Lebensdaten
1858 – 1938
Geburtsort
Wien
Sterbeort
Wien
Beruf/Funktion
Malerin ; Kulturphilosophin ; Frauenrechtlerin ; Schriftstellerin ; Essayistin ; Librettistin
Konfession
römisch-katholisch
Normdaten
GND: 118732382 | OGND | VIAF: 46793179
Namensvarianten
  • Obermayer, Rosa/geborene
  • Arnold, Franz/Pseudonym
  • Mayreder, Rosa
  • mehr

Objekt/Werk(nachweise)

Orte

Symbole auf der Karte
Marker Geburtsort Geburtsort
Marker Wirkungsort Wirkungsort
Marker Sterbeort Sterbeort
Marker Begräbnisort Begräbnisort

Auf der Karte werden im Anfangszustand bereits alle zu der Person lokalisierten Orte eingetragen und bei Überlagerung je nach Zoomstufe zusammengefaßt. Der Schatten des Symbols ist etwas stärker und es kann durch Klick aufgefaltet werden. Jeder Ort bietet bei Klick oder Mouseover einen Infokasten. Über den Ortsnamen kann eine Suche im Datenbestand ausgelöst werden.

Zitierweise

Mayreder, Rosa, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118732382.html [20.04.2024].

CC0

  • Rosa Mayreder war die bedeutendste Kulturtheoretikerin der österreichischen Frauenbewegung zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Ihr Hauptwerk „Zur Kritik der Weiblichkeit“ (1905) wurde in mehrere Sprachen übersetzt. In der Ersten Republik wandte sie sich ebenso gegen den aufkommenden Faschismus und Nationalsozialismus wie gegen religiös und weltanschaulich fundamentalistische Strömungen.

    Lebensdaten

    Geboren am 30. November 1858 in Wien
    Gestorben am 19. Januar 1938 in Wien
    Grabstätte Zentralfriedhof, Tor 2 in Wien
    Konfession römisch-katholisch
    Rosa Mayreder, Österreichische Nationalbibliothek (InC)
    Rosa Mayreder, Österreichische Nationalbibliothek (InC)
  • Lebenslauf

    30. November 1858 - Wien

    1865 - 1868 - Wien I

    Schulbesuch

    Privatmädcheninstitut der Maria Hanasek

    1868 - 1872 - Wien I

    Schulbesuch

    Institut der Sophie Paulus

    1877 - 1881 - Wien

    seit 1891 - u. a. Wien; Dresden; Berlin; Chicago (Illinois, USA); St. Louis (Missouri, USA)

    Teilnehmerin an Kunstausstellungen mit eigenen Werken

    1893 - Wien

    Mitgründerin und bis 1903 Vizepräsidentin

    Allgemeiner Österreichischer Frauenverein

    1897 - Wien

    Mitgründerin

    Kunstschule für Frauen und Mädchen

    1898 - 1899 - Wien

    freie Publizistin

    Neue Freie Presse

    1899 - 1902 - Wien

    Mitherausgeberin und Autorin

    Dokumente der Frauen (Zeitschrift)

    19. Januar 1938 - Wien
  • Genealogie

    Vater Franz Obermayer Gastwirt, Besitzer des Winterbierhauses in Wien I, Landskrongasse 5
    Mutter Marie Obermayer, geb. Engel
    Geschwister vier Geschwister
    Halbgeschwister acht Halbgeschwister aus der ersten Ehe des Vaters
    Heirat 1881 in Wien
    Ehemann Karl Mayreder 13.6.1856–9.9.1935 Architekt; 1900–1925 ordentlicher Professor für die Baukunst der Antike an der TU Wien (Rektor 1922/23)
    Kinder keine
    Schwager Julius Mayreder 26.6.1860–15.1.1911 Architekt in Wien; seit 1898 Mitglied der Wiener Secession.
    Diese Grafik wurde automatisch erzeugt und bietet nur einen Ausschnitt der Angaben zur Genealogie.

    Mayreder, Rosa (1858 – 1938)

    • Vater

      Franz Obermayer

      Gastwirt, Besitzer des Winterbierhauses in Wien I, Landskrongasse 5

    • Mutter

      Marie Obermayer

    • Heirat

      in

      Wien

      • Ehemann

        Karl Mayreder

        13.6.1856–9.9.1935

        Architekt; 1900–1925 ordentlicher Professor für die Baukunst der Antike an der TU Wien (Rektor 1922/23)

  • Biografie

    Mayreder besuchte von 1865 bis 1868 das Privatmädcheninstitut der Maria Hanasek und anschließend das Institut der Sophie Paulus in Wien. Auf eigenen Wunsch erhielt sie außerdem Privatstunden in Latein und Griechisch, um die gleiche Bildung wie ihre Brüder zu erhalten. Ihre Tagebücher bezeugen die physische Gewalt und Herrschaft ihres Vaters und das harte Los der für ihn arbeitenden Dienstbotinnen. Als Sechzehnjährige beschäftigte sich Mayreder mit den Werken Immanuel Kants (1724–1804), Arthur Schopenhauers (1788–1860) und Friedrich Nietzsches (1844–1900), widersetzte sich zunehmend den bestehenden Geschlechternormen und legte ihr Korsett zugunsten der „Reformkleidung“ ab. Inspiriert durch die Schriften des Sozialphilosophen Josef Popper-Lynkeus (1838–1921), blieben ihr die Beseitigung der Geschlechterdiskriminierung und die sog. Frauenfrage lebenslang zentrale Anliegen. Kultur- und kunstinteressiert, nahm sie zwischen 1877 und 1881 Malunterricht bei Hugo Darnaut (1851–1937) und Tina Blau (1845–1916) und knüpfte in den folgenden Jahren weitere Kontakte u. a. zu Rudolf Steiner (1861–1925), von dem sie sich wegen dessen theosophischen und anthroposophischen Lehren jedoch allmählich abwandte. Von 1912 an pflegte Mayreder ihren schwerkranken Mann bis zu dessen Tod 1935.

    Mayreders beruflicher Einstieg als Malerin war erfolgreich. Ihre erste Ausstellung mit Aquarellen fand 1891 im Wiener Künstlerhaus statt; seit 1888 war Mayreder als erste Frau korrespondierendes Mitglied des Aquarellisten-Clubs in Wien. Galerien in Dresden und Berlin stellten kurz danach Bilder von ihr aus. Auch bei den Weltausstellungen in Chicago (Illinois, USA) 1893 und St. Louis (Missouri, USA) 1904 waren ihre Aquarellbilder zu sehen. 1897 gründete sie mit Olga Prager (1872–1930), Ernestine Federn (1848–1930) und Karl Federn (1868–1943) die Kunstschule für Frauen und Mädchen, um diesen eine kunstgewerbliche berufliche Existenz zu ermöglichen.

    Als Schriftstellerin trat Mayreder 1896 erstmals mit dem Libretto zur Oper „Der Corregidor“ des von ihr geförderten Hugo Wolf (1860–1903) hervor. Im selben Jahr erschien ihr Novellenband „Aus meiner Jugend“, der 1908 nochmals aufgelegt wurde. 1898 und 1899 verfasste Mayreder unter dem Pseudonym Franz Arnold Kunstberichte für die „Neue Freie Presse“ in Wien und publizierte gelegentlich als Literatin in Literaturzeitschriften.

    Bedeutung entfaltete Mayreder v. a. als Frauenrechtlerin. 1893 gehörte sie neben Auguste Fickert (1855–1910) und Marie Lang (1858–1934) zu den Gründerinnen des Allgemeinen Österreichischen Frauenvereins, zu dessen linksliberalem Flügel sie zählte und dem sie bis 1903 als Vizepräsidentin vorstand. Öffentliche Beachtung fand ihre Rede anlässlich einer Frauenversammlung zum Tabuthema „Prostitution“ in Wiener Rathaus 1894, in der sie die Achtung der Menschenwürde rechtloser Frauen anmahnte. Von 1899 bis 1902 war Mayreder Mitherausgeberin und Autorin der Zeitschrift „Dokumente der Frauen“. Neben Frauenwahlrecht, Emanzipation und Selbstbestimmung setzte sich Mayreder seit 1900 im Frauenbildungsverein „Athenäum“ für höhere Bildung ein.

    In ihrem bis in die 1920er Jahre mehrfach neu aufgelegten und wiederholt übersetzten Hauptwerk „Zur Kritik der Weiblichkeit“ (1905) reflektierte Mayreder die Entwicklungen patriarchaler Geschlechterverhältnisse, positionierte sich gegen die Vorstellung geschlechtsabhängiger Charakterunterschiede und postulierte beide Geschlechter als gleichwertig. Dabei skizzierte sie einen Gesellschaftsentwurf, in dem das Individuum keiner sozialen Gruppe mehr untergeordnet wird, sondern sich im Sinne einer sozialethisch höheren gesellschaftlichen Organisation frei entfalten kann. Ihr Band „Geschlecht und Kultur“ (1923) ist eine Kritik von Otto Weiningers (1880–1903) misogyner Schrift „Geschlecht und Charakter“ (1903) und befasst sich speziell mit seinen Kategorien „männlich“ und „weiblich“ als biologistisch und metaphysisch aufgeladenen Zuschreibungen. Nicht zuletzt wegen ihrer Argumentation, dass „Gleichberechtigung durch „Hebung der Sitten“ zivilisatorischen Fortschritt bedeute, wird Mayreder als bedeutendste Kulturtheoretikerin der Frauenbewegung am Anfang des 20. Jahrhunderts gesehen.

    Vor Beginn des Ersten Weltkriegs engagierte sich Mayreder an der Seite von Bertha von Suttner (1843–1914) in der Frauen-Friedensbewegung. 1921 wurde sie Vorsitzende der österreichischen Sektion der Internationalen Frauenliga für Frieden und Freiheit. Mayreders Leben in der Ersten Republik war auch von antisemitischer Diskriminierung geprägt. Die anlässlich ihres 70. Geburtstags vorgesehene Ernennung zur „Ehrenbürgerin der Stadt Wien“ wurde zugunsten einer Ernennung zur „Bürgerin ehrenhalber der Stadt Wien“ aufgegeben, nachdem sich Mayreder in Zeitungsartikeln zu ihrem jüdischen Großvater mütterlicherseits bekannt hatte. Mayreders letzte Lebensjahre waren von der Verfolgung und Vertreibung jüdischer Intellektueller geprägt. Ihre letzten Essaybände „Mensch und Menschlichkeit“ (1928) und „Der letzte Gott“ (1932) zeugen von persönlicher Resignation.

    Mayreders Freundin und Nachlassverwalterin Käthe Braun-Prager (1888–1967) rettete Mayreders Tagebücher und Lebenserinnerungen bei ihrer Emigration nach Großbritannien und gab einen Teil 1948 u. d. T. „Das Haus in der Landskrongasse“ heraus. Seit den 1980er Jahren hat das öffentliche und wissenschaftliche Interesse an Mayreder und ihrer Bedeutung für die österreichische Frauenbewegung deutlich zugenommen, wie die Fülle neu erschienener Forschungen über sie ebenso wie die Edition weiterer autobiografischer Schriften belegen.

  • Auszeichnungen

    1893–1903 Mitgründerin und Vizepräsidentin des Allgemeinen Österreichischen Frauenvereins
    1897 Mitglied von Athenäum. Verein für die Abhaltung von wissenschaftlichen Lehrkursen für Frauen und Mädchen, Wien
    1899–1902 Mitherausgeberin der Zeitschrift „Dokumente der Frauen“
    1907–1934 Gründungsmitglied der Wiener Soziologischen Gesellschaft
    1921 Gründungsmitglied der österreichischen Sektion der Internationalen Frauen- und Friedensbewegung
    1928 Bürgerin ehrenhalber der Stadt Wien
    1965 Mayredergasse, Wien-Donaustadt
    1999–2012 Rosa Mayreder College in Wien (Einrichtung für „Lehrgänge universitären Charakters“ im Rahmen der österreichischen Erwachsenenbildung)
    2005 Rosa-Mayreder-Park, Wien
  • Quellen

    Nachlass:

    Wienbibliothek im Rathaus, Wien. (handschriftliche Briefe; Korrespondenzkarten) (weiterführende Informationen)

  • Werke

    Publizistik:

    Die Frau und der Internationalismus, o. J.

    Dokumente der Frauen, 1899–1902. (Mithg.)

    Zur Kritik der Weiblichkeit. Essays, 1905, 31922, erw. Neuausg. hg. u. eingel. v. Hanna Schnedl, 1982, erw. Neuausg. hg. v. Eva Geber, 1998, Neuaufl. 2018, tschech. 1911, engl. 1994.

    Das Problem der Väterlichkeit, in: Festschrift für Wilhelm Jerusalem zu seinem 60. Geburtstag. Von Freunden, Verehrern und Schülern, 1915, S. 174–190. (Onlineressource)

    Der typische Verlauf sozialer Bewegungen, 1917, 21926.

    Geschlecht und Kultur. Essays, 1923, Neuausg.1998.

    Zivilisation und Geschlecht. Ein Lesebuch, hg. u. mit einem Nachw. vers. v. Eva Geber, 2010. (P)

    Belletristik:

    Sein Ideal, in: Neue Revue. Wiener Literatur-Zeitung (1894), S. 243–248 u. (1896), S. 273–277. (Essay).

    Die Amsel, in: Neue Revue. Wiener Literatur-Zeitung (1896), S. 654–660. (Erzählung)

    Ein Märtyrer, in: Neue Revue. Wiener Literatur-Zeitung 6 (1895), S. 370–376 u. S. 406–410.

    Aus meiner Jugend. 3 Novellen, 1896, Neuausg. 1908.

