Lebensdaten
erwähnt 1328 oder 1337 , gestorben 14. Jahrhundert
Geburtsort
Herdern (Thurgau)
Beruf/Funktion
Verfasser der zweiten deutschen Versbearbeitung des Schachzabelbuchs
Konfession
katholisch
Normdaten
GND: 118713914 | OGND | VIAF: 10640600
Namensvarianten
  • Konrad
  • Ammenhausen, Konrad von
  • Konrad von Ammenhausen
  • mehr

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Zitierweise

Konrad von Ammenhausen, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118713914.html [29.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    K. stammte wohl v. d. Hof A. im Thurgau.

  • Biographie

    Nach Auskunft des Akrostichons V. 19233-336 des „Schachzabelbuchs“ war „Cůnrat von Ammenhvsen“ (Ammenhausen im Thurgau) Mönch im Benediktinerkloster Sankt Georgen und (wohl nach 1328) Leutpriester in Stein am Rhein. Mehrfach weist er auf seine Reisen nach Frankreich, Graubünden und in die Provence hin. Der einzige urkundliche Beleg (1328) erwähnt mit anderen „conventualibus in Stain“ einen „fratre dicto de Amelhusen“ als Zeugen in einem Zehntstreit. K., der sich in seinem 1337 vollendeten Werk „niht gar alt“ nennt, dürfte demnach etwa 1280/90 geboren sein. K.s „Schachzabelbuch“ („zabel“ = lateinisch „tabula“) ist die zweite der vier deutschen Versbearbeitungen (neben drei oder vier anonymen Prosa-Übersetzungen) eines weitverbreiteten mittelalterlichen Textes, des wohl um 1300 von dem oberital. Dominikaner Jacobus de Cessolis verfaßten Prosa-Traktats „Liber de moribus hominum et de officiis nobilium ac popularium super ludo scaccorum“. Unter den unabhängig voneinander entstandenen deutschen Versfassungen (außer der K.s: Heinrich von Beringen, um 1330, 2 Handschriften, 1 Fragment; Pfarrer zu dem Hechte, 1355, 1 Handschrift; Meister Stephan, vor 1375, 1 Druck) dieser in mehrere abendländische Sprachen übersetzten Ständedidaxe in Form einer Allegorie des Schachspiels nimmt K.s Werk schon durch die Breite seiner Überlieferung (25 meist südwestdeutsche Handschriften, 1 Fragment, davon 9 illustriert, und viele – auch illustrierte – Inkunabeln) eine Sonderstellung ein. K., der in einer 680 Verse umfassenden Vorrede seine Quelle, die ihm offenbar schon bearbeitet vorlag, nennt, teilt wie diese sein Werk in vier durch Kapitel gegliederte Abschnitte ein: Der erste (V. 799-1958), auf den Prolog (V. 681-798) folgende, gilt dem Ursprung des Schachspiels, der zweite (V. 1959-9706) handelt von den edlen, der dritte (V. 9707-18086) von den gemeinen Schachfiguren, der vierte (V. 18087-18996) von der Einrichtung des Spielbretts (das Brett als Abbild der Stadt Babylon) und vom Gang des Spiels selbst. Der Epilog (V. 18997-19336) ist gänzlich Zusatz K.s. Im 2. und 3. gegenüber der Vorlage stark erweiterten Teil werden die Schachfiguren als Allegorien der weltlichen Stände gedeutet; der von Jacobus ausgesparte geistliche Stand erscheint bei K. im Zusammenhang des kanonischen Rechts. Auf die Figuren der hinteren Reihe werden die edlen Stände bezogen: neben dem König und der Königin als Spitze der Hierarchie werden an der Figur des Läufers die Richter, an der des Springers die Ritter und an der des Turms die Landvögte behandelt. Weit mehr Berufsgruppen als in der Quelle sind auf die acht Figuren der vorderen Reihe („Venden“) verteilt: 1. Bauer; 2. Schmied, Zimmermann, Maurer; 3. Weber, Färber, Tuchscherer, Schneider, Hutmacher, Metzger, Gerber, Kürschner, Schuster, Sattler, Bartscherer, (Gerichts-) Schreiber; 4. Kaufmann und Geldwechsler; 5. Arzt und Apotheker; 6. Schenk- und Gastwirt; 7. Stadthüter, Gemeindebeamter, Zöllner, Verwalter; 8. Verschwender, Schelm, Spieler, Botengänger. Den in der Quelle fehlenden Müller führt K. im Epilog ein. Die intendierte Bedeutung ist nicht allein an den einzelnen Figuren ablesbar, durch deren Verknüpfung untereinander manche Berufs-Zusammenordnungen erst einsichtig werden; sie wird zugleich kenntlich gemacht durch die Allegorisierung der Sozialbeziehungen zwischen den Standespersonen der ersten Reihe und den niederen der zweiten sowie zwischen den Figuren innerhalb der beiden Reihen. – Hatte schon Jacobus de Cessolis in seiner aus dominikanischer Predigtpraxis erwachsenen Intention das Gerüst der allegorischen Auslegung mit Beispielerzählungen vornehmlich aus antiker und patristischer Literatur aufgefüllt, so fügt K., der seiner Vorlage relativ genau folgt, noch weit mehr Zusätze aus kirchlichen und klassischen Autoren ein. Doch auch zeitgeschichtliche Bezüge (zum Beispiel Anspielungen auf die Eidgenossenschaft und die Zunftpolitik in den Städten, auf Adolf von Nassau und Albrecht I. von Österreich, auf die Wahl der Gegenkönige Ludwig IV. und Friedrich von Österreich) erweitern K.s Versfassung gegenüber der Quelle und allen anderen Bearbeitungen stark (19336 Verse gegen 10772 der Fassung Heinrichs von Beringen). Indem K. das Deutungsmuster der Ständedidaxe um diese Fülle kompilierten Wissens erweitert, kommt er präzise dem auf Praxis gerichteten|Gebrauchsinteresse breiter Laienkreise entgegen. Dies vor allem bedingt die nicht nur an der Überlieferungsbreite, sondern auch an der Rezeption in anderen Texten ablesbare Wirkung von K.s Bearbeitung: Johanns von Morsheim (um 1450–1516) „Spiegel des Regiments“, Meister Ingolds „Goldenes Spiel“ (um 1425) und die allegorische Satire „Des Teufels Netz“ (1. H. 15. Jahrhundert) setzen seine Kenntnis voraus; für Boners „Edelstein“ (um 1350) und Wittenwilers „Ring“ (Anfang 15. Jahrhundert) ist sie anzunehmen. Noch 1507 verfaßte der zum Kreis um Maximilian gehörende Jurist Jakob Mennel einen um sämtliche Beispielerzählungen gekürzten Auszug (586 Verse) aus K.s „Schachzabelbuch“.

  • Werke

    Ausgg.: Das Schachzabelbuch K.s v. A., Mönchs u. Leutpriesters zu Stein am Rhein, Nebst d. Schachbüchern d. Jak. v. Cessole u. d. Jak. Mennel, hrsg. v. F. Vetter, 1892;
    Auszüge b. W. Wackernagel, Ueber d. Schachzabelbuch K.s v. A. u. d. Zofinger Hs. dess., in: Btrr. z. Gesch. u. Lit., vorzügl. aus d. Archiven u. Bibliotheken d. Kt. Aargau, hrsg. v. H. Kurz u. P. Weissenbach, I, 1846, S. 46-77, 158-222, 314-73, u. b. F. Vetter, Lehrhafte Lit. d. 14. u. 15. Jh., 1. T. (o. J.), S. 91-133. -
    Hss.: F. Vetter, Einl. z. Ausg. v. 1892, S. LI f. u. Beil.;
    P. P. Albert, Eine bisher unbek. gebliebene Hs. K.s v. A., in: Alemannia 31, NF 4, 1903, S. 171-74.

  • Literatur

    ADB I, S. 402;
    A. van d. Linde, Gesch. u. Lit. d. Schachspiels, 2 Bde., 1874;
    F. Vetter, Neue Mitt. aus K.s v. A. Schachzabelbuch, 1877;
    F. Holzner, Die dt. Schachbücher in ihrer dichter. Eigenart gegenüb. ihrer Qu., dem lat. Schachbuche d. Jacobus de Cessolis, I. Das Schachbuch K.s v. A., in: Progr. d. k. k. dt. Staatsgymnasiums zu Pilsen 1895, S. 1-40;
    A. Goldschmidt, Die Luzerner ill. Hss. d. Schachzabelbuches d. Schweizer Dichters K. v. A., in: Innerschweizer. Jb. f. Heimatkde. 8/10, 1944/46, S. 9-33;
    W. Heinemann, Zur Ständedidaxe in d. dt. Lit. d. 13.-15. Jh. II, in: Btr. z. Gesch. d. dt. Sprache u. Lit. (Halle) 89, 1967, S. 291-403;
    H. Hoffmann, Die geistigen Bindungen an Diesseits u. Jenseits in d. spätma. Didaktik, Vgl. Unterss. zu Ges., Sittlichkeit u. Glauben im „Schachzabelbuch“, im „Ring“ u. in „Des Teufels Netz“, 1969;
    B. Malich, Die spätma. dt. Schachallegorie als soz.-gesch. Qu., Diss. Halle 1970 (ungedr.);
    W. Röll, Zum Verhältnis v. Vers u. Prosa in d. dt. Lit. d. MA, in: Trierer Btrr. II, Juli 1976, S. 1-6;
    B. Boesch, Lehrhafte Lit., Lehre in d. Dichtung u. Lehrdichtung im dt. MA, 1977;
    Ehrismann II, 2, 2, S. 643;
    de Boor-Newald IV, 1, S. 301 f.;
    Vf.-Lex. d. MA II, Sp. 892 f., V, Sp. 544.

  • Autor/in

    Norbert H. Ott
  • Zitierweise

    Ott, Norbert H., "Konrad von Ammenhausen" in: Neue Deutsche Biographie 12 (1980), S. 535-536 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118713914.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA

  • Biographie

    Ammenhausen: Konrad v. A., Dichter des 14. Jahrhunderts, aus dem Thurgau gebürtig, machte schon in jungen Jahren Reisen durch Frankreich und die Provence, und war später Leutpriester und Mönch zu Stein am Rhein. Wir besitzen von ihm ein gereimtes Gedicht vom Schachspiel, ein Schachzabelbuch, etwa 20000 Verse, das er im J. 1337 zu Anfang März vollendete. Seinen Namen hatte er anfänglich aus Bescheidenheit verschweigen wollen, gibt ihn aber auf Zureden von Freunden am Schlusse in Form einer „raetersche“, eines Räthsels, d. h. in einem Akrostichon an, das seinem Inhalte nach ein Quodlibet bildet. Als Quelle diente ihm des Jacobus de Cessolis lateinisches Schachbuch, das er vielleicht auf seinen Reisen kennen gelernt hatte. Diesem folgt er aber nur in der Anlage des Ganzen, bewegt sich im Uebrigen jedoch durchaus frei, und schaltet, anfänglich schüchtern, später mit größerer Zuversicht, Geschichten und Anekdoten, theils aus dem Alterthume, theils aus dem Mittelalter, ein. Diese und noch mehr die Beziehungen auf die Zeitgeschichte, auf die Händel zwischen Adolf von Nassau, zwischen Ludwig von Baiern und Friedrich von Osterreich, so wie auf die Cultur- und Sittenverhältnisse der einzelnen Stände, namentlich des Bauern- und Handwerksstandes, geben der sonst ziemlich poesielosen Dichtung einen eigenthümlichen Werth. Die zahlreichen Quellen, die er citirt, hat er wol nicht alle direct, sondern zum größeren Theil in Sammelwerken benutzt.

    • Literatur

      W. Wackernagel in Kurz und Weißenbach's Beiträgen z. Gesch. u. Litteratur (Aarau 1846) 28 ff. 158 ff. 314 ff.

  • Autor/in

    Bartsch.
  • Zitierweise

    , "Konrad von Ammenhausen" in: Allgemeine Deutsche Biographie 1 (1875), S. 402 unter Ammenhausen [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118713914.html#adbcontent

    CC-BY-NC-SA