Lebensdaten
1761 – 1831
Geburtsort
Hohendodeleben bei Magdeburg
Sterbeort
Wörlitz (Anhalt)
Beruf/Funktion
Dichter
Konfession
evangelisch
Normdaten
GND: 118731890 | OGND | VIAF: 7618991
Namensvarianten
  • Matthisson, Friedrich (bis 1809)
  • Matthisson, Friedrich von
  • Matthisson, Friedrich (bis 1809)
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Zitierweise

Matthisson, Friedrich von, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118731890.html [28.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Joh. Friedrich M. ( 1760), preuß. Feldprediger, dann Pfarrer in H., S d. Pfarrers Matthias in Krakau b. Magdeburg;
    M N. N. Caletzki aus Zerbst;
    Ur-Gvv Kaufm. in Elbing, aus Schweden eingewandert;
    1) Zürich 1793 ( 1797) Luise, anhalt. Hoffrl., T d. Eucharius Carl Friedrich v. Glafey (1738–1822), anhält. Hofmarschall in Dessau, u. d. Marie v. Wuthenau, 2) Wörlitz 1810 Luise (1790–1824). T d. Hofgärtners Joh. Georg Schoch (1753–1826) in Wörlitz (s. ThB);
    1 S aus 1) (früh †).

  • Biographie

    M. wurde 1773 in das Pädagogium Klosterbergen b. Magdeburg aufgenommen. 1778-80 studierte er in Halle Theologie. Seit 1781 wirkte er als Lehrer an Basedows Dessauer Philanthropin. 1784 wählte die livländ. Gfn. Juliana v. Sievers, Mutter zweier seiner Schüler, den inzwischen vom Philanthropin Enttäuschten zu deren Privaterzieher. Mit ihnen ging er nach Altona, wo er Klopstock begegnete. Als die Gräfin 1785 starb, blieb M. im Dienst ihres Bruders Gotthard Gf. v. Manteuffel, der mit ihm und den beiden jungen Grafen zuerst Schleswig und Holstein durchwanderte, dann nach Heidelberg und Mannheim übersiedelte. In Heidelberg schloß er Freundschaft mit dem Schweizer Karl Viktor v. Bonstetten, der, beeindruckt von der durch den Anblick des Heidelberger Schlosses angeregten „Elegie, In den Ruinen eines alten Bergschlosses geschrieben“, an M. herangetreten war.

    Eine Rheinreise im Herbst 1786 führte M. mit Johannes v. Müller, Heinse und F. H. Jacobi zusammen, danach löste er sein Verhältnis zu Gf. Manteuffel und folgte einer Einladung Bonstettens zu dessen Landhaus bei Bern und nach Nyon am Genfer See. Die Schweiz war fortan für ihn der Inbegriff landschaftlicher Schönheit und paradiesischen Lebens.

    Erst 1789 übernahm M. durch Bonstettens Vermittlung eine erzieherische Aufgabe im Hause des Lyoner Bankiers Scherer, die ihm weiterhin reiche Muße ließ und ihn bald an den Genfer See zurückführte. Enge Freundschaft verband M. mit Joh. Gaudenz v. Salis-Seewis und Friederike Brun; Verehrung empfand er für den Verfasser der „Philosophischen Palingenesie“ Charles Bonnet im nahen Genthod; Haller, Linné und Rousseau blieben seine großen Leitbilder in der sammelnden und systematisierenden Naturerforschung sowie in der schwärmerischen Naturliebe.

    In diesen Jahren entstanden die meisten derjenigen Gedichte, durch die M. Berühmtheit erlangte, die Wielands hohes Lob im „Teutschen Merkur“ hervorriefen und Schillers Anerkennung der Landschaftsdichtung als einer eigenen dichterischen Gattung veranlaßten: u. a. „Der Genfersee“, mehrfach umgearbeitet und zu einem Preislied des Einklangs von Natur und Kultur ausgestaltet; „Elysium“, worin Wieland „die wahre poetische Musik“ des „reinen Zusammenhangs der Bilder, der Sprache, des Rhythmus und des Reims“ fand, eine „magische Vision“, von der Schillers Rezension sagt, „wer eine Phantasie wie sein, Elysium' komponieren kann, der ist als ein Eingeweihter in den innersten Geheimnissen der poetischen Kunst und als ein Jünger der wahren Schönheit gerechtfertigt“; „Adelaide“ wurde vertont von Reichardt, Zelter, Zumsteeg, Schubert und vor allem von Beethoven, der M. hochschätzte und auch andere Gedichte von ihm vertonte („Lied aus der Ferne“, „Opferlied“).

