Lebensdaten
1771 – 1846
Geburtsort
Ostelsheim bei Calw
Sterbeort
Korntal bei Stuttgart
Beruf/Funktion
Pietist ; Gründer der Kornthaler Gemeinde
Konfession
mehrkonfessionell
Normdaten
GND: 118705881 | OGND | VIAF: 30331459
Namensvarianten
  • Hoffmann, Gottlob Wilhelm
  • Hoffmann, Gottlieb Wilhelm
  • Hoffmann, Gottlob Wilhelm
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Zitierweise

Hoffmann, Gottlieb Wilhelm, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118705881.html [19.04.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Christoph Ludwig (1733–1809), Pfarrer in O., S d. Pfarrers Christoph Friedrich in Kürnbach u. d. Eva Maria Binder;
    M Kath. Blandine (* 1740), T d. Schultheißen Georg Ludwig in Malmsheim u. d. Anna Cath. Besserer aus Leonberg;
    1) Merklingen 1799 Wilhelmine (1779–1801), T d. Amtsschreibers Andreas Jakob Flattich in Merklingen u. d. Charl. Louise Hochstetter, 2) Leonberg 1801 Friederike (1779–1810), T d. Schneiderobermeisters Christoph Gottlieb Löffler in Leonberg u. d. Maria Magd. Scheuing, 3) 1810 Beate (1774–1852), T d. Pfarrers Paul Gumbrecht Baumann in Zainingen u. d. Maria Agnes Lieb;
    1 S, 3 T aus 2), u. a. Wilhelm (s. 3), 1 S, 1 T aus 3), u. a. Christoph (s. 1).

  • Biographie

    H. wurde zum württembergischen Schreiberstand bestimmt und nach einer Bekehrung in den Kreis des Pietismus der Flattich, Michael Hahn, Pregizer, Dann, Kullen aufgenommen. Er wurde Kaiserlicher Notar in Leonberg, Bürgermeister (Finanzverwalter der Gemeinde) und Amtsbürgermeister (rechtskundiger Sachwalter der Gemeinden des Amtsbezirks). 1815-26 war er Mitglied der württembergischen Ständeversammlung, also in der Zeit der Verfassungskämpfe, und stimmte häufig im Sinne der liberalen Opposition, ohne sich ihr anzuschließen. Seiner praktischen Gaben und seines Charakters wegen genoß er das Vertrauen der Bürger wie König Wilhelms I.

    Der religiöse Zustand Württembergs war damals bestimmt durch den Gegensatz zwischen dem landesherrlichen Kirchenregiment, das unter anderem eine aus dem Aufklärungsdenken stammende „Liturgie“ eingeführt und mehrfach Separatistengesetze erlassen hatte, und der weithin wirkenden pietistischen Bewegung. Das führte zu Konflikten bis zur Absetzung von Pfarrern und zu einer Auswanderungswelle. Die Regierung ließ, unter anderem durch Friedrich List, den Ursachen nachgehen, auch H. wurde in seiner Amtsstellung damit befaßt. So entstand bei ihm der Gedanke einer Gründung von Gemeinden, die unabhängig vom Kirchenregiment wären. 1817 trug er den Plan dem König vor; nach 1½ Jahren mühsamer Eingaben erteilte dieser die Erlaubnis.

    H. gründete im August 1819 aus eigenen und gesammelten Mitteln die Brüdergemeinde Korntal bei Stuttgart, für die sich sofort 700 Familien meldeten, von denen 68 im Sommer 1819 nach Korntal zogen, wo bis dahin nur das Freiherr von Görlitzsche Hofgut gewesen war. Die Gemeinde trennte sich nicht von der Landeskirche, war aber von ihr frei (privilegiert), wählte ihren (bürgerlichen) Vorsteher sowie Pfarrer und Lehrer selbst und wollte eine apostolische Gemeinschaft sein. Sie besteht neben der inzwischen entstandenen bürgerlichen Gemeinde noch heute. Korntal wurde zu einem religiösen Mittelpunkt im Lande. Besonders widmete sich die Gemeinde der Mission (Basler Mission) und der Gründung von Internatserziehungs- und Schulanstalten, die eine große Bedeutung erhielten.

    1825 wurde in gleichem Sinn, aber unter viel schwierigeren Umständen, die Gemeinde Wilhelmsdorf bei Ravensburg (nach dem König genannt) gegründet.

  • Werke

    Gesch. u. Veranlassung zu d. Bitte d. Kgl. Notars u. Bgm. G. W. H. zu Leonberg um Erlaubnis z. Gründung u. Anlegung rel. Gemeinden unabhängig v. Consistorium mit d. darnach folgenden Resolutionen, dem Plan z. Einrichtung u. d. Glaubensbekenntnis dieser Gemeinde, 1818.

  • Literatur

    ADB XII;
    Zum Andenken an d. vollendeten G. W. H., 1846;
    Erinnerungen an G. W. H., in: Christenbote, 1870 u. 1871;
    Christoph Hoffmann (S), Mein Weg n. Jerusalem I, 1881, S. 30 ff.;
    J. Hesse, Korntal einst u. jetzt, 1910;
    O. Kübler, G. W. H. d. Gründer Korntals u. Wilhelmsdorfs, 1946;
    F. Grünzweig, in: Lb. aus Schwaben u. Franken XI, 1969 (P);
    Die Ev. Brüdergemeinde Korntal gestern u. heute, Zu ihrem 150j. Bestehen, 1969;
    Heimatbuch d. Stadt Korntal, 1969;
    H. Lehmann, Pietismus u. weltl. Ordnung in Württemberg, 1969;
    J. Trautwein, Die Theosophie Michael Hahns u. ihre Qu., 1969, S. 33 (Nr. 10), 104 ff., 246 ff.;
    PRE;
    Calwer Kirchenlex. I, 1937; ausführl. Biogr. fehlt.|

  • Nachlass

    Nachlaß: Archiv d. Ev. Brüdergemeinde Korntal.

  • Porträts

    in: Archiv d. Ev. Brüdergemeinde Korntal u. Bildnisslg. d. Württ. Landesbibl. Stuttgart.

  • Autor/in

    Wilhelm Hoffmann
  • Zitierweise

    Hoffmann, Wilhelm, "Hoffmann, Gottlieb Wilhelm" in: Neue Deutsche Biographie 9 (1972), S. 393-394 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118705881.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA

  • Biographie

    Hoffmann: Gottlieb Wilhelm H., schwäbischer Pietist und Gründer der Gemeinde Kornthal, geb. zu Ostelsheim bei Calw den 19. Decbr. 1771, gest. zu Kornthal bei Stuttgart den 29. Januar 1846. — Sein Geschlecht leitete er ab von einem evangelischen Prediger Georg oder Matthäus H., der zur|Zeit des dreißigjährigen Krieges zu Hirschberg oder Liegnitz in Schlesien um seines evangelischen Bekenntnisses willen hingerichtet wurde, und dessen Wittwe mit ihren Kindern nach Straßburg und Württemberg flüchtete. Von seinem Vater, Pfarrer M. Christian Ludwig H., einem orthodox-lutherischen amtseifrigen Landprediger, mit pedantischer Strenge erzogen, widmete er sich dem Schreiberstand, machte bei einem tüchtigen Geschäftsmann in Calw eine strenge Lehrzeit durch, wurde durch eine besondere, nicht näher bekannte Lebenserfahrung „erweckt“ und schloß sich zunächst den damals in seiner Heimath verbreiteten Pregizerianern, den Anhängern des 1824 in Haiterbach verstorbenen Stadtpfarrers Pregizer, an. Besonderen Einfluß auf ihn übten dann die beiden geistesverwandten Pfarrer, Machtolf in Möttlingen und Flattich in Münchingen, zu dem er durch seine erste Frau auch in ein verwandtschaftliches Verhältniß trat. Das Studium der Schriften Luther's, Arnold's, Tersteegen's, J. Böhme's, Bengel's, Zinzendorf's, Oetinger's etc., der Verkehr mit Michael Hahn, Dann, Flatt, Hartmann, K. H. Rieger, Jung Stilling, Lavater etc. bestärkte und förderte ihn in seiner frommen Stimmung und Richtung, der er auch in einer 1819 zu Leonberg herausgegebenen Liedersammlung, dem „Leonberger Liederbüchlein“, einen Ausdruck gab. — Kurz vor dem Untergang des heil. römischen Reichs zum kaiserlichen Notarius ernannt und von der Stadt Leonberg zum Amtsbürgermeister gewählt, auch sonst mit verschiedenen Aemtern und Vertrauensposten betraut (z. B. dem eines Landtagsabgeordneten 1815—19, wo er zu den Vertheidigern der altwürttembergischen Volksrechte gehörte), hatte er reiche Gelegenheit, sein organisatorisches Talent zu üben und die praktischen Erfahrungen zu sammeln, die ihn zu seinem späteren Wirken befähigten und zu einem Rathgeber für Tausende machten. — Unterdessen hatte unter einem Theil des evangelischen Landvolkes in Württemberg aus verschiedenen Gründen und Anlässen (theils wegen Einführung einer neuen Liturgie, theils wegen schwärmerischer Erwartung einer nahen Vollendung des Gottesreichs auf Erden) eine religiöse Bewegung um sich gegriffen, welche theils auf Austritt aus der Landeskirche theils auf Auswanderung nach Amerika oder Rußland abzielte. Um Beides, Separation und Massenauswanderung, zu verhüten und viele tüchtige und arbeitsame christliche Familien der Heimath zu erhalten, erbat H. für sich und eine Anzahl von Gesinnungsgenossen von der württembergischen Landesregierung die Erlaubniß zur Gründung einer neuen, auf dem Grund des evangelisch-lutherischen Bekenntnisses stehenden, aber von den landeskirchlichen Ordnungen unabhängigen, nach dem Vorbild der evangelischen Brüdergemeinde geordneten christlichen Gemeinde. Das Gesuch wurde nach längeren Berathungen 1819 genehmigt und es erfolgte auf einem zu diesem Zwecke angekauften, in der Nähe von Stuttgart und Leonberg gelegenen Rittergut die Gründung der Gemeinde Kornthal, deren erste Organisation und nachherige Leitung bis an sein Lebensende wesentlich in Hoffmann's Hand lag. Er war zugleich Bürgermeister, Notar, Gemeindewirth, Kaufmann, Katechet, Leiter religiöser Privatversammlungen und zahlreicher anderer, im Schooß der Gemeinde entstandener Anstalten und Einrichtungen, — der „Vater“ und Patriarch seiner Gemeinde nicht nur, sondern auch zugleich der geistliche und weltliche Berather von vielen Anderen, die sich vertrauensvoll an den vielerfahrenen, ebenso weltklugen und energischen wie glaubenstreuen und in all seiner Frömmigkeit nichts weniger als kopfhängerischen Mann wandten. Seinen religiösen Standpunkt innerhalb der vielgestaltigen Richtungen seiner Zeit und seiner Umgebung charakterisirt er selbst, wenn er einmal von sich sagte: „ich bin als Pregizerianer erweckt worden (d. h. mit einer besonderen Erfahrung der göttlichen Gnade), ich möchte als Michelianer wandeln (d. h. mit ernstem Fleiß der Heiligung) und als Herrnhuter sterben (d. h. im alleinigen Vertrauen auf|Christi Kreuzestod); aber alle verschiedenen Parteien möchte ich im Mörser der Liebe zerpulvern und neue Menschen daraus bilden“. So stand er trotz seiner pietistischen Einseitigkeit doch mit einer großartigen Weitherzigkeit als ein Mann von ungeheuchelter Gottesfurcht und ungewöhnlicher Gebetskraft, ohne Menschenfurcht, aber voll aufopfernder Menschenliebe, als ein Vater und Patriarch inmitten seines Hauses und seiner Gemeinde da und lebt als „Vater Hoffmann“ noch heute fort im Gedächtniß seiner näheren Anhänger nicht nur, sondern des ganzen evangelischen Volkes von Altwürttemberg. — Er war drei Mal vermählt: aus seiner zweiten Ehe stammen seine beiden Söhne, von denen jeder ein Stück von des Vaters Geistesart und Willensenergie geerbt hat — der Berliner General-Superintendent Wilhelm H. (geb. 1806) und der noch jetzt in Palästina lebende Parlamentsabgeordnete und Stifter der Jerusalemsgemeinde, Christoph H. (geb. 1815).

    • Literatur

      Vgl. den Nekrolog im Schwäb. Merkur, 1846. S. 141 ff., abgedruckt in der Schrift: Zum Andenken an den vollendeten G. W. Hoffmann, Stuttgart 1846. Pfleiderer, Kornthal, die Geschichte seiner Entstehung etc., 1864; ders. in Herzog's Theol. Real-Encykl. Bd. XIX, S. 734 ff.; Römer, Würt. Kirchengesch. S. 583; Palmer, Gemeinschaften etc., 1877, S. 48; C. Hoffmann, Leben und Wirken des Dr. Wilhelm Hoffmann, Berlin 1878. Bd. I.

  • Autor/in

    Wagenmann.
  • Zitierweise

    Wagenmann, Julius August, "Hoffmann, Gottlieb Wilhelm" in: Allgemeine Deutsche Biographie 12 (1880), S. 593-595 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118705881.html#adbcontent

    CC-BY-NC-SA