Lebensdaten
1902 – 1980
Geburtsort
Boppard/Rhein
Sterbeort
Mainz
Beruf/Funktion
Chemiker
Konfession
-
Normdaten
GND: 118618946 | OGND | VIAF: 266949988
Namensvarianten
  • Straßmann, Friedrich Wilhelm
  • Straßmann, Fritz
  • Straßmann, Friedrich Wilhelm
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Objekt/Werk(nachweise)

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Zitierweise

Straßmann, Fritz, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118618946.html [28.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Richard (1856–1920, Ger.schreiber, Rechnungsrat in Düsseldorf;
    M Julie Bernsmann (1855–1929); 5 ältere B Paul (1880–1949), studierte Theol., dann Jura in Bonn, Arthur (1883–1959), Ing., Wilhelm (1884–1955, Finanzbeamter, Richard (1890–1972, Justizbeamter, Otto (1892–1957), Justizbeamter, dann Kunstmaler, 3 ältere Schw u. a. Julie, führte 1956–59 S.s Haushalt;
    1) 1937 Maria Heckter ( 1956), Dr.-Ing., Chemikerin, Mitarb. v. S., 2) 1959 Irmgard Hartmann, Journalistin;
    1 S aus 1) Martin (* 1940).

  • Biographie

    S. besuchte 1908–11 die Volksschule in Düsseldorf, anschließend bis 1920 die dortige Oberrealschule und setzte seine Ausbildung an der TH Hannover fort, wo er 1924 den Titel Dipl.-Ing. erwarb und 1929 bei Hermann Braune (1886–1977) mit einer Arbeit „Über die Beeinflussung der Sättigungsdampfkonzentration durch Anwesenheit komprimierter unidealer Gase (System J2 – CO2)“ promoviert wurde. Mit einem Stipendium der Notgemeinschaft d. Dt. Wissenschaft begann er 1929 seine Tätigkeit am Berliner KWI für Chemie bei Otto Hahn (1879–1968) und Lise Meitner (1878–1968).

    Nach der „Machtübernahme“ durch die Nationalsozialisten verließ S. 1933 den „Verein Dt. Chemiker“. 1934 schlug er ein gut bezahltes Angebot der „Deutschen Solvay AG“ aus, da er dafür in eine NS-Berufsorganisation hätte eintreten müssen. Seitdem wurde er an den Untersuchungen zur Erzeugung von Transuranen durch Bestrahlung von Uran mit Neutronen beteiligt, die Hahn und Meitner durchführten. Anfang 1935 erhielt S. eine Assistentenstelle am KWI. Im Sommer 1938 emigrierte Meitner nach Schweden, um der Verfolgung durch das NS-Regime zu entgehen, blieb jedoch weiterhin mit Hahn in engem Kontakt. Am 18. 12. 1938 fanden S. und Hahn nach Neutronenbeschuß einer Uranprobe überraschenderweise die Elemente Thorium, Radium, Actinium und