    Nach seiner Verheiratung mit einer Hofdame der Fürstin Luise von Anhalt-Dessau unternahm M. 1794 eine Reise durch Deutschland bis Kopenhagen, vermutlich um nach einer festeren Anstellung Ausschau zu halten. Dabei erneuerte er alte Freundschaften und schloß zahlreiche neue. Auf der Rückreise weilte er auch in Wörlitz, wo wahrscheinlich die Vereinbarung geschlossen wurde, die M. zum Vorleser und Reisebegleiter der Fürstin Luise machte. Vor der Rückkehr in die Schweiz hielt sich M. noch kurze Zeit in Weimar und Jena auf, wo er Schiller gerade bei der Niederschrift seiner Rezension „Über Matthissons Gedichte“ antraf, die, obgleich sie für diesen selbst an erster Stelle der Klärung grundsätzlicher dichtungstheoretischer Fragen galt, doch um der Beispiele aus M.s Lyrik willen dessen Ruhm in der literarischen Welt auf den Höhepunkt führte. M. fand auch Eingang in den Tiefurter Kreis der Hzgn. Anna Amalia; die 2. Strophe seiner sapphischen Ode „Vaucluse“ („Hier wohnt Stille des Herzens“) wurde als Inschrift am Eingang zum Tiefurter Park angebracht.

    1795 trat M. seine Stellung bei der Fürstin Luise an und konnte sich schon zu Beginn des Herbstes mit ihr auf eine ganzjährige Reise nach Italien begeben. In den folgenden Jahren spielte sich sein Leben abwechselnd in Wörlitz und am Genfer See sowie auf den zahlreichen Reisen der Fürstin ab. Da diese jeden Herbst in Stuttgart weilte, ergaben sich zwangsläufig auch nähere Beziehungen zum württembergischen Hof. Dem dort herrschenden klassizistischen Geschmack entsprachen die formale Eleganz und die geläufig gewordenen Empfindsamkeitsgehalte der M.schen Poesien mitsamt seinen gesellschaftlichen Talenten in so ausgezeichneter Weise, daß er zu einer Art Hofdichter avancierte und, als er sich 1812 nach dem Tode der Hzgn. Luise zur Übersiedlung nach Stuttgart entschloß, zum Mitglied der Oberintendanz des Hoftheaters und zum Oberbibliothekar der königl. Bibliothek ernannt wurde. Sechzehn Jahre blieb M. in Stuttgart, dann kehrte er nach Wörlitz zurück und verbrachte seine letzte Lebenszeit, mit botanischen, archäologischen sowie Brief- und Autographensammlungen beschäftigt, im Schochschen Hause.

    Daß der Gegensatz zwischen schwäb. Klassizismus (Weißer, Haug) und schwäb. Romantik (Uhland, Kerner) nicht mit der gleichen Schärfe aufgebrochen ist wie der zwischen Weimarer Klassik und Jenaer Romantik, ist sicher nicht zum geringsten Teil M.s vermittelnder Wesens- und Geistesart zuzuschreiben. Außerhalb seiner persönlichen Lebensbereiche war M. freilich längst zum literarischen Gespött geworden, das August Wilhelm Schlegel mit seiner Parodie „Wettgesang dreier Poeten“ (Voß, Matthisson, Schmidt von Werneuchen) 1800 im 3. Band des „Athenäums“ ausgelöst hatte. Auch Schiller dachte später geringschätziger von M. Sein Wunsch, M. möchte, nachdem er sich als Landschaftsdichter ausgezeichnet, künftig zur Ideendichtung und zur Gestaltung menschlicher Schicksale fortschreiten, erfüllte sich nicht. M.s Vervollkommnungsbemühen richtete sich ausschließlich auf formale, oft nur vermeintliche Mängel. Seine zwanzigbändige „Lyrische Anthologie“, deren Verdienst in der Rettung des Andenkens vieler anders gänzlich verschollener Dichter besteht, liefert dafür manche Beispiele, wie man sie sonst eher bei Ramler oder Voß erwartet.

  • Werke

    Gedichte, 1787, ³1794 u. ö.;
    Gedichte, 2 Bde., krit. hrsg. v. G. Bölsing, 1912 f. – Auswahl: Lyriker u. Epiker d. klass. Periode, 2. T., hrsg. v. M. Mendheim, o. J.;
    Briefe, 2 T., 1795–96. ²1802;
    Erinnerungen, 5 Bde., 1810-16;
    Schriften Ausg. letzter Hand, 8 Bde., 1825-29;
    Literar. Nachlaß nebst e. Ausw. v. Briefen s. Freunde, 4 Bde., hrsg. v. F. R. Schoch, 1832. – Hrsg.: Lyr. Anthol., 20 Bde., 1803-07;
    Schriften v. K. V. v. Bonstetten, 1793;
    Gedichte v. J. G. v. Salis-Seewis, 1793;
    Gedichte v. Friederike Brun, 1795;
    Briefe v. Bonstetten an Friederike Brun, 2 T., 1829.

  • Literatur

    ADB 20;
    H. Döring. F. v. M.s Leben. Nach d. zuverlässigsten Qu. bearb., 1833 (W);
    W. Krebs, F. v. M., e. Btr. z. Geistes- u. Lit.gesch. d. ausgehenden 18. u. beginnenden 19. Jh., 1912;
    A. Heers, Das Leben F. v. M.s, 1913;
    D. Jacoby, Goethes u. Schillers Verhältnis zu M., in: Goethe-Jb. 28, 1907, S. 173-91;
    G. Bölsing, M.s Lyrik. Diss. Berlin 1911;
    J. Wehner, Lenaus literar. Verhältnis zu M., Diss. Münster 1914;
    A. Leitzmann, Matthissoniana. in: Zs. f. dt. Philol. 50, 1926, S. 431-43;
    O. Hachtmann, in: Mitteldt. Lb. III, 1928, S. 228-41 (L, P);
    Günther Schmid, M. u. Linné, 1935;
    Herbert Meyer, in: Lb. Schwaben III, 1942, S. 394-405 (W, L, P);
    Andreas Müller, Landschaftserlebnis u. Landschaftsbild, 1955, S. 126-34;
    V. M. Villa, Sull' antologia del M., in: Studi di letteratura, storia et filosofia, In onore di B. Revel, 1965, S. 591-96;
    A. Wirth, Das schwierige Schöne, Zu Schillers Ästhetik, Auch e. Interpretation der Abh. „Über Matthissons Gedichte“ (1794), 1975;
    Goedeke V;
    Kosch, Lit.-Lex.³.

  • Porträts

    Ölgem. v. Ch. F. Hartmann, 1794 (Halberstadt, Gleim-Haus), Abb. b. Meyer, s. L;
    Stich v. W. Arndt, n. Gem. v. J. F. A. Tischbein, Abb. b. Rave u. in: Dt. Schriftsteller im Porträt III, hrsg. v. J. Göres, 1980, S. 153. – Scherenschnitt v. L. Duttenhofer (Marbach, Schiller-Nat.mus. u. Dt. Lit.archiv), Abb. in: Marbacher Mgz., Sonderh. 13, 1979, S. 26.

  • Autor/in

    Adalbert Elschenbroich
  • Zitierweise

    Elschenbroich, Adalbert, "Matthisson, Friedrich von" in: Neue Deutsche Biographie 16 (1990), S. 414-416 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118731890.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA

  • Biographie

    Matthisson: Friedrich v. M., Dichter und Litterator, geb. am 23. Jan. 1761 im magdeburgischen Dorfe Hohendodeleben, einige Wochen nach dem Tode seines Vaters, Joh. Friedr. M., der dort seit 1758 Pfarrer gewesen war. Den ersten Unterricht empfing er mit der übrigen Dorfjugend beim Cantor seines Geburtsortes, bis er im J. 1770 im Hause eines Oheims väterlicherseits, der in Groß-Salze Diaconus war, Aufnahme fand. Der Oheim hatte poetische Neigungen und besuchte gern die Mittwochsgesellschaft, einen litterarischen Verein in Magdeburg, wohin er auch bisweilen den Knaben mit sich nahm, der dann mit kindlicher Lust jedem Worte lauschte und dem sich der Vortrag einzelner Ramlerscher Oden von Pazke (J. S., 1727—1787), der in dem Kreise als bedeutender Declamator galt, unauslöschlich einprägte. Zugleich wurde M. damals schon mit den Werken Klopstock's, Wieland's, Lessing's, Gellert's, Rabener's, Zachariä's und Geßner's bekannt und lernte auch die Bremischen Beiträge, wie die von Nicolai, Mendelssohn, Lessing u. A. herausgegebenen Litteraturbriefe kennen. Zur religiösen Erbauung wurden ihm Spalding, Tiede und Sturm geboten. Im J. 1771 starb der Oheim und der Knabe zog nun, von einer Tante begleitet, nach Krakau bei Magdeburg, wo sein Großvater, Mathias M., Pfarrer war. Der Unterricht, besonders in den alten Sprachen, wurde hier strenger genommen und Friedrich machte bald im Lateinischen und Griechischen überraschende Fortschritte. Bald starb die Tante, die M. Hieher begleitet, und kurze Zeit darauf auch der Großvater, und der Knabe, zum dritten Male verwaist, kam nun als Freischüler in das Pädagogium zu Klosterbergen (1773). Das neue Leben unter Lehrern und Schülern, der Blick auf die Festungswerke Magdeburgs, die hohen, alten Rüstern des „Poetenganges" und vieles Andere machte hier einen lebhaften Eindruck auf seine bewegliche Phantasie und rief seine ersten eigenen poetischen Versuche hervor, von denen sich „Jünglingswonne“ und „Die Betende“ noch in der Ausgabe seiner Werke letzter Hand (Zürich 1825—1829) wieder finden. Unter den Lehrern trat er besonders dem durch seine im Göttinger Musenalmanach abgedruckten „Lieder an Stella“ bekannten F. Schmidt und dem Lehrer des Griechischen, Borheck (s. Bd. III, 159), nahe, welcher letzterer in den „Klosterbergischen Vorlesungen über Anakreon's Lieder“ auch einige Uebersetzungsversuche Matthisson's veröffentlichte. Hölty's Gedichte, Gotter's Uebersetzung von Gray's Elegie auf einem Dorfkirchhof und Heinse's Tasso-Biographie fesselten jetzt M. besonders, und als er darauf auch noch auf Ossian und Shakespeare aufmerksam gemacht wurde und daneben Goethe's Werther und Miller's Siegwart, wie Hermes' Sophien's Reise von Memel nach Sachsen kennen lernte, hätte freilich auch eine bedeutendere Kraft als M. zu thun gehabt, die innere eigene Natur zu retten und unbeschädigt als gesunde, starke Dichterpersönlichkeit aus der Berührung so widerstreitender Elemente hervorzugehen. Ein inniges Freundschaftsverhältniß verband M. seit längerer Zeit mit Rosenfeld, welcher sich im Kloster U. L. F. zu Magdeburg auf die Universität vorbereitete und daneben mit großem Eifer Poesie und Musik pflegte. Trotz maurerischer Minderjährigkeit wurde er mit demselben (durch seinen Lehrer Perschke empfohlen) im J. 1778 in den Freimaurerbund aufgenommen, in dem er es übrigens nie zu höhern Graden gebracht hat. In demselben Jahre unternahm Perschke mit M. und Rosenfeld und einem ihm speciell anvertrauten Zögling der Anstalt, v. Hedemann, eine Reise nach Dessau, das dort von Basedow im J. 1774 errichtete Philanthropin kennen zu lernen. Basedow stellte ihm bei dieser Gelegenheit einen Knaben mit den Worten vor: „Das ist unser Erbprinz: er lernt jetzt gehorchen, um einst befehlen zu können.“ Die kleine Reisegesellschaft war vom Philanthropin ganz entzückt: M. hatte keinen größern Wunsch, als hier einmal zu lehren, und Hedemann ließ sich mit Perschke's Erlaubniß sofort in der Weise der Philanthropisten das Haar stutzen. Man besuchte dann noch Wörlitz und ging darauf nach Klosterbergen zurück, wo der Verdruß nicht warten ließ. Hedemann's gestutztes Haar galt als Beweis tadelnswerther Anhänglichkeit an den „philanthropistischen Schwindel“ und Perschke zog sich bald von der Anstalt zurück. Noch im J. 1778|bezog M. die Universität Halle, wo er die theologischen und philosophischen Vorlesungen von Semler, Nösselt, Knapp, Eberhard und Niemeyer besuchte. Letzterer fesselte ihn besonders durch seine „fast an Vergötterung grenzende“ Begeisterung für Klopstock. Als weiteres Bildungselement traten Winckelmann's Werke, die Uebersetzungen der Ilias (von Bürger und Stolberg), wie Lavater's und J. J. Rousseau's Schriften in Matthisson's Leben ein. Auch den berüchtigten Dr. Bahrdt hörte er und fühlte sich durch dessen lebendigen Vortrag angezogen. Nach vollendeter Studienzeit beförderte er verschiedene theologische und philosophische Aufsätze zum Druck ("Reliquien eines Freidenkers“, 1781) und veröffentlichte zugleich eine kleine Sammlung von Gedichten ("Lieder von Fr. Matthisson“, 1781). Den gewünschten Ruf an das Philanthropin erhielt er leicht und schon im Frühjahr 1781 siedelte er mit einem Studienfreunde, Spazier, nach Dessau über. In nähere Verbindung trat M. hier mit Olivier, K. W. Kolbe (s. Bd. XVI S. 463), Sanders und A. Rode, welchem letztern er einen anregenden Einfluß auf sein Verständniß der römischen Litteratur noch