Lebensdaten
1751 – 1824
Geburtsort
Stuttgart
Sterbeort
Haiterbach (Schwarzwald)
Beruf/Funktion
Pietist ; lutherischer Pfarrer
Konfession
mehrkonfessionell
Normdaten
GND: 118741772 | OGND | VIAF: 401500
Namensvarianten
  • Pregitzer, Christian Gottlob
  • Pregizer, Christian Gottlob
  • Pregitzer, Christian Gottlob
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Objekt/Werk(nachweise)

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Zitierweise

Pregizer, Christian Gottlob, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118741772.html [19.04.2024].

CC0

  • Genealogie

    Zu d. seit d. 16. Jh. mit Laux (Lukas) Preg(n)itzer (auch Bregenzer) (* um 1500) nachweisbaren Fam. gehören u. a. Johann Ulrich (II.) (1577–1656, Tabitha Hesch (Hösch), E d. Reformators Andreas Osiander, s. NDB 19), Prof. d. Theol. in Tübingen, Johann Ulrich (III.) (1611–72), Prof. d. Philos. in Tübingen, Johann Ulrich (IV.) (1647–1708), Prof. f. Gesch., Rhetorik u. Jura in Tübingen, seit 1694 Reg.rat u. Oberarchivar in St., Erzieher d. württ. Hzg. Eberhard Ludwig (s. ADB 26); – V Johann Philipp (1713–63), Reg.ratsekr. in St., S d. Johann Ulrich (V.) (1673–1730), Pfarrer in St.-Untertürkheim, Genealoge, u. d. Maria Dorothea Margaretha Burk (1679–1729);
    M Anna Elisabetha (1720–75), T d. Johann Friedrich Düring (1686 ?- 1723), Handelsmann in St., u. d. Anna Elisabetha Beck (1699 ?-1732);
    Ur-Gvm Johann Philipp Burk (1650–1718), Expeditionsrat in Nürtingen;
    1783 Eleonora Elisabetha (1759–1814), T d. Johann Konrad Hörner (1722–75), Kammerrat u. Amtmann in Oberroth b. Gailendorf, u. d. Klara Rosina;
    12 K.

  • Biographie

    P. studierte 1768-73 in Tübingen Theologie und amtierte danach als Vikar in Gaildorf und Fichtenberg, seit 1778 als Lateinlehrer in Besigheim. Beeinflußt wurde er in diesen Jahren von Friedrich Christoph Oetinger, dessen Gedankengut er F. W. J. Schelling im Gespräch und durch Buchsendungen vermittelte. 1779 wurde er Schloßprediger in Tübingen, 1783 Pfarrer in Grafenberg bei Nürtingen, 1795 in Haiterbach bei Nagold, wo er sich als origineller, „gschpäßiger“ Erweckungsprediger hervortat. Nach einer längeren depressiven Erkrankung 1800/01 führte ihn vor allem die Lektüre von Stephan Prätorius' „Geistlicher Schatzkammer der Gläubigen“ (1622 u. ö.) zu einer theol. Neuorientierung, die seine württ.-pietistische Prägung ergänzte: Er drang zu einem „Freudenchristentum“ durch, das in einer einseitigen Hochschätzung der luth. Rechtfertigungslehre und einer fast magischen Einschätzung von Abendmahl und Taufe gründet, in der die „Begnadigung und Beseligung des Sünders ein für allemal geschieht“. Fortan löste seine Verkündigung eine Bewegung aus, der sich besonders seit etwa 1760/70 bestehende separatistische Privatversammlungen („Selige“) anschlossen, die P. in kirchlich-pietistische Bahnen zu lenken suchte. Bald nannten sich kleine Kreise in der näheren und weiteren Umgebung nach ihm („Pregizerianer“), ohne allerdings seine Theologie uneingeschränkt zu übernehmen. Ihre Mitglieder gehörten sozial hauptsächlich der unteren Mittelschicht an. Im Volksmund „Juchhe-Christen“ genannt, waren ihre Versammlungen gekennzeichnet durch das Singen fröhlicher Lieder, in denen sich die Freude über die Rechtfertigung in der Taufe und den „seligen Gnadenstand“ ausdrückte. Mit der württ.-biblizistischen Tradition teilen sie in ihrer bis heute bestehenden Gemeinschaft besonders die heilsgeschichtlich-mythologischen Vorstellungen von Chiliasmus und Apokatastasis panton. Die Originalität der Anfangsjahre nach und nach hinter sich lassend, verstehen sie sich heute als „unabhängige brüderliche Gemeinschaft innerhalb der Landeskirche zum Zweck der geistlichen Erbauung“. In etwa 70 Kreisen umfassen sie als „Pregizer-Gemeinschaft“ derzeit ca. 2500 Mitglieder, die sich wöchentlich in Privathäusern versammeln.

  • Werke

    u. a. Glaubens- u. Hoffnungsbekenntnis, 1816, ²1827 (u. ö., verfaßt 1808 anläßl. seiner Verteidigung vor d. Stuttgarter Konsistorium);
    Fragen v. d. ewigen Liebe Gottes in Wiederbringung aller Dinge, in: Ev. Kirchenbl. zunächst f. Württ. 3, 1842, S. 430-36 (u. ö.);
    Schriftmäßige Lehre v. d. Himmel u. v. d. sel. Zustand derer, die im Himmel sind (nicht vor 1919). – Auszüge: Lehre v. d. Seligkeit d. glaubigen Christen mit P.s eigenen Worten dargest. […] v. C. F. Nanz, 1843;
    Lieder u. einzelne Verse versch. Inhalts, 1817;
    Lieder-Slg. f. glaubige Kinder Gottes, 1821 (mit anderen, Abdr. 1827 [P], u. ö).

  • Literatur

    ADB 26;
    Kurzer Entwurf v. d. Glaubensgrund u. d. Entwicklung d. Pregizianer-Gemeinschaft, [1915];
    F. Pfeil, Ch. G. P. u. d. Gemeinschaft d. Pregizerianer, Diss. Heidelberg, 1938 (ungedr.);
    W. Schulze, P. u. Schelling, in: Bll. f. württ. KGesch. 54, 1954, S. 179-82;
    Gotthold Müller, Ch. G. P. (1751-1824), Sein Leben u. seine Schrr., 1961 (Qu., W-Verz., L, P);
    Die Pregizer-Gemeinschaft in Vergangenheit u. Gegenwart, [1978);
    F. Groth, Die „Wiederbringung aller Dinge“ im Württ. Pietismus, 1984, S. 162-71 u. ö.;
    W. Raupp (Hg.), Gelebter Glaube, Erfahrungen u. Zeugnisse aus unserem Land, 1993, S. 198-205 (Qu, P);
    J. Fischer u. a., Ph. F. Hiller u. d. Pregizer Gemeinschaft, in: Gott ist mein Lobgesang, Ph. F. Hiller (1699–1769), hg. v. M. Brecht, 1999, S. 172-94;
    H.-D. Frauer, Ch. G. P. (1751-1824), Ungewollt e. Gemeinschaft gegr., in: Unvergessen – Gedenktage 1999, hg. v. K. Rommel, 1998, S. 120-24;
    E. E. Koch, Gesch. d. Kirchenlieds u. Kirchengesangs, 8 Bde., ³1866-76;
    PRE;
    RGG³;
    BBKL.

  • Porträts

    Druck u. (hiervon) Aquarell (Ev. Pfarramt Haiterbach);
    Gedenkstein v. A. Volz (Ev. Laurentius-Kirche Haiterbach).

  • Autor/in

    Werner Raupp
  • Zitierweise

    Raupp, Werner, "Pregizer, Christian Gottlob" in: Neue Deutsche Biographie 20 (2001), S. 684-685 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118741772.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA

  • Biographie

    Pregizer: Christian Gottlob P., geb. am 18. März 1751 in Stuttgart, am 30. October 1824 in Haiterbach, Oberamt Nagold in Württemberg, ist bekannt als Haupt einer pietistischen Gemeinschaft seines Vaterlandes. Sein Vater Johann Philipp P. war Regierungsrathssecretär in Stuttgart, die Mutter hieß Anna Elisabeth geb. Düring; er widmete sich dem geistlichen Stande, welchem zahlreiche ältere Mitglieder der Familie angehören, durchlief das höhere und niedere Seminar, magistrirte 1770 und wurde 1783 Pfarrer in Grafenberg, Oberamt Nürtingen. Von seinen Studien und seiner theologischen Richtung aus jener Zeit ist nur bekannt, daß er die Schriften Jakob Böhme's und Oetinger's mit Vorliebe studirte; die theologischen Aphorismen, welche er in einem handschriftlich noch vorhandenen Tagebuch aus dem Jahre 1788 niederlegte, sind unbedeutend und klingen mit ihren Ausdrücken von Tinctur, Eingeistung, Universalsamen etc. sehr an die beiden genannten Theosophen an. Auch mit Michael Hahn (s. A. D. B. X, 364 ff.) stand er in Verbindung, theilte dessen Ansichten, besonders über die Wiederbringungslehre. Später zerfiel er mit diesem, warum und wann ist nicht mehr klar zu stellen. P. wurde erst mit seiner Beförderung nach Haiterbach (1795) und durch seine Verbindung mit dort wohnenden Pietisten in weiteren Kreisen bekannt. Dort traf er eine „Gemeinschaft“ an, über deren Entstehung nichts sicheres nachzuweisen ist, welche aber in dem religiös damals sehr erregten Württemberg (ein neues rationalistisch gefärbtes Gesangbuch wurde z. Th. mit militärischer Gewalt eingeführt) eine Gegenströmung gegen das stark hervortretende Heiligungsstreben der Pietisten, besonders der Michelianer bildet; die Partei auf dem Schwarzwald, den Fildern, in der Steinlach und sonst ziemlich verbreitet, legte das Hauptgewicht auf das Bewußtsein der Bekehrung, sie nannten sich die „Seligen" und „Gerechten“ im Gegensatz gegen die „Werkler“. Ihrer Freude über den Besitz des Gnadenstandes gaben sie besonders in den weltlichen Melodien Ausdruck, welche sie den kirchlichen Liedern zu Grunde legten; sie arbeiteten am Sonntag, glaubten einer ernsten Buße nicht mehr zu bedürfen, nahmen am Abendmahl Theil ohne Beichte und Vorbereitung etc. Seit 1806 trat P. mit ihnen in Verbindung, nahm sich der Gemeinschaften, welche in seinem Pfarrorte bestanden, an und trug viel dazu bei, die Leute von Separation von der Kirche, von Unbotmäßigkeit gegen die Obrigkeit, überhaupt von Ausschreitungen zurückzuhalten. Seine originellen, sehr populären Predigten mit gereimten Themen, hie und da im Dialekt gehalten, mit Feuer vorgetragen und auf echter Frömmigkeit ruhend, wobei der selige Gnadenstand der Kinder Gottes, auch die zukünftige Seligkeit mit starken, oft krassen Farben ausgemalt wurde, zogen sehr viele Zuhörer an, besonders aus den ungebildeten Ständen. 1808 wurde ihm von Seiten des Consistoriums sein Glaubensbekenntniß abverlangt, man fand zwar in demselben keine eigentlichen Irrlehren, wohl aber viel Unklares und Mystisches, während seine sonstige treue Amtsführung, seine Sorge für die Schule, sein unbescholtener Wandel anerkannt werden mußten. In diesem Ruf erhielt er sich auch bis zu seinem Ende. Seit December 1822 war er von Schlaganfällen heimgesucht, 30. October 1824 starb er in seinem Pfarrorte. Ueber seine Familienverhältnisse ist nichts bekannt, als daß er verheirathet war und einen Sohn hatte. Seine Anhänger finden sich noch gegenwärtig in verschiedenen Gegenden Württembergs, haben ihre heiteren Singweisen, überhaupt ihre Auffassung von der Rechtfertigung beibehalten; in der Liedersammlung für gläubige Kinder Gottes, 2. Aufl. Backnang 1849 finden sich einige religiöse Lieder von P., die zum Theil schwunghaft sind, aber auch|theilweise sehr einfach und geschmacklos; eines derselben von 53 Versen zeigt mit den Anfangsbuchstaben das Akrostich: Eleonora Elisabetha Pregizerin Stadtpsarrerin in Haiterbach!

    • Literatur

      Haug, Die Sekte der Michelianer in: Studien der evangel. Geistlichkeit Würtemb. Bd. 11. — Grüneisen, Abriß einer Geschichte der religiösen Gemeinschaften in Würtemberg in: Zeitschrift für die historische Theologie. Jahrg. 1841. —
      Palmer, die Gemeinschaften und Sekten Würtembergs, 1877. — Ritschl, Geschichte des Pietismus. Bd. 3.

  • Autor/in

    Theodor Schott.
  • Zitierweise

    Schott, Theodor, "Pregizer, Christian Gottlob" in: Allgemeine Deutsche Biographie 26 (1888), S. 548-549 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118741772.html#adbcontent

    CC-BY-NC-SA