Lebensdaten
1903 – 1972
Geburtsort
Zeitz
Sterbeort
Darmstadt
Beruf/Funktion
Schriftsteller
Konfession
keine Angabe
Normdaten
GND: 11871595X | OGND | VIAF: 17265316
Namensvarianten
  • Weymouth, Ernst (Pseudonym)
  • Kaisermüller, Norbert (Pseudonym)
  • Kreuder, Ernst
  • mehr

Objekt/Werk(nachweise)

Verknüpfungen

Von der Person ausgehende Verknüpfungen

Personen in der NDB Genealogie
Personen im NDB Artikel

Verknüpfungen zu anderen Personen wurden aus den Registerangaben von NDB und ADB übernommen und durch computerlinguistische Analyse und Identifikation gewonnen. Soweit möglich wird auf Artikel verwiesen, andernfalls auf das Digitalisat.

Orte

Symbole auf der Karte
Marker Geburtsort Geburtsort
Marker Wirkungsort Wirkungsort
Marker Sterbeort Sterbeort
Marker Begräbnisort Begräbnisort

Auf der Karte werden im Anfangszustand bereits alle zu der Person lokalisierten Orte eingetragen und bei Überlagerung je nach Zoomstufe zusammengefaßt. Der Schatten des Symbols ist etwas stärker und es kann durch Klick aufgefaltet werden. Jeder Ort bietet bei Klick oder Mouseover einen Infokasten. Über den Ortsnamen kann eine Suche im Datenbestand ausgelöst werden.

Zitierweise

Kreuder, Ernst, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd11871595X.html [20.04.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Ludwig (1875–1969), Ober-Ing., erfand eine Papierfalzmaschine u. e. Brikettpresse, S d. Elfenbeinschnitzers Joh. Heinrich in Offenbach u. d. Johanna N. N.;
    M Johanna (1872–1963), T d. Johann Danzmann u. d. Maria Anna N. N.;
    Darmstadt 1934 Irene, T d. Staatsrats Ludwig Christian Matthias (1875–1925) u. d. Elisabeth Schwenninger; kinderlos.

  • Biographie

    K. wuchs in Offenbach/Main auf, der Stadt seiner Vorfahren, wohin seine Eltern bald nach seiner Geburt zurückgekehrt waren. Nach dem Besuch der Oberrealschule trat er in eine Banklehre ein. Zwei Erlebnisse Anfang der 20er Jahre wurden entscheidend für ihn: Die Begegnung mit dem Expressionismus in bildender Kunst und Literatur, wodurch er Kontakt erhielt zu einem Freundeskreis der literarischen Moderne in Darmstadt, der ihn förderte; sodann die Inflation. Als die Eltern infolge dieser Geldentwertung ihr Vermögen verloren hatten, brach K. das in Frankfurt begonnene Studium der Literaturgeschichte, Philosophie und Kriminologie ab, um als Hilfsarbeiter zum Lebensunterhalt beizutragen. Seit 1924 brachten die „Frankfurter Zeitung“ und der „Hess. Volksfreund“ kurze Geschichten und Feuilletonbeiträge von ihm, die „Frankfurter Zeitung“ 1924 erstmals auch ein Gedicht. Als Mitarbeiter dieser Zeitung mit einem bescheidenen Honorarvorschuß versehen, begab sich K. zusammen mit einem Freund auf eine Wanderung durch den Balkan und Griechenland. Wanderziel war eigentlich China, infolge einer Malariaerkrankung endete die Reise jedoch in Saloniki. – Nach seiner Rückkehr endgültig entschlossen, als freier Schriftsteller zu bestehen, veröffentlichte K. in den folgenden Jahren in Zeitungen und Zeitschriften Erzählerisches, Feuilletons und Glossen von reicher Phantastik, verbunden mit pointierter Wirklichkeitszeichnung. F. Schoenberner, Chefredakteur des „Simplicissimus“, nahm ihn 1932 als Volontär an. K. avancierte bald zum Hilfsredakteur, verließ jedoch München 1934 nach dem Röhmputsch und bezog im Mühltal b. Darmstadt ein altes Mühlenhaus. Aus dieser „inneren Emigration“ konnte er weiterhin in Zeitungen und Zeitschriften, auch im „Simplicissimus“, publizieren. 1940 als Soldat eingezogen, blieb K. bei der Flakartillerie im Westen. Nach mehrmonatiger amerikan. Gefangenschaft kehrte er Ende 1945 ins Mühltal zurück, wo er bis zu seinem Tode wohnte. Mit seinen nach dem Kriege zunächst in dichter Folge veröffentlichten Erzählungen und Romanen – bis dahin hatten in Buchform nur zwei Sammelbände Erzählungen erscheinen können (1939, 1944) – gehörte K. zu den Schriftstellern der „Stunde Null“, die der deutschen Literatur im Ausland wieder Ansehen erwarben.

    Als Stoff seiner Erzählungen hat K. vorwiegend das Leben der kleinen Leute zwischen dem Ende des 1. und dem Ende des 2. Weltkriegs, danach bis in die „Wohlstandsjahre“ hinein, gewählt, diese labyrinthische Zeit, die er selbst erfahren hat als Individualist, der sich doch immer auf der Suche nach wahrhaft menschlicher Gemeinschaft befand. Er verknüpfte Reales und Irreales, er schuf erzählend eine eigene dichterische Wirklichkeit, eine phantastisch gestaltete Ganzheitlichkeit. Viele von K.s Kurzgeschichten, deren Typus in der deutschen Literatur er mitprägte, gleichen Momentaufnahmen dieser Wirklichkeit, die sich in den Romanen (Die Unauffindbaren, 1948; Agimos oder Die Weltgehilfen, 1959; Der Mann im Bahnwärterhäuschen, 1973) und in den größeren Erzählungen (Die Gesellschaft vom Dachboden, 1946; Herein ohne anzuklopfen, 1954) in ihrer Vielschichtigkeit entfaltet. In ihr agieren Lebende und Verstorbene, es begegnen sich Außenseiter und wunderliche Idealisten auf der Flucht aus Unfreiheit und „Einplanung“. Sie emigrieren in die Einöde, in die unberührte Natur, in verlassene Hütten, verborgene Kneipen und Speicher voller Gerümpel, um ihr „eigentliches“ Leben zu leben. Die Zeit ist relativiert, rückläufig, umkehrbar. Ideale der Romantik werden ins Zeitalter der Industrialisierung, der Technisierung, der Vermarktung, der Ausbeutung der Natur transponiert. Da K. an der Realität litt, schrieb er sich frei im „romantischen Surrealismus“, Ausdrucksmittel seiner Kritik an der Gesellschaft, seiner Kritik an ihrer Lebenslüge und ihrer Erstarrung in Egoismus und Nützlichkeitsprinzip. In fiktiven Gesprächen (Spur unterm Wasser, 1963, u. a.) erörtert er häufig die Bedeutung von Kunst und Literatur in der Gegenwart sowie Motive, Absichten und Aufgaben des Schriftstellers, Gedanken, die er in eindringlicher Weise auch in Essays und Reden vorgetragen hat (Wesen und Funktion der Dichtung, 1952; Georg Büchner, Existenz und Sprache, 1955; Zur Umweltsituation des Dichters, 1961).|

  • Auszeichnungen

    Mitgl. d. Ak. d. Wiss. u. d. Lit., Mainz (1949), d. Dt. Ak. f. Sprache u. Dichtung, Darmstadt (1954), d. PEN (1951);
    Georg-Büchner-Preis (1953).

  • Werke

    Weitere W Kurzgeschichten u. Erzz.: Die Nacht d. Gefangenen, 1939;
    Das Haus mit d. drei Bäumen, 1944;
    Schwebender Weg, 1947;
    Der Himmel vergißt uns nicht, in: Akzente 1, 1954;
    Tunnel zu vermieten, 1970. – Hörensagen, Roman, 1969. – Essays: E. K. Selbstverhör, Ein Selbstporträt, in: Welt u. Wort 4, 1949, S. 235 f.;
    Zur literar. Situation d. Gegenwart, 1951;
    Büchner-Preis-Rede 1953, in: Büchner-Preis-Reden 1951–71, 1972;
    Das Unbeantwortbare, 1959;
    Über mich selbst, in: Mosaik, 1959;
    Fingerabdruck d. Fabulierens, in: Darmstädter Echo Nr. 53 v. 2.3.1968;
    Meine Damen u. Herren Schriftsteller, E. K. üb. Lit. u. Umweltvergiftung, in: Frankfurter Neue Presse v. 12.1.1972. – Sommers Einsiedelei, Gedichte, 1956.

  • Literatur

    W. Zimmermann, Dt. Prosadichtungen d. Gegenwart, 1954, S. 175-78;
    C. Girault, E. K. ou l'écrivain et la réalité, in: Etudes Germaniques 12, 1957, S. 209-39;
    G. Oliass, K. od. Die doppelte Zeit, in: Dt. Rdsch. 85, 1959, S. 232-37;
    K. Krolow, Vom Abenteuer d. Erzählens, in: Dt. Ztg. v. 31.8.1963;
    R. D'Hooghe, Dichter im Niemandsort, in: Darmstädter Echo v. 29.8.1968;
    H. W. Sabais, Darmstädter Ansichten, 1972;
    Ch. Stoll u. B. Goldmann (Hrsg.), E. K., Von ihm, über ihn, 1974 (vollst. W- u. L-Verz., P). – W. Paul, in: Schriftsteller d. Gegenwart, 1963;
    I. Gehl, in: Hdb. d. dt. Gegenwartslit., 1965;
    F. Lennartz, Dt. Dichter u. Schriftsteller unserer Zeit, 1969;
    H. Schöffler, Sie begannen in d. Stunde Null, Dt. Autoren d. Nachkriegszeit 5: E. K., in: Dt. Welle v. 15.11.1971;
    Kindlers Lit. Lex. IV, XI.

  • Porträts

    Radierung v. E. Schlotter, 1973, Abb. in: Ch. Stoll u. B. Goldmann, s. L.

  • Autor/in

    Margarete Dierks
  • Zitierweise

    Dierks, Margarete, "Kreuder, Ernst" in: Neue Deutsche Biographie 13 (1982), S. 21-22 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd11871595X.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA