Lebensdaten
1888 – 1976
Geburtsort
Trier
Sterbeort
Fulda
Beruf/Funktion
Politiker
Konfession
katholisch
Normdaten
GND: 118742884 | OGND | VIAF: 807681
Namensvarianten
  • Pünder, Hermann Joseph Maria Ernst
  • Pünder, Hermann
  • Pünder, Hermann Joseph Maria Ernst
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Zitierweise

Pünder, Hermann, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118742884.html [29.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    Aus rhein. Bauernfam.;
    V Hermann Joseph (1841–1917), Richter in K., seit 1900 am Reichsmil.ger. in Berlin, S d. Gutsbes. Matthias Werner u. d. Maria Gertrud Franziska Huttanus;
    M Carola (1856–1943), T d. Damian Ernst Schoemann (1807–76), Bankherr in T., u. d. Caroline Fuisting (* 1819;
    Berlin 1920 Magda, T d. Richters Richard Statz;
    5 K, u. a. Tilman (* 1932), Dr. iur., Reg.präs. in Gießen u. 1989-97 Oberstadtdir. in Münster.

  • Biographie

    P. wuchs in Köln auf, wo sein Vater seit 1889 Richter am Appellhof war. Nach dessen Versetzung 1900 an das Reichsmilitärgericht in Berlin, wohin die Familie übersiedelte, verbrachte P. die letzten Gymnasialjahre in Münstereifel. Nach dem Abitur 1906 und einem Studium der Rechts- und Staatswissenschaften in Freiburg (Br.), London und Berlin bestand er 1909 das 1. Staatsexamen. Als Referendar im preuß. Justizdienst absolvierte er eine einjährige Militärdienstzeit in Naumburg/Saale und erwarb 1910 in Jena den juristischen Doktorgrad. 1915, bereits zum Militärdienst einberufen, bestand er sein 2. Staatsexamen. Als Leutnant d. R. bis 1918 an der West- und Ostfront eingesetzt, wurde er mit dem Eisernen Kreuz I. Klasse ausgezeichnet.

    Seit 1918 machte P. eine steile Beamtenkarriere. Vom Landgericht Berlin wechselte er Anfang 1919 in das Preuß. Justizministerium und im Sept. 1919 in das Reichsfinanzministerium über, wo er seit 1921 das Ministerbüro leitete. Seit 1922 Zentrumsmitglied, wurde er Anfang 1925 in die Reichskanzlei berufen, Ende 1925 deren stellvertretender Leiter und im Juli 1926 als Staatssekretär ihr Chef. In dieser Schlüsselstellung entwickelte sich der kompetente und gewandte Jurist zu einem administrativen Krisenmanager unter vier Regierungschefs. Nach dem Sturz des Reichskanzlers Heinrich Brüning und dem Amtsantritt Franz v. Papens am 2.6.1932 in den einstweiligen Ruhestand versetzt, übernahm P. am 4.10.1932 das Amt des Regierungspräsidenten in Münster. Am 1.7.1933 wurde er von der NS-Regierung als politischer Gegner beurlaubt und drei Wochen später in den Ruhestand versetzt. Er bewirtschaftete fortan einen kleinen Bauernhof bei Münster.

    Im 2. Weltkrieg geriet P. als Hauptmann bzw. Major d. R. im Wehrkreiskommando VI in Münster durch zwei Treffen mit Carl Goerdeler in den Umkreis von dessen Widerstandsbewegung und wurde nach dem 20.7.1944|verhaftet, wegen Hochverrats angeklagt und aus dem Beamtenstand sowie aus der Wehrmacht ausgestoßen. Nach qualvollen Verhören und Aufenthalten in mehreren Konzentrationslagern verschleppte ihn die SS mit einem „Prominententransport“ nach Südtirol. Anfang Mai 1945 befreit, gelangte P. Ende Juli 1945 wieder nach Münster. Dort gehörte er zu den Mitbegründern der CDU. Am 20.11.1945 übernahm er das ihm von der brit. Militärregierung angebotene Amt des Oberbürgermeisters von Köln (als Nachfolger Konrad Adenauers). Neben dem Wiederaufbau der zerstörten Stadt bemühte er sich um die Wiederbegründung einer Reihe überregionaler, kommunaler und kultureller Verbände, u. a. des Deutschen Städtetags, dessen Präsidentschaft er übernahm. Im neuen Land Nordrhein-Westfalen gehörte er 1946-50 für die CDU dessen Landtag an.

    Den Höhepunkt seiner Laufbahn erreichte P. am 2.3.1948 mit seiner Wahl zum Vorsitzenden („Oberdirektor“) der Verwaltung des Vereinigten Wirtschaftsgebiets der amerik. und brit. Zone in Frankfurt/M. Er war wesentlich beteiligt am Zusammenwachsen der „Bizone“. deren Wirtschafts- und Sozialordnung für die Bundesrepublik Deutschland zum Vorbild wurde. Aus dieser aufreibenden Tätigkeit resultierten aber auch Spannungen mit Adenauer, der nach seiner Wahl zum Bundeskanzler (15.9.1949) P. nicht in die Regierung übernahm und ihm auch kein anderes öffentliches Amt anbot. Als prominenter CDU-Abgeordneter des Deutschen Bundestags (1949–57) leitete P. 1950 dessen Delegation in der Beratenden Versammlung des Europarats in Straßburg und war 1952 Vizepräsident der Gemeinsamen Versammlung der Europ. Gemeinschaft für Kohle und Stahl in Luxemburg. Er wurde zu einem Vorkämpfer der europ. Einigung. Seine 1968 erschienenen Memoiren trugen den bekenntnishaften Titel „Von Preußen nach Europa“. Als Vorstandsmitglied zahlreicher kultureller Gremien blieb er um interkonfessionellen und internationalen Ausgleich bemüht. P. gehört zu den großen „Männern der deutschen Verwaltung“ und zu denen der „ersten Stunde“ beim Wiederaufbau Deutschlands nach dem Ende des Hitler-Regimes.|

  • Auszeichnungen

    Zahlr. Auszeichnungen, u. a. Dr. iur. h. c. (Köln 1953).

  • Werke

    Die Haftung f. d. unerlaubten Handlungen d. Vorstandes in d. Lehre vom nichtrechtsfähigen Ver., Diss. Jena 1910;
    Koalitionspol. u. Koalitionen, in: Nat. Arbeit, Das Zentrum u. sein Wirken in d. dt. Rep., hg. v. K. A. Schulte, 1930, S. 54 ff.;
    Die dt. Gemeinden gestern, heute u. morgen, 1948;
    Pol. in d. Reichskanzlei, Aufzeichnungen aus d. J. 1929- 1932, hg. v. Th. Vogelsang, 1961;
    Vorläufer d. Bundesrep., dargest. aus eigenem Miterleben, 1961;
    Am Schaltwerk v. Pol. u. Verw. im Reich, in d. Bizone u. im Bund, in: Die öff. Verw. 16, 1963, S. 1 ff.;
    Die beiden Währungsreformen v. 1923 u. 1948, in: Neue Perspektiven aus Wirtsch. u. Recht, hg. v. C. P. Claussen, 1966, S. 249 ff.;
    Konrad Adenauer, Meister d. Selbstverw., 1967;
    Zus.arb. mit Heinrich Brüning in d. Reichskanzlei 1930-1932, in: Staat, Wirtsch. u. Pol. in d. Weimarer Rep., hg. v. F. A. Hermens u. Th. Schieder, 1967, S. 311 ff.;
    Von Preußen nach Europa, Lebenserinnerungen, 1968 (W-Verz., P);
    Die Entstehung d. Soz. Marktwirtsch. während d. „bizonalen Interregnums“, in: Ludwig Erhard, Btrr. zu seiner pol. Biogr., hg. v. G. Schröder u. a., 1972, S. 186 ff.;
    Akten d. Reichskanzlei: Die Kabinette Luther I u. II (1925–1927), bis: Die Kabinette Brüning I u. II (1930–1932), 12 Bde., 1977-90;
    Wörtl. Berr. u. Drucksachen d. Wirtsch.-rates d. Vereinigten Wirtsch.gebietes 1947-1949, bearb. v. C. Weisz u. H. Woller, 7 Bde., 1977 (Nachdr.);
    Akten z. Vorgesch. d. Bundesrep. Dtld. 1945-1949, hg. v. BA u. Inst. f. Zeitgesch., IV: 1948, bearb. v. C. Weisz u. a., 1983, V: Jan. bis Sept. 1949, bearb. v. H.-D. Kreikamp, 1981. – Hg.: Zur Gesch. d. Reichskanzlerpalais u. d. Reichskanzlei, 1928. |

  • Nachlass

    Nachlaß: BA Koblenz; kl. Teile im Hist. Archiv d. Stadt Köln u. im Archiv f. Christl.-Dem. Pol. d. Konrad-Adenauer-Stiftung in St. Augustin.

  • Literatur

    H. Milz, in: Geneal. u. Heraldik 1, 1948/49, S. 131 ff.;
    Tilman Pünder, In jenen Jahren …, 1962 (Privatdruck);
    ders., Das bizonale Interregnum, Die Gesch. d. Vereinigten Wirtsch.gebietes 1946-1949, 1966;
    ders., H. P. u. seine Kölner Zeit, in: Jb. d. Köln. Gesch.ver. 59, 1988, S. 249 ff;
    S. Schnell, in: Der Städtetag 29, 1976, S. 613 ff.;
    R. Morsey, Zw. Verw. u. Parteipol., H. P. u. d. Gründung d. CDU in Münster 1945. in: Weltpol., Europagedanke, Regionalismus, hg. v. H. Dollinger u. a., 1982, S. 529 ff;
    ders., in: Gesch. im Westen 3, 1988, S. 69 ff;
    ders., Kommunalverw. in d. Trümmerwüste, H. P. als OB v. Köln, in: Die Verw. 21, 1988, S. 375 ff;
    ders., in: Rhein. Lb. 12, hg. v. F.-J. Heyen, 1991, S. 275 ff;
    Giselher Schmidt, in: Das Parl. Nr. 32 v. 8.8.1987, S. 7 (P);
    J. Steinle, in: Zs. f. Pol. NF 46, 1999, S. 424-40;
    H.-D. Kreikamp, in: Staatslex. IV. ⁷1988, Sp. 621 f.

  • Autor/in

    Rudolf Morsey
  • Zitierweise

    Morsey, Rudolf, "Pünder, Hermann" in: Neue Deutsche Biographie 20 (2001), S. 762-763 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118742884.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA