Lebensdaten
erwähnt 1401, gestorben 1440
Geburtsort
Dieburg
Beruf/Funktion
katholischer Theologe ; pfälzischer Sekretär ; Geheimer Rat ; Verfasser der Theologia Deutsch ; Priester ; Kustos in Frankfurt
Konfession
katholisch
Normdaten
GND: 118702920 | OGND | VIAF: 208396650
Namensvarianten
  • Frankfurt, Johann von
  • Dyppurg, Johann von
  • Johannes de Francofurdia
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Zitierweise

Diepurg, Johann von, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118702920.html [29.03.2024].

CC0

  • Biographie

    Hinter dem Namen „der franckforter“ verbirgt sich der Verfasser einer der berühmtesten und einflußreichsten mystischen Schriften, der sogenannten „Theologia Deutsch“. Über ihn ist nur bekannt, daß er „eyn priester und eyn custoß yn der deutschen hern haüß zu franckfurt“ war; mehr wissen wir bis heute nicht, auch die neuerdings von W. Bingemer geäußerte Überzeugung, gemeint sei der „Ritter und Priester Heinrich von Bergen“, hängt bisher noch völlig in der Luft. Jedenfalls dürfte der Traktat aus den ersten Jahrzehnten des 15. Jahrhunderts stammen. – Nach Gedankenführung und Sprache gehört er in die Welt der deutschen Mystik, ist zumal von Tauler beeinflußt. Die ontologische Spekulation wird freilich ganz an den Rand geschoben und mit der thomistischen Theologie in Einklang gebracht; das Interesse gilt statt dessen der praktischen Frömmigkeit, im Mittelpunkt steht die Aufforderung zur Aufgabe des eigenen Willens, die die Seele für das Kommen Gottes und für die (in Analogie zur Inkarnation beschriebene) Einigung mit Gott freimachen soll. Dabei sind alle pantheistischen Konsequenzen peinlich vermieden, die Geltung der Kirche und ihrer Heilsmittel wird zwar nicht hervorgehoben, ist aber als selbstverständlich vorausgesetzt. – Der schlichte, innerliche Traktat wird erst seit der Reformation allgemein bekannt. Zuerst von dem jungen Luther, dann auch von den Spiritualisten L. Hätzer und Sebastian Franck durch den Druck verbreitet, ist er, zumal in den Ausgaben von Johann Arnd und Spener, ein besonders in der evangelischen Kirche viel gelesenes Erbauungsbuch geworden.

  • Werke

    W Eine zureichende Bibliogr. d. älteren Drucke sowie krit. Ausg. fehlen ; Vorarbbb. zu e. Bibliogr. b. F. Pfeiffer, Theologia Deutsch, ²1855, S. XI ff.;
    M. Windstosser, Etude sur la „Théologie Germanique“, Paris 1911, S. 8 ff.;
    Wertvollste Ausgg.:
    W. Uhl, Der Franckforter, ²1925 (nach d. ältesten, seit d. 2. Weltkrieg verschollenen Hs. v. 1497);
    G. Siedel, Theologia Deutsch, 1929 (nach d. wohl d. besten Text bietenden 2. Luther-Druck v. 1518).

  • Literatur

    E. Teufel, Die „Dt. Theol.“ u. Seb. Franck im Lichte d. neueren F I, in: Theol. Rdsch. NF 11, 1939, S. 304-15;
    G. Faggin, Maestro Eckhart e la mistica tedesca preprotestante, in: Storia universale della filosofia 10, Mailand 1946, S. 341 ff.;
    C. Vasoli, La „Teologia Tedesca“, in: Rivista Critica di storia della Filosofia 8, ebd. 1953, S. 63-80;
    K. Wessendorft, Ist d. Vf. d. „Theologia Deutsch“ gefunden?, in: Ev. Theol. 16, 1956, S. 188-92;
    G. Baring, Neues v. d. „Theologia Deutsch“ u. ihrer weltweiten Bedeutung, in: Archiv f. Ref.gesch. 48, 1957, S. 1-11;
    ders., Ludw. Hätzers Bearb. d. „Theologia Deutsch“ Worms 1528, in: Zs. f. KG 70, 1959, S. 218-30;
    J. J. Kiwiet, Die Theologia Deutsch u. ihre Bedeutung während d. Zeit d. Ref., in: Mennonit. Gesch.bll. 15, 1958, S. 29-35;
    Dict. de Théol. Cathol., Paris 1909 ff., IX, S. 1259 ff.;
    E. Krebs, in: Vf.-Lex. d. MA IV, Sp. 426-30;
    Hannemann, ebd. V, Sp. 1086;
    G. Baring, Die franz. Ausgg. d. „Theologia Deutsch“, in: Theol. Zs. 16, 1960, S. 176-91;
    EKL;
    RGG³;
    Schottenloher 36518 ff.

  • Autor/in

    Bernd Moeller
  • Zitierweise

    Moeller, Bernd; Haubst, Rudolf, "Diepurg, Johann von" in: Neue Deutsche Biographie 5 (1961), S. 350-351 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118702920.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA

  • Genealogie

    Aus d. Fam. Lägeler (od. Flaschner?) (Lagenator) in D.

  • Biographie

    Bei zwei Theologieprofessoren des 15. Jahrhundert hat sich an den Vornamen Johannes ein „de Franckfordia“ geheftet. In der Folgezeit hat das oft zu Verwechslungen geführt, obwohl der ältere J. schon 1401 als Magister artium von Paris an die Universität Heidelberg kam und dort bis zu seinem Tode blieb, während der jüngere Johann dem Frankfurter Dominikaner-Konvent (1440 als Prior) angehörte und an den Universitäten Köln (1440) und Wien (1445 Dekan) wirkte ( 1459). Dieser erscheint meist unter seinem Familiennamen Streler oder Strelarius, J. fast nur unter dem Autorennamen „de Franckfordia“ (oder Francfordiensis, auch Johann Frankfort). Von beiden sind Predigten überliefert, von Streler auch einige in Deutsch. Das Gros von dessen erhaltenen Werken beschränkt sich jedoch auf die Vorlesungen eines scholastisch orientierten Sententiariers (Kommentare zum biblischen Buch Ecclesiasticus und dem 1. Buch der Sententiae des P. Lombardus und Quaestiones zur Metaphysik des Aristoteles). J. trat besonders als Verfasser aktuellen Schrifttums sowie als Festredner und Prediger hervor.

    Schon ehe J. 1416 einen der 3 theologischen Lehrstühle zu Heidelberg erlangte, wurde er (1406, dann wieder 1416 und 1428/29) Rektor der Universität. Seit 1413 war er Kanonikus und (Universitäts-)Prediger am Heiliggeiststift. Auf den Spuren seines Lehrers Matthäus von Krakau und seines Kollegen Nikolaus Jauer faßte|er schon 1412 in einer öffentlichen Disputation abergläubische Praktiken im Volke, auch den beginnenden Hexenwahn (die vetula-Vorstellung) und eine primitive Überschätzung des Einsiedlerlebens, vor allem aber die Dämonenangst und Teufelsbeschwörung kritisch ins Auge. Vom Klerus und der weltlichen Obrigkeit forderte er deren energische Bekämpfung durch Belehrung und andere Maßnahmen. In einer weiteren Quaestio disputata behandelte er 1421 die Heiligenverehrung. „Zu Ehre Gottes und zum Trost“ in der unruhigen Zeit verfaßte er 1414 einen Traktat über die göttliche Vorsehung.

    Kurfürst Ludwig III. von der Pfalz schenkte J. besonderes Vertrauen. Als dessen Sprecher begrüßte er 1419 in Savoyen dessen Braut, 1420 in Frankreich den König von England. Nach Rückkehr von einer Pilgerfahrt ins Heilige Land hielt er 1427 in Venedig die Dankrede an den Dogen. Im Feldlager vor Saaz in Böhmen widmete er seinem Fürsten 1421 eine Widerlegung der „vier Artikel“ der hussitischen Utraquisten. Für ihn schrieb er auch gegen die Juden einen rein theologisch argumentierenden Traktat. So war J. zugleich „Hoftheologe“ Ludwigs III. Als welt- und zeitnahe erweisen ihn auch ein kleiner Beitrag zur Wirtschaftsethik (De contractibus) sowie eine Veröffentlichung gegen Mißbräuche bei der Femejustiz. Daß er selbst im Februar 1425 und am 4.7.1429 als „Inquisitor haereticae pravitatis“ an Prozessen beteiligt war, die mit Verbrennungen endeten, beweist für damals nicht mehr und nicht weniger, als daß er sich als „Hüter der reinen Lehre“ verstand.

    Von besonderer theologischer Prägnanz sind seine Universitäts- und Volkspredigten. Die letzteren, ein Predigtwerk für alle Sonntage des Kirchenjahres, sind in einer Inkunabel gedruckt, in deren Titel der Verfasser „Exquisitor (!) des Basler Konzils“ genannt wird. Das kann nur auf J. gemünzt sein. Seine Autorschaft wird auch durch inhaltliche Übereinstimmungen mit den Universitäts-Predigten sowie zum Beispiel durch das wiederkehrende pointierte Dictum, daß der Teufel „den Menschen das rechte Augen ausreiße, damit sie die Herrlichkeit Gottes nicht erkennen“, erhärtet. Seine besten Predigtgedanken finden sich in der „Theologia deutsch“ wieder.

  • Werke

    u. a. Quaestiones disputatae: Utrum potestas coercendi daemones fieri possit per characteres, figuras aut verborum prolationes, gedr. in: J. Hansen, Qu. u. Unterss. z. Gesch. d. Hexenwahns, 1901, S. 71-82;
    Utrum sancti … possint intercessionibus nostris invocari (Trier, Stadtbibl., Hs. 743/1424);
    De providentia et praescientia Dei (ebd., Hs. 698/260);
    Tractatus contra Hussitas (ebd., Hs. 743/1424);
    Concordantiae contra Judaeos (Wien, Pal. 4215);
    De contractibus (Kues, Cod. 99);
    Contra scabinos occulti iudicii Feymeros appellatos, gedr. in: M. Freher, De secretis iudiciis, 1762. -
    6 Univ.-Predigten: Trier, Hs. 60/1022;
    4 weitere jetzt in d. Dombibl. Wroclaw Nr. 40 (Ex donatione A. Franz);
    Sermones perbreves, sed multum notabiles et formales, de tempore … J. de f. heretice bravitatis (!) exquisitoris consilii (!) basiliensis, o. J.;
    Hain 7352. -
    Zu Johs. v. Frankfurt d. J. (Streler): Autograph (Ms. Praed. 20 d. Stadt- u. UB Frankfurt/M.).

  • Literatur

    A. Franz, Der Magister Nik. de Jawor, 1898, S. 84-87 u. ö.;
    G. Ritter, Die Heidelberger Univ., 1906, S. 339-47 u. ö.;
    N. Adler, in: Das Hl. Land 86, 1954, S. 1-10, 90, 1958, S. 68-76;
    R. Haubst, J. v. F. als d. mutmaßl. Vf. v. „Eyn deutsch Theologia“, in: Scholastik 33, 1958, S. 375-98;
    ders., Welcher „Frankfurter“ schrieb d. „Theologia deutsch?“, in: Theol. u. Phil., 1973, S. 218-39;
    ders., ebd., 1974, S. 264-66 (z. Thomas-Rezeption b. J.);
    H. Heimpel, Drei Inquisitionsverfahren a. d. J. 1425, 1969, bes. S. 227;
    F. Hoffmann, Ein Traktat d. J. de F. üb. d. Vorsehung u. d. Vorwissen Gottes, in: Recherches de Théol. ancienne et médiévale, 1974. - Zu Johs. v. Frankfurt d. J. (Streler):
    G. Powitz, Die Hss. d. Dominikanerklosters u. d. Leonhardstifts in Frankfurt a. M., 1968, S. XVIII-XX, 43-47.

  • Autor/in

    Rudolf Haubst
  • Zitierweise

    CC-BY-NC-SA

  • Biographie

    Diepurg: Johann v. D. (Dyppurg), auch Johannes de Francofurdia genannt, lebte in der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts. Die Entstehungsgeschichte der Universität Heidelberg erwähnt noch eines Berthold v D. Johann, vielleicht ein Verwandter desselben, erlangte in Heidelberg die verschiedenen akademischen Würden eines Baccalaureus, eines Magisters und Doctors. Im J. 1406 war er Rector der Universität. Ihm werden neben scharfem Verstande und bedeutendem Redetalent Gewandtheit und Vertrautheit mit Volkssprache und Poesie nachgerühmt. Möglich, daß ihn diese Gaben dem Pfalzgrafen Ludwig empfahlen, dessen Caplan und Secretär er war und dem er als Gesandter wiederholte Dienste leistete, so daß er sein Geheimrath wurde. In einer eigenhändigen Notiz, welche sich in der Ausgabe seiner Schrift „Contra Scabinos occulti judicii Feymaros appellatos“ abgedruckt findet, nennt er sich einen „Inquisitorem haereticae pravitatis“ und führt als Beweis dieser inquisitorischen Thätigkeit aus dem J. 1429 die Thatsache an, daß er in der Diöcese Herborn einen ketzerischen Ungläubigen widerlegte, der nachher verbrannt worden sei. Wie die angeführte Schrift gegen die Schöffen der Vehme, so ist auch eine andere unter seinen schriftstellerischen Arbeiten charakteristisch für die Zeit, worin er lebte, nämlich eine Schrift gegen die Hussiten; die Universität Heidelberg blieb nicht unberührt von den durch die Hussiten heraufbeschworenen Bewegungen innerhalb der kirchlichen Lehrmeinungen. Zwei andere Schriften handeln „De contractibus“ und „De praedestinatione“. Von seiner Vertrautheit mit der Volkssprache und Poesie zeugt eine fernere Schrift, deren unter dem Titel „Sermones populares“ gedacht wird. Auch verfaßte er mehrere Reden und zwar|zum Theil politische, wie er sie z. B. vor dem König von Frankreich, von England und vor dem Herzog von Savoyen entweder zu halten gedachte oder wirklich gehalten hatte. — Erwähnt wird D. bei Hautz, Geschichte der Universität Heidelberg I. S. 234. 244, sowie in Joh. Schwab's Quatuor seculorum syllabus rectorum qui ab anno 1386—1786 in academia Heidelbergensi magistratum academicum gesserunt p. 31. 32.

  • Autor/in

    Alberti.
  • Zitierweise

    Alberti, Eduard, "Diepurg, Johann von" in: Allgemeine Deutsche Biographie 5 (1877), S. 138-139 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118702920.html#adbcontent

    CC-BY-NC-SA