in späten Jahren nachrühmte. Beziehungen zur Gräfin Juliane von Sievers aus Lievland, deren beide Söhne ihm im Philanthropin besonders anvertraut worden waren, veranlaßten ihn bald zu einer Reise nach Altona, wo sich jene Dame von dem damals berühmten Dr. Hensler (s. Bd. XII S. 8) ärztlich behandeln ließ, doch scheint ihm die Bekanntschaft Klopstock's bei jener Gelegenheit noch nicht beschieden gewesen zu sein. Nach der Rückkehr schrieb er für die Zöglinge des Philanthropins „Die glückliche Familie“ (1788), der erste und zugleich letzte dramatische Versuch des Dichters. Um sich von dem Schmerze über den plötzlichen Tod seines innigsten Freundes Rosenfeld (derselbe war in Folge eines Sturzes beim Schlittschuhlaufen im December 1782 zu Dessau gestorben) auszurichten, folgte er dem ihm tief innewohnenden Triebe nach Bekanntschaft mit bedeutenden Persönlichkeiten und unternahm im April 1783 eine Reise nach Erfurt, Weimar und Gotha, die ihn mit Goethe, Dalberg, Musäus, Bode und Reichardt zusammenführte. Das Philanthropin war inzwischen unaufhaltsam seiner Auslösung entgegengegangen. Verschiedene Lehrer verließen es, auch Sanders' Abgang stand bevor. M. begleitete den Freund bis Halberstadt und verweilte dann noch einige Tage daselbst in Gleim's Hause. Er lernte während dieser Zeit Göckingk, Klamer Schmidt u. A. kennen und durfte den handschriftlichen Briefwechsel Gleim's mit Bodmer, Sulzer, Kleist, Ramler und Heinse einsehen. Im J. 1784 verließ auch er das Philanthropin und ging mit den Söhnen der Gräfin Sievers nach Altona. In Magdeburg ließ er sich eine poetische Epistel von Köpken (s. Bd. XVI S. 675) an Klopstock mitgeben, mit der er sich nun beim Dichter, nach dessen Bekanntschaft er von je großes Verlangen getragen, einführte. Außerdem lernte er während seines Aufenthalts in Altona noch Claudius, Hensler und die beiden Schauspieler Schröder und Brockmann kennen. Als im J. 1785 die Gräfin starb (sie wurde zu Ottensen neben Klopstock's erster Gattin Margaretha — Meta — begraben), nahm sich der Bruder derselben, Graf Manteuffel, der Kinder und ihres Führers an. Eine Fußreise durch Schleswig und Holstein sollte ihnen die Trauer mildern und wieder wurde es M. zu Theil, bedeutende Männer (Gerstenberg und Voß in Eutin, K. Fr. Cramer u. A. in Kiel, Overbeck in Lübeck) zu sehen. Im Sommer 1785 nahm Graf Manteuffel M. und die Knaben mit sich nach Heidelberg, im J. 1786 ging er mit denselben nach Mannheim. In Heidelberg machte der Dichter die Bekanntschaft von Sophie de la Roche, J. H. Jung, Pfeffel und dem vorübergehend dort weilenden C. Victor v. Bonstetten; in Mannheim lernte er die namhaftesten Mitglieder der dortigen Bühne, Iffland, Beil, Beck und Böck kennen. Sein poetischer Vorrath wuchs in Heidelberg u. a. durch die „Elegie, in den Ruinen eines alten Bergschlosses geschrieben“ und in Mannheim veranstaltete er (1787)|eine neue Sammlung von Gedichten. Eine Herbstreise (1786) nach Mainz, Köln und Düsseldorf führte ihn dann noch mit Johannes v. Müller, W. Heinse und Fr. H. Jacobi zusammen und 1787 machte er sich, das Verhältniß zu den jungen Grafen lösend und einer Einladung Bonstettens folgend, nach der Schweiz auf. In Stuttgart besuchte er Haug, Huber, Schubart, Conz, Stäudlin und Zumsteeg, in Ulm J. M. Miller, in Zürich Füßli, Sal. Geßner und Lavater. Bonstetten war damals gerade im Begriff, als Landvogt nach Nyon zu gehen: das Wiedersehen der beiden Freunde war das herzlichste. M. begleitete Bonstetten nach Nyon und blieb zwei Jahre als Gast bei ihm. In einem einsamen Wäldchen an der Aare bei Bern entstand „Elysium" und wenige Wochen nachher in Nyon „Der Genfersee“, zwei Gedichte, welche (zuerst im Vossischen Musenalmanach auf das J. 1789 abgedruckt) von Wieland sehr ausgezeichnet wurden. Der nächste Jahrgang des Almanachs brachte das Gedicht „Adelaide“, über das sich Wieland (Merkur 1790) ebenso warm und anerkennend aussprach. Unter Matthisson's sonstigen schweizerischen Bekanntschaften sind neben Bonnet, der ihn besonders zum Studium der Naturwissenschaften anregte, Saussüre, Chandler, Gorani und Gibbon zu erwähnen. Die unter Bonnet begonnenen botanischen Studien brachten M. später eine besondere Auszeichnung ein, sofern ein Italiener, Guiseppe Raddi, in seinen „Quaranta piante nuove del Brasile“ eine besondere Gattung nach ihm benannte. Der italienische Autor schreibt: „Mathissonia, eine Pflanze, welche ein neues Genus in der Tetrandria monogynia bildet, ist von mir dem besonderen Verdienste des Illustr. Sign. Cav. de Matthisson aus Magdeburg, eines sehr eifrigen, und zugleich sehr erfahrenen Freundes der Naturwissenschaften, besonders der Botanik als Zeichen meiner höchsten Achtung und Verehrung gewidmet worden.“ Im Herbst 1789 endete endlich diese Muße und M. übernahm im Hause des Banquiers Scherer in Lyon die Erziehung eines siebenjährigen Knaben. Hier entstanden „Die Kinderjahre“ u. A., während ihm zugleich der Verkehr mit Friederike Brun (s. Bd. III S. 488) neue dichterische Anregung bot (1791). Bald trieb aber die französische Staatsumwälzung die Familie Scherer wieder auf ihren Familiensitz Grandclos in die Schweiz zurück und M. durfte wieder mit seinen schweizerischen Freunden verkehren. Im J. 1792 wurde er der Fürstin Luise von Anhalt-Dessau, welche damals am Genfer See weilte, vorgestellt. Kurze Zeit darauf verlobte er sich mit deren Hoffräulein Louise von Glafey, mit der er im folgenden Jahre (während eines neuen Aufenthaltes der Fürstin in der Schweiz) von Tobler in Zürich getraut wurde. Im J. 1793 begegnete er auch seinem sympathischen, ihm freilich an Frische und Ursprünglichkeit überlegenen Freunde Salis wieder, den er früher als Hauptmann der Schweizergarde in Versailles kennen gelernt hatte. Nach seiner Verheirathung mußte er natürlich das Verhältniß zum Scherer’schen Hause lösen und auf Erlangung einer unabhängigeren Stellung bedacht sein. Die Reise, welche er 1794 nach Deutschland unternahm, galt, wenn wir nicht irren, diesem Zwecke. Während seine Gattin bei den Freunden in Zürich zurückbleibt, geht er über Ulm, wo er bei Miller logirt, nach Marburg, lernt dort Wildungen und Justi kennen, sucht in Göttingen Kästner, Meiners, Lichtenberg und Bürger auf (Letzteren findet er auf dem Sterbebett), spricht dann bei Klopstock und Elisa v. d. Recke vor und gelangt endlich zu seinen Freunden Sanders und Friederike Brun nach Kopenhagen. Darauf folgt er einer Einladung der Gräfin Luise Stolberg nach Tremsbüttel, wo er auch deren Gatten, den Grafen Christian Stolberg, kennen lernt und wendet sich darauf über Braunschweig, wo er Leisewitz aufsucht, zu seiner alten Heimath. Von Magdeburg aus macht er einen Abstecher nach Wörlitz, wo dann mit der Fürstin das Nöthige wegen einer Anstellung als Vorleser und Reisegeschäftsführer derselben mag abgemacht worden sein. Später finden wir ihn in Weimar|und Jena, (er traf hier Schiller eben mit der bekannten Recension über Matthisson's Gedichte beschäftigt), dann zeigt er sich in Nürnberg und endlich langt er an einem schönen Sommerabend wieder bei Bonstetten unweit Bern an. Diese bunte Reise trug besonders Salis viele Grüße ein. „Klopstock,“ schreibt M. dem Freunde, „grüßt Dich mit Wärme. Wie nach einem in der Fremde lebenden Sohne erkundigte sich Wieland nach Dir. Das Angesicht des trefflichen alten Ebert glänzte vor Freude, als er durch mich die Erfüllung Deines „letzten Wunsches“ erfuhr. Des sterbenden Bürgers trübes Auge erheiterte sich, vielleicht zum letzten Male, bei Erblickung Deines Bildes. Voß trug mir die Bitte an Dich auf, dem Genius, der Dir an der Seine und sogar in Flandern hold war, auch in Rhätien zu opfern.“ Anfangs 1795 trat nun M. seine Stellung bei der Fürstin Luise von Anhalt-Dessau an und verblieb in derselben bis zum Tode der Fürstin (1811). Die Fürstin, welche durch ihre Gesundheitsverhältnisse schon seit Jahren genöthigt war, milde Winteraufenthalte zu suchen, wählte für den Winter 1795—1796 Italien, und M. sah nun die Erfüllung seines höchsten Wunsches, Italien kennen zu lernen, vor sich. „Glück über Glück“, schrieb er an Bonstetten mit Beziehung auf die Pläne der Fürstin. Es wurde ihm erlaubt, vorauszureisen und Salis zu besuchen; in Richterswyl trafen die Reisenden zusammen und begaben sich nun zunächst nach Lugano, wo sich auch Friederike Brun zu ihnen gesellte. Auch Bonstetten kam und so verbrachte man in Mendrisio einige fröhliche Herbstwochen, bis sich die Gesellschaft wieder trennte und die Fürstin mit M. über Genua, Bologna, Florenz und Siena nach Rom ging. Das Verlangen der Fürstin, Angelica Kaufmann, welche sie früher in London kennen gelernt hatte, wiederzusehen, führte auch M. mit dieser Künstlerin zusammen. Zum Führer durch die Kunstsammlungen etc. der ewigen Stadt wurde der bekannte Alterthumsforscher Hirt (s. Bd. XII S. 477) ersehen. Mitte Februar 1796 reiste die Fürstin nach Neapel, wo sie das Atelier Phil. Hackert's besuchte, jedoch zu Matthisson's Mißbehagen unter allerlei Vorwänden die Bekanntschaft der bekannten Lady Hamilton zurückwies. Mit Sir W. Hamilton wurde jedoch M. bekannt und hatte Gelegenheit, dessen berühmte Vasensammlung zu bewundern. Nach dem Vesuv, nach Salerno und Pästum reiste M. allein. Die kleinen poetischen Reisebilder in Distichen, welche er damals schrieb, enthalten viel Ansprechendes: das reiche Leben Italiens bewährte sich auch an ihm und verlieh ihm, was ihm sonst in seinen Versen nicht immer zu Gebote steht, individuelle Gestalt und wahre Natürlichkeit. Die Rückreise der Fürstin erfolgte über Loretto, Ancona, Ravenna, Ferrara, Venedig, Triest und Wien. Am Jahrestage ihrer Abreise trafen die Reisenden wieder in Dessau ein. Matthisson's harrte eine Zeit großer Aufregung, die mit einer gerichtlichen Scheidung seiner Ehe (1797) endete. Bald darauf starb auch der ihm im J. 1795 geborene Sohn. Endlich kann er wieder (1798) an Knebel schreiben: „Seit einem Jahre lebe ich ruhig und heiter im Dienste der Wissenschaften.“ Erst das Jahr 1799 bereitete ihm einen neuen größeren Ausflug über Wildbad nach Zürich, wo er Füßli und den „sehr gealterten“ Lavater sah, und etwas später (mit der Fürstin) über Innsbruck, wo er Hormayr kennen lernte, nach Botzen. Der weitere Plan, den Winter in Florenz zuzubringen, wurde wegen der kriegerischen Ereignisse aufgegeben. In jene Tage fiel auch Matthisson's Bekanntschaft mit dem Grafen Wenceslaus von Wolkenstein, einem Manne, der gleich Kleist und Salis Schwert und Lyra zu handhaben verstand. Mitte December 1799 traf die Fürstin wieder in Wörlitz ein. Die Jahre 1800—1802 brachten M. zur Sommerzeit wieder Reisen nach der Schweiz, während ihn der Herbst jedesmal nach Stuttgart führte, wo die Fürstin die Traubenkur genoß. Bei einem jener Aufenthalte wurde er dem Herzoge Friedrich II. vorgestellt und von demselben beauftragt,|zur Feier der bevorstehenden Kurfürstenwürde einen Prolog mit Chören zu schreiben, ein Ereigniß, welches für Matthisson's Zukunft von Bedeutung wurde. Im J. 1803 unternahm er eine Frühlingsfahrt nach Tyrol und Salzburg, von der er im Mai nach Wörlitz zurückkehrte, wo sich inzwischen durch die Aufstellung der von Rehberg in Rom gekauften und im October 1802 angekommenen Antiken Manches verändert hatte. Nachdem er dann noch in demselben Jahre den ersten Band seiner Anthologie (welche im J. 1807 mit dem zwanzigsten Bande abgeschlossen wurde) herausgegeben und seiner Fürstin gewidmet hatte, reiste er im Herbste von Stuttgart aus nach Paris. Ein ausführlicher Bericht Matthisson's an den Fürsten theilt uns mit, daß er hier Beaumarchais, „eine hagere, zusammengekrümmte Gestalt“ sah, den Kupferstecher Wille besuchte, Kotzebue kennen lernte und sich von dem, was Paris im Allgemeinen bot, nichts entgehen ließ. Die politischen Verhältnisse der folgenden Jahre fesselten M. an das stille Wörlitz und es war ihm eine große Freude, als ein Besuch Seume's, wie eine Vorlesung Iffland's (Werner's „Weihe der Kraft") Wechsel und Anregung brachten. Im J. 1806 weilte er eine Zeit lang in Berlin und verkehrte daselbst mit Johannes v. Müller, der „verzweifelnd am Gelingen weitumfassender Zukunftspläne in dumpfem Lebensüberdruß sich aufzureiben schien“. Die Bekanntschaft mit Alex. v. Humboldt bereitete jedoch dem Dichter hohen Genuß. Nach der Schlacht bei Jena begab sich die Fürstin nach Dessau, während M. in Wörlitz blieb, bemüht, das Eigenthum des Fürsten vor der Ungebühr der übermüthigen Soldatesca (Marschall Oudinot hatte sich dort mit seinem Stabe niedergelassen) zu schützen. Im J. 1807 belebte ein Besuch Thümmel's Matthisson's Abgeschiedenheit und endlich im J. 1809 (als die Fürstin, nunmehr Herzogin, ihren letzten Aufenthalt am Genfer See nahm) war es ihm vergönnt, wieder einen weiteren Ausflug nach der Grande Chartreuse bei Grenoble zu unternehmen. Auf der Rückreise besuchte er mit Bonstetten Frau v. Stael in Coppet, die er mit ihrem Werke über Deutschland beschäftigt fand. In demselben Jahre harrte seiner noch eine besondere Auszeichnung: König Friedrich von Württemberg, der ihm sehr gewogen war, erhob ihn in den erblichen Adelstand (daß sein Adel nur auf der Verleihung eines Ordens beruht habe, ist ein Irrthum). Nachdem er sich darauf im J. 1810 zum zweiten Male mit Luise Schoch, der jugendlichen Tochter des herzogt. Garteninspectors Schoch in Wörlitz, verheirathet, trat durch den Tod der Herzogin (1811) eine entscheidende Wendung seines Lebens ein. Er verließ 1812 Wörlitz und trat in die Dienste des Königs von Württemberg, der ihn nun zum Geh. Legationsrath, Mitglied der Hoftheater-Oberintendanz und Privat- und Oberbibliothekar ernannte und ihm das Ritterkreuz des Civilverdienst-Ordens verlieh. Auch als der König (1816) starb, änderte sich in Matthisson's Stellung nichts. Im J. 1819 bot sich ihm eine neue Veranlassung zu einer italienischen Reise, indem die Gemahlin des Herzogs Wilhelm von Württemberg seine Begleitung nach Florenz wünschte. Der Verkehr mit Gräfin Albany (s. Bd. I S. 176), Rühs, Raphael Morghen, Rumohr, Lucchesini u. A. machte ihm den Aufenthalt daselbst sehr angenehm und M. schrieb wieder einmal Verse voll Wärme und dichterischer Empfindung. Im J. 1822 sah er seinen treuesten Freund Bonstetten bei sich in Stuttgart, 1823 erwiderte er dessen Besuch, im Mai 1824 trieb es ihn wieder nach Wörlitz. Er sah Justinus Kerner in Weinsberg, Goethe in Weimar, Müllner ("einen urbanen Mann von anziehender und gefälliger Unterhaltungsgabe“ —!) in Weißenfels, Küstner und Fr. Kind in Leipzig. Im November desselben Jahres starb ihm in der Blüthe der Jahre während eines Besuches bei der gräflich Dillen’schen Familie zu Däzingen, einige Stunden von Stuttgart, plötzlich seine Gattin — wol der herbste Schlag seines Lebens. In seiner tiefen Niedergeschlagenheit erhielt er vom König Wilhelm|das Ritterkreuz der württembergischen Krone (1825), auch suchte und fand er noch in demselben Jahre Trost bei seinen alten Schweizerfreunden Salis und Bonstetten (1825); 1826 ging er wieder nach Wörlitz, durchreiste 1827 Belgien, stellte sich im November (1827) von neuem in Wörlitz ein und beschloß nun den Rest seiner Tage in dem freundlichen, ihm zur Heimath gewordenen Städtchen zu verleben. Im Juli 1828 erhielt er auf sein Ansuchen die Entlassung aus württembergischen Diensten und wohnte von da an, einige kleine Reisen nach den Heilquellen Nassau's, nach Weimar und Alexisbad abgerechnet, ruhig im Hause seiner Schwiegermutter zu Wörlitz. Matthisson's Name, einst so hoch gefeiert, hatte längst anderen Namen weichen müssen. War schon die Schiller-Goethe-Periode ohne tiefere Nachwirkung an ihm vorübergegangen, und müssen wir ihn, wiewol er jünger als Goethe und Schiller war, litterarhistorisch einer frühern Periode eingliedern und zu den Epigonen der Klopstock-Haller’schen Poesie zählen, so kann es nicht auffallen, wenn die Romantiker, wie die Sänger der Freiheitskriege sich ganz von ihm abwandten, wenn er für das junge Deutschland aufgehört hatte zu existiren. M. hätte mehr sein müssen, als er war, hätte er da nicht grollen, nicht mit Mißbehagen um sich blicken sollen. So lebte er denn in den letzten Zeiten viel allein, in ganz kleinstädtischer Umgebung, seine Naturaliensammlung pflegend, alte Papiere ordnend und sich seiner zahlreichen früheren Bekanntschaften freuend, mannigfach von düsteren Gedanken geplagt, bis ihn der Tod am 12. März 1831 abrief.

    • Literatur

      Vgl. Dr. H. Döring, Fr. v. Matthisson's Leben, Zürich 1833, woselbst S. 285 sämmtl. Quellen über M. verzeichnet sind. Die hauptsächlichste aller Quellen bleiben Matthisson's eigenhändige Erinnerungen in der Gesammtausgabe seiner Werke letzter Hand (8 Bände) nebst litterar. Nachlaß (4 Bände, Berlin 1832), herausgegeben von Matthisson's Schwager F. R. Schoch. H. Döring erwähnt zugleich sämmtl. Ausgaben der Matthisson’schen Schriften (a. a. O. S. 281), die musikal. Compositionen derselben, die vom Dichter vorhandenen Porträts (S. 247) und läßt auch Wieland's und Schiller's Urtheile, denen M. vor Allem seinen Ruf verdankte, abdrucken (S. 255 und S. 266). Außerdem vgl. A. G. Schmidt, Anhalt'sches Schriftsteller-Lexikon (Bernd. 1830), welches einen Abriß von Matthisson's Leben nebst vollständ. Verzeichniß seiner Schriften gibt (wahrscheinlich aus Matthisson's Feder selbst) und endlich einige Artikel der Wissenschaftlichen Beilage der Leipziger Zeitung (1874 Nr. 67, 68, 80) und der Beilage zur Allgemeinen (Augsburger) Zeitung (1876 Nr. 246), in denen der unterzeichnete Verfasser dieses Lebensabrisses verschiedene Berichtigungen und Nachträge zu Matthisson's Leben aus handschriftlichem, bis dahin unbenutztem Materiale zu geben versucht hat. Eine Biographie von Matthisson's zweiter Gattin findet sich im „Neuen Nekrolog der Deutschen“ (1824 S. 983) von Reinbeck.

  • Autor/in

    Hosäus.
  • Zitierweise

    Hosäus, Wilhelm, "Matthisson, Friedrich von" in: Allgemeine Deutsche Biographie 20 (1884), S. 675-681 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118731890.html#adbcontent

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