Lebensdaten
1792 – 1867
Geburtsort
Köln
Sterbeort
Paris
Beruf/Funktion
Architekt ; Archäologe
Konfession
katholisch
Normdaten
GND: 11870527X | OGND | VIAF: 71399796
Namensvarianten
  • Hittorf, Jakob Ignaz
  • Hittorff, Jakob Ignaz
  • Hittorf, Jakob Ignaz
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Zitierweise

Hittorff, Jakob Ignaz, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd11870527X.html [19.04.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Franz (1767–1823), Blechnermeister u. Bauunternehmer in K., S d. Jakob Ignaz (1740–1809), Blechnermeister in K., u. d. Anna Schmitz;
    M Maria Agnes (1766–1811), T d. Nikolaus Hansmann u. d. Klara Braunsfeld;
    Paris 1824 Elisabeth (1804–70), T d. Jean-Baptiste Lepère (1761–1844), Architekt in P., u. d.Elisabeth Fonatine;
    1 S, 1 T Charles-Joseph (1825–98, ⚭ Anna Luise Helene Waagen, T d. Kunsthistorikers Gustav Frdr. Waagen [ 1868] in Berlin, s. ADB 40), Architekt in P., Jeanne-Elisabeth ( Albert Gaudry, 1827–1908, Paläontologe in P.).

  • Biographie

    H. erlernte den Architektenberuf von der Pike auf bei einem Maurer- und Zimmermeister. 1810 ging er zu weiterer Ausbildung nach Paris und besuchte die Ecole des Beaux-Arts. Dort erregte er die Aufmerksamkeit von Ch. Percier, der ihn an F.-J. Belanger empfahl. In dessen Atelier arbeitete er bei der Errichtung der Kornhalle (1812) und an den Festdekorationen der Restaurationszeit. 1818 wurde er nach dem Tode Belangers zusammen mit J. Lecointe mit der künstlerischen Leitung der „Menus-Plaisirs du Roi“ betraut. Die Aufgabe dieser Behörde bestand darin, die Dispositionen für die höfischen Feste und Zeremonien zu treffen und ihre dekorative Ausstattung zu schaffen. Hervorragende Leistungen waren die Dekorationen bei den Trauerfeierlichkeiten des Herzogs von Berry (1820) und für König Ludwig XVIII., dann diejenigen anläßlich der Taufe des Herzogs von Bordeaux (1821) und des Sacre König Karls X. in Reims (1825). Bis zur Julirevolution 1830 war H. der Modearchitekt der vornehmen Welt von Paris. Er restaurierte unter anderem das Theater Salle Favart (1824) und errichtete mit dem Ambigu-Comique (1827/28) den hervorragendsten Pariser Theaterbau der Zeit. Auch als Theaterdekorateur tat er sich hervor.

    Längere Studienreisen nach England und Deutschland erweiterten seine Bildung und seine Kenntnisse. 1822-24 weilte er in Italien, vornehmlich in Rom und auf Sizilien.

    H. ist einer Generation von späten Bildungskünstlern zuzurechnen. Von Haus aus und der Erziehung nach war er Klassizist. Als solcher suchte er in Italien seine Entwicklung von der Anschauung her zu bestätigen, aber auch der eigenen Baugesinnung unter anderen Gesichtspunkten zu neuem Schwung zu verhelfen. Er reiste als Forscher; der Architekt wurde zum Archäologen. H. entdeckte in Sizilien bislang unbekannte oder nur unzulänglich erforschte antike Bauwerke. Er wurde zum Entdecker der Polychromie der antiken Architektur. Von dieser Entdeckung war er so erfüllt, daß er nach seiner Rückkehr nach Frankreich geradezu ein Apostel der neuen Erkenntnis wurde. Da sie zur Revision der bisherigen Vorstellungen von der antiken Architektur nötigte, erhob sich zunächst erheblicher Widerstand. Aus dem über 2 Jahrzehnte gehenden Polychromiestreit, den H. mit einem wahren Missionsfanatismus führte, ging er als Sieger hervor. Die Lehre von der Polychromie der antiken Architektur fand in der Altertumswissenschaft allgemeine Anerkennung. H. versuchte auch, die Polychromie in der zeitgenössischen Bauweise einzuführen. 1832 erhielt H. durch Vermittlung A. von Humboldts den Auftrag der Neugestaltung der Place de la Concorde und der Champs-Elysées. Die Lösung dieser Aufgabe (bis circa 1855) brachte ihm den Ruf eines großen Platzbildners des 19. Jahrhunderts ein und verschaffte ihm für lange Zeit große Popularität. Die Place de la Concorde mit Obelisk und Brunnenanlagen erhielt durch ihn ihr heutiges Aussehen. Aus der verfallenen Promenade der Champs-Elysées schuf er innerhalb weniger Jahre einen vielbesuchten Vergnügungspark, zahlreiche Kasinos gehen auf ihn zurück; die bedeutendsten in den Anlagen errichteten Bauten waren das Panorama und der Sommer-Zirkus. Auch an der städtebaulichen Gestaltung der Place de l'Etoile, der Avenue de l'Impératrice (Foch) und des Bois de Boulogne wurde H. beteiligt (1852-54). Später verdüsterte ein Konflikt mit dem Präfekten Haussmann seinen Lebensabend.

    Der Bau der mit einer reichen polychromen Ausstattung versehenen Kirche Saint-Vincent-de-Paul (1824–44) gab H. die Möglichkeit, in freier und erfinderischer Nachahmung einen modernen Sakralbau nach den schönsten Vorbildern der Antike und des frühen Christentums zu schaffen. Aus antikem Geist errichtete er sein letztes Pariser Bauwerk, die Gare du Nord (1859–64). Die in großen Dimensionen gestaltete antikisierende Prunkfassade ist mit der deutlichen Absicht auf dekorative Wirkung geschaffen. Die klassischen Tendenzen, zu denen sich H. bekannte, hinderten ihn nicht, seine Aufgabe mit Mitteln zu lösen, die von der modernen Technik angeboten wurden. Ihre zaghaften Anfänge und ihr Fortschritt fanden in ihm einen aufmerksamen und eifrigen Förderer. Der Ingenieur in ihm sah die Möglichkeiten neuer Baukonstruktionen. Er wurde während eines langen Lebens in hohem Maße einer Zeit gerecht, die noch vom klassischen Gedanken durchdrungen war, während bereits das moderne Leben und seine Zweckgebundenheit ihre Ansprüche erhoben. Diesen Forderungen stellte er sich, ohne seine Liebe zu den großen Vorbildern der Vergangenheit zu verleugnen.

  • Werke

    Weitere W u. a. Dekorationen und Bauten in Paris: Mitarb. an versch. Dekorationen s. Lehrers Belanger, 1814-18;
    Hotelbauten, 1852;
    Mairie du Louvre, 1855-57;
    Inst. Eugène-Napoleon, 1855. - Schrr.:
    Description des Cérémonies du Duc de Bordeaux, 1827;
    Architecture antique de la Sicile, 1828;
    Architecture moderne de la Sicile, 1835;
    Description de la Rotonde des Panorama, 1842;
    Restitution du Temple d'Empédocle à Sélinonte ou l'Architecture polychrome chez les Grecs, 1851;
    Notice historique de Schinkel, 1857;
    Notice historique de Barry, 1860.

  • Literatur

    ADB XII;
    E. Schild, Nachlaß d. Architekten H., 1956;
    K. Hammer, J. I. H., ein Pariser Baumeister, 1792–1867, 1968 (L, P, Qu.-Verz.);
    ders., in: Rhein. Lb. III, 1968 (W, L, P);
    ThB.

  • Porträts

    Zeichnung v. K. Begas, 1821 (Köln, Wallraf-Richartz-Mus.);
    Gem., um 1823 (ebd., Stadtmus.);
    Zeichnungen v. J.-A.-D. Ingres, 1829 (Paris, Louvre), v. J.-F. Heim, 1856 (ebd.), v. W. Hensel, 1835 (Berlin-West, Nat.-Gal.), Abb. v. allen b. Hammer, s. L).

  • Autor/in

    Karl Hammer
  • Zitierweise

    Hammer, Karl, "Hittorff, Jakob Ignaz" in: Neue Deutsche Biographie 9 (1972), S. 270-271 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd11870527X.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA

  • Biographie

    Hittorf: Jakob Ignaz H., geb. zu Köln den 20. August 1792, zu Paris am 25. März 1867. Der Vater, der Blechschläger Franz H., glaubte in dem talentvollen Knaben schon in frühester Jugend unverkennbare Anlagen zur Architectur zu erkennen. Die ersten Grundbegriffe der Baukunst erhielt der Knabe vom Baumeister Christian Löwenstein, im freien Handzeichnen wurde er vom Maler C. A. Grein unterrichtet; in etwas reiferem Alter kam der fleißige Jüngling unter die Leitung des angesehenen Architecten Leidel. Nach solcher|Vorbildung lernte er das Maurerhandwerk beim damaligen Baumeister Franz Leisten. Mit dem Streben nach vollendeter Meisterschaft in seinem Fache begab sich der kaum 17jährige H. im J. 1809 nach Paris, um unter dem berühmten Architecten Percier und dem bekannten Miniaturmaler Isabey seine Ausbildung zu beenden. Der Fleiß und die Rechtschaffenheit des fähigen deutschen Jünglings erregte bald die Aufmerksamkeit des kaiserlichen Baumeisters Belanger; dieser übertrug ihm eine Aufseherstelle bei den kaiserlichen Bauten. H. erwarb sich durch Fleiß, Ordnungsliebe und Tüchtigkeit die Liebe und das volle Vertrauen seines Lehrmeisters. Unter Belanger's Leitung erbaute er das Schlachthaus und dir eiserne Kuppel auf der Kornhalle. Im J. 1814 wurde er zum Bauinspector ernannt. Hittorf's Freund und Lehrer Belanger sorgte dafür, daß für den Fall seines Ablebens seinem talentvollen Gehülfen die Stelle eines königlichen Hofarchitecten zugesichert wurde. Wirklich erhielt dieser nach Belanger's Tode die Bestallung als Hofarchitect des Königs Ludwig XVIII. Im J. 1822 unternahm H. nach ernster und sorgfältiger Vorbereitung in Begleitung seines Schülers Zanth eine Reise nach Italien. Nachdem er einen Theil des südlichen Frankreichs, Turin, Mailand, Genua, Florenz, Siena, Perugia, Lucca, Viterbo, Ferrara, Vincenza, Pavia, Venedig, Rom und seine Umgebungen, Neapel und Pompeji besucht und neun Monate mit Zanth und Stier, einem jüngeren deutschen Architecten, in Sicilien zugebracht hatte, kehrte er 1824, reich an Zeichnungen und anderem wissenschaftlichen Material, nach Paris zurück. Seine interessantesten Arbeiten waren die genauen Aufnahmen von den berühmtesten Städten Siciliens und die Vermessungen von vielen antiken Tempeln und anderen Denkmälern des Alterthums, eine Menge merkwürdiger Ornamente in Marmor, Stein und gebrannter Erde. Die Resultate seiner Aufnahmen und Forschungen legte er in dem berühmten Werke nieder, welches erschien unter dem Titel: „Architecture antique de la Sicile par J. Hittorf et L. Zanth“, Paris 1826—30, 3 Bde. Fol. „Architecture moderne de la Sicile par J. Hittorf et L. Zanth“, Paris 1826 bis 1830, 1 Bd. Fol. Außer den Entdeckungen in Bezug auf das System der Construction und der äußeren Form der griechischen Gebäude fanden Hittorf's gewissenhafte Forschungen bei den griechischen Werken der Baukunst aus alten Zeiten den Gebrauch der Farben als charakteristische Zierde in ihren verschiedenen Nuancen von Glanz und Pracht, und mythischen Anspielungen. Diese Entdeckung entwickelte er in dem Werke „L'architecture polychrome chez les Grecs ou restauration du temple d'Empèdocle à Selinunte“. Später übersetzte er aus dem Englischen William Wilkins' Werk, „The unedited antiquities of Attica“. Diese Arbeit berichtigte er in mannigfacher Weise und erklärte dieselbe durch Anmerkungen und Zeichnungen. Nach der Juli-Revolution verlor H. seine Stelle als Architect des Königs; doch bald wurde er unter Ludwig Philipp wieder als Architecte en chef der Gouvernementsgebäude, welche zur sechsten Abtheilung der Stadt Paris gehörten, in den Staatsdienst gerufen. Auch unter dem neuen Kaiserreiche fanden seine eminenten Fähigkeiten gerechte Anerkennung. Das italienische Theater Favart, das Theater de l'Ambigu Comique, das Grabmonument für den Herzog von Berry, die Grabkapelle für die Herzogin von Kurland, der Platz de la Concorde in Paris, der Circus in den Champs Elysées, die architectonischen Verzierungen für das beabsichtigte Prachtwerk über die Krönungsfeier Karls X., das Fußgestell zum Obelisk von Luxor, die Brunnen auf dem Concordeplatz, das alles sind Werke, die glänzendes Zeugniß seiner künstlerischen Begabung und Fähigkeit gaben. Das ausgezeichnetste seiner zahlreichen Bauwerke ist aber die im Vereine mit seinem Schwiegervater Lepère aufgeführte prachtvolle Kirche St. Vincent de Paul. Diese Kirche ist ein glänzender monumentaler Beweis der Bedeutung des Namens, dem sie geweiht ist. Sie ist im Innern|ein interessantes Beispiel der Verbindung einer altchristlichen Basilica mit einer an streng griechischen Vorbildern gebildeten Ornamentation. Der Grundstein wurde 1826 gelegt, zur Vollendung kam der Bau 1844. Die Kirche liegt am Ende der rue hauteville auf einem der höchsten Punkte der Stadt Paris. Hittorf's künstlerische Meisterschaft ist allseitig ehrend anerkannt worden. Er wurde zum Mitglied des französischen Instituts, der Akademien zu Mailand, Berlin und München, der antiquarischen Gesellschaft zu London, zum Officier der Ehrenlegion, Ritter des rothen Adlerordens zweiter Klasse und der Friedensklasse des Ordens pour le mérite, Commandeur des päpstlichen Gregoriusordens und Präsident der Akademie der schönen Künste in Paris ernannt und vom royal institute of architectes in London erhielt er die große goldene Medaille.

  • Autor/in

    L. Ennen.
  • Zitierweise

    Ennen, Leonhard, "Hittorff, Jakob Ignaz" in: Allgemeine Deutsche Biographie 12 (1880), S. 504-506 unter Hittorf [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd11870527X.html#adbcontent

    CC-BY-NC-SA