Lebensdaten
1789 – 1830
Geburtsort
Pernau (Livland)
Sterbeort
Naumburg/Saale
Beruf/Funktion
politischer Schriftsteller ; Publizist
Konfession
evangelisch
Normdaten
GND: 118712217 | OGND | VIAF: 32012679
Namensvarianten
  • Jochmann, Karl Gustav
  • Jochmann, Carl Gustav
  • Jochmann, Karl Gustav
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Zitierweise

Jochmann, Carl Gustav, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118712217.html [23.04.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Joh. Gottlob aus Görlitz, Sekr. am Kreisgericht;
    M Elisabeth Magd. Schwander;
    B Joh. Ludwig (1787–1814), Prof. d. Chir. in Dorpat; - ledig.

  • Biographie

    J. besuchte die Domschule in Riga, ging jedoch zum Studium nicht an die 1802 gegründete Univ. Dorpat, sondern nach Deutschland, wo er in Leipzig, Göttingen und Heidelberg die Rechte studierte. Seit 1810 ist er in Riga als Advokat tätig, flieht aber 1812 vor Napoleon nach England. Diese Reise formte seinen Charakter: Die unerfüllt gebliebene Liebe zu einem Mädchen, von dem wir nichts Näheres wissen, bestimmte sein Leben; er blieb unverheiratet. Er lernt die Ideen des engl. Liberalismus kennen und entwickelt sich in der Folge zu einer einsamen und unbeugsamen Figur der deutschen und der europ. republikanischen Linken. Er kehrt nach Riga zurück und scheint durch intensive Berufsarbeit seine Gesundheit untergraben zu haben. 1819 verläßt er seine Heimat für immer. Er geht zunächst nach Berlin, lebt dann als Privatmann in verschiedenen Orten Deutschlands, der Schweiz und Frankreichs, vor allem in Paris, wo die Ideen der Franz. Revolution mächtig auf ihn einwirken. Er gibt 1829 unter dem Eindruck Hahnemanns die „Briefe eines Homöopatischgeheilten an die zünftigen Widersacher der Homöopathie“ heraus und fährt nach Köthen, in der Hoffnung, daß Hahnemann ihn heilen werde, doch stirbt er auf dieser Reise in Naumburg. – Es gibt eine unsichere Überlieferung, daß J. in Heidelberg Börne kennengelernt habe. Sicher ist, daß er in Paris Gf. Gustav v. Schlabrendorf kennenlernte, welcher als Gegner Napoleons und der Reaktion in Preußen einen entscheidenden Einfluß auf ihn ausübte, wie auch der ganze Kreis der Emigranten in Paris, u. a. Engelbert Ölsner. In Aarau/Schweiz lernte J. Zschokke kennen, dessen Schriften der politischen Freiheit gewidmet waren. Sie wurden schnell Freunde. Zschokke gab nach J.s Tod Teile seines Nachlasses in der Zeitschrift Prometheus (1832 f.) heraus, welche später vermehrt in 3 Bänden unter dem Titel „Reliquien“ in Buchform erschienen.

    J. war ein radikaler Vorkämpfer für die bürgerlich-republikanische Freiheit in Deutschland. Doch wirkte er nicht als aktiver Politiker, sondern ausschließlich als Schriftsteller von hohem stilistischen Rang. Er kämpfte auch für den Protestantismus und gegen die politische Verweltlichung der kath. Kirche. Er war sich der persönlichen Gefahr bewußt. Seine Bücher erschienen anonym. So|war er nur einem sehr kleinen Teil der deutschen Öffentlichkeit bekannt und wurde nach seinem Tode langsam vergessen. Seine Hauptwerke sind: „Die Hierarchie und ihre Bundesgenossen in Frankreich, Beiträge zur neueren Kirchengeschichte“ (1823), „Betrachtungen über den Protestantismus“ (1826) und „Über die Sprache“ (1828), seine bedeutendste Arbeit. J. behandelt die Sprache vom gesellschaftskritischen Standpunkt aus, besonders in dem umstürzenden Aufsatz „Die Rückschritte der Poesie“, welcher im Zeitalter Goethes eben diese Rückschritte positiv, als Merkmal gestiegenen politischen Interesses, deutet. Bei strenger Sachlichkeit der Darstellung ist die Tendenz des Buches offen politisch, da das tiefe Eingehen auf Probleme der Sprache außersprachlichen Zielsetzungen dient und in der radikalen Blickwendung von der Sprache auf die Gesellschaft eine demokratische Politik entworfen wird, die schon in Schlabrendorfs Wirken angelegt war.

  • Werke

    Ausgg.: Die Rückschritte d. Poesie u. a. Schrr., mit Einl. v. W. Kraft, 1967;
    Über die Sprache, 1968, Nachdr. mit Einl. v. Ch. J. Wagenknecht.

  • Literatur

    ADB 14;
    W. Benjamin, Einl. zu C. G. J.s Rückschritten d. Poesie, in: ders., Angelus Novus, 1966, S. 352 f.;
    W. Kraft, in: Die Neue Rdsch. 73, 1962, H. 2;
    ders., C. G. J. u. s. Kreis, 1972.

  • Autor/in

    Werner Kraft
  • Zitierweise

    Kraft, Werner, "Jochmann, Carl Gustav" in: Neue Deutsche Biographie 10 (1974), S. 448-449 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118712217.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA

  • Biographie

    Jochmann: Karl Gustav J., deutscher Publicist, wurde 1789 zu Pernau in Livland geboren, besuchte die Domschule zu Riga, studirte in den Jahren 1807—9 zu Leipzig, Götingen und Jena Jurisprudenz und trat sodann auf einige Monate in die französische Armee, um (als Lieutenant des Regiments Prinz von Isenburg) an der Befreiung und Wiederherstellung Polens Theil zu nehmen. Nachdem er seinen Abschied genommen, ließ J. sich im J. 1810 als Advocat in Riga nieder, wo er (die in England verbrachten Kriegsjahre 1812 und 1813 ausgenommen) bis zum J. 1819 lebte, um sodann seine Praxis aufzugeben und sich nach längerem, abwechselnd in Dresden. Paris und der Schweiz genommenen Aufenthalt im J. 1822 zu Karlsruhe nieder zu lassen, wo er im Juli 1830 verstarb. J. ist vornehmlich durch die aus seinem Nachlaß von Heinrich Zschokke 1836 herausgegebenen „Reliquien“ (Hechingen bei F. X. Ribler) bekannt geworden, welche eine größere Anzahl geistreicher Aufsätze über geschichtliche und politische Materien ("Naturgeschichte des deutschen Adels", „Bürgschaften der englischen Verfassung“, „Robespierre“ etc.), sowie interessante Erinnerungen an den Grafen Schlabrendorf und an Oelsner und Aufzeichnungen dieser Männer enthalten. Zu Jochmann's Lebzeiten waren verschiedene kleinere Schriften (von denen die „Briefe über den Protestantismus“ besonders zu nennen sind) von ihm anonym publicirt worden. — Diese Schriften zeugen von scharfer Beobachtungsgabe, außerordentlich reicher und gründlicher Bildung und von einer für jene Zeit besonders bemerkenswerthen Unabhängigkeit von den politischen Schlagworten des Tages.

    • Literatur

      Vgl. Zschokke's Einleitung zu den Reliquien. J. Eckardt, Die baltischen Provinzen Rußlands. 2. Aufl. 1869, S. 313—58 und W. v. Bock, Livl. Beiträge, Bd. IV.

  • Autor/in

    Eckardt.
  • Zitierweise

    Eckardt, "Jochmann, Carl Gustav" in: Allgemeine Deutsche Biographie 14 (1881), S. 105 unter Jochmann, Karl Gustav [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118712217.html#adbcontent

    CC-BY-NC-SA