Lebensdaten
1882 – 1951
Geburtsort
Stuttgart
Sterbeort
Lindau/ Bodensee
Beruf/Funktion
Staatssekretär des Auswärtigen Amts
Konfession
evangelisch
Namensvarianten
  • Weizsäcker, Ernst Heinrich Freiherr von
  • Weizsäcker, Ernst Heinrich (bis 1916)
  • Weizsäcker, Ernst Freiherr von
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Zitierweise

Weizsäcker, Ernst Freiherr von, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/sfz140246.html [28.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    Aus d. Öhringer Linie d. pfälz. u. württ. Fam., d. wahrsch. v. d. Waadsacker Mühle (Woogsacker Mühle) b. Niederhexbach stammt u. deren Stammreihe mit Friedrich Weidsecker (Weitsäcker) ( v. 1650) in Waldmohr b. Homburg (Pfalz) beginnt;
    V Karl Hugo (1853–1926, württ. Personaladel 1897, württ. Frhr. 1916), aus St., Dr. iur., Jur., 1900 Staatsmin. d. Dep. d. Kirchen- u. Schulwesens, 1906–18 Staatsmin. d. ausw. Angelegenheiten u. Min. d. Fam.angelegenheiten d. kgl. Hauses in Württ., Präs. d. württ. Staatsmin., Exzellenz, Dr. med. h. c. (s. Wi. 1926; Kosch, Biogr. Staatshdb.; Jeserich-Neuhaus), S d. Carl Heinrich v. W. (1822–99, württ. Personaladel 1861), aus Öhringen, ev. Theol., 1859 Oberkonsistorialrat, Prof. f. Kirchen- u. Dogmengesch. in Tübingen, 1890 Kanzler, Staatsrat, GR, D. theol. h. c., Dr. phil. h. c., Dr. iur. h. c. (Tübingen 1862 u. 1897) (s. ADB 55; Biogr. Lex. Burschenschaft; Biogr. Hdb. Württ. LT), u. d. Sophie Auguste Dahm (1824–84);
    M Paula (Pauline) (1857–1947), T d. Viktor v. Meibom (1821–92), Jur., Prof. f. dt. Recht in Rostock, Tübingen u. Bonn, Reichsoberhandelsger.rat in Leipzig, preuß. GJR (s. NDB 16), u. d. Amalie Ries (1834–1909);
    Ururur-Gvv Wolfgang Friedrich W. (1687–1747), Müller in Eckartsweiler (Hohenlohe-Öhringen);
    Urur-Gvv Gottlieb Jacob W. (1736–1821), hohenlohe-oehring. Hofmundkoch, Ferdinand Weckherlin (1767–1828), württ. Finanzmin. (s. Lb. Schwaben III, 1942);
    Ur-Gvv Christian W. (1785–1831), ev. Theol., Mag., 1829 Stiftsprediger in Öhringen, hohenlohe-oehring. Schulkonf.dir., Gottfried Carl Rößle (1765–1840), hohenlohe-oehring. HR u. Expeditionsrat, Ur-Gmv Sophie Rößle (1796–1864);
    Gr-Ov Julius W. (1828–89), o. Prof. d. Gesch. 1863 in Erlangen, 1867 in Tübingen, 1872 in Straßburg, 1876 in Göttingen u. 1881 in Berlin, 1860–89 wiss. Mitarb. d. Hist. Komm. b. d. Bayer. Ak. d. Wiss. u. Leiter d. Ed. d. RTA, 1862 ao. u. 1870 o. Mitgl. d. Hist. Komm. b. d. Bayer. Ak. d. Wiss., 1879 o. bzw. 1881 ausw. Mitgl. d. Göttinger Ak. d. Wiss., 1887 d. Preuß. Ak. d. Wiss. u. 1888 d. Bayer. Ak. d. Wiss. (s. ADB 41; HZ 64, 1890; Biogr. Lex. Burschenschaft);
    Tante-v Sophie (1850–1931, Adolf v. Bilfinger, 1846–1902, württ. Personaladel, württ. Oberhofprediger, Prälat, s. BJ VII, Tl.; NDB II, Fam.art.), Marie (1857–1941, Paul v. Bruns, 1846–1916, Prof. d. Chirurgie in Tübingen, WGR, (s. NDB II);
    2 B Carl Victor W. (1880–1914 ⚔), Legationsrat im AA, württ. Oberlt. d. Res., Viktor (s. 2), 1 Schw Paula (1893–1933);
    Charlottenburg b. Berlin 1911 Marianne (1889–1983), T d. Friedrich v. Graevenitz (1861–1922), württ. Gen. d. Inf., Mil.bevollmächtigter im Gr. Hauptquartier in Berlin (s. NDB VI, Fam.art.), u. d. Marianne Klotz (1867–1940);
    4 S (1 früh †) Carl Friedrich (s. 3), Heinrich Viktor (1917–39), Lt., Richard (s. 4), 1 T Adelheid Marianne Viktoria (1916–2004, Botho-Ernst Gf. zu Eulenburg, 1903–44 ⚔, Dr. phil., Dipl.landwirt, Major, Kommandeur d. Grenadier-Rgt. 234);
    Gvv d. Ehefrau Johann Karl Klotz (1835–1909), Chemiker, Dir. d. Farbenfabriken Siegle in St.

  • Biographie

    Nach dem Abitur 1900 am Eberhard-Ludwigs-Gymnasium Stuttgart begann W. eine militärische Laufbahn: Zunächst Seekadett im ksl. Marinedienst, wurde er 1903 Leutnant zur See, 1909 Kapitänleutnant, 1918 Korvettenkapitän und 1919 / 20 Marineattaché bei der dt. Gesandtschaft Den Haag. 1920 trat W. als Seiteneinsteiger (ohne Studium) in den Auswärtigen Dienst des Dt. Reichs ein. 1921 wurde er Vizekonsul beim Konsulat Basel, 1924|Gesandtschaftsrat in Kopenhagen, 1928 Referatsleiter Völkerbund und Abrüstung im Auswärtigen Amt (AA), 1931 Gesandter in Oslo und 1933 in Bern, 1937 als Ministerialdirektor Leiter der Politischen Abteilung im AA, und schließlich Anfang April 1938 auf Initiative des neuen Außenministers Joachim v. Ribbentrop (1893–1946), der den erfahrenen Diplomaten W. als Leiter des Ministeriums benötigte, Staatssekretär des AA. Am 1. 4. 1938 wurde W., ebenfalls auf Wunsch Ribbentrops, NSDAP-Mitglied, am 20. 4. 1938 SS-Oberführer der Allgemeinen SS ehrenhalber, zugeteilt dem Persönlichen Stab Reichsführer-SS, und im Jan. 1942 SS-Brigadeführer.

    W. stand dem NS-Regime mit einer gewissen Distanz gegenüber, verhielt sich jedoch in seiner diplomatischen Tätigkeit loyal zur Regierung. Das Amt des Staatssekretärs übernahm er unter der von Ribbentrop formulierten Voraussetzung, mit der Politik Hitlers grundsätzlich übereinzustimmen und diese mit dem AA uneingeschränkt umzusetzen: „Wenn Ribbentrop und Führer mich wollen, so folge ich als Soldat“ (Tageb.aufz. v. 5. 3. 1938). In seiner Amtszeit als Staatssekretär trug W. die Großmachtpolitik Hitlers grundsätzlich mit, ebenso die Vertreibungs- und Vernichtungspolitik gegenüber der jüd. Bevölkerung in Deutschland und in den besetzten Gebieten.

    W. hielt die Ansichten Ribbentrops jedoch für wandelbar und traute sich in seiner Schlüsselposition eine Einflußnahme zur Verhinderung eines großen, die Existenz des Dt. Reichs gefährdenden Krieges durch außenpolitische Obstruktion zu. Er unterlag dabei einer doppelten Fehleinschätzung: der Überschätzung der eigenen Einflußmöglichkeiten auf den außenpolitischen Entscheidungsprozeß und einer Unterschätzung von Hitlers Machtpolitik. Als er dies erkannte, bat er im Juni 1942 nach einer Konfrontation mit Ribbentrop um Entlassung aus dem Amt des Staatssekretärs, die ihm erst im März 1943 gewährt wurde.

    Seinem Wunsch gemäß wurde W. im Juni 1943 als Botschafter zum Vatikan entsandt, wo er bis Kriegsende loyal im Sinne der NS-Regierung amtierte, ohne die politischen Möglichkeiten dieser Position im Sinne von Friedenssignalen oder Initiativen zur Beendigung der Judenmorde zu nutzen, wie der 1938 als Botschafter in Rom abberufene Ulrich v. Hassell (1881–1944) in seinen Tagebüchern bemerkte.

    W. blieb bis 1946 im Vatikan, ging anschließend freiwillig als Zeuge zurück nach Deutschland und wurde nach Eröffnung der Anklage durch die Alliierten im Juli 1947 verhaftet. Im „Wilhelmstraßen-Prozeß“, den die USA „gegen Weizsäcker und Genossen“ als Fall 11 der Nürnberger Nachfolgeprozesse führten, wurde er in acht Punkten angeklagt, u. a. wegen Verbrechen des Angriffskriegs und Verbrechen gegen die Menschlichkeit, im April 1949 außerdem wegen seiner Mitwirkung an der Besetzung des letzten Teils der tschechoslowak. Republik im März 1939 sowie seiner bürokratischen Mitwirkung bei der Deportation franz. Juden nach Auschwitz im Frühjahr 1942. Er wurde zu sieben Jahren Freiheitsstrafe verurteilt, das Urteil wurde im Dez. 1949 nach nochmaliger Prüfung auf „Verbrechen gegen die Menschlichkeit“ beschränkt und die Haftstrafe auf fünf Jahre herabgesetzt. 1950 wurde W. krankheitshalber vorzeitig aus der Haft entlassen, er verstarb im folgenden Jahr nach einem Schlaganfall.

  • Auszeichnungen

    |E. K. I. u. II. Kl. (1917);
    Ehrendegen d. Reichsführers-SS (1942);
    Totenkopfring d. SS (1942).

  • Werke

    |Erinnerungen, hg. v. Richard v. Weizsäcker, 1950;
    Die W.-Papiere 1933–1950, hg. v. L. E. Hill, 1974;
    Die W.-Papiere 1900–1932, hg. v. dems., 1982.

  • Literatur

    |R. A. Blasius, Für Großdtld., gegen d. gr. Krieg, Staatssekr. E. Frhr. v. W. in d. Krisen um d. Tschechoslowakei u. Polen 1938 / 39, 1981;
    Die Hassell-Tagebücher 1938–1944, Aufzz. v. Andern Dtld., hg. v. F. Frhr. Hiller v. Gaertringen, 1988;
    H. J. Döscher, SS u. Auswärtiges Amt im Dritten Reich, Diplomatie im Schatten d. „Endlösung“, 1991;
    E. Conze u. a., Das Amt u. d. Vergangenheit, ²2010 (passim, Qu, L);
    J. E. Schulte u. M. Wala (Hg.), Widerstand u. Auswärtiges Amt, Diplomaten gegen Hitler, 2013;
    K.-J. Hummel, Widerstand im Wartestand 1943–1946? E. v. W. als Botschafter b. Hl. Stuhl, in: Orte d. Zuflucht u. personeller Netzwerke, Der Campo Santo Teutonico u. d. Vatikan 1933–1955, hg. v. M. Matheus u. St. Heid, 2015, S. 238–68;
    HLS;
    Biogr. Hdb. Auswärtiger Dienst V;
    Qu Nachlaß: BA Koblenz;
    zur Fam.: F. W. Euler, Ahnentafel v. W.v. Graevenitz, 1992;
    F. Frank, Stammliste d. Fam. Weckherlin bis zu d. Fam. Heuglin, W., Frank u. Weckerle, 2011;
    GHdA 62, Frhrl. Häuser B VI, 1976, S. 446–48.

  • Porträts

    |Photogrr. (BA, Bilddatenbank).

  • Autor/in

    Hans-Jürgen Döscher
  • Zitierweise

    Döscher, Hans-Jürgen, "Weizsäcker, Ernst Freiherr von" in: Neue Deutsche Biographie 27 (2020), S. 713-714 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/sfz140246.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA