Lebensdaten
1621 – 1638
Geburtsort
Greifswald
Sterbeort
Greifswald
Beruf/Funktion
Dichterin
Konfession
evangelisch
Normdaten
GND: 118762974 | OGND | VIAF: 20476176
Namensvarianten
  • Schwartz, Sibylla
  • Schwartzin, Sibylle
  • Schwarzin, Sibylle
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Objekt/Werk(nachweise)

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Zitierweise

Schwarz, Sibylle, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118762974.html [28.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    Aus Greifswalder Patrizierfam., zu der auch Albert Georg (1687–1755), Hist. (s. ADB 33) u. Theodor (Melas) (1777–1850), ev. Pfarrer u. Dichter in Wiek (Rügen), gehören;
    V Christian (1581–1648), Stadtrichter, Ratsherr, seit 1631 Bgm. in G., seit 1628 pommer. Landrat;
    M Regina (1582–1630), T d. Joachim Völschow, Jur., Ratsherr in G., u. d. Sibylle Meves; wohl Ur-Gvm Thomas Mevius (1529–80), Prof. d. Rechte in G. (s. NDB 17*); 5 ältere Geschw u. a. Christian v. S. (1610-79, Margaretha v. Braun), Dr. iur., 1638-55 Ratsherr, danach Bgm. in Stralsund, seit 1671 Landrat mit Adelsprädikat „v. Schwarzern“, Regina (1607–80, 1) Christoph Bünsow, 1629, 2) Barthold v. Krackewitz, 1582–1643, Pastor an d. Nikolaikirche in G., Gen.sup. in Vorpommern u. d.Fst. Rügen, s. ADB 17), Em(m)erentia (1617–90. 1) Dr. Hermann Queren, 1610–43, Prof. d. Beredsamkeit in G., 2) Dr. Peter Kirchain, 1618–57, Prof. d. Rechte in G.); – ledig.

  • Biographie

    Nach anfänglich glücklicher Kindheit im frommen Elternhaus trafen S. die Wirren des 30jährigen Kriegs: 1627 plünderten und zerstörten ksl. Truppen unter Wallenstein Greifswald, 1629 herrschte Hungersnot, 1630 die Pest, an der die Mutter starb. 1631 rückten schwed. Truppen unter Kg. Gustav Adolf ein. Zum Schutz vor den kriegerischen Unruhen lebte die Familie zeitweise auf ihrem Landgut Fretow an der Ostsee. Hier schrieb S. Ende 1633 ihr erstes datierbares Gedicht auf die „Fretowische Fröligkeit“. Ihre Dichtungen, die sich häufig auf gesellschaftliche Anlässe beziehen, zeigen die ungewöhnliche Bildung des Mädchens, das zuerst von Vater und Bruder Christian, dann von Angehörigen der Greifswalder Bildungsschicht unterrichtet wurde. Als gesichert gelten S.s Kenntnisse der antiken Mythologie: Gedichtübersetzungen bezeugen die Beherrschung der lat. und holländ. Sprache. Wichtig wurde ihr Kontakt zu dem Magister Samuel Gerlach (1609–83), der als Feldprediger der schwed. Truppen nach Pommern gekommen war. Gerlach machte S. mit der neuen dt. Literatur bekannt, v. a. mit den Gedichten von Martin Opitz (1597–1639) und dessen „Buch von der Dt. Poeterey“ (1624). S. schloß sich diesem Vorbild in Themen, Versmetrik und Gedichtformen (Sonett, stroph. Lied, Ode) an. Thematisch herrschen Liebe und Freundschaft vor, bei denen ein persönlicher Ton und eine weibliche Sichtweise den besonderen Charakter ausmachen. Neben gesellschaftlichen Gelegenheitsgedichten entstanden auch satirische Stücke (etwa „An den unadelichen Adel“), die Schäfererzählung „Faunus“ und erbauliche Lieder, von denen einige in Gesangbücher aufgenommen wurden. 1637 wurde das Landgut von schwed. Soldaten zerstört. Die Familie floh zunächst nach Stralsund, dann nach Upatel, südlich von Greifswald. S. beklagte den Verlust in ihrem „Trost-Getichte An unser Fretow“ und in dem allegorischen „Trawer=Spiel wegen einäscherung ihres Freudenorts Fretow“. Nach einer Erkrankung an der Ruhr starb S. am Tag der Hochzeit ihrer Schwester Emmerentia, der ihr letztes Gedicht gilt. Gerlach, der als Hauslehrer in Lübeck mit S. in brieflichem Kontakt und Bücheraustausch geblieben war, gab, inzwischen Prediger in Danzig, dort 1650 ihre Gedichte als zweibändige Sammelausgabe heraus. Seit Daniel Georg Morhofs (1639–91) „Unterricht von der Teutschen Sprache und Poesie“ (1682 u. ö., Nachdr. 1969) wird S. regelmäßig als „pommersche Sappho“, „zehnte Muse“ und „Wunder ihrer Zeit“ gerühmt.

  • Werke

    W-Ausgg. Vohn Greiffswald aus Pommern, Dt. Poët. Gedichte, hg. v. S. Gerlach, 2 Bde., 1650 (P in Bd. 2), Neudr. hg. v. H. W. Ziefle. 1980 (Nachwort d. Hg., S. 7*-19*);
    Bibliogr.:
    C. v. Faber du Faur, German Baroque Literature, 1958, S. 74: Dünnhaupt, V, S. 3895 f. |

  • Quellen

    Qu: Univ.bibl. Greifswald.

  • Literatur

    ADB 33;
    Ch. Hagen, Himml. Hochzeit-Predigt auf d. Seligen u. fröhl. Heimfahrt Der Jungfrauen S. S. Begräbnis 3. Aug. 1638, 1638;
    Ch. Schwartze u. B. Rhaw, Exequias lectissimae (…) 1 virginis S. S., 1638;
    L. Giesebrecht, Über einige Gedichte d. S. S., 1865: R. Wöhler, in: Zs. f. preuß. Gesch. u. Landeskde. 15, 1878, S. 70-89;
    K. Gassen, in: Pommer. Jb. 21, 1921, S. 1-108;
    H. W. Ziefle, S. S., Leben u. Werk, 1975;
    U. Fleischmann, „Der Liebe süsses Joch“, Auf d. Spuren d. Barockdichterin S. S., in: „…greifen z. Feder u. denken d. Welt …“, hg. v. H. v. Felden u. E. Clauss. 1991, S. 45-63;
    S. Gugrel-Steindl, Ausgew. dramat. Lit. v. Andreas Gryphius, Johann Christian Hallmann u. S. S., Diss. Wien 1991;
    T. Kerth, S. S. and „die Art der Buhler“, in: Life's a golden tree, hg. v. dems. u. G. C. Schoolfield, 1996, S. 15-55;
    P. Ganzenmueller, Wider d. Ges(ch)ichtslosigkeit d. Frau, Weibl. Selbstbewußtwerdung zu Anfang d. 17. Jh. am Bsp. d. S. S., 1998;
    E. Greber, Petrarkismus als Geschlechtercamouflage? Die Liebeslyrik d. Barockdichterin S. S., in: Bündnis u. Begehren, hg. v. A. Kraß u. A. Tischel, 2002, S. 142-68;
    Zedler;
    Kosch, Lit.-Lex.³;
    Killy;
    DLB;
    BBKL 23 (W, L).

  • Porträts

    Kupf. v. J. Sandrart, Abb. in: Vohn Greiffswald aus Pommern, Bd. 2 (s. W), u. in: Dt. Schriftst. im Porträt, Das Za. d. Barock, hg. v. M. Bircher, 1979, S. 160.

  • Autor/in

    Jörg-Ulrich Fechner
  • Zitierweise

    Fechner, Jörg-Ulrich, "Schwarz, Sibylle" in: Neue Deutsche Biographie 23 (2007), S. 800-801 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118762974.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA

  • Biographie

    Schwarz: Sibylla S., wegen frühgereiften Dichtertalentes und vorzeitigen Ablebens die „pommersche Sappho“ genannt, ward am 14. Februar 1621 zu Greifswald geboren und starb am 31. Juli 1638 ebendaselbst. Ihr Vater Christian S. wie die Mutter Regina Völschow, Wittwe des Bürgermeisters J. Brunnemann, einem alten städtischen Patriciergeschlecht angehörig, wurde, gleich seinen Vorfahren, Mitglied des Rathes, 1610 Rathsherr und von 1631—48 Bürgermeister und Landrath. Da Sibylla's Leben in die Zeit des dreißigjährigen Kriegs fällt, so wurde ihr poetisches Schaffen wesentlich durch denselben bestimmt und spiegelt jene traurigste Zeit Deutschlands wieder. Am 30. November 1627 rückte Wallenstein’sches Kriegsvolk in Greifswald ein und hielt dasselbe vier Jahre hindurch besetzt. Mit demselben kamen alle Greuel und Leiden des Krieges über die unglückliche Stadt, noch vermehrt durch den Ausbruch einer Seuche; erst mit dem Einzuge Gustav Adolf's am 17. Juni 1631 kam den geängstigten Einwohnern die Befreiung. Unter diesen Leiden und Weltereignissen wuchs Sibylla auf als ein eigenartiges Kind; selbst in ihre Familie griff das Unglück mit schwerer Hand, indem ihr Schwager Christoph Bünsow (1629) und ihre Mutter (1630) bald hinter einander starben; der tiefe Seelenschmerz der Tochter klingt noch in einem fünf Jahre später verfaßten Gedichte wieder. Dazu kam, daß der Vater drei volle Jahre in Besorgung von Landesgeschäften zu Stettin abwesend war und seinem Hause nicht mit Rath und That in so drangvoller Lage beistehen konnte. Bald nach seiner Heimkehr verheirathete sich ihre verwittwete Schwester Regina zum zweiten Male mit dem Generalsuperintendenten v. Krakewitz. Bedeutsam für die junge Dichterin wurde die im Jahre 1634 erfolgte Ankunft des jungen Herzogs Ernst von Croy und Arschott, welcher auf der Landeshochschule den Studien obliegen wollte, sofern sie, die von ihrem 10. Jahre ab sich in der Stille poetisch versucht hatte, zum ersten Mal an jenem Tage mit einem Gedichte zur Begrüßung des jungen Herzogs, der als Sohn von Anna v. Croy Bogislaw's XIV. Neffe war, in die Oeffentlichkeit trat. Seine Einführung in das ihm von der Universität übertragene Rectoramt (3. Nov.) feierte dagegen Sibyllens Vater in lateinischen Versen. Einen wohlwollenden Beurtheiler und Förderer ihrer dichterischen Versuche fand Sibylla an dem Arzt und Professor der Mathematik J. Schöner, einem vielseitig und fein gebildeten Manne, welcher sie gegen mißgünstige Auffassung von Seiten ihrer Angehörigen und Freundinnen in Schutz nahm und darum ihre ungetheilte Verehrung genoß. Derselben gab sie beim Tode seiner Gattin, 18. Nov. 1634 durch ein Trostgedicht an ihn und die verwaisten Kinder den entsprechenden Ausdruck; auch dem jüngsten Kinde widmete sie bei dem Tode desselben einen poetischen Nachruf. Vornehmlich den Empfindungen der Liebe und Freundschaft gab sie in ihrer Poesie einen treuen und warmen Ausdruck, welcher sich mitunter zu edlem Pathos steigert, doch hielt sich ihre Muse von Sarkasmen nicht frei. Herben Spott offenbart das Gedicht „An den unadligen Adel“, in welchem sie sich gegen leere Formen und hohle Aufgeblasenheit wendet. Auch als ihr Freund Schöner (1. Nov. 1636) mit|Elisabeth v. Stetten eine neue Ehe einging, feierte Sibylla diesen Act mit einem Festgedicht voll sarkastischer Laune. Bei aller Verschiedenheit jedoch im einzelnen klingt vernehmlich genug ein Grundton durch ihre Dichtungen wieder, das durch den Krieg heraufgeführte Unglück ihres Landes sowie ihrer Familie, und immer aufs neue stellt sie wehmüthige Betrachtungen darüber an. Als mit dem Tode Bogislaw's XIV. am 10. März 1637 das einheimische Herrscherhaus erlosch und Pommern an Schweden fiel, dichtete Sibylla den Trauergesang auf ihres letzten Landesfürsten Tod. Mit besonderer Vorliebe besang sie das nahe bei Greifswald an der See gelegene Gut Frätow; dieselbe erklärt sich dadurch, daß sie dort fern von dem Gewirr und der Noth der Stadt im Kreise trauter Freundinnen den Frieden und die Ruhe der Seele fand. Dorthin versetzt sie den ganzen Helicon, hier läßt sie sogar die Venus aus den Fluthen steigen. Aber auch jenes idyllische Asyl nahm ihr der Krieg, indem es von der schwedischen Soldatesca eingeäschert ward, sodaß sich die Dichterin nach Greifswald flüchten mußte. Dies Ereigniß stellte sie in einem Trauerspiel dar, in welchem sie den ganzen Olymp zur Mitfeier aufbot. Nunmehr war ihr das einzige und letzte Sorgenfrei genommen, in der Welt hatte sie fortan keinen Halt mehr. Ihr Schwanenlied war ein Gedicht auf die endlich zu Stande gekommene Verbindung ihrer Schwester Emerentia mit dem Dr. Hermann Querinus. Nach kurzem Krankenlager starb sie in ihrem noch nicht vollendeten achtzehnten Lebensjahre am Hochzeitstage ihrer Schwester. In dem südlichen Chorumgange der Nicolaikirche zu Greifswald hängt ein Epitaphium der Familie Schwarz, auf welchem unter einer Copie nach Rembrandt, welche Christus vor Pilatus darstellt, die Mitglieder der Familie Schwarz abgebildet sind; in der Mitte zwischen dem Vater und der Mutter kniet Sibylla, gleich ihren Eltern, ihren vier Brüdern und zwei Schwestern die Hände zum Gebet gefaltet. Von Dichtern und Dichterfreunden der zweiten Hälfte des siebzehnten Jahrhunderts als zehnte Muse, als großer Geist und Wunder ihrer Zeit gepriesen, wird sie auch in den neuesten Lehrbüchern bis auf Koberstein und Gervinus herab noch immer mit Ehren neben ihrem Meister Opitz in der ersten schlesischen Dichterschule genannt. Eine „Cypresse“ hat ihr der heimathliche Sänger Karl Lappe in den „Blüthen des Alters“ Stralsund 1841, S. 170 gewidmet.

    • Literatur

      Wöhler in der Zeitschrift für preußische Geschichte und Landeskunde, Jahrg. XV, Seite 70—89. — Giesebrecht, Ueber einige Gedichte der Sibylla Schwarz. Stettin 1865. — Sib. S.' Gedichte aus ihren Handschriften, herausgegeben durch Samuel Gerlach, Danzig 1650. — Kosegarten, Geschichte der Universität Greifswald, Greifswald 1857.

  • Autor/in

    Häckermann.
  • Zitierweise

    Häckermann, Adolf, "Schwarz, Sibylle" in: Allgemeine Deutsche Biographie 33 (1891), S. 248-249 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118762974.html#adbcontent

    CC-BY-NC-SA