Lebensdaten
1565 – 1614
Geburtsort
Augsburg
Sterbeort
Heidelberg
Beruf/Funktion
Jurist ; Historiker ; Publizist ; Diplomat ; Staatsmann
Konfession
reformiert
Normdaten
GND: 118693077 | OGND | VIAF: 49258063
Namensvarianten
  • Freher, Marquard Friedrich
  • Freher, Marquard
  • Freher, Marquard Friedrich
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Zitierweise

Freher, Marquard, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118693077.html [29.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Marquard ( 1601, s. Einl.);
    M Felicitas (1544–1604), T d. Augsburger Patriziers Anton Mennhard, auf Wiggensbach, u. d. Anna Rem;
    Schw Ursula (1580–1610, 1598 Joh. Adolf v. Glauburg, 1556–1611, Patrizier in Frankfurt/M.);
    1) 1593 Katharina, T d. Dr. med. Heinr. Weyer (Wier, 1590), kurtrier. Leibarzt (s. Jöcher IV), E d. Dr. med. Joh. Weyer (1515–88), hzgl. jülich. Leibarzt u. frühzeitiger Bekämpfer d. Hexenwahns (s. ADB 42), 2) 1599 Margarethe, T d. kurpfälz. Hofmarschalls Joh. Bock v. Erfenstein u. d. Anna Quadt v. Wickrath;
    2 S (jung †), 1 T Luise Christine ( n. 1646, 1631 Dr. iur. Justin Hardesheim [Herdesian, 1584-1646], Rechtskonsulent in Nürnberg).

  • Biographie

    Nach dem Studium in Altdorf, Basel und Bourges, wo ihn Jacques Cujas 1585 zum Lizentiaten der Rechte promovierte, trat F. in kurpfälzische Dienste und wurde 1596 als Nachfolger des Julius Pacius professor codicis in Heidelberg. 2 Jahre später vertauschte er die Universitätslaufbahn wieder mit dem unmittelbaren Fürstendienst, in dem er es zum Geheimen Rat und Vizepräsidenten des Hofgerichts brachte. Als Diplomat, den seine Missionen bis nach Polen führten, und Publizist, der vor allem die literarische Fehde mit Christoph Gewold in München um die Zuständigkeit von wittelsbachischer Kur, Truchsessenamt und Reichsvikariat ausfocht, wurde er zu einem der führenden Organe der calvinisch-ständischen Reichs- und Europapolitik der Regierung Kurfürst Friedrichs IV., der ihn 1605 mit Oberlustadt bei Germersheim belehnte. Noch größer ist seine Bedeutung jedoch in der Wissenschaftsgeschichte, wo der gelehrte Jurist der Cujasschule zum Philologen und Historiker, der Romanist zum Germanisten wurde. In Gemeinschaft zumal mit Goldast hat F. entscheidend zur Erschließung der deutschen Literatur des Mittelalters beigetragen – die Beschäftigung mit Williram, Otfrid und der Manessischen Liederhandschrift ist mit seinem Namen verknüpft! – als Quelleneditor, besonders durch seine „Germanicarum rerum scriptores aliquot insignes“ (3 Bände, Frankfurt/Main 1600/02 und Hanau 1611, ²Frankfurt/Main 1624/37, ³ediert B. G. Struve, Straßburg 1717) mit ihrem einleitenden Verzeichnis der mittelalterlichen Geschichtsschreiber, bis ins 18. und 19. Jahrhundert nachgewirkt und mit seinen „Origines Palatinae“ (Heidelberg 1599, ²2 Bände, ebenda 1612 f., ³ediert J. M. Rüdiger, ebenda 1686, ⁴ediert J. J. Reinhard, Karlsruhe 1748) eine Grundlage für alle spätere pfälzische Geschichtsforschung geschaffen. Als Sammler, dilettierender Künstler und Poet einer der Hauptvertreter des als großer Verwandten- und Freundeskreis organisierten Heidelberger Späthumanismus ist er gleichzeitig einer der wichtigsten Verbindungsleute hinüber ins Zeitalter der Polyhistorie.

  • Werke

    Weitere W u. a. Tractatus de existimatione adquirenda, conservanda et amittenda …, Basel 1591;
    Rerum Moscoviticarum auctores varii, Frankfurt/M. 1600;
    De statura Caroli Magni Imperatoris φιλοπόνημα …, o. O. u. J. (1600?);
    Johannis Trithemii … opera historica, 2 Bde., Frankfurt/M. 1601;
    Rerum Bohemicarum antiqui scriptores aliquot insignes …, 2 Bde., Hanau 1602;
    De re monetaria veterum Romanorum et hodierni apud Germanos imperii libri duo, Hei delberg 1605;
    Cecropistromachia, antiqua duelli gladiatorii sculptura in sardonyche exposita, ebd. 1607;
    Weyrich Wettermann (Ps.), Hist. Ber. v. d. Wetterauw …, Frankfurt/M. 1608;
    Orationis Dominicae et Symboli Apostolici Alamannica versio vetustissima, o. O. (Heidelberg?) 1609;
    De secretis judiciis olim in Westphalia aliisque Germaniae partibus usitatis …, Heidelberg 1610, ed. J. H. D. Göbel, Regensburg 1762 (darin S. 39-96: De vita scriptisque Freheri);
    Foederis Ludovici Germaniae et Karoli Galliae regum … apud Argentoratum anno 842 percussi formulae …, o. O. 1611;
    Corpus Francicae historiae veteris et sincerae, Hanau 1613;
    De Lupoduno, antiquissimo Alemaniae oppido, commentariolus, Heidelberg 1618.

  • Literatur

    ADB VII;
    M. Adam, Vitae Germanorum Jureconsultorum et Politicorum, Heidelberg 1620, S. 473-79 (W);
    J. Brucker, Ehren-tempel d. Dt. Gelehrsamkeit, Augsburg 1747, S. 106-10 (P);
    K. Zangemeister, Zur Gesch. d. großen Heidelberger, sog. Maness. Liederhs., in: Westdt. Zs. f. Gesch. u. Kunst 7, 1888, S. 325-71;
    K. Obser, Zur Lebensgesch. M. F.s, in: Neues Archiv f. d. Gesch. d. Stadt Heidelberg u. d. rhein. Pfalz 4, 1901, S. 143-46;
    Ph. Kautzmann, M. F., in: Mannheimer Gesch.bll. 7, 1906, Sp. 71-75 (P);
    J. Dünninger, Gesch. d. dt. Philol., in: Dt. Philol. im Aufriß, hrsg. v. W. Stammler, I, ²1957, Sp. 105;
    Zedler IX, Sp. 1802 ff. (W);
    Jöcher II, Sp. 536 f. (W);
    Ersch-Gruber I, 48 (W);
    Nouv. Biogr. 18 (W);
    Stintzing-Landsberg I, bes. S. 680 ff.

  • Porträts

    Kupf. v. Ae. Sadeler, 1618 (München, Staatl. Graph. Slg.), Abb. b. F. Walter, Gesch. Mannheims v. d. ersten Anfängen b. z. Übergang an Baden (1802), = Mannheim in Vergangenheit u. Gegenwart I, 1907, S. 124. – Zur Gesamtfam.: H. W. Singer, Allg. Bildniskat. IV, 1931, Nr. 26834/50 u. 29807 ff.

  • Autor/in

    Peter Fuchs
  • Zitierweise

    Fuchs, Peter, "Freher, Marquard" in: Neue Deutsche Biographie 5 (1961), S. 392-393 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118693077.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA

  • Biographie

    Freher: Marquard F., Gelehrter und Staatsmann, geb. 26. Juli 1565 zu Augsburg, gest. 13. Mai 1614 zu Heidelberg. Seine Familie war einige Generationen früher von Dinkelsbühl in Augsburg eingewandert und zählte mehrere verdiente Männer in ihren Reihen. Sein gleichnamiger Vater hatte zuletzt das Amt eines Kanzlers bei dem Kurfürsten Casimir von der Pfalz bekleidet. F. selbst besuchte schon in seinem 15. Jahre die Universität Altdorf und widmete sich dort mit Erfolg der Rechtswissenschaft. Von da wendete er sich nach Bourges, wo ihn im Mai 1585 Cujacius zum Licentiaten juris promovirte. Die wissenschaftliche Richtung, zu der F. in Altdorf und Bourges den Grund gelegt hat, war eine durchaus solide und fruchtbare, auch keine einseitige, denn er hat später nach verschiedenen Seiten hin, auf dem Gebiete der Rechtswissenschaft, des deutschen Alterthums und der Geschichte sich als Schriftsteller ausgezeichnet. Nach seiner Rücklehr aus Frankreich ernannte der Administrator der Pfalz, Johann Casimir, den noch jungen Mann zu seinem Rathe und im J. 1596 übertrug Kurfürst Friedrich IV. ihm nach Pacius' Tode die Professur des römischen Rechtes. In dieser Berufsthätigkeit ist F. eine Reihe von Monaten hindurch durch die heftig auftretende sog. Pest unterbrochen worden und hat die unwillkührliche Mußezeit in Köln zugebracht. Bald darauf (noch im J. 1598) wurde er aber dem Lehrberufe gänzlich entzogen, indem ihn der Kurfürst in Anbetracht seiner praktischen Brauchbarkeit in seine unmittelbaren Dienste zog. In dieser Vertrauensstellung hat ihn Friedrich IV. theils zu diplomatischen Geschäften, die ihn bis nach Polen führten, theils zu litterarischen Arbeiten, vorzugsweise staatsrechtlicher Natur im Interesse seiner Dynastie und seines Landes verwendet. Seine Zufriedenheit mit dem Dienste Freher's hat er ihm u. a. durch die Ernennung zum Vicepräsidenten und durch die Schenkung eines heimgefallenen Rittergutes bezeigt. Aber auch darüber hinaus war die Stellung Freher's vor allem um seiner gelehrten Thätigkeit willen eine in der Nähe und Ferne hochgeachtete und stand er mit vielen hervorragenden Gelehrten in enger Verbindung. Jedoch schon im J. 1614 hat den noch nicht Funfzigjährigen der Tod hinweggenommen.

    Wie bereits angedeutet, war die wissenschaftliche Bildung und Wirksamkeit Freher's eine vielseitige und bewegte sich auf den verschiedensten Gebieten, die aber doch alle eine historische Grundlage hatten. Er war überhaupt ein seiner, auch künstlerisch und dichterisch angelegter Geist. Seine Schriften bezeigen alle eine nicht gewöhnliche Gelehrsamkeit, Umsicht und vielen Scharfsinn. Seine staatsrechtlichen Streitschriften behandeln Angelegenheiten und Ansprüche des pfälzischen Hauses. Aus dieser seiner officiellen Thätigkeit heraus entstanden mittelbar auch seine „Origines Palatinae“, ein für seine Zeit wichtiges geschichtliches Werk, dem er durch Herbeiziehung urkundlichen Materials eine feste Basis zu geben verstand. Sehr geschätzt waren seine in das Gebiet der Rechtsalterthümer einschlagenden „Commentarii de secretis judiciis olim in Westphalia etc.“, zuerst Heidelberg 1599, sowie|seine Untersuchung über das alte Ladenburg (Lupodunum). Nicht minder wurden seine das Gebiet der Münzkunde berührenden Untersuchungen anerkannt. Ganz besonderes Verdienst hat er sich als Herausgeber von Sammlungen böhmischer, französischer, deutscher Geschichtsquellen erworben. Auch eine Ausgabe der Opera historica des Trithemius hat er veranstaltet. Der erste Band der deutschen Geschichtsquellen bringt als Einleitung ein Directorium, d. h. ein Verzeichniß der deutschen Geschichtsschreiber aller Art, ein Versuch, der für seine Zeit höchst dankenswerth war und von Sagittarius und Köhler wiederholt wurde. Seine Arbeiten über deutsches Recht und deutsche Geschichte haben ihn zugleich auf das Studium der alten germanischen Sprachdenkmäler geführt, und verdanken einige der wichtigsten unter den kleineren derselben ihm ihre Herausgabe. Denn auch auf Handschriftliches haben sich diese seine Kenntnisse und sein Forschungseifer ausgedehnt (vgl. Rud. Raumer, Geschichte der germanischen Philologie, vorzugsweise in Deutschland, München 1870, S. 50—52), und hier wie anderwärts mußte er manchen noch unausgeführten Plan mit in sein Grab nehmen. Aber auch so war es ein reiches und wohl verwendetes Leben, das im J. 1614 zu Heidelberg zu Ende ging. Seine reichhaltige Büchersammlung ist in die öffentliche Heidelberger Bibliothek übergegangen.

    • Literatur

      J. D. Göbel in der Einleitung zu seiner Ausgabe des Commentars de secretis judiciis.Adami, Vitae Ictorum germ. p. 216 sqq. — J. Brucker, Ehrentempel der deutschen Gelehrsamkeit, 7. Thl. S. 106—110. —
      Jöcher, Gelehrtenlexikon, 2. Thl. S. 735 ff., mit Aufzählung der Schriften Freher's. — Ersch und Gruber, Encyclopädie, 48. Thl. S. 416—417.

  • Autor/in

    Wegele.
  • Zitierweise

    Wegele, Franz Xaver von, "Freher, Marquard" in: Allgemeine Deutsche Biographie 7 (1878), S. 334-335 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118693077.html#adbcontent

    CC-BY-NC-SA