Lebensdaten
1754 – 1833
Geburtsort
Schönberg (Kurland)
Sterbeort
Dresden
Beruf/Funktion
Schriftstellerin
Konfession
lutherisch?
Normdaten
GND: 118743627 | OGND | VIAF: 17231605
Namensvarianten
  • Recke, Charlotte Elisabeth Konstantia Baronin von der
  • Medem, Elisabeth Gräfin von (geborene)
  • Medem, Charlotte Elisabeth Konstantia Gräfin von (geborene)
  • mehr

Verknüpfungen

Verknüpfungen zu anderen Personen wurden aus den Registerangaben von NDB und ADB übernommen und durch computerlinguistische Analyse und Identifikation gewonnen. Soweit möglich wird auf Artikel verwiesen, andernfalls auf das Digitalisat.

Orte

Symbole auf der Karte
Marker Geburtsort Geburtsort
Marker Wirkungsort Wirkungsort
Marker Sterbeort Sterbeort
Marker Begräbnisort Begräbnisort

Auf der Karte werden im Anfangszustand bereits alle zu der Person lokalisierten Orte eingetragen und bei Überlagerung je nach Zoomstufe zusammengefaßt. Der Schatten des Symbols ist etwas stärker und es kann durch Klick aufgefaltet werden. Jeder Ort bietet bei Klick oder Mouseover einen Infokasten. Über den Ortsnamen kann eine Suche im Datenbestand ausgelöst werden.

Zitierweise

Recke, Elisa Baronin von der, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118743627.html [29.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Johann Friedrich Gf. v. M. (1722–85, 1779 Gf., 2] Louise Charlotte v. Manteuffel, 1763, 3] Agnes Elisabeth v. Brücken, 1718–84. Wwe d. N. N. v. Torck u. v. der Recke), S d. Georg Christopher v. M. ( 1746) u. d. Sibylla Charlotte Freiin v. Knigge;
    M Louise Dorothea v. Korff ( 1758);
    B Johann Friedrich Gf. v. M. (1758–78);
    Stief-Schw Dorothea (1761–1821, Peter v. Biron, 1724–1800, Hzg. V. Kurland u. Semgallen, dankte 1795 ab, s. NDB II*), Hzgn. v. Kurland (s. NDB IV);
    Stief-B Karl Johann Friedrich Gf. v. M. (1762–1827), Christoph Johann Gf. v. M. (1763–1838);
    1771 ( 1781) Magnus (1739–95), auf Neuenburg, S d. Dietrich Kasimir v. d. Recke (1713–65), auf Neuenburg, Feldhof, Neuhof u. Gröhne, u. d. Katharina Helene v. Funck ( 1783, 2] Benedikt v. Heyking, preuß. Kpt.), Erbin d. Schnepelnschen Güter;
    1 T (früh †); seit 1803 Lebensgefährte Christoph August (1752–1841), Schriftst., Übers. (s. ADB 38), S d. Johann Konrad Tiedge, Rektor d. Gelehrtenschule in Gardelegen (Altmark), u. d. N. N. Lempolius.

  • Biographie

    Nach dem frühen Tod der Mutter wurde R. von der Großmutter und später von der dritten Frau ihres Vaters erzogen. Ihre vielfach erwähnte außergewöhnliche Schönheit führte 1771 zur mitgiftlosen Standesehe mit Magnus v. der Recke; die Eheleute trennten sich jedoch fünf Jahre später. Den Konflikt zwischen den Erwartungen ihres Mannes – Mutterschaft und Mithilfe bei der Bewirtschaftung seiner Güter – und eigenen Wünschen nach empfindsamer Bindung und intellektueller Autonomie beschrieb R. eingehend in ihren Autobiographien (1791, 1793/95), die mentalitätsgeschichtlich aufschlußreich sind. Dort schildert sie ihre Reise nach Deutschland 1784–86, wo sie ihre Halbschwester und deren Mann unterstützte, bei Verhandlungen an den Höfen in Berlin und Warschau die Lehensfolge für Kurland zu sichern.

    Ihre Berühmtheit als Schriftstellerin und Intellektuelle verdankt R. dem Bericht über Alexander Cagliostro (1743–95), der 1779 in Mitau und den umliegenden Residenzen eine Loge d'Adoption gründete, in die auch Frauen aufgenommen wurden. Anschaulich beschreibt sie Cagliostros Zitationen (d. h. seherische Vergegenwärtigungen von Abwesendem, meist durch ein Medium) und rhetorische Manipulationen, mit denen er die Religiosität und Seelenstimmung einzelner Beteiligter anzusprechen wußte. Diese Schrift brachte ihr 1795 eine Einladung Zarin Katharinas II. ein, die R. das russ. Krongut Pfalzgrafen überließ. Hieraus und aus Neuenburg, einem Besitz ihres ehemaligen Gatten, bezog sie lebenslang Einkünfte. Seit 1803 lebte R. in einer offen gezeigten Vorbindung mit dem Schriftsteller Christoph August Tiedge, der sie 1804-06 nach Italien begleitete. Sie hielt sich vorwiegend in Berlin, Leipzig und auf dem Gut ihrer Halbschwester in Löbichau, seit 1818 in Dresden auf.

    Sinn der von R. gesuchten Beziehungen zu Wissenschaftlern und Künstlern war es, die für Frauen erschwerte öffentliche Teilhabe an Bildung zu erlangen. Sie knüpfte Kontakte u. a. zu Johann Wilhelm Ludwig Gleim, Friedrich Gottlieb Klopstock, Matthias Claudius, wie auch zu Adam Friedrich Oeser, Anton Graff, Daniel Chodowiecki sowie zum Fürstenpaar von Anhalt-Dessau. Außerdem nahm sie an der philantropischen Pädagogik starken Anteil. Goethe begegnete ihr während ihres Aufenthalts in Weimar 1784/85 und später (zw. 1820 u. 1823) mehrfach in Karlsbad. Befreundet war sie mit Friedrich Nicolai und seiner Familie, in Dresden mit der Familie Körner, in der Theodor (1791–1813) ihr Patenkind wurde. Starker pietistischer Einfluß zeigt sich sowohl in ihren geistlichen Gedichten, die u. a. von Johann Adam Hiller (1728–1804) vertont wurden, als auch in ihrem Testament, dessen Legate ein Zeugnis tätiger Empfindsamkeit und Nächstenliebe darstellen.

    R.s Werk beschränkt sich nicht auf die Schilderung rein persönlicher und häuslicher Verhältnisse, sondern zieht politische und kulturhistorische Kontexte mit ein, so z. B. den Konflikt zwischen einer auf Repräsentation abgestellten Adelsexistenz mit dem herrschaftsfreien Ideal von Zuneigung und Freundschaft. Ganz ähnlich wie bei Sophie La Roche ergibt sich aus ihren Schriften ein eindringliches und reflektiertes Bild weiblicher Existenz im Übergang von der adligen zur bürgerlichen Lebensweise.

  • Werke

    u. a. Nachr. v. d. berüchtigten Cagliostro Aufenthalte in Mitau im J. 1779, u. v. dessen dortigen mag. Operationen, hg. v. F. Nicolai, 1787, Neudr. in: Cagliostro, Dok. zu Aufklärung u. Okkultismus, hg. u. mit Erll. versehen v. K. H. Kiefer, 1991, S. 20-143;
    Tageb. e. Reise durch e. T. Dtld.s u. durch Italien in d. J. 1804/06, 1816/17;
    Gedichte d. Frau E. v. d. R., geb. Reichsgfn. v. M., hg. v. C. A. Tiedge, ²1816;
    Aufzeichnungen u. Briefe aus ihren Jugendtagen, Mit 11 Abb. u. e. Wappentafel, hg. v. P. Rachel, 2 Bde., 1901 (P);
    Mein Journal, Elisas neu aufgefundene Tagebücher aus d. J. 1791 u. 1793/95, hg. v. J. Werner, 1927; Tagebücher u. Selbstzeugnisse, hg. u. mit e. Vorwort versehen v. Ch. Träger, 1984 (P);|

  • Nachlass

    Nachlaß: Staatsbibl. Preuß. Kulturbes., Berlin; Sächs. Landesbibl., Dresden; Bayer. Staatsbibl., München.

  • Literatur

    ADB 27;
    P. Rachel, Aus d. Testamente Elisas v. d. R., in: Dresdner Gesch.bll. 13, 1904, S. 229-39;
    K. A. Wurst, „Begreifst du aber/wie viel andächtig schwärmen leicher, als/Gut handeln ist?“, E. (Elisa) Charlotte Konstantia fon d. R. (1754-1833), in: Lessing Yearbook 25, 1993, S. 97-116;
    H.-D. Handrack, Bedeutende Krauen aus d. dt. Osten, 1998;
    A. Conrad, „Wir verplauderten d. Zeit recht angenehm, sprachen v. Geistersehern, Ahnungen u. dergleichen.“ Rel. als Thema aufklärer. Geselligkeit, in: Ordnung, Pol. u. Geselligkeit d. Geschlechter im 18. Jh., hg. v. U. Weckel u. a., 1998, S. 203-26;
    O. Niethammer, Autobiogrr. v. Frauen im 18. Jh., 2000, S. 175-221;
    Ostdt. Biogrr. 1955, Nr. 99;
    Dt.balt. Biogr. Lex.;
    Kosch, Lit.-Lex.³ (W, L);
    Killy.

  • Porträts

    Gem. v. E. Gottlob, 1785 (Halberstadt, Gleimhaus), Abb. in: Der Freundschaftstempel im Gleimhaus zu Halberstadt, Porträts d. 18. Jh., hg. v. Gleimhaus Halberstadt, 2000;
    Gem. v. A. Graff, Abb. in: P. O. Rave, Das Jh. Goethes, 1999.

  • Autor/in

    Gertrud M. Rösch
  • Zitierweise

    Rösch, Gertrud Maria, "Recke, Elisa Baronin von der" in: Neue Deutsche Biographie 21 (2003), S. 235-236 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118743627.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA

  • Biographie

    Recke: Charlotte Elisabeth Konstantia v. d. R., deutsche Dichterin und Schriftstellerin, wurde am 20. Mai 1754 in (dem damaligen Herzogthum) Kurland geboren und im Hause ihres Vaters, des Reichsgrafen v. Medem sorgfältig erzogen. Fünfzehnjährig mit dem zweiunddreißigjährigen Kammerherrn Baron v. d. Recke, einem ausschließlich den politischen und ständischen Interessen seiner Heimath lebenden Kampfgenossen des siebenjährigen Krieges verheirathet, führte die sensitive und seit ihrer Kindheit zur Schwermuth neigende junge Frau an der Seite des anders gearteten Gatten eine so unglückliche Existenz, daß ihre Ehe 1776 getrennt und nach dem Tode ihrer einzigen Tochter im J. 1781 geschieden wurde; auf diese Scheidung war es nicht ohne Einfluß, daß Elise an dem Professor des Mitauer akademischen Gymnasiums David Hartmann (aus Württemberg) einen Verehrer im Werther’schen Stil gefunden hatte (vgl. den Artikel D. H. im Goethe-Jahrbuch für 1888). Seit der im J. 1779 erfolgten Verheirathung ihrer Halbschwester Anna mit Peter Biron. dem letzten Herzoge von Kurland, lebte Elisabeth vornehmlich am Mitauer Hofe, dessen gefeiertester Gast damals Cagliostro war. Anfänglich entschiedene Anhängerin des geschickten Betrügers und Mitglied der von ihm gestifteten Loge (d'Adoption) hatte sie demselben bereits ihre Begleitung an den Hof der Kaiserin Katharina II. zugesagt, als einige von unsittlicher Lebensauffassung zeugende Aussprüche des angeblichen Grafen und königl. spanischen Obristen das Mißtrauen der feinfühligen kaum 24jährigen jungen Frau weckten. Ohne Cagliostro vollständig durchschaut zu haben, brach Elise ihre Beziehungen zu ihm ab, und trug sie dadurch wesentlich zur Erschütterung seiner Mitauer Stellung bei. Nach Entdeckung der sog. Halsbandgeschichte trat sie mit der im J. 1787 zu Berlin erschienenen, noch in demselben Jahre ins Russische und später (1792) ins Holländische übersetzten Schrift „Nachricht|von des berüchtigten Cagliostro Aufenthalt in Mitau 1787 und von dessen magischen Operationen“ öffentlich gegen den Betrüger auf. der sich von diesem Schlage nicht wieder zu erholen vermochte (vgl. Cagliostro in Mitau, Balt. Monatsschrift 1864, Bd. X, S. 354 ff. — Cagliostro in Mitau, Berlinische Monatsschrift 1790, Stück 10, S. 302 ff.). Zur Zeit der Veröffentlichung dieser Schrift, welche europäisches Aufsehen erregte, weilte die Verfasserin in Deutschland, wo sie durch ihre von Joh. Adam Hiller componirten „Geistlichen Lieder einer vornehmen kurländischen Dame“ (Leipzig 1780), sowie durch die gleichfalls von J. A. Hiller herausgegebene Gedichtsammlung „Elisens geistliche Lieder“ bekannt geworden war. Zu Ende der achtziger Jahre nach Mitau zurückgekehrt, reiste sie bald nach der im J. 1796 erfolgten Unterwerfung Kurlands unter das russische Scepter nach St. Petersburg, wo sie von Katharina II. mit Auszeichnung empfangen und durch Verleihung des (von 508 Menschen bewohnten) Domänengutes Pfalzgrafen in den Besitz eines ansehnlichen Vermögens gesetzt wurde. Eine Zeit lang mit philanthropischen Plänen zur Besserung der Lage der Bauern ihres Gutes Subern beschäftigt, wurde sie bei der Ausführung derselben durch die Thronbesteigung Paul's I. unterbrochen und zu dauernder Niederlassung in Deutschland veranlaßt (vgl. den an den Schriftsteller G. Merkel gerichteten Brief d. d. Pyrmont d. 8. Sept. 1797 bei J. Eckardt, Die baltischen Provinzen Rußlands, — 2. Aufl. — Leipzig 1869, S. 191 ff.). Seit dem Jahre 1797 lebte Elise v. d. R. abwechselnd in Berlin, Leipzig, Dresden und auf dem ihrer Schwester, der Herzogin von Kurland gehörigen Gute Löbichau und zwar in Gesellschaft des ihr nahe befreundeten Dichters Tiedge, mit welchem sie in den Jahren 1804 bis 1806 eine Reise nach Italien unternommen hatte (vgl. das von Böttiger herausgegebene „Tagebuch einer Reise durch einen Theil Deutschlands und durch Italien“ 4 Bände. Französische Ausgabe: Voyage en Allemagne, dans le Tyrol et en Italie par Mme. de la Recke, traduit de l'Allemand par Mme. la Baronne de Montolieu, Paris 1819.— Briefe aus Italien, in den Mitauer Wöchentlichen Unterhaltungen, Bd. 2 [1805]. — Caroline von Binzer, Drei Sommer in Löbichau). Sie starb im J. 1833 (13. April) zu Dresden, wo sie während der letzten 14 Jahre ihres Lebens dauernden Aufenthalt genommen und ihre früheren Beziehungen zu Tiedge fortgesetzt hatte (vgl. Eberhard, Blicke in Tiedge's und Elisa's Leben, Berlin 1844). Die übrigen der Frau v. d. R. gewidmeten literarischen Zeugnisse und ein Register ihrer zahlreichen Schriften finden sich in dem Allgem. Schriftsteller- und Gelehrtenlexikon der Provinzen Liv-, Est- und Kurland, von I. F. v. Recke und K. E. Napiersky (Mitau 1831, III, 480 ff.) und den Nachträgen und Fortsetzungen zu demselben (Mitau 1859, S. 135). Litterargeschichtlich kommen die poetischen wie die prosaischen Schriften dieser ihrer Zeit vielgenannten Dichterin höchstens als charakteristische Typen des Zeitalters rationalistischer Schönseligkeit in Betracht. Ihren Ruf hat die Schwester der letzten Herzogin von Kurland nicht sowohl ihrem Talent, als ihrer gesellschaftlichen Stellung und ihrem Charakter zu danken gehabt, der ungewöhnliche Energie mit ebenso ungewöhnlicher Güte verband.

  • Autor/in

    Eckardt.
  • Zitierweise

    Eckardt, "Recke, Elisa Baronin von der" in: Allgemeine Deutsche Biographie 27 (1888), S. 502-503 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118743627.html#adbcontent

    CC-BY-NC-SA