Heinrich Pestalozzi (1746–1824). Seit 1809 übernahm er die anspruchsvolle Aufgabe des Schuldirektors in Zofingen. In dieser Zeit wandelte sich seine Frömmigkeit: Er galt bald als Anhänger →Johann Heinrich Jung-Stillings (1740–1817), knüpfte Kontakte zu →Christian Friedrich Spittler (1782–1862), dem Sekretär der Dt. Christentumsgesellschaft in Basel. In Folge dieser Entwicklungen erlebte Z. an Karfreitag 1818 eine religiöse Bekehrung, gründete eine Bibelgesellschaft und plante mit Spittler in Analogie zur Basler Mission eine Armenschullehreranstalt, die 1820 schließlich im ehemaligen Deutschordensschloß Beuggen bei Rheinfelden mit Unterstützung der Basler Erweckungsbewegung eröffnet werden konnte. Z.s pädagogisches Konzept war insofern innovativ, als er auf der Basis von akuter eschatologischer Naherwartung, Biblizismus und Sozialfürsorge in diesem sog. Rettungshaus, das für weitere Einrichtungen als Vorbild dienen sollte, die Erziehung verwahrloster Kinder mit der Ausbildung von Armenschullehrern verband. Diese Institution, die dem pädagogischen „Familienprinzip“ verpflichtet war, zählt zu den zahlreichen Werken der Erweckungsbewegungen, die sich auf der Basis einer postmillenaristischen Frömmigkeit zum Zweck der sozialen Krisenbewältigung der Rechristianisierung der Gesellschaft verschrieben hatten. Diesen Anspruch verfolgte Z. auch mit seinem Konzept einer christlichen Pädagogik, das er in seinem pädagogischen Hauptwerk „Lehren der Erfahrung“ (1827, ⁵1883) darlegte. Erziehung impliziert für Z. eine gesellschaftsverändernde Relevanz und ist von einem teleologischen Optimismus getragen. Damit berührt sich seine Pädagogik mit aufklärerischen Entwürfen. Seine Pädagogik, die auf Vernunft, Erfahrung und Religion fußte, fand eine recht weite, aber im Einzelnen nicht mehr rekonstruierbare Verbreitung in der Schweiz, in Württemberg und in Preußen. In den „Stiehlschen Regulativen“ von 1854 wurden seine „Lehren“ als Lehrbuch für die preuß. Schullehrerseminare empfohlen. Neben zahlreichen weiteren, vornehmlich pädagogischen Publikationen, die durch eine Synthese von Empirie und Religiosität gekennzeichnet sind, gab Z. das „Monaths-Blatt von Beuggen“ heraus, das er 1829–60 maßgeblich inhaltlich prägte.

In der ersten Hälfte des 19. Jh. war er der führende Pädagoge der ev. Erweckungsbewegungen. Mit Blick auf die Rezeption Z.s ist v. a. →Johann Hinrich Wichern (1808–1881) und dessen Innere Mission zu nennen. In der jüngeren Pädagogikgeschichte findet Z. kaum mehr Aufmerksamkeit. Seiner Frömmigkeit verlieh Z. auch in einigen Kirchenliedern Ausdruck.

Werke

W u. a. Lehren d. Erfahrung f. christl. Land- u. Armenschullehrer, 3 Bde., 1827–28, 2 Bde., ⁵1883;
Göttl. Antworten auf menschl. Fragen, 1840;
Ueber Kleinkinderpflege, Eine kurze Anltg. f. Eltern, Erzieher u. Wärterinnen kl. Kinder, 1841, ⁵1895;
Kurze Seelenlehre, gegr. auf Schr. u. Erfahrung, f. Eltern, Erzieher u. Lehrer, z. häusl. u. Schulgebrauche, 1846, ²1850;
Lois u. Eunike: 2 Tim. 1,5. Die Erziehung d. Kinder f. Zeit u. Ewigkeit, 1879, ²1893 u. d. T. Die Erziehung d. Kinder f. Zeit u. Ewigkeit.

Quellen

Qu Fam.archiv Zeller, Hottwil Aargau; Archiv d. Pilgermission St. Chrischona (Briefwechsel Spittler-Z.); Landeskirchl. Archiv Karlsruhe.

Literatur

L ADB 45;
H. W. J. Thiersch, C. H. Z.s Leben, 2 Bde., 1876 (P);
H. Leube, Fam. u. Christl. Diakonie, 1999;
Th. K. Kuhn, Rel. u. neuzeitl. Ges., 2003;
ders., in: Lb. aus d. ev. Kirche in Baden im 19. u. 20. Jh., 4. Bd., 2015, S. 144–63;
Biogr. Lex. Aargau (P);
BBKL 14;
Th. K. Kuhn, in: HLS.

Porträts

P Stahlstich n. e. Gem. v. Bucher, Stich u. Druck v. A. Weger, Leipzig, Abb. in: Thiersch, Z.’s Leben (s. L), Bd. 1, Frontispiz.

Autor/in

Zitierweise

Kuhn, Thomas Konrad, "Zeller, Christian Heinrich" in: Neue Deutsche Biographie 28 (2024), S. 637-638 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118772473.html#ndbcontent