Lebensdaten
1670 – 1736
Geburtsort
Venedig
Sterbeort
Wien
Beruf/Funktion
Musiker ; Komponist
Konfession
katholisch
Normdaten
GND: 118666584 | OGND | VIAF: 2655601
Namensvarianten
  • Caldara, Antonio
  • Caldar, A.
  • Kaldar, A.
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Zitierweise

Caldara, Antonio, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118666584.html [19.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    Cattarina Petroli;
    1 T.

  • Biographie

    Früh in Viola- und Cellospiel, in Komposition von G. Legrenzi unterwiesen, trat C. mit 19 Jahren als Opernkomponist hervor, war 1693-1700 Cellist an San Marco und, indes auch mit Kirchen- und Instrumentalwerken erfolgreich, 1700-07 Hofkapellmeister zu Mantua. Er ging über Venedig und Rom als Kammerkomponist Karls III. (VI.) nach Barcelona (1708/09), kehrte nach Italien zurück und diente 1712 sowie 1713/14 nach römischem Zwischenaufenthalt als Titularhofkapellmeister in Wien. 1715 in Bologna und Rom nachweisbar, wurde er 1716 unter günstigsten Bedingungen Vizekapellmeister am Wiener Hof. Rastlos schuf er für diesen, Salzburg (Kirchenwerke und 12 Opern 1716 bis 1728), Graz und Linz und die Hocharistokratie (Schrattenbach, Questenberg), zudem ab 1723 J. J. Fux als Dirigent ganz vertretend; er war Dekan der Caecilien-Bruderschaft. - Der Opernkomponist spätvenezianisch-neapolitanischer Richtung hat Höchstleistungen mit prächtiger Melodik voll Empfindung und Ausdruckskraft wie „Dafne“ (1719) neben vielen formal makellosen Routinewerken geschaffen, mit flüssiger, satztechnisch und deklamatorisch sorgfältiger Seccorezitativarbeit und vollreifer, den älteren Continuo-Typ überwindender Da-Capo-Arientechnik. Im Oratorium schlagfertiger Dramatiker (Sepolcro-Chöre!), meisterte er im Kirchenschaffen a-capella-Polyphonie (Missa canonica), venezianischen, fallweise kühn chromatischen Chorstil (3stimmige Motette „Laboravi in gemitu meo“, 16stimmiger Crucifixus) und neapolitanischer Arien- und Instrumentalstil (Missa dolorosa). Für Wien postulierte er den durch seinen Schüler G. Reutter den Jüngeren Haydn und Mozart übermachten Typ der Kantatenmesse. Vielseitig auch im weltlichen Vokalwerk (Kantaten, Madrigale), krönte er mit spätbarocken Triosonaten die italienische Entwicklung der Gattung, verwertete Anregungen des Konzerts in neapolitanische Sinfonia vor französischer Ouvertüre bevorzugenden Instrumentaleinleitungen und bereitete in tonaler Disposition und Besetzung Sonatenform und Quartett der Klassik vor, deren Kanonpflege auf ihn und Fux zurückgeht. Als Klavierkomponist toccatenhaft-fugierter Stücke ist er bemerkenswert. Seine Auswirkungen nach Dresden sind verbürgt. Noch in Paoluccis „Arte Pratica“ (I, 1765) beispielhaft herausgestellt, wurde seine Kirchenmusik Anregungsfaktor für J. S. Bach, G. Ph. Telemann und den Tschechen F. Miča.

  • Werke

    78 Opern u. szen. Kantaten;
    38 Oratorien u. ä.;
    üb. 20 Messen;
    üb. 60 kleinere geistl. Werke (Proprien, Te Deum, Motetten);
    üb. 100 weltl. Kantaten;
    zahllose Einzelarien;
    üb. 40 Madrigale;
    üb. 300 Kanons;
    12 Sonate da chiesa a 3, op. I, Venedig 1693, ²1700;
    12 Sonate da camera a 3, op. II, ebenda 1699, ²1701;
    hs. Sonate a 4, Sinfonie etc.;
    4 Bde. Klaviermusik. - Neudr.: Kirchenwerke, hrsg. v. E. Mandyczewski, in: DTÖ XIII/1, 1906 (P);
    Stabat mater, in: A. Schering. Gesch. d. Musik in Beispielen, 1931;
    Weltl. Vokalwerke, hrsg. v. K. Geiringer, in: DTÖ XXXIX, 1932;
    Madrigale, hrsg. v. dems., in: Chorwerk, H. 25, 1933;
    Arien, in: L. Landshoff, Alte Meister d. Bel Canto, o. J.;
    Kanons, in: F. Jöde, Der Kanon, 1937;
    Triosonaten op. I/4, 6, hrsg. v. W. Upmeyer, in: Nagels Musikarchiv, Nr. 5, 12, op. I/5,9, hrsg. v. E. Schenk, in: Hausmusik, Nr. 59, 121, op. II/3, hrsg. v. dems., ebenda, Nr. 85, op. II/4, hrsg. v. K. Geiringer, in: Continuo;
    s. a. R. Eitner, Verz. neuer Ausg. alter Musikwerke, 1871.

  • Literatur

    ADB III;
    F. Torrefranca, Poeti minori del Clavicembalo, in: Rivista Musicale Italiana 17, Turin 1910;
    A. Schering, Gesch. d. Oratoriums, 1911;
    P. Griesbacher, Kirchenmusikal. Stilistik u. Formenlehre I, 1913;
    G. Renker, Das Wiener Sepolcro,|Diss. Wien 1913 (ungedr.);
    V. Helfert, Hudební Barok na Českých Zámcích, 1916;
    ders., Hudba Jaroměřickém Zámku, F. Miča 1696-1745, 1925;
    A. Gmeyner, Die Opern M. A. C.s Diss. Wien 1927 (ungedr.);
    E. Schenk, Nagels Musikarchiv, in: Zs. f. Musikwiss. 12, 1929/30;
    ders., DTÖ, Reutter d. J., Kirchenwerke, in: Anz. d. Österr. Ak. d. Wiss., phil.-hist. Kl., Jg. 90, Wien 1954;
    E. I. Luin, Sulla vita e sulle opere di A. C., in La Scuola Veneziana - Ac. musicale Chigiana, Siena 1941 (P);
    dies., Unbekanntes aus d. Blütezeit d. Salzburger Operngesch., in: Alpen-Journal, Salzburg Juli/Aug. 1946 (P);
    K. Schönbaum, Btrr. z. solist. kath. Kirchenmusik d. Hochbarocks …, Diss. Wien 1951 (ungedr.);
    Fétis II;
    Eitner II;
    B. Paumgartner, in: MGG (W, L, Ölgem. [Liceo Musicale Bologna]).

  • Autor/in

    Erich Schenk
  • Zitierweise

    Schenk, Erich, "Caldara, Antonio" in: Neue Deutsche Biographie 3 (1957), S. 93-94 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118666584.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA

  • Biographie

    Caldara: Antonio C., gewandter und vielseitig productiver Componist, geb. in Venedig 1670, in Wien 1736. Er erhielt in Venedig von Giovanni Legrenzi seine musikalische Ausbildung. Mittlerweile wurde er als Sänger in der St. Marcuskirche angestellt und von da im Jahre 1714 als herzogl. Capellmeister nach Mantua berufen. Seine Opern fanden rasch Verbreitung in Italien und bald drang sein Name auch nach Wien. Zum ersten Male wird er hier 1709 in den, unter Joseph I. bei Hofe veranstalteten musikalischen Aufführungen mit einer Festa di camera und einem Dramma di musica genannt. Kaiser Karl VI., Josephs Nachfolger, muß Gefallen gefunden haben an Caldara's Musik, denn als der Componist gleichzeitig mit Porsile 1715 um die erledigte Vice-Hofcapellmeisterstelle petitionirte, wurde ersterer vorgezogen und am 1. Jan. 1716 (vgl. v. Köchel's „J. J. Fux“ S. 379) mit dem gewünschten Posten bekleidet. (Porsile wurde dann 1720 als Hofcompositor angestellt.) In seiner neuen Stellung verlebte C. den Rest seines Lebens in Wien, war also|20 Jahre auf deutschem Boden thätig. (Ein noch unaufgeklärter Umstand verdient hier der Erwähnung: Im Protokoll der Dompfarre zu Wien ist im Jahre 1712 der Taufact einer Tochter Caldara's verzeichnet; zu seinem damaligen Aufenthalte in Wien dürfte die Aufführung von zwei Oratorien in der Hofcapelle Veranlassung geboten haben; auch liegt die Vermuthung nahe, daß er schon jetzt eine Stelle in kaiserlichen Diensten anstrebte und einstweilen mit einer Art Ehrentitel betheiligt wurde, denn nur so läßt sich die Bezeichnung Magister Capellae Augustissimi Imperatons erklären, die sich bei diesem Taufact vorfindet, aus dem wir nebenbei auch erfahren, daß sich damals der durch seine romantische Lebensgeschichte bekannte Componist Freiherr Emanuel d'Astorga in Wien befand, da er als Pathe bei der Taufe fungirte.) C. stand bei Hofe als Componist und als Lehrer in besonderer Gunst; sein Gehalt, anfangs 1600 fl., stieg sammt Adjuta bis auf 3900 fl., eine Summe, die selbst Fux, der erste Hofcapellmeister, nicht bezog. C. erhielt überdies auf sein Verlangen als Abfindungssumme für eine Pension der eventuellen Wittwe 12000 fl.; trotzdem bewilligte der Kaiser nach dem Tode Caldara's der in Noth gerathenen Witwe eine Pension von 500 fl. ( vgl. v. Köchel's „Fux"). C. starb, 66 Jahr alt, am 28. Dec. 1736, wie dies die kirchlichen und amtlichen Protokolle bezeugen; es muß dies hier besonders betont werden, da Fétis auch in seiner zweiten Ausgabe der Biogr. Univ. des Musiciens, vol. II., früher irregeführt durch Gerber's Lexikon und die Wiener Allg. mus. Zeitung (1820, S. 485) trotz der Berichtigung in A. Schmid's Gluck-Biographie dennoch C. im J. 1763 und im Alter von 90 Jahren sterben läßt. — In Caldara's Kirchencompositionen aus seiner früheren Zeit herrscht der einfache, kindlich andachtsvolle Gesang bei höchst einfacher Begleitung; später ging C. mehr auf äußern Glanz und Lebhaftigkeit aus. Die Werke aus seiner besten Zeit können zum Theil noch heute als Muster gründlicher Arbeit gelten; was ansprechenden Stil und contrapunktische, klare und durchsichtige Behandlung betrifft, werden namentlich hervorgehoben eine Messe in B, ein vierst. Magnificat mit Orgel, ein vierst. meisterhaft fugirtes Te Deum mit Orgel, ein Regina coeli (Br. u. Härtel), ein sechszehnst. Crucifixus (Berlin bei Trautwein). Seine Formengewandtheit gibt sich u. a. in der mit besonderem Fleiße gearbeiteten und im Jahre 1732 entstandenem Madrigalen-Sammlung zu 4 und 5 Stimmen kund. In seinen Opern und Kammercantaten, die meistens auf Worte des Dichters Apostolo Zeno componirt sind, strebte C. seinem Vorbilde Alexander Scarlatti nach, doch waren diese wie auch seine Oratorien für die Kirche wegen Mangel an scharfer Charakteristik und wegen Einförmigkeit des Stils kaum im Stande, ihren Verfasser zu überleben; es sind geschickte Nachbildungen, denen Erfindung abgeht und die daher durch nachfolgende Werke anderer Meister verdrängt wurden. C. war überaus fleißig; die größte Anzahl seiner Werke mag wol in Wien und in den österreichischen geistlichen Stiften zu finden sein. Auf der kaiserlichen Hofbibliothek sind Compositionen jeder Gattung vertreten; das Archiv der Gesellschaft der Musikfreunde besitzt in Partituren 48 Opern, 15 Oratorien, 14 Messen und 25 verschiedene Kirchenstücke, darunter 40 Opern und 13 Oratorien in der Handschrift des Componisten; das geistliche Stift Göttweig zählt über 100 Kirchenwerke. In v. Köchel's „J. J. Fux“ sind über 80 in Wien componirte Opern, Kammer-Serenaden und Oratorien namentlich verzeichnet mit Jahresangabe der Aufführungen auf der Hofbühne, in den Appartements der Burg und in der Hofburgcapelle. In annähernder Summe lassen sich die sämmtlichen Werke etwa in folgenden Zahlen angeben: über 50 Opern (Dramme per musica, Opere buffe, Feste teatrali), über 100 Kammercantaten (zwei-, drei- und vierst. Pastorali, Serenate und Feste di Camera etc.), und gegen 30 Oratorien. Die Kirchencompositionen bestehen aus etwa 25 Messen (darunter Missa canonica,Missa Cardinalis für das Stift Heiligenkreuz), eine achtst. und mehrere vierst. a capella und nebst den oben erwähnten Stücken eine Reihe von Motetten, Psalmen, Offertorien, Lauda Jerusalem, Miserere, Stabat mater, Vesper, ein sechszehnst. Gloria etc. Ferner eine Sammlung Canons und die genannten Madrigale. Fétis erwähnt 12 Cantaten, je 6 für Sopran und für Contralto mit Baß cont., 1699 zu Venedig herausg. von J. Sala; Sonaten für 2 Violinen und Baß, in Amsterdam erschienen. Eine vierst. Motette findet man in Gius. Paolucci's „Arte Prattica del Contrappunto“, Vol. I. p. 92 als Musterbeispiel aufgestellt. So sehr wir Caldara's Verdienste im Kirchenstil anerkennen müssen, würden wir doch kaum heutzutage dem beipflichten können, was J. A. Scheibe in seinem „Krit. Musikus“ (Neue Aufl. 1745 S. 762) bei Gelegenheit des Fux auch über Caldara's Vorzüge als Operncomponist erwähnt. — Im Bilde ist uns C. durch ein Oelgemälde erhalten, das sich in der Gallerie der Gesellschaft der Musikfreunde zu Wien befindet, vielleicht das einzige Porträt, das von diesem kaiserl. Vice-Hofcapellmeister existirt, der an Stelle des Jahre lang kränklichen ersten Hofcapellmeisters Joh. Jos. Fux fast alle Opern- und Cantaten-Aufführungen am kaiserlichen Hofe leitete.

  • Autor/in

    C. F. Pohl.
  • Zitierweise

    Pohl, Carl Ferdinand, "Caldara, Antonio" in: Allgemeine Deutsche Biographie 3 (1876), S. 693-695 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118666584.html#adbcontent

    CC-BY-NC-SA