Lebensdaten
1820 – 1902
Geburtsort
Siegen
Sterbeort
Niederwalluf (Rheinland)
Beruf/Funktion
Industrieller
Konfession
evangelisch?
Normdaten
GND: 118735977 | OGND | VIAF: 62343949
Namensvarianten
  • Oechelhäuser, Justus Wilhelm (Adelstitel 1883 nahm er nur für seine Söhne an)
  • Oechelhäuser, Wilhelm
  • Oechelhäuser, Justus Wilhelm (Adelstitel 1883 nahm er nur für seine Söhne an)
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Zitierweise

Oechelhäuser, Wilhelm, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118735977.html [29.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    Die Fam. stammt aus Oechelhausen (Siegerland) u. ist 1570 mit Heinrich v. O., Schöffe in Netphen nachweisbar; die urkundl. Stammreihe beginnt mit Johann (1648–1718), Bgm. v. Siegen. – V Johannes Wolf O. (1787-1869) aus S., Bäcker, Papier- u. Masch.baufabr. in S., wandelte e. 1818 erworbene Walkmühle b. Siegen in e. Papiermühle um u. erweiterte sie 1837 um e. Masch.bau-Werkstätte, Erfinder d. Strohpapiermaschine (s. Nassau. Biogr.), S e. Bäckermstr.;
    M Marianne Gharlotte Schenck (1797–1831) aus S.;
    B Adolf O. (1819-96), Maschinenfabr., KR (s. BJ III, Tl.), Otto O. (1825-1900), Fabr. f. Gasanstaltsbau in Berlin;
    1849 Emma R(h)einbach (1823–76) aus Westig b. Iserlohn;
    2 S Wilhelm (s. 2), Adolf (1852–1923, Helene v. Maaßen, s. NDB 15*), Dr.-Ing., Dr. phil. h. c., Prof. f. Kunstgesch. an d. TH Karlsruhe (s. DBJ V, Tl.; Drüll, Heidelberger Gel.lex. I).

  • Biographie

    Nach dem Besuch der Volks- und Lateinschule in Siegen begann O. 1835 eine dreijährige Lehre in der väterlichen Fabrik, für die er auf mehreren Reisen die Aufstellung von Papiermaschinen im Ausland überwachte. Während seiner Militärzeit 1843/44 in Königsberg besuchte er an der dortigen Universität Vorlesungen in Physik, Chemie und Psychologie und nahm Privatunterricht in Mathematik. 1845/46 reiste O. mit Unterstützung des preuß. Finanzministeriums nach Großbritannien und Frankreich, um die dortige Papierherstellung kennenzulernen; dabei vermochte er brit. Fabrikanten für ein Produkt aus der eigenen Fabrikation zu interessieren. Dennoch brach im Frühjahr 1848 das väterliche Unternehmen zusammen. O. wurde im selben Jahr Assessor im Reichshandelsministerium in Frankfurt/Main, für das er 1849 die Gewerbeaussteilungen in Paris und Gent besuchte. Im Auftrag der preuß. Regierung weilte er 1850 in der Schweiz und reiste 1851 zur Weltausstellung nach London. In diesen Jahren vertiefte er seine volkswirtschaftlichen Kenntnisse durch die Lektüre der Schriften Friedrich Lists und entwickelte sich zum gemäßigten Schutzzöllner. Im Frühjahr 1851 wurde O. Geschäftsführer des „Allgemeinen Deutschen Vereins zum Schutze der vaterländischen Arbeit“ in Frankfurt/Main, ein Amt, das er schon im Jahr darauf niederlegte, als der Verein sich in eine österr. und preuß. Fraktion spaltete. Er wechselte in die Geschäftsführung des von rhein.-westfäl. Unternehmern im Mai 1852 gegründeten „Zollvereinsländischen Eisenhütten- und Bergwerks-Vereins“, eine Aufgabe, der er sich auch nach seiner Wahl zum Bürgermeister von Mülheim/Ruhr 1852 weiter widmete. 1856 trat O. in die im Jahr zuvor gegründete „Deutsche Continental-Gas-Gesellschaft“ (DCGG) in Dessau ein. Als Direktoriumsmitglied und seit 1858 als Generaldirektor führte er das Unternehmen aus anfänglichen Finanzschwierigkeiten heraus und baute es zu einem großen Energieversorgungsunternehmen aus. Schon früh setzte er innerhalb des Unternehmens auf eine produktive Verbindung mit der aufkommenden Elektrizitätswirtschaft, die er 1879 in das Unternehmen integrierte, wie schon zuvor den Gasmotorenbau und die Weiterverwertung der bei der Gasherstellung auftretenden Nebenerzeugnisse. Mit ihrem Sozialstatut für Arbeiter (1874) und einer Pensionskasse für Beamte (1880) erhielt die DCGG sozialpolitische Vorbildfunktion im Unternehmerlager.

    Während seiner Mülheimer Zeit gehörte O. 1852/53 dem preuß. Abgeordnetenhaus an. Als nationalliberaler Reichstagsabgeordneter 1878-93 vertrat er eine gemäßigt freihändlerische Position, die sich bei ihm bereits in den 1850er Jahren abgezeichnet hatte. Er engagierte sich besonders für eine Reform der Aktiengesetzgebung und wurde zum Urheber des GmbH-Gesetzes, außerdem betätigte er sich in der Sozial- wie in der Kolonialpolitik. Seiner ersten publizistischen Kritik an der Aktiengesetzgebung (Die wirtschaftliche Krisis, 1876) ließ er in einer Nachfolgeschrift Reformvorschläge folgen, die in die Novelle des Aktiengesetzes einflossen. Von größerer parlamentarischer Wichtigkeit war ihm jedoch das GmbH-Gesetz, das er mitinitiierte und teilweise erarbeitete; es übertrug den Vorteil der Aktiengesellschaften – die beschränkte Haftbarkeit der Gesellschafter – auf Personengesellschaften. Als Sozialpolitiker war O. ein Mann des Ausgleichs. Es war ihm Arbeitgeberpflicht, zur Hebung des Arbeiterstandes beizutragen und dessen Lage über die staatliche Sozialgesetzgebung hinaus zu verbessern. Seine gemäßigte sozialintegrative Reformpolitik, die ihn damals von vielen Unternehmern unterschied, kam in firmeneigenen Einrichtung (Arbeiterausschüsse, Wohlfahrtseinrichtungen usw.), aber auch in seiner Mitwirkung an der Gründung des „Vereins der Anhaltischen Arbeitgeber“ (1887) zum Ausdruck. O.s Reformideen waren keineswegs neu und orientierten sich an Vorbildern wie Brentano, Herkner und Roesicke sowie Disraeli und Carlyle; ihre Umsetzung blieb vorwiegend auf Anhalt beschränkt. Nur zögerlich entwickelte er ein Interesse für die Kolonialpolitik. Seit 1886 verstärkte er auf diesem Feld sein Engagement, das sich zunächst auf Ostafrika konzentrierte und ihn zum Mitgründer der „Deutsch-Ostafrikanischen Gesellschaft“ sowie zu einem Pionier des dortigen Eisenbahnbaus werden ließ. Als Privatier beteiligte er sich in den 1890er Jahren an verschiedenen Unternehmungen in Kamerun. Seine berufliche und parlamentarische Arbeit fand ihren Niederschlag in zahlreichen Schriften und dokumentiert eine Vielseitigkeit, die er durch Studien zum Werke Shakespeares um eine zusätzliche Facette erweiterte. O. war Initiator der „Deutschen Shakespeare-Gesellschaft“ (1864), deren Präsident er seit 1890 war.|

  • Auszeichnungen

    Preuß. GKR (1874);
    anhalt. Adel (1883;
    den Titel nahm er nur für seine Söhne an);
    Dr. phil. h. c. (Erlangen 1893).

  • Werke

    u. a. Zur Wirtsch. pol.: Der Zollver., Seine Vfg., sein handelspol. System u. d. Entwicklung d. Tarifsätze seit 1818, Nebst e. tabular. Anhang u. 6 Diagrammen z. Veranschaulichung d. wichtigsten Tarifänderungen seit d. J. 1818, 1851;
    Denkschr. üb. d. österr. Zollver.plan, 1851;
    Vgl. Statistik d. Eisen-Ind. aller Länder u. Erörterung ihrer ökonom. Lage im Zollverein, 1852;
    Die Eisenind. d. Zollver. in ihrer neuen Entwicklung, Statistisch-ökonomisch, Zugleich als erste Forts, d. „Vgl. Statistik d. Eisenind. aller Länder, Berlin 1852“, 1855;
    Die Nachteile d. Aktienwesens u. d. Reform d. Aktiengesetzgebung, 1878;
    Die Tarifreform v. 1879, 1880. – Zur soz. Frage: Die Arbeiterfrage, Ein sociales Progr.,|1886;
    Die soz. Aufgaben d. Arbeitgebers, 1887;
    Soz. Tagesfragen, 1889, ²1889;
    ca. 150 mit „O“ gez. soz.-pol. Leitart. in: Dt. Arbeiterztg. (DAZ), 1, 1888, Nr. 3-7, 1894, Nr. 51. – Zur Technik: Bemerkungen üb. d. Stand d. engl. u. franz. Gasind., in: Journal für Gasbeleuchtung u. verwandte Beleuchtungsarten, in: Organ d. Ver. v. Gasfachmännern Dtld.s 4, 1861, S. 13-25 u. 37-62;
    Üb. d. elektr. Beleuchtung in ihrem Konkurrenzverhältnis z. Gas, (ungedr.), in Auszügen in: Geschäftsber. d. DCGG 1878/79, u. in: Journal f. Gasbeleuchtung 1879. – Zur Kolonialpol.: Denkschr. üb. d. Abtretung d. Hoheits- u. Zollerhebungsrechte in Dt.-Ostafrika an das Dt. Reich, 1886;
    Die Dt.-Ostafrikan. Centralbahn, 1899. – Zu Shakespeare: Ideen z. Gründung e. Dt. Shakespeare-Ges., als Ms. gedr. 1863 (s. a. Die Dt. Shakespeare-Ges., in: Shakespeareana, S. 1-22, darin: Die Ideen, S. 1-14, sowie in: Jb. d. Dt. Shakespeare-Ges. 58, 1922, S. 29-38, auch 1963 als selbständige Schr.);
    Essay üb. Richard III., in: Jb. d. Dt. Shakespeare-Ges. 3, 1868, S. 27-149 (auch in Shakespeareana, S. 40-157);
    Shakespeare auf d. Wiener Burgtheater, ebd. 4, 1869, S. 349-67;
    Üb. d. Darst. d. Sommernachtstraums auf d. dt. Bühne, ebd. 5.1870, S. 310-24 (auch in Shakespeareana, S. 158-73);
    Grundsätze üb. d. Bühnenbearbeitungen d. Shakespeare’schen Dramen, 1870 (auch in Shakespeareana, S. 190-229);
    W. Shakespeare's dramat. Werke, Nach d. Schlegel-Tieck’schen Ueberss. f. d. dt. Bühne bearb., 25 Bde., 1870-78;
    Einf. in Shakespeare's Bühnen-Dramen u. Charakteristik sämmtl. Rollen, 2 Bde., 1885, ²1885, umgearb. ³1895;
    W. Shakespeares dramat. Werke, übers. v. A. W. v. Schlegel und L. Tieck, im Auftrag d. Dt. Shakespeare-Ges. hg. u. mit e. Einl. versehen v. W. O., 1891. – Erinnerungen aus d. J. 1848 bis 1850, 1892 (Auto-biogr.).

  • Literatur

    R. Roesicke, Arbeiterschutz, Eine Antwort auf W. O.s „Die Arbeiterfrage“ u. „Die soz. Aufgaben d. Arbeitgeber“. 1887;
    F. Hitze. Pflichten u. Aufgaben d. Arbeitgeber in d. Arbeiterfrage, Zugleich als Antwort auf d. verwandten Schrr. d. Herren O. u. Roesicke, 1888;
    A. Ludwig, W. O. u. d. Dt. Shakespeare-Ges., Mit Anh.: Ideen z. Gründung e. Dt. Shakespeare-Ges. v. W. O., 1863, in: Jb. d. Dt. Shakespeare-Ges. 58, 1922, S. 6-38;
    W. Mollat, W. O. als Sozialpol., phil. Diss. 1921 (W-Verz.);
    ders., W. O., in: Rhein.-Westfäl. Wirtsch.biogrr., I, 1932, S. 107-22 (P);
    Wilhelm v. O. (S), Leben u. Wirken d. Dr. phil. h. c. u. GKR W. O., 1937 (ungedr. Ms.);
    A. Schulte, Die Anfänge d. dt. Papiermasch.baus, in: Der Papierfabrikant 37, 1937, S. 149-51;
    G. v. Klaas, 100 J. Dt. Continental-Gas-Ges., 1855–1955, 1955, S. 19-47 (P);
    H. Molzberger, W. O., Verz. d. selbständigen Schrr., in: Siegerland 40, 1963, S. 27-30 (W-Verz.);
    W. Thomas, W. O.Begr. d. Dt. Shakespeare-Ges., Vortrag, 1964;
    I. Bauert-Keetman, Dt. Industriepioniere, 1966, S. 65-75;
    W. v. Geldern, W. O. als Unternehmer, Wirtsch.pol. u. Sozialpol., 1971 (W-Verz.);
    W. Salewski, Personalien u. Dok. z. Vorgesch. d. dt. Eisenverbände, 1974, S. 35-40 (P);
    Nassau. Biogr.;
    Demokratische Wege (P)|

  • Quellen

    Qu BA, Außenstelle Frankfurt a. M.; Reichsmin. d. Handels; Bundeszentralkomm., Zentralbüro; Stadtarchiv Dessau; Stadtarchiv Mülheim; Landesarchiv Oranienbaum; Stadtarchiv Siegen; Univ.archiv Erlangen-Nürnberg; Dt. Shakespeare-Ges. (West), Bochum; Goethe-Schiller-Archiv, Weimar.

  • Porträts

    Heliogravure n. e. Ölgem. v. C. Gussow, 1894, in: Beil. z. d. Verhh. d. Dt. Ver. f. Gas- u. Wasserfachmänner, 1902, auch in: Jb. d. dt. Shakespeare-Ges. 39, 1903;
    Ölgem. v. dems., 1894 (München, Dt. Mus.).

  • Autor/in

    Bernd D. Plaum
  • Zitierweise

    Plaum, Bernd D., "Oechelhäuser, Wilhelm" in: Neue Deutsche Biographie 19 (1999), S. 421-423 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118735977.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA