Lebensdaten
1745 – 1824
Geburtsort
Mülheim/Ruhr
Sterbeort
Bochum
Beruf/Funktion
Arzt ; Schriftsteller ; Dichter
Konfession
lutherisch
Normdaten
GND: 118715097 | OGND | VIAF: 19817675
Namensvarianten
  • Kortum, Karl Arnold
  • Kortüm, Karl Arnold
  • Kortüm, Carl Arnold
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Zitierweise

Kortum, Carl Arnold, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118715097.html [28.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Christian Friedrich (1710–48), Apotheken-Provisor, S d. Joachim Dietrich, Güteradministrator d. Gf. v. Schwerin in Mecklenburg, u. d. Anna Sophia Kolmar;
    M Maria Helena (1711–95), T d. Apothekers Georg Heinrich Severin in B. u. d. Margarethe Krupp;
    Vt Theodor (1765–1847), Arzt u. Schriftsteller (s. BLÄ);
    - Bochum 1768 Helena Margaretha (1744–1825, Cousine), T d. Kaufm. Dietrich Konrad Ehinger in B. u. d. Joh. Sibilla Elisabeth Severin;
    2 S (1 früh †), 2 T (1 früh †), u. a. Joh. Carl Arnold (1772–1807), Bergarzt in B., seit 1797 Mitarbeiter K.s (s. L).

  • Biographie

    Nach dreijährigem Besuch des Archigymnasiums in Dortmund, wo ihm neben der Schulausbildung bereits Anatomie und Pharmakologie vermittelt wurden, studierte K. seit 1763 in Duisburg Medizin. Er wurde hier besonders von Leidenfrost im Geiste Boerhaaves herangebildet und 1766 mit der Dissertation „De epilepsia“ zum doctor medicinae promoviert. Im folgenden Winter nahm er in Berlin am Cursus anatomicus der Charité teil, um die Approbation für die preußischen Lande zu erhalten. Zunächst ließ er sich in Mülheim/Ruhr nieder, wechselte aber 1770 nach Bochum, in die Heimatstadt von Mutter und Ehefrau, über. Hier versah er 1792-1807 das Amt des Bergarztes nordwärts der Ruhr beim Oberbergamt zu Wetter, betraut mit der Aufsicht über die Bergchirurgen und der hygienischen Betreuung der Bergleute. – K. schätzte die Entwicklung der Medizin und die ihr drohenden Irrwege richtig ein. So gehört er zu jenen Schrittmachern, die der alten Uroskopie abschworen (Vom Urin als einem Zeichen von Krankheiten, 1793), sich nach Jenners Entdeckung für die Pockeninokulation einsetzten (Anweisung wie man sich vor alle ansteckende Krankheiten verwahren könne, 1779) und klar erkannten, daß die unterschiedliche Ätiologie und Symptomatik der Krankheiten auch eine grundverschiedene, das heißt spezifische Therapie erforderte. K. blieb skeptisch gegen Lavaters physiognomische Lehren und lehnte Mesmerismus und Somnambulismus ab. Unter seinen Aufklärungsschriften nehmen Untersuchungen über Nahrungs- und Genußmittel den breitesten Raum ein, daneben befaßte er sich mit geriatrischen Fragen und den Berufskrankheiten im Bergbau und wurde so zum Gesundheitserzieher breiter Schichten.

    Widersprüchlich muß zunächst K.s Verteidigung der Alchemie erscheinen. Doch besaß er nie ein Laboratorium zu Experimenten. Der Berg- und Hüttenkundige hält unter dem Einfluß von Georg Ernst Stahl nicht am alten Stein der Weisen fest und fordert die strenge Trennung von der Medizin, doch er bleibt von der Veredlung der Metalle überzeugt und sieht – fast prophetisch – eine neue materia prima im Steinkohlenteer. – Ein satirischer Bluff war die von ihm 1796 gegründete „Hermetische Gesellschaft“, die nur aus ihm und seinem Freund, Dr. Bährens, bestand. Dies beweist schon der Aufruf Josua Jobs an die Wanderer im Tale Josaphat“ im „Hermetischen Journal“ (Hermes), mit dem er zwei Jahrzehnte die deutsche Leserwelt narrte.

    Unter den vielseitigen Neigungen dürfte vor allem seine historische Arbeit von Bedeutung sein. Die „Skizze einer Zeit- und Literaturgeschichte der Arzneikunst …“ (1809), beschreibt fast 4 000 Männer aus Medizin und Wissenschaft in ihrer Bedeutung für die Heilkunde, sie zeigt zugleich die profunde medizinische Bildung und ungewöhnliche Belesenheit ihres Verfassers. Seiner Zeit voraus ging er in der Orts- und Landesgeschichte: so war die Rekonstruktion des alten Bochum zu Beginn unseres Jahrhunderts nur mit Hilfe seiner genauen Aufzeichnungen, Lage- und Bebauungspläne möglich. Seine naturgeschichtlichen Beschreibungen und Skelettuntersuchungen an Funden aus der Lippe und alten Grabstätten machten ihn zu einem Vorläufer der Paläontologie und Paläopathologie. Der königliche Leibarzt Ernst Ludwig Heim wollte bei seinem Besuch jedoch nicht den bedeutenden Kollegen, sondern den bekannten „Jobsiadendichter“ K. kennenlernen: Mögen auch K.s Satiren und Gedichte mit Recht vergessen sein, so hat sein komisches Heldengedicht „Leben, Meynungen und Thaten von Hieronimus Jobs dem Kandidaten“ (1784) durch Humor, Sprachreichtum und Treffsicherheit des Ausdrucks bis heute seine Frische und Anziehungskraft bewahrt: Die Frau des Ratsherrn Jobs im schwäbischen Städtchen Sulzburg (in späteren Auflagen: Schildburg) erwartet ein Kind. Die Deutung eines Traums (sie werde ein „Horn“ zur Welt bringen) verspricht ihr einen Sohn, der einst als Pastor sein Glück machen werde. Hieronimus ist jedoch ein Nichtsnutz. Statt sich dem Theologiestudium zu widmen, verfällt er dem Alkohol und Tabak und wird von der schönen Amalia Ripsraps seiner Habe erleichtert. Nach allerlei Abenteuern übernimmt er in der Heimat die Witwe und das Horn des verstorbenen Nachtwächters, womit sich der Traum seiner Mutter erfüllt. Mit 40 Jahren stirbt er. Erst nach dem durchschlagenden Erfolg des Gedichts kam K. auf die Idee, Jobs zu weiteren Abenteuern wiederzuerwecken. Nach 15 Jahren, 1799, gab er sein Werk, um zwei Teile erweitert, unter dem Titel „Die Jobsiade“ wiederum anonym heraus. Der neue Name persiflierte den Zeitgeschmack, von der Iliade, Aenëide und Messiade zu sprechen. Der scheintote Hieronimus entsteigt dem Grabe, ein typisches Thema der Aufklärungsmedizin, das K. hier literarisch nutzt. Seine Frau stirbt vor Schreck. Er nimmt sein Studium wieder auf und wird ein mustergültiger Pastor in Ohnewitz. Schließlich findet er Aufnahme bei Amalia und stirbt als Herr von Sohloß Schönhain, das ihm die ehemalige Geliebte vermacht hat.

    In Knittelversen abgefaßt, die K.s Vorbild Hans Sachs bewußt an Skurrilität in Reim und Metrum übertreffen, wurde die Jobsiade nicht zuletzt durch die naiven Holzschnitte, mit denen K. das Werk selbst illustriert hat, zum Spiegelbild der deutschen Kleinstadt (Schildburg) und des nichtsnutzigen Studenten. Dabei ist der 1. Teil, für den sich außer autobiographischen Zügen der Einfluß Friedrich Nicolais (Leben und Meinungen des Herrn Magister Sebaldus Nothanker, 1773–76), der Satiren von Alexander Pope und Jonathan Swift nachweisen lassen, den beiden späteren Teilen an Einfällen überlegen. Der Erfolg des weitverbreiteten Volksbuchs hielt während des ganzen 19. Jahrhunderts an. Johann Peter Hasenclever schuf dazu Kupferstiche und Lithographien, Wilhelm Busch ließ sich zu einer Bildergeschichte anregen (Jobsiade, 1874).

  • Werke

    Ausgg. d. Jobsiade: hrsg. v. K., 1806, 1823;
    v. F. Bobertag, 1882;
    v. O. E. Bierbaum, 1906 (Insel-Verlag), zuletzt 1966;
    v. O. Weitzmann, 1928;
    v. C. Noch, 1965. -
    Des Jobsiadendichters C. A. K. Lebensgesch., hrsg. v. K. Deicke, 1910 (v. K. 1782-1823 f. d. Fam. vf.).

  • Literatur

    ADB 16;
    R. Finckenstein, Dichter u. Aerzte, 1864;
    K. Deicke, Der „Jobsiaden“-Dichter C. A. K., 1893;
    H. Dickerhoff, Die Entstehung d. Jobsiade, Diss. Münster 1908;
    E. Tegeler, Der Bochumer Arzt Dr. C. A. K., 1931 (W-Verz., L, P);
    ders., Der Arzt Dr. C. A. K., 1949;
    B. Kleff, in: Westfäl. Lb. II, 1931 (W, L, P);
    M. Axer, Die Jobsiade, Diss. Bonn (ungedr.);
    E. Reincke, Der Dichter d. Jobsiade K. A. K. u. s. meckl. Vorfahren, in: Das Carolinum 32, 1966, S. 45-54;
    K. Wiechert, Wie aus K.s Jobsiade e. Buschiade wurde, in: Wilh.-Busch-Jb. 1968, S. 29-40;
    J. Bleker, Die Gesch. d. Nierenkrankheiten, 1972;
    NND 1824, II, S. 832-44 (W-Verz.);
    BLÄ (W-Verz.). - Vertonungen: A. Barkhausen, Jobsiade (Oper, 1936);
    J. Haas, Die Hochzeit d. Jobs. (kom. Oper, 1944). - Zu S Joh. Carl Arnold:
    K. Meister, J. C. A. K.s „Gesundheitsbüchlein f. Bergleute“, in: Werkarzt 10, 1963, S. 19-22.

  • Porträts

    Pastellbild (Bochum, Städt. Mus.), Abb. b. Kleff, s. L.

  • Autor/in

    Markwart Michler
  • Zitierweise

    Michler, Markwart, "Kortum, Carl Arnold" in: Neue Deutsche Biographie 12 (1980), S. 603-604 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118715097.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA

  • Biographie

    Cortüm: Karl Arnold C., Doctor der Medicin, Stadtarzt und Bergarzt zu Bochum (Provinz Westfalen), bekannter als Dichter der „Jobsiade“, jenes grotesk-komischen, noch jetzt gelesenen und lesenswerthen Heldengedichts, geb. den 5. Juli 1745 als Sohn eines Apothekers zu Mühlheim an der Ruhr, erhielt seine wissenschaftliche Ausbildung auf dem Gymnasium zu Dortmund, studirte dann zu Duisburg und Berlin Medicin und lebte von 1770 an seinem ärztlichen Berufe und seinen mannigfaltigen Liebhabereien (Bienenzucht, Botanik, Malerei, antiquarische Studien, hauptsächlich aber Poesie) zu Bochum bis zu seinem am 26. Aug. 1824 erfolgten Tode. C. hat sich auch in seinen eigentlichen Fachstudien durch Abfassung mehrerer Werke und Abhandlungen als Schriftsteller versucht; seine Thätigkeit ist überhaupt eine sehr vielseitige und zwar auch auf theoretischem Gebiet. Neben stattlichen Pflanzensammlungen und einer Inschriftensammlung legte er sich eine zwei Folianten ausfüllende Brustbildersammlung berühmter Männer an, schrieb „Grundsätze zur Bienenzucht", 1776, legte seine Forschungen auf dem Gebiete vaterländischer Geschichte in verschiedenen Abhandlungen nieder, war selbst auf linguistischem Felde thätig und entfaltete in der Belletristik nach verschiedenen Seiten hin (Märchen, komische Lebensbeschreibungen, Satiren, z. B. „Die Märtyrer der Mode“, 1778, eine selbstgegründete Zeitschrift „Die magische Laterne“, 1784—86) eine große Rührigkeit. Für die Nachwelt behält nur noch Werth das komische Epos vom Candidat Jobs (Münster 1784), der zweite und dritte Theil weniger als der erste. Die gutmüthige Schalkhaftigkeit, der treuherzige Spott über das Zopfthum damaliger Zustände und Anschauungen erscheinen hier, nach Versmaß und Ausdruck, in der adäquaten Form und wirken noch jetzt durch diesen glücklichen Verein höchst ergötzlich auf den Leser, wennschon vieles darin veraltet und unseren Begriffen von Komik nicht mehr entsprechend ist.

    • Literatur

      Vergl. Neuer Nekrolog der Deutschen von 1824, S. 832 ff.

  • Autor/in

    Mähly.
  • Zitierweise

    Mähly; Franck, Jakob, "Kortum, Carl Arnold" in: Allgemeine Deutsche Biographie 4 (1876), S. 507 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118715097.html#adbcontent

    CC-BY-NC-SA

  • Biographie

    Kortum: Karl Arnold K. (nicht Kortüm), Dichter. Sein Geburtsort ist Mühlheim an der Ruhr, wo er am 5. Juli 1745 als der Sohn eines Apothekers geboren ward. Nachdem er auf dem Gymnasium zu Dortmund tüchtige Kenntnisse sich angeeignet hatte, bezog er 1763 die 1818 aufgehobene protestantische Universität Duisburg, studirte daselbst drei Jahre lang Medizin, ließ sich dann hier als praktischer Arzt nieder, siedelte aber als solcher 1770 nach Bochum über, wo er bis zu seinem Tode länger als ein halbes Jahrhundert lebte. Aber der Wirkungskreis in diesem kleinen Landstädtchen, das damals kaum 1500 (1875: 28 562) Einwohner zählte, war klein und beschränkt und der geistig und körperlich rege junge Arzt in philisterhafte, einfach spießbürgerliche Verhältnisse hineingezwängt. Aus diesen Verhältnissen ist die „Jobsiade“ hervorgewachsen, dieses komische Heldengedicht, das in vielen Tausenden von Exemplaren verbreitet ist und an dessen grobkörningem Humor sich mehr als drei Generationen erfreut haben. Denn das alte Bochum brachte noch Originale hervor; kernige, gesunde, zufriedene Menschen, die sich als Bürger eines Gemeinwesens fühlten, sich bestens vertrugen, dabei aber mit allerhand lustigen Streichen und Einfällen sich aufzogen. Und von diesem gesunden Sinn, dieser biedern Derbheit und urwüchsigen Originalität, vor Allem aber von dem grobkörnigen Humor des alten Bochum trägt die Jobsiade auch gar manchen Zug. Unter rastloser Thätigkeit als Arzt und Schriftsteller verlebte K. in diesem Städtchen seine Tage, umringt von Kindern, Enkeln und Urenkeln. Im J. 1816 erhielt er den Titel „Königl. Hofrath“ und 1820 feierte er die Erinnerung an seine fünfzigjährige ärztliche Wirksamkeit in Bochum. Aber was seinen Ruhm begründet hatte und in gefunden Tagen sein Glück gewesen war, seine Ader zu Witz und Humor, wurde ihm in den letzten Jahren seines Lebens zum Fluche. Er war ein strebsamer, tüchtiger Student gewesen und als junger Arzt gesucht und berühmt, er hatte sich zeitlebens bemüht, auf der Höhe seiner Wissenschaft zu bleiben, aber die Arzneikunde war gegen Ende des vorigen und namentlich im ersten Viertel dieses Jahrhunderts mit Riesenschritten vorwärts gegangen und ehe er es sich versah, war er zurückgeblieben und wurde von jüngeren Kräften überflügelt. Der immer sichtlicher hervortretende Mangel an Vertrauen zu seiner Geschicklichkeit kränkte und erbitterte ihn und untergrub seine Berufsthätigkeit und Heiterkeit und aus dem Jüngling, der sich über Alles lustig machte, war ein Greis geworden, der sich über Alles ärgerte, was ihn mürrisch und verschlossen machte. Und in dieser Gemüthsverfassung, gebeugt von der Last seiner Jahre, lebensmüde und verbittert starb er am 15. August|1824. Seine fruchtbare schriftstellerische Thätigkeit begann K. schon früh und er schrieb über die verschiedensten heterogensten Materien: Medicin, Pädagogik, Jurisprudenz, Naturkunde, Geschichte und Alterthumswissenschaft, Landwirthschaft, Technologie, Illustrationskunde etc. Die meisten Arbeiten fallen in die Zeit von 1775 bis 1790, sind aber bis auf die Jobsiade so ziemlich alle der Vergessenheit anheimgefallen und wir verweisen in dieser Beziehung auf die unten bezeichneten Quellen. Aber den Ruhm und die Unsterblichkeit seines Namens hat K. auf einem Gebiete errungen, wo er sie selbst wohl nicht erwartet hatte, auf dem Gebiete der Poesie, der komischen Muse. Wie nach seiner Naturanlage zu erwarten stand, fallen in dieses Gebiet auch seine ersten schriftstellerischen Versuche, die er in den zu Wesel erscheinenden Zeitschriften „Der Gemeinnützige" und „Die Niederrheinischen Unterhaltungen" veröffentlichte. Weitere poetische Erzeugnisse, welche allerdings erst nach der Jobsiade erschienen, sind „Adam's Hochzeitsfeier", 1788 und „Elisabeth Schlunz, ein Anhängsel zur Jobsiade“, 1819. Keines dieser Geisteskinder hat jedoch den Verfasser überlebt und nur ein einziges sichert dem fruchtbaren Schriftsteller für immer einen Namen in der deutschen Litteratur, die altberühmte „Jobsiade“ oder, wie der Titel der ersten Ausgabe lautete: „Leben, Meinungen und Thaten | Von Hieronimus Jobs, dem Candidaten, | Und wie er sich weiland viel Ruhm erwarb, | Auch endlich als Nachtwächter in Sulzburg starb ...“ Aus Sulzburg wurde in den späteren Ausgaben „Schildburg“, wie der Verfasser auch allen drei Theilen den Gesammttitel gab: „Die Jobsiade, ein komisches Heldengedicht in drei Theilen“ und in dieser Gestalt erschienen sie 1799 zu Dortmund, die dritte Auflage besorgte K. 1806 und von der vierten, 1824, hatte er noch die Revision des ersten Theiles selbst vorgenommen. Neben diesen rechtmäßigen Ausgaben erschienen aber auch zu Lebzeiten des Verfassers eine Menge von Nachdrucken, die 8. Auflage besorgte Brockhaus zu Leipzig 1857. Der erste Theil war 1784 anonym in Münster und Hamm durch Phil. Perrenon verlegt worden. Was aber das Gedicht selbst betrifft, so darf es als das eigentliche und einzige komische Heldengedicht der neueren deutschen Litteratur bezeichnet werden und findet noch immer und mit vollem Rechte großen Beifall. Denn wenn sich die Dichtung auch nur im niedrigsten Grade des Niedrigkomischen bewegt, so hat auch dieses seine volle Berechtigung, wenn der Dichter es nur wie K. mit vollem Bewußtsein beherrscht und durchführt. Wie der bei weitem beste erste Theil ist doch auch die Fortsetzung reich an glücklichen Einzelheiten, wenn auch keine dem in seiner Art klassischen Examen oder dem eben so trefflichen Briefe des Candidaten Jobs gleichkommt. Nicht zum geringsten Theile verdankte der Verfasser die große Wirkung dem gewählten Vermaße und der Illustration der einzelnen Scenen durch die allerklotzigsten und unbeholfensten Bilder. Die drollige Willkür, mit welcher er seine seitdem oft, „jedoch selten mit Glück nachgeahmten Knittelverse allen rhythmischen Gesetzen zum Hohn handhabt, der glückliche Griff, mit welchem er häufig durch die Wahl eines verkehrten Casus oder einer falschen Form dem ausgedrückten Gedanken einen komischen Beigeschmack giebt und ihn so gleichsam zur erheiternden Caricatur umwandelt, das Alles verleiht den mitten aus dem Leben gegriffenen und lebenswarm dargestellten Vorgängen außer dem inhaltlichen Interesse, auch noch den packenden Witz der originellen Form. Ein Pendant zu dem gewählten Versmaße bilden die Illustrationen. Eine Jobsiade, auf Velinpapier gedruckt und mit seinen Holzschnitten versehen, wäre gar keine rechte Jobsiade mehr, sie verlöre viel von ihrer Wirkung und ihrem eigenthümlichen Reize. Die Bilder, die der Verfasser selbst entworfen und die kleinen inschriftslosen Bildchen sind nichts anderes als Clichés von damaligen rohen Spielkarten. Mag zum Schlusse der gelehrte, ideale Aesthetiker die Jobsiade|kritisiren, weil ihr derber Witz nicht salonfähig ist, mag der Moralist mit Recht Manches daran auszusetzen haben: die Jobsiade ist ein Volksbuch geworden und ein versifizirtes Lesebuch, in dem man Alles finden kann, und jedes Voll würde auf ein so reiches Produkt der Komik stolz sein; hat doch der Candidat Jobs, der unter allgemeinem Schütteln des Kopfes von dem gelahrten Consistorio in Schwaben exammirt wurde, selbst in Amerika vor der Yankee-Kritik sein Examen ruhmvoll bestanden: in amerikanisch-englischen Knittelversen erschien er als „The life, opinions, actions and fate | Of Hieronimus Jobs, the candidate ...“ Ferner hat das Buch der Malerei Stoff zu mancher bedeutenden Kunstleistung gegeben; es sei hier nur an die drei großen Oelgemälde des Meisters Hafenclever erinnert: „Jobs im Examen", „Jobs als Schulmeister“ und „Jobs als Nachtwächter“, die sich zur Zeit (1880) sämmtlich unter Nr. 33, 34 und 35 in der Gemäldegallerie des Herrn Ravené zu Berlin befinden; vgl. hierzu: Ueber den Dichter des deutschen Philisters und Joh. Peter Hasenclever, den Apelles des Philisters, in der Zeitschrift Gartenlaube 1868, 91—92. Ueber die richtige Schreibung des Namens „Kortum“ (nicht Kortüm, welcher falschen Form die meisten Encyclopädien nicht nur sondern auch wissenschaftliche Werke wie Goedeke's Grundriß u. a. m. sich bedienen) vgl. Rheinische Monatsschrift 1878. S. 371.

    • Literatur

      Neuer Nekrolog der Deutschen 1824. II, 832—844 (mit vollständiger Aufzählung seiner Schriften). Goedeke, Gr. II, 639. H. Kurz, Gesch. der Lit. III, 307 a. Wolff, Encyclop. d. d. Nat.-Lit. III, 418. Huber, Kom. Literatur II, 233.

  • Autor/in

    J. Franck.
  • Zitierweise

    CC-BY-NC-SA