Lebensdaten
1895 – 1956
Geburtsort
Lyon
Sterbeort
London
Beruf/Funktion
Pianist ; Klavierpädagoge
Konfession
evangelisch
Normdaten
GND: 118694820 | OGND | VIAF: 51875300
Namensvarianten
  • Gieseking, Walter Wilhelm
  • Gieseking, Walter
  • Gieseking, Walter Wilhelm
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Zitierweise

Gieseking, Walter, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118694820.html [28.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Wilhelm (1869- n. 1913), Dr. med., Arzt, Insektensammler u. -händler;
    M Martha Bethke (1870–1925), aus Berlin;
    Hannover 1925 Anni ( 1955), T d. Rittmstr. u. Ing. Hermann Haake u. d. Anna Menne;
    2 T.

  • Biographie

    G. verlebte seine Jugend an der französischen und italienischen Riviera. Er besuchte keine Schule, sondern wurde privat unterrichtet und nahm bereits mit 4 Jahren die ersten Musikstunden. 1911 übersiedelte die Familie nach Hannover. Dort erhielt G. 1912-17 als Schüler des bekannten Pädagogen Karl Leimer, dem Leiter des Städtischen Konservatoriums, seine pianistische Ausbildung. Zwischen 1916-18|war er beim Militär als Regimentsmusiker (Pauker). Seine Konzerttätigkeit, die G. nach dem 1. Weltkrieg begann, führte sehr bald zu großen Erfolgen in Deutschland (1. Konzert in Berlin 1920) und ab 1921 auch im europäischen Ausland. Der ersten Konzertreise durch Amerika 1926 folgten Gastspielreisen in alle Kontinente, und seit etwa 1930 zählte G. zu den gefeiertsten Pianisten seiner Generation. Nach 1945 wurde seine Laufbahn längere Zeit von der Politik überschattet, da er – obwohl selbst politisch nicht aktiv – Tourneen in den von Deutschland besetzten Gebieten durchgeführt hatte. Erst ab 1947 konnte G. wieder konzertieren und erhielt gleichzeitig einen Ruf als Leiter der Meisterklasse für Klavier an das Saarländische Konservatorium in Saarbrücken. Große Erfolge auf Konzertreisen (zuerst 1948 in Paris, später in der Türkei, in Südamerika und in den europäischen Hauptstädten) wurden unterbrochen von politischen Protestdemonstrationen jüdischer Kriegsveteranen gegen sein Auftreten (New York 1949 und 1953, Melbourne 1952). Erst seit 1954 konnte G. unbehindert und triumphal gefeiert wieder in der ganzen Welt konzertieren. Nach einem glücklich überstandenen Autounfall (1955) reiste G. 1956 zu Schallplattenaufnahmen nach London. Dort starb er nach einer Operation.

    Grundlage der bis in die letzten Feinheiten ausgewogenen Technik G.s bildete die von K. Leimer begründete Methode des Klavierspiels, von der G. betont, daß er ihr seine „gesamte Ausbildung als Pianist verdanke“. Dieses System Leimer-Gieseking: Training des Gehörs (aufmerksamste Selbstkontrolle bei einer bewußt rationellen Übungsweise), Training des Gedächtnisses (vollständiges Einprägen des Notenbildes einer Komposition durch „Reflexion“ sowie unbedingtes Festhalten an der Notation), Erreichen einer völlig natürlichen Spielweise durch Entspannung der Muskeln (“Relaxation“), Ruhe und Sparsamkeit in bezug auf die Körperhaltung (bewußte Beherrschung aller Anschlagnuancen), hat G. zeitlebens in geradezu idealer Weise verwirklicht und als Pädagoge weitergegeben. – G. hatte eine seltene körperliche Affinität zum Klavier, nicht zuletzt auf Grund seiner robusten Statur und Konstitution wie auch seiner besonders großen Hand (Umspannen der Tredezim). Dank seines außergewöhnlichen musikalischen Gedächtnisses verfügte er unter allen Klaviervirtuosen seiner Zeit über das größte Repertoire, das alle Epochen vom Barock bis zur Musik des 20. Jahrhunderts umfaßte. Seine exakten Wiedergaben der Werke Bachs und der Wiener Klassiker, vor allem Mozarts, sind stilprägend geworden und haben entscheidend die moderne, seit etwa 1930 aufkommende, antiromantische Spielweise mitbestimmt. Die größten Erfolge aber brachten ihm seine Interpretationen der Klaviermusik des französischen Impressionismus (Debussy, Ravel), die durch seine differenzierte Anschlagskunst und seinen Sinn für die Klangfarben des Klaviers international als authentisch angesehen wurden. Sein frühzeitiges und energisches Eintreten für die jungen Komponisten (Strawinsky, Hindemith, Bartók) hat wesentlich dazu beigetragen, daß die moderne Klaviermusik zu einem festen Bestandteil der Konzertprogramme werden konnte. – G. hat seine Erfahrungen als Pianist und Lehrer auch in vielbeachteten Aufsätzen weitergegeben. Seine eigenen Kompositionen dagegen sind überschattet von seinem Ruhm als nachschaffender Künstler.

  • Werke

    u. a. Schriften: Leimer-Gieseking, Modernes Klavier-Spiel, 1931;
    dies., Rhythmik, Dynamik, Pedal, 1938 (engl. 1938);
    Moderne Anschlagsprobleme, in: Festschr. d. Dt. Ak. f. Musik u. Darst. Kunst in Prag 1920–30, 1931;
    Wie spielt man Ravels Klaviermusik?, in: Melos 14, 1947;
    Wie Künstler üben, in: Dt. Tonkünstlerztg., 1937;
    So wurde ich Pianist, 1963. - Kompositionen: Quintett f. Bläser u. Klavier, 1920;
    3 Tanzimprovisationen f. Klavier, 1927;
    Konzert-Sonatine f. Violoncello u. Klavier. - Hrsg.: F. Schubert, Impromptus u. Moments musicaux, Urtextausg. o. J. - Zahlr. Schallplattenaufnahmen.

  • Literatur

    K. Blaukopf, W. C, in: Große Virtuosen, 1954 (viele P);
    K. Wagner, in: MGG V, Sp. 103 f. (W, L).

  • Autor/in

    Ernst Waeltner
  • Zitierweise

    Waeltner, Ernst, "Gieseking, Walter" in: Neue Deutsche Biographie 6 (1964), S. 384.385 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118694820.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA