Lebensdaten
1820 – 1899
Geburtsort
Halberstadt
Sterbeort
Berlin
Beruf/Funktion
Rabbiner ; Gründer des orthodoxen Rabbinerseminars in Berlin ; Theologe
Konfession
jüdisch
Normdaten
GND: 118704796 | OGND | VIAF: 42136152
Namensvarianten
  • Hildesheimer, Esriel
  • Hildesheimer, Israel
  • Hildesheimer, Esriel
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Zitierweise

Hildesheimer, Israel, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118704796.html [29.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Rabbi Löb Gilse in H.;
    M N. N.;
    Halberstadt 1840/41 N. N., T d. Aron Hirsch (1783–1842), Leiter d. Fa. Aron Hirsch u. Sohn;
    2 S, 1 T Hirsch (1855–1910), Dozent am Rabbiner-Seminar in B., Redakteur d. „Jüd. Presse“, Mitbegr. d. Hilfsver. d. dt. Juden, Meir (1864–1934), Prediger d. Gemeinde Adass Yisroel in B., vielseitig soz. tätig, Mitgl. d. Hauptvorstands d. Centralver. dt. Staatsbürger jüd. Glaubens, Verwalter d. schriftl. Nachlasses H.s (beide s. Enc. Jud.), Rosa ( Jakob Barth, 1914, Semitist, s. NDB I);
    N d. Ehefrau Aron Hirsch ( 1942), Metall- u. Hüttenindustrieller (s. NDB IX).

  • Biographie

    Seit 1835 studierte H. an der Talmudhochschule des Rabbiners Jakob Ettlinger in Altona, befaßte sich aber auch mit allgemeinen säkularen Fächern. 1840-44 hörte er in Berlin und in Halle Philosophie und semitische Philologie (Promotion 1844 mit der Arbeit: „Über die rechte Art der Bibelinterpretation“). Die nächsten Jahre war er Sekretär|der jüdischen Gemeinde Halberstadt. 1851 folgte er dem Ruf als Rabbiner nach Eisenstadt (Burgenland). Hier begründete er eine Rabbinerlehranstalt, an der außer den traditionellen talmudischen Lehrgegenständen auch allgemeine Fächer wie Mathematik, Deutsch und Latein gelehrt wurden. Diese Neuerungen riefen den Widerstand der strengen Orthodoxie hervor, und nur nach langen Kämpfen gelang es H., für seine Anstalt die staatliche Anerkennung zu erhalten. 1869 wurde er als Rabbiner an die orthodoxe Gemeinde „Adass Yisroel“ in Berlin berufen. 1873 gründete er dort ein Rabbinerseminar zur Ausbildung orthodoxer Rabbiner – allgemein als H.seminar bekannt –, dessen Rektor er bis zu seinem Tode blieb. Auch in diesem Seminar wurden außer den traditionellen Fächern neue Studien in den Lehrplan aufgenommen, wie hebräische Grammatik, jüdische Geschichte, Religionsphilosophie und Homiletik. Alle Fächer wurden vom Standpunkte des gesetzestreuen Judentums gelehrt. Das Rabbinerseminar bestand bis 1938, als es wie alle anderen jüdischen Institutionen in Deutschland aufgelöst wurde.

    H.s Prinzip war, die strenge Orthodoxie mit modernem Leben in Einklang zu bringen, ohne dabei auf die genaue Einhaltung des Religionsgesetzes zu verzichten. Er wurde einer der hervorragendsten Verfechter des streng-orthodoxen Judentums, auf das er durch seine zahlreichen Schüler einwirkte. – Neben seiner seelsorgerischen und pädagogischen Tätigkeit entfaltete er eine reiche soziale Wirksamkeit. Als einer der ersten interessierte er sich für das Schicksal der Juden Abessiniens, der Falaschas. Er setzte sich für das Wohl der Juden Palästinas sowie für den Bau von Wohnungen für arme jüdische Pilger in Jerusalem ein und kümmerte sich um die Unterstützung bedürftiger Juden im Heiligen Lande. Er befaßte sich auch mit dem Problem des Schächtverbotes, das in den 80er Jahren die jüdischen Gemeinden Deutschlands bedrohte.

  • Werke

    Die Verwaltung d. jüd. Gemeinde zu Halberstadt, 1849;
    Die Beschreibung d. herodian. Tempels im Traktate Middoth u. b. Flavius Josephus, 1876;
    Die Vatikan. Hs. d. Halachoth Gedoloth, 1885/86;
    Ges. Aufsätze, hrsg. v. M. Hildesheimer, 1923;
    Briefe, ausgew. u. hrsg. v. M. Eliav, 1965 (P).

  • Literatur

    ADB 50;
    Allg. Ztg. d. Judentums v. 9.7.1899;
    The Jewish World, 1899;
    S. Daiches, Rabbi I. H., 1900;
    J. Wohlgemuth, Rabbi E. H., Eine Gedenkrede, 1902;
    A. Berliner, I. H., 1903;
    Jüd. Lex. II, 1928 (P);
    Enc. Jud.;
    Universal Enc. V;
    Enc. Hebraica 14, 1960 (P).

  • Autor/in

    Israel Philipp
  • Zitierweise

    Uhlirz, Mathilde, "Hildesheimer, Israel" in: Neue Deutsche Biographie 9 (1972), S. 134-135 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118704796.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA

  • Biographie

    Hildesheimer: Israel H., Dr., hervorragender Theologe, geboren am 20. Mai 1820 zu Halberstadt, am 12. Juni 1899 in Berlin. Den ersten Unterricht erhielt H. in der Hascharoth-Zewi-Schule seiner Vaterstadt. Siebzehn Jahre alt, kam er nach Altona, woselbst er die talmudische Hochschule des Rabbiners Jakob Ettlinger besuchte und gleichzeitig auch das Studium der classischen Sprachen und profanen Wissenschaften mit Fleiß und Eifer betrieb. Nach zehnjährigem Aufenthalte daselbst kehrte er nach Halberstadt zurück und besuchte daselbst das Domgymnasium. Nach dem Tode seines Vaters R. Löb Gilse, der in ihm die hingebende Liebe zum traditionellen Judenthum erweckte, hatte seine verwittwete Mutter zu kämpfen, um ihrem begabten Sohne die weitere Fortbildung zu ermöglichen. Durch die Verlobung mit der Tochter des damaligen Chefs des Hauses Aaron Hirsch und Sohn, Joseph Hirsch, war H. aller materiellen Sorgen enthoben und konnte sich ganz seinen Studien widmen. 1840 bezog er die Universität in Berlin und war daselbst besonders eifrig philosophischen Studien hingegeben. Später besuchte er die Universität Halle, an der damals Gesenius und Rödiger lehrten und erhielt daselbst 1844 die philosophische Doctorwürde auf Grund seiner Inauguraldissertation „Ueber die rechte Art der Bibelinterpretation“. Er nahm dann wieder seinen Aufenthalt in Halberstadt, wo er ohne jeden Beruf einzig und allein seinen Studien lebte und war daselbst auch mit der Copirung alter Grabsteine des historisch wichtigen Friedhofes der jüdischen Gemeinde beschäftigt und mit Studien über die Septuaginta (vgl. seine Materialien zur Beurtheilung der LXX, Orient, 1848, Nr. 30 ff.). 1851 folgte er einem Rufe als Rabbiner der israelitischen Gemeinde nach Eisenstadt in Ungarn und hatte in diesem Lande neben seinen Kämpfen mit den Neologen auch solche|mit den Orthodoxen zu bestehen, die, entgegen seiner Anschauung, traditionelles Judenthum und moderne Bildung für unversöhnliche Gegensätze hielten. H. gründete in Eisenstadt neben einer Gemeindeschule auch eine solche zur Heranbildung von Rabbinern und entfaltete an derselben eine vielseitige Thätigkeit, indem er nicht bloß Bibelexegese, hebräische Grammatik und Talmud, sondern auch deutsche Sprache und Litteratur, Geschichte, Mathematik und classische Sprachen unterrichtete. 1869 folgte er einem Rufe an die in Berlin ins Leben gerufene orthodoxe Separatgemeinde „Adath-Jìsrael“ und gründete daselbst 1873 ein Rabbinerseminar, aus welchem Theologen hervorgingen, die auch die jüdische Wissenschaft mit Erfolg pflegen und nicht in so schroffem Gegensatze zu den modernen Strömungen im Judenthume sich befinden, wie die Anhänger von S. R. Hirsch, obwol sie selbst persönlich auf streng orthodoxem Standpunkte stehen. Von den wissenschaftlichen Arbeiten Hildesheimer's sind neben vielen in Zeitschriften zerstreuten Aufsätzen besonders zu erwähnen: „Die vaticamsche Handschrift der Halachoth Gedoloth besprochen und in Auszügen mitgetheilt“ (Berlin 1886); „Halachoth Gedoloth. Nach dem Text der Handschrift der Vaticana, herausgegeben und mit kritischen Noten versehen“ (Berlin 1888) und „Mufteach (Schlüssel) und Indices zu den Halachoth Gedoloth“ (Berlin 1892). Hervorzuheben wären noch die Willenskraft, die hingebende Selbstlosigkeit und die rastlose Thätigkeit im Dienste der Wohlthätigkeit und Menschenliebe, die ihm, dem hervorragenden Vertreter des orthodoxen Judenthums, auch in gegnerischen Kreisen die Hochachtung und Würdigung brachten, die er verdiente.

  • Autor/in

    Adolf Brüll.
  • Zitierweise

    Brüll, Adolf, "Hildesheimer, Israel" in: Allgemeine Deutsche Biographie 50 (1905), S. 329-330 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118704796.html#adbcontent

    CC-BY-NC-SA