    Der Corregidor. Oper in 3 Akten von Hugo Wolf, 1896. (Libretto nach einer Novelle des Alarcon v. Rosa Mayreder)

    Übergänge. Novellen, 1897, 21908.

    Idola. Geschichte einer Liebe, 1899. (Erzählung)

    Pipin. Ein Sommererlebnis, 1903, 21908. (Erzählung)

    Zwischen Himmel und Erde. Sonette, 1908. (Lyrik)

    Fabeleien über göttliche und menschliche Dinge, 1921, Neuausg. 2013. (Aphorismen)

    Askese und Erotik, 1926. (kulturphilosophische Essays)

    Ideen der Liebe, 1927. (kulturphilosophische Essays)

    Mensch und Menschlichkeit, 1928. (kulturphilosophische Essays)

    Die Krise der Ehe, 1929. (sozialethische Essays)

    Der letzte Gott, 1933. (sozialethische Essays)

    Anda Renata. Ein Mysterium in 2 Teilen u. 12 Bildern, 1934. (Drama)

    Gaben des Erlebens. Sprüche und Betrachtungen, 1935.

    Aschmedai‘s Sonette an den Menschen, 1937. (Lyrik)

    Briefe und Autobiografisches:

    Briefe an Hugo Wolf. Mit einem Nachw. der Dichterin des „Corregidor“, hg. v. Heinrich Werner, 1921.

    Briefe an Rosa Mayreder von Hugo Wolf. Nachw. v. Rosa Mayreder, 1921.

    Das Haus in der Landskrongasse. Jugenderinnerungen, hg. v. Käthe Braun-Prager, 1948, hg. v. Eva Geber, 1998.

    Tagebücher 1873–1937, hg. v. Harriet Anderson, 1988.

    Mein Pantheon. Lebenserinnerungen, hg. v. Susanne Kerkovius, 1988.

    „Meine theuren, fernen Freundinnen“. Briefe an Ellen Kleman und Klara Johanson, hg. v. Karin Bang, 2004.

    Bibliografie:

    Quellen und Sekundärliteratur, in: Frauen in Bewegung. (Onlineressource)

  • Literatur

    Käthe Braun-Prager (Hg.), Der Aufstieg der Frau. Zu Rosa Mayreders 70. Geburtstag, 1928.

    Hanna Bubeniček (Hg.), Rosa Mayreder oder Wider die Tyrannei der Norm, 1986. (P)

    Aufbruch in das Jahrhundert der Frau. Rosa Mayreder und der Feminismus in Wien um 1900. Katalog zur Sonderausstellung im Historischen Museum, Wien 1989/90.

    Ursula Kubes-Hofmann, Berichte über zwei „Entartete“. Rosa Mayreder und Helene von Druskowitz, in: Die Frauen Wiens. Ein Stadtbuch für Fanny, Frances und Francesca, 1992, S. 126–140.

    Ursula Kubes-Hofmann, Etwas an der Männlichkeit ist nicht Ordnung. Intellektuelle Frauen am Beispiel Rosa Mayreder und Helene von Druskowitz, in: Lisa Fischer/Emil Brix (Hg.), Die Frauen der Wiener Moderne, 1997, S. 124–136 .

    Leopold Spitzer, Hugo Wolfs „Der Corregidor“, 2000.

    Hilde Schmölzer, Rosa Mayreder. Ein Leben zwischen Utopie und Wirklichkeit. Biographie, 2002.

    Kordula Knaus, Feministin auf librettistischen (Ab-)wegen. Rosa Mayreders Libretto für Hugo Wolfs Corregidor, in: Musikologica Austriaca 26 (2007), S. 219–230.

    Edith Leisch-Prost, Art. „Mayreder, Rosa“, in: Brigitta Keintzel/Ilse Korotin (Hg.), Wissenschafterinnen in und aus Österreich. Leben – Werk – Wirken, 2002, S. 495–499.

  • Onlineressourcen

  • Porträts

    Zeichnung v. Ella Iranyi (1888–1942), 1928, Wienbibliothek im Rathaus, Wien.

    500-Schilling-Banknote, Entwurf v. Robert Kalina (geb. 1955), Ausgabe: 20.10.1997, Vorderseite. Fotografien im Nachlass Käthe Braun-Prager, Berlin.

  • Autor/in

    Ursula Kubes-Hofmann (Wien)

  • Zitierweise

    Kubes-Hofmann, Ursula, „Mayreder, Rosa“ in: NDB-online, veröffentlicht am 01.03.2024, URL: https://www.deutsche-biographie.de/118732382.html#dbocontent

    CC-BY-NC-SA