Lebensdaten
1901 – 1972
Geburtsort
Gera
Sterbeort
Bonn
Beruf/Funktion
Philosoph
Konfession
evangelisch
Normdaten
GND: 118731351 | OGND | VIAF: 41856293
Namensvarianten
  • Martin, Gottfried
  • Marŭt'in, Kot'ŭp'ŭrit'ŭ
  • Mārtīn, Gūtfrīd
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Zitierweise

Martin, Gottfried, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118731351.html [28.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Wilhelm (1871–1941), Pfarrer in Hersfeld, G., Kassel u. Ransbach, S d. Lehrers August (1845–77) u. d. Anna Margarete Schade (1846–95);
    M Else (1877–1959), T d. Ökonomen Hartmann Siebert (1839–1914) u. d. Dorothea Florentine Schwarzenberg (1847–89);
    Marburg 1925 Edda (1894–1987), T d. Überseekaufm. Adolf Pohlman (1854–1920) u. d. Emilie Busch (1868–1945);
    1 S.

  • Biographie

    M. studierte seit 1921 an der Univ. Marburg Chemie, Physik und Mathematik und nahm wenig später unter dem Einfluß P. Natorps zusätzlich das Studium der Philosophie bei N. Hartmann, E. Husserl, M. Heidegger und H. Heimsoeth auf. Nach zwischenzeitlicher Verlagstätigkeit promovierte er 1934 an der Univ. Freiburg bei Heidegger mit einer Arbeit über „Arithmetik und Kombinatorik bei Kant“ (1938, ²1972). 1940 habilitierte er sich an der Univ. Köln („Wilhelm von Ockham, Untersuchungen zur Ontologie der Ordnungen“, 1949). 1943-46 war M. Dozent an der Univ. Jena, 1946-52 apl. Professor an der Univ. Köln, 1952-54 ao., 1954-58 o. Professor|an der Univ. Mainz. Nach der Ablehnung von Rufen an die Universitäten Tübingen (1954), Hamburg (1956) und München (1957) folgte er 1958 einem Ruf an die Univ. Bonn (Nachfolge E. Rothacker), wo er bis zu seiner Emeritierung 1969 blieb. 1953-68 gab M. die Kant-Studien heraus, seit 1960 den Kant-Index; 1969-72 fungierte er als Erster Vorsitzender der Kant-Gesellschaft, außerdem war er Gründungsmitglied der Leibniz-Gesellschaft und 1966-72 deren Vizepräsident.

    M.s Denken galt vor allem wissenschaftstheoretischen Grundfragen der Mathematik, der Physik und der Logik sowie Fragen und Problemen der klassischen und modernen Metaphysik. Auf dem Hintergrund einer Auseinandersetzung mit dem Neukantianismus der Marburger Schule (Cohen, Natorp) einerseits und der Fundamentalontologie Heideggers andererseits entwickelte M. die Frage nach der Möglichkeit von Metaphysik anhand der Probleme der Einheit und des Allgemeinen. Gegen empiristische, seinsgeschichtliche und sprachanalytische Ablehnungen von Metaphysik brachte M. die klassische Aufgabenstellung derselben als Lehre vom Sein erneut zur Geltung, mit dem Unterschied freilich, daß für ihn Metaphysik erst mit der Infragestellung bisheriger Antworten zu ihrer eigentlichen Bedeutung gelangt. Nicht die Zuweisung von Sein an einen bestimmten realen oder idealen Bereich, sondern erst Fragen wie die nach der Einheit der Wirklichkeit, nach dem Verhältnis zwischen Allgemeinem und Einzelnem, zwischen Möglichkeit und Notwendigkeit weisen Metaphysik als ein wissenschaftliches Unternehmen aus. M. prüfte diesen Ansatz anhand der für ihn grundlegenden Seinsentwürfe Platons („Das Allgemeine als Idee“), Aristoteles' („Das Allgemeine als Naturgesetz“) und Kants („Das Allgemeine als Handlung des Denkens“) mit dem Ergebnis, daß jeder dieser Ansätze zu Aporien führt, die nur dialektisch vermittelt werden können. Nach M. mündet alle Metaphysik in eine „aporetische Dialektik“. Aufgabe der so verstandenen „Allgemeinen Metaphysik“ ist es, die Vielfalt der Standpunkte als „offene Gesamtheit“ zu verstehen. – Mit dem Namen M.s verbindet sich zugleich das Programm der „ontologischen Kant-Interpretation“. Diese ist ein Ergebnis der historisch-systematischen Arbeiten M.s zu Kants „Kritik der reinen Vernunft“ und ihrer Vorgeschichte, insbesondere unter Berücksichtigung von Leibniz und Newton. Kennzeichen dieses Ansatzes sind die Kritik an der durch den Neukantianismus erfolgten erkenntnistheoretischen Einengung der Kant-Interpretation sowie die These von der zentralen Bedeutung der Metaphysik bzw. Ontologie, die Problematisierung der Unterscheidung zwischen Erscheinung und Ding an sich und schließlich die Einbeziehung der Mathematik und Logik in Diskussionen der Metaphysik (z. B. Russells Antinomienproblem, Gödels Unentscheidbarkeitsatz u. a.). – Denken und Werk M.s haben die wissenschaftliche und philosophische Diskussion weit über den deutschsprachigen Raum hinaus beeinflußt, die Mehrzahl seiner Werke ist in mehrere Sprachen übersetzt worden.

  • Werke

    Weitere W u. a. I. Kant, Ontologie u. Wiss.theorie, 1951, ⁴1969 (engl. 1955, ²1961. span. 1961, Japan, 1962, franz. 1963);
    Klass. Ontologie d. Zahl, 1956 (japan. 1963);
    Einl. in d. Allg. Metaphysik, 1957, ²1965 (engl. 1961);
    Leibniz. Logik u. Metaphysik, 1960, ²1967 (engl. 1964, franz. 1966);
    Ges. Abhh. I, 1961;
    Allg. Metaphysik, Ihre Probleme u. ihre Methode, 1965 (engl. 1968);
    Sokrates in Selbstzeugnissen u. Bilddokumenten, 101980 (griech. 1967, japan. ²1978);
    Platon in Selbstzeugnissen u. Bilddokumenten, 101980 (japan. 1969);
    Platons Ideenlehre, 1973. – W-Verz.: Einheit u. Sein. G. M. z. 65. Geb.tag. hrsg. v. I. Heidemann u. E. K. Specht, 1966, S. 400-15 (P), Fortführung u. Erg. durch E. Gerresheim u. G. Buhl, in: Kant-Stud. 73, 1982, S. 499-502.

  • Literatur

    I. Leclerc, Die Frage nach d. Metaphysik, zu: G. M., Allg. Metaphysik, in: Kant-Stud. 58, 1967, S. 247-62;
    W. Ritzel. Die Vernunftkritik als Ontologie. zu: G. M., I. Kant. Ontologie u. Wiss.theorie, ebd. 61, 1970, S. 381-92;
    I. Heidemann. Die Theorie d. Theorien im Werk G. M.s, Zur Stellung Kants in d. aporet.-dialekt. Metaphysik, ebd. 64, 1973, S. 1-29;
    P. Roubinet, Métaphysique et pluralisme. La Métaphysique générale de G. M., in: Archives philosophiques 32, 1969, S. 314-35;
    I. Heidemann u. Gerhart Schmidt, In memoriam G. M., Reden, gehalten am 30.1.1973 anläßl. d. Trauerfeier, 1973;
    C. F. Gethmann, G. M., in: Enz. Philos u. Wiss.-theorie. hrsg. v. J. Mittelstraß, II, 1984 (W);
    Pogg. VII.

  • Autor/in

    Jan P. Beckmann
  • Zitierweise

    Beckmann, Jan P., "Martin, Gottfried" in: Neue Deutsche Biographie 16 (1990), S. 286-287 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118731351.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA