Lebensdaten
erwähnt 10. – 12. Jahrhundert
Beruf/Funktion
rheinfränkisches Adelsgeschlecht ; deutsche Königs- und Kaiserdynastie
Konfession
-
Normdaten
GND: 118750895 | OGND | VIAF: 72189472
Namensvarianten
  • Salier

Objekt/Werk(nachweise)

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Zitierweise

Salier, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118750895.html [29.03.2024].

CC0

  • Biographie

    Der seit ca. 1125 begegnende, im Spätmittelalter geläufige Familienname S. ist als ein über die Lex Salica vermitteltes Synonym für „fränkisch“ zu deuten (R. Schieffer) und leitet sich nicht von einem führenden Teilstamm des Stammesbundes der Franken her. Otto von Freising und weitere Autoren des 12. u. 13. Jh. bezeichneten die S. im Zuge der dynastischen Einordnung der mit ihnen verschwägerten Staufer als „Heinriche v. Waiblingen“, die „Kaiser hervorzubringen pflegten“.

    Für ihre nicht mehr präzis bestimmbare Abstammung von und Verwandtschaft mit der weitverzweigten fränk. Adelssippe der Widonen-Lambertiner sprechen sowohl ihre Kirchengründungen zu Ehren der Hll. Lambert und Guido (Wido) in Kärnten und in der Pfalz im 10. Jh., als auch die Förderung des widon. Hausklosters Hornbach im 11. Jh. Als erster urkundlich nachweisbarer Vertreter der späteren S. hat der seit 891 bezeugte Gf. Werner zu gelten, der über die Grafschaften im Nahe-, Worms- und Speyergau gebot. Diesen ersten Herrschaftsschwerpunkt im Speyergau verlagerten die S. nach 916 in den Wormser Raum; seit 939 kontrollierten sie große Teile des Mittelrhein- und Maingebiets. Königsnähe und -verwandtschaft sowie ein früh entwickeltes adliges Hausbewußtsein waren entscheidende Konstituenten ihres raschen Aufstiegs zu einem der führenden Adelsgeschlechter im ostfränk. Reich. Konrad der Rote ( 955, s. NDB XII), Gf. Werners Sohn, vermochte die besondere Königsnähe seit 941 zu verstetigen, als Otto I. ihn zum Herzog von Lothringen (944) erhob und ihn zudem durch die Heirat mit seiner Tochter Liutgart (947) eng an die otton. Königsfamilie band. Mit der Beisetzung Konrads 955 im Wormser Dom begründeten die S. als erstes Adelsgeschlecht im Reich eine Hausgrablege in einer Bischofskirche. Unter Konrads Sohn Otto ( 1004, s. NDB 19) erreichte die hzgl. Adelsherrschaft der S. zwischen Blies-, Nidda- und Pfinzgau ihren ersten Höhepunkt; Otto III. ernannte Ottos Sohn Brun ( 999), seinen Verwandten, 996 zum Papst (Gregor V., s. NDB VII). Die hierarchische Zu- und Unterordnung aller Grafen ihres Herrschaftsraumes und die Vogteiregelung für ihr Hauskloster St. Lambrecht von ca. 987, die die Ausübung der Vogtei dem jeweils ältesten Mitglied des salischen Hauses in agnatischer Linie vorbehielt, dokumentieren, wie weit die S. um 1000 andere Adelsfamilien in der Konzentration und Patrimonialisierung ihrer umfangreichen Besitz- und Herrschaftsrechte übertrafen. Politisch-herrschaftliche Rückschläge unter Heinrich II. (Aufgabe ihres Herrschaftszentrums in Worms 1002 u. Verlust des hzgl. Rangs 1011) kompensierten sie zumindest partiell durch die vom Kaiser angefochtene Ehe von Ottos Enkel Konrad (d. Ä., 1039, s. NDB XII) mit der Regentin des schwäb. Dukats Gisela ( 1043, s. NDB VI) um 1016. Ihr auf kgl. Verwandtschaft und eine neuartige Qualität von Adelsherrschaft gegründetes hohes Ansehen unter den Zeitgenossen qualifizierte in den Augen der Großen 1024 gleich zwei Angehörige des salischen Hauses zur Königswürde, von denen der ältere Konrad schließlich nach dem Verzicht seines Vetters Konrads d. J. ( 1039, s. NDB XII) zum König gewählt wurde.

    Der erste salische Herrscher festigte die Ordnung im Reich mit Hilfe von Reichskirche und Ministerialität und stärkte die kgl. Autorität in der Nachfolge Heinrichs II. Die hegemoniale Stellung des Reichs nach außen baute er durch den Erwerb Burgunds (1033), die Wiederaufrichtung der Reichsherrschaft in Italien und die Erneuerung eines sakralen, auf Rom als caput mundi fokussierten Kaisertums konsequent aus. Unter Konrad II. bildeten sich erste Ansätze einer spezifisch salischen Königsidee aus, die sich in der festen Verankerung des Königtums in der salischen Dynastie (Designation, Wahl u. Mitherrschaft seines Sohnes Heinrich III.) und der stärkeren Betonung des auf Dauerhaftigkeit angelegten, transpersonal-institutionellen Charakters von Königtum und Reich (Pavia 1024/26) manifestierte.

    Heinrich III. ( 1056, s. NDB VIII) führte die politisch-institutionellen Neuansätze seines Vaters auf einen einzigartigen Höhepunkt mittelalterlicher Königsherrschaft. In seinem auch in mehreren Herrscherbildern festgehaltenen Anspruch auf die gleichsam abbildhafte Verkörperung Gottes als „alter post Christum“ (Wipo) steigerte er die sakral begründete Herrschaft zu einem theokratisch überhöhten König- und Kaisertum. Als seine vornehmste Aufgabe suchte er die gottgewollte Ordnung rigoros durch das Gebot von pax und iustitia, die Förderung der Kirchenreform in Rom und im Reich und die Ausübung eines Kirchenregiments ohne simonistische Praktiken durchzusetzen. Den von seinem Vater begonnenen Neubau des Doms von Speyer und dessen Ausgestaltung als neue Königskirche und über die Memoria verankerter sakral-dynastischer Mittelpunkt seiner Familie (S. Weinfurter) trieb er energisch voran. Sein auf Reichskirche und Ministerialität gestützter befehlsorientierter Regierungsstil brachte den Adel gegen ihn auf und führte die salische Herrschaft in eine erste Krise. Nur unter Vorbehalt waren die Fürsten 1053 zur Wahl seines dreijährigen Sohnes Heinrich IV. (1050–1106, s. NDB VIII) zum künftigen König und damit zur Sicherung des Fortbestandes der salischen Königsdynastie bereit.

    Doch dessen Person und Herrschaftsführung erfüllten nicht die Erwartungen, die Reformpapsttum und Fürsten in sie setzten, und stürzten Reich und salisches Königtum in ihre bislang gefährlichste Existenz- und Identitätskrise. Mit der Fortsetzung des nunmehr als Tyrannis gedeuteten autokratischen Regierungsstils seines Vaters entfachte Heinrich IV. schon früh den Widerstand zahlreicher Kräfte im Reich, das sich seit 1073 im Zustand eines nahezu andauernden Bürgerkrieges befand. Seine rigorose Burgenbau- und Königslandpolitik löste eine gefährliche Aufstandsbewegung in Sachsen aus, der er nur militärisch mit letztmaliger Hilfe der Großen Herr zu werden vermochte. Die diesen seit 1073 zunehmend zugunsten der neuen Funktionselite der Ministerialen verwehrte Teilhabe an der Herrschaft im Reich führte im Frühjahr 1076 zum endgültigen Bruch und Zusammenschluß der oppositionellen Fürsten, die mit der Wahl eines neuen Königs (1077 Rudolfs v. Rheinfelden, 1080, s. NDB 22, danach 1081 Hermanns v. Salm, 1088, s. NDB VIII) und der Bekämpfung der salischen Anhänger Ehre und Ordnung des Reiches wiederherzustellen suchten. Die anfänglichen Divergenzen mit Papst Gregor VII. entluden sich in einem langanhaltenden, grundsätzlichen Konflikt („Investiturstreit“) um die Führung der abendländischen Christenheit und Stellvertretung Gottes auf Erden, der in gegenseitiger Amtsenthebung, Lösung der Treueide und wiederholten Exkommunikationen gipfelte. Gegen den das gesamte Ordnungsgefüge im Reich in Frage stellenden päpstl. Angriff auf die gottunmittelbare Sakralität des Herrschers setzten sich Heinrich und seine Anhänger mit der Berufung auf die gelasianische Zweigewalten-Lehre und der Instrumentalisierung des röm. Rechts zur Ausbildung einer neuen monarchischen Herrschaftstheorie zur Wehr. Mit der besonders prächtigen und ikonographisch neuartigen Ausgestaltung des der salischen Patronin Maria geweihten Speyerer Doms seit 1080 und der Intensivierung der Memoria seiner Familie baute Heinrich Speyer zu dem Legitimationszentrum für das salische Königtum und seine Dynastie aus.

    Die zunehmende politische Isolierung und der durch die Exkommunikation verstärkte Autoritätsverlust des kgl. Amtes bedrohten jedoch den Weiterbestand des Königtums im salischen Haus schließlich so existentiell, daß sich sein jüngerer Sohn Heinrich V. ( 1125, s. NDB VIII) erhob, ihn im Bündnis mit der Fürstenopposition zum Thronverzicht zwang und ihm 1106 als König nachfolgte. In seiner Herrschaftsführung ließ Heinrich V. sich zunächst in hohem Maße von der Idee einer gemeinsamen reform-religiösen Verpflichtung von König und Fürsten für die Einheit von Kirche und Reich leiten. Die neue Aktionsgemeinschaft von Königtum, geistlichen und weltlichen Großen im Zeichen der Kirchenreform zerbrach 1111, als Heinrich den radikalen päpstl. Vorschlag aufnahm, den Verzicht auf das kgl. Investiturrecht durch die Rückgabe der weltlichen Besitzungen und Rechte der Bischöfe zu kompensieren. Der daraus resultierende Bruch mit den Bischöfen zeitigte tiefgreifende Auswirkungen für die kgl. Stellung und verfassungsmäßige Entwicklung des Reiches. Politisch nach der verheerenden Niederlage am Welfesholz (1115) nahezu machtlos und seit 1121 dem Urteil der Fürsten fast völlig unterworfen, stimmte er schließlich dem von ihnen ausgehandelten Wormser Konkordat (1122) zu, das die erheblich beschnittene kgl. Mitwirkung bei der Erhebung der Bischöfe und Äbte festschrieb und künftig die Grundlage für eine lehnsrechtliche Integration von Reich und Reichskirche bildete. Mit Heinrichs kinderlosem Tod 1125 erloschen die S. im Mannesstamm; ihren staufischen Verwandten und Erben gelang erst im zweiten Anlauf 1138 die Nachfolge im Königtum.

    Das Jahrhundert der Salier hat in allen Bereichen tiefgreifende Veränderungen hervorgebracht. Neue Ordnungssysteme traten an die Stelle zerbrochener Einheiten und bisheriger Zuordnungen von Kirche und Reich. Der über Klerus und Laien stehende König hatte lange Zeit das Reich als einigende Klammer symbolisiert und zusammengehalten; nunmehr wurde seine Stellung auf den Status eines Laien reduziert und er in ein vorrangig von den Fürsten repräsentiertes Reich eingegliedert. Die von den Saliern entwickelten Ansätze zu einer stärker transpersonal-institutionellen Sicht von Herrschaft haben die Säkularisierung der Herrschaftstheorie und die Ausbildung eines monarchischen Staatsverständnisses entscheidend befördert.

  • Literatur

    ADB 29;
    E. Boshof, Die S., ⁴2000 (mit älterer L);
    Karl Schmid, Die Sorge d. S. um ihre Memoria, in: Memoria, Dei geschichtl. Zeugniswert d. liturg. Gedenkens im MA, hg. v. dems. u. J. Wollasch, 1984, S. 666-726;
    ders., Die S. als Kaiserdynastie, Zugleich e. Btr. zur Bildausstattung d. Chroniken Frutolfs u. Ekkehards, in: Iconologia sacra, FS f. K. Hauck z. 75. Geb.tag, hg. v. H. Keller u. N. Staubach, 1994, S. 461-95;
    St. Weinfurter, Herrschaft u. Reich d. S., ²1992;
    Die S. u. d. Reich, I-III, hg. v. dems. u. a., ²1992;
    ders., Reformidoe u. Kg.tum im spätsal. Reich, Überlegungen zu e. Neubewertung Ks. Heinrichs V., in: Reformidee u. Reformpol. im spätsal.-frühstauf. Reich, hg. v. dems., 1992, S. 1-45;
    ders., Ordnungskonfigurationen im Konflikt, Das Bsp. Ks. Heinrichs III., in: Mediaevalia Augiensia, Forsch. zur Gesch. d. MA, hg. v. J. Petersohn, 2001, S. 79-100;
    ders., Speyer u. die Könige in sal. Zeit, in: Kgt. u. Grablege im MA, hg. v. C. Ehlers, 2004 (im Druck);
    Thomas Meier, Die Königsgrablege im Dom zu Speyer u. d. Archäol. d. ma. Königsgrabes im christl. Europa, Diss. München 1999 (ungedr.);
    T. Struve, Die S. u. d. röm. Recht 1999;
    C. Zey. Der Romzugsplan Heinrichs V. 1122/23, Neue Überlegungen z. Abschluß d. Wormser Konkordats, in: DA 56, 2000, S. 447-504;
    L. Körntgen, Königsherrschaft u. Gottes Gnade, 2001;
    J. Schlick, Kg., Fürsten u. Reich 1056-1159, Herrschaftsverständnis im Wandel, 2001;
    R. Schieffer, Der Name d. S., in: Von Sacerdotium u. Regnum, FS f. E. Boshof z. 65. Geb.tag. hg. v. F.-R. Erkens u. H. Wolff, 2002, S. 349-60;
    LThK²;
    LThK³;
    Lex. MA (Stammtafel).

  • Autor/in

    Hubertus Seibert
  • Zitierweise

    Seibert, Hubertus, "Salier" in: Neue Deutsche Biographie 22 (2005), S. 368-370 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118750895.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA