Lebensdaten
1872 – 1950
Geburtsort
München
Sterbeort
Frankfurt/ Main
Beruf/Funktion
Internist ; Nephrologe
Konfession
evangelisch
Normdaten
GND: 118627708 | OGND | VIAF: 37709549
Namensvarianten
  • Volhard, Franz
  • Volhard F.

Objekt/Werk(nachweise)

Verknüpfungen

Verknüpfungen zu anderen Personen wurden aus den Registerangaben von NDB und ADB übernommen und durch computerlinguistische Analyse und Identifikation gewonnen. Soweit möglich wird auf Artikel verwiesen, andernfalls auf das Digitalisat.

Orte

Symbole auf der Karte
Marker Geburtsort Geburtsort
Marker Wirkungsort Wirkungsort
Marker Sterbeort Sterbeort
Marker Begräbnisort Begräbnisort

Auf der Karte werden im Anfangszustand bereits alle zu der Person lokalisierten Orte eingetragen und bei Überlagerung je nach Zoomstufe zusammengefaßt. Der Schatten des Symbols ist etwas stärker und es kann durch Klick aufgefaltet werden. Jeder Ort bietet bei Klick oder Mouseover einen Infokasten. Über den Ortsnamen kann eine Suche im Datenbestand ausgelöst werden.

Zitierweise

Volhard, Franz, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118627708.html [29.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Jacob (s. 1);
    M Josephine Backofen;
    Berlin 1899 Else Toennies (1872–1949), aus Duderstadt b. Göttingen;
    6 S u. a. Ewald (1900–45 ⚔), Dr. phil., Ethnol., Germanist, 1934 / 35 Expeditionen n. Transjordanien u. Libyen sowie Südfrankr. u. Südspanien z. Unters. v. Felsbildern, Vf. v. „Kannibalismus“, 1939 (s. L), Hans (1901–75, 1927 Hilde Seelig), Dr. phil., Kunsthist., emigrierte 1939 n. Schweden, Ernst (1902–81), Dr. med., Chefarzt (s. W), Jakob (1911–93), Rolf (1913–62, Brigitte Haas, Kindergärtnerin, T d. Lies Haas Möllmann, 1883–1967, s. Franz Volhard, Lies Haas Möllmann, Malerei u. Zeichnungen, 2009), Architekt, Dieter (* 1914), 4 T Adelheid (1904–97), Else Marianne (1906–64, Paul Vogel, 1900–79, Internist, Neurol., 1934 Leiter d. Neurol. Abt. d. Klinik am Hansaplatz in Berlin, 1941 o. Prof. f. Med. in Heidelberg, Dekan 1952, Erb-Denkmünze 1962, Ehrenmitgl. d. Soc. française de neurologie 1965, d. Berliner Ges. f. Psychiatrie u. Neurol. 1975 u. d. Dt. Ges. f. Neurol. 1978, s. Drüll, Heidelberger Gel.lex. IV; Personenlex. Drittes Reich; Nervenärzte II), Doris (* 1908), Gisela (* 1917, Kurt Hessenberg, 1908–94, Komp., Kirchenmusiker, Prof. f. Komp. an d. Musikhochschule in Frankfurt/ M., s. MGG², Ur-E d. Heinrich Hoffmann, 1809–94, Psychiater, Schriftst., s. NDB IX);
    E Nana Fischer (* 1932), Gebärdensprachlehrerin in Schweden, Vf. v. Memoiren „papi och jag, Berättelsen om en annorlunda uppväxt“, 1997, dt. u. d. T. „Papi u. ich, Die Gesch. e. ungewöhnl. Kindheit u. Jugend, 2001, Christiane Nüsslein-V. (* 1942, 1967–77 Volker Nüsslein, * 1940, Dr. rer. nat., Physiker), Prof., Dr. h. c. mult., Dir. am MPI f. Entwicklungsbiol. in Tübingen, Nobelpreis f. Physiol. oder Med. 1995 (s. Munzinger).

  • Biographie

    Zunächst in Gießen aufgewachsen, besuchte V. nach kurzem Aufenthalt in Erlangen seit 1882 die Franckeschen Stiftungen in Halle/ Saale. Nach seinem Abitur 1892 in Schulpforta studierte er Medizin in Bonn, Straßburg und Halle/ Saale, wo er 1897 das Studium mit dem Staatsexamen abschloß. Im selben Jahr wurde er mit der Dissertation „Experimentelle und kritische Studien zur Pathogenese der Eklampsie“ bei dem Gynäkologen Hermann Fehling (1847–1925) zum Dr. med. promoviert. Nach einigen Monaten bei David v. Hansemann (1858–1920) an der Pathologie in Berlin-Friedrichshain war V. seit 1898 als Assistent bei Franz Riegel (1843–1904) an der Med. Universitätsklinik in Gießen beschäftigt, seit 1904 als stellv. Direktor. Hier habilitierte er sich 1901 mit Forschungen zur Fettspaltung im Magen. Die damit einhergehende Postulierung eines fettspaltenden Ferments, über das er im selben Jahr auf dem Wiesbadener Internistenkongreß vortrug, machte ihn in Fachkreisen bekannt. Sein Augenmerk richtete sich zunehmend auf das Herz und die Lebervenenpulse, Grundlagenforschung im Vorfeld einer praktischen Nutzung des EKG.

    1906 kam V. als leitender Arzt der Abteilung für Innere und Nervenkrankheiten an das städtische Luisenhospital in Dortmund, wo er sich auch der Pneumologie und der Entwicklung von Beatmungsapparaturen zuwandte. Er begann mit dem Aufbau einer Sammlung paraffinierter Herzen, die er im Unterricht und bei Vorträgen auch im Ausland (u. a. USA 1930, Ägypten 1935) einsetzte. In der Nephrologie entwickelte er den bereits u. a. von Sandor Korányi (1866–1944) und Hermann Strauss (1868–1944) angewandten Wasserversuch zu einem Wasserund Konzentrationsversuch fort. Durch die geregelte Aufnahme von 1,5 Liter Wasser binnen 30 Minuten und Trockenkost konnte auf einfache Weise die Funktionsfähigkeit der Niere überprüft werden (Volhardscher Wasserversuch).

    1908 wechselte V. als Direktor an die Städtischen Krankenanstalten in Mannheim, wo er den Neubau des 1922 fertiggestellten 1200 Betten fassenden Krankenhauses verantwortete. Hier untersuchte er mit dem Pathologen Theodor Fahr (1877–1945) den Morbus Brighti und begann, seine bahnbrechenden|Überlegungen zur Einteilung der Nierenleiden publik zu machen. Auf dem Internistenkongreß 1910 in Wiesbaden nahm er erstmals die Unterscheidung zwischen primärer und sekundärer Schrumpfniere vor. 1914 legte er mit Fahr seine neue Klassifikation in dem von der Fachwelt vielbeachteten Buch „Die Bright’sche Nierenkrankheit“ vor. Zu Beginn des 1. Weltkriegs Stabsarzt in Wilhelmshaven, baute er noch im Winter 1914 in Mannheim ein 150-Betten-Sonderlazarett für Nierenkranke auf. Durch eine radikale Durst- und-Hunger-Diät, die auch im 2. Weltkrieg Anwendung fand, konnte er zahlreiche an Nephritis erkrankte Soldaten retten.

    1918 kehrte V. als o. Professor für Innere Medizin nach Halle zurück (Dekan 1922), das unter seiner Leitung zu einem der wichtigsten nephrologischen Zentren wurde. Urämie, Hypertonie und das Panzerherz bildeten ebenso wie die Nephrologie seine Forschungsschwerpunkte. 1927 nahm V. den Ruf als Ordinarius und Direktor der Med. Klinik an die Univ. Frankfurt/M. an. Die zweite Auflage seines Werks „Doppelseitige hämatogene Nierenerkrankungen“ (2 Bde., 1931, Hdb. d. Med., Bd. VI., 1. Aufl. 1918) wurde mit ihrem fast verdreifachten Umfang von über 2100 Seiten als „Nierenbibel“ berühmt.

    V., zum Zeitpunkt der NS-Machtübernahme Dekan, war bereit, sich dem Regime so weit anzupassen, wie er es für seine Karriere und zur Verhinderung von Nationalsozialisten auf wichtigen Positionen für notwendig hielt.

    V.s 1939 zum Schutz seiner Familie gestellter Antrag auf Mitgliedschaft in der NSDAP wurde, da er Freimaurer war, abgelehnt, doch war er förderndes Mitglied der SS (1933–39) und Angehöriger der SA-Reserve II. Zudem trat er dem NS-Altherrenbund, dem NS-Bund der Kinderreichen, der NS-Volkswohlfahrt und dem Volksbund für das Deutschtum im Ausland bei. 1938 wurde er gegen seinen Willen vorzeitig emeritiert. Danach war V. am Balneologischen Forschungsinstitut in Bad Nauheim tätig und führte seine private Praxis weiter. In der Wehrmacht übernahm er 1940 die Funktion eines Beratenden Internisten; zuletzt war er dort Marineoberstabsarzt. 1945 wurde V. von der US-Militärregierung und 1948 vom hess. Kultusministerium als Klinikdirektor und Ordinarius der Univ. Frankfurt/M. wieder eingesetzt. Während des Nürnberger Ärzteprozesses 1947 bemühte er sich, als Sachverständiger den im KZ Dachau für Humanexperimente zur Trinkbarmachung von Meerwasser verantwortlichen Wilhelm Beiglböck (1905–63) zu entlasten.

    V. ging davon aus, die Gefangenen hätten sich freiwillig als Versuchspersonen zur Verfügung gestellt, und bestritt ein „Verbrechen gegen die Humanität“. Am 4. 5. 1950 verunglückte er und starb 20 Tage später.

    Zu V.s Schülern zählen Walter Hülse (* 1887), Erwin Becher (1890–1944), Manfred Klingmüller (1893–1965?), Fritz Koch, Julius Kleeberg (1894–1988), Hans Bohn (* 1896), Friedrich Doenecke (1901–79), Hans-Erhard Bock (1903–2004), Hans-Joachim Sarre (1906–96) und Ernst Vaubel (1902–89).

  • Auszeichnungen

    |u. a. Mitgl. d. Leopoldina (1924) u. d. Vereinigung flamländ. Ärzte in Gent (1935);
    Vors. d. Dt. Ges. f. Innere Med. (1930);
    Dr. h. c. (Sorbonne Paris 1933, Freiburg 1947, Göttingen 1947);
    korr. Mitgl. d. Ac. medico-fiscia fiorentina, Florenz (1934);
    Ehrenmitgl. d. rumän. Ak. f. Med. (1936), d. Ärztever. u. d. Med. Fak. Santiago de Chile (1938), d. Ärztever. Valparaiso (1938) u. d. Dt. Ges. f. Innere Med. (1938);
    Billroth-Medaille d. Wiener Ärzteschaft (1937);
    Cothenius-Medaille d. Leopoldina (1937);
    Großkomturkreuz d. Kgl. Griech. Georg I.-Ordens (1937);
    Ehrenbürger d. Univ. Frankfurt /M. (1947);
    Goethe-Plakette f. kulturelle Verdienste d. Stadt Frankfurt/M. (1947);
    „Volhard-Vorlesungen“ d. Univ. Frankfurt/M. (seit 1952);
    „Volhard Lectures“ d. Internat. Soc. of Hypertension (seit 1971);
    – F.-V.-Medaille (seit 1976) u. F.-V.-Preis (seit 1980) d. Dt. Ges. f. Nierenforsch.;
    mehrere Klinik-(Berlin) u. Stationen-(Heidelberg, Freiburg/ Br.) Benennungen.

  • Werke

    Weitere W Die kochsalzfreie Krankenkost, 1930 (mit F. Borkeloh, 131952 u. 141956 neu bearb. v. Ernst Volhard);
    Nierenerkrankungen u. Hochdruck, 1942;
    Die Pathogenese d. Hochdrucks, in: Verh. d. Dt. Ges. f. Kreislaufforsch. 38, 1949, S. 40–60.

  • Literatur

    |U. Benzenhöfer, Die Frankfurter Univ.med. zw. 1933 u. 1945, 2012;
    H.-E. Bock, K. H. Hildebrand u. H. J. Sarre (Hg.), F. V., Erinnerungen, 1987 (P);
    C. Kronschwitz, F. V., Leben u. Werk, 1997 (P, W-Verz.);
    H. Siefert, F. V. u. d. Frankfurter Med. Fak., 1994;
    BLÄ;
    Rhdb. (P);
    Kürschner, Gel.-Kal.;
    Frankfurter Biogr. (P);
    zu Ewald: A. E. Jensen, in: Paideuma 3, 1948, S. 191–93 (P).

  • Porträts

    |Büsten, 1947 (Univ. Halle/ Saale) u. 1952 (Univ. Frankfurt/M.).

  • Autor/in

    Ralf Forsbach
  • Zitierweise

    Forsbach, Ralf, "Volhard, Franz" in: Neue Deutsche Biographie (), S. [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118627708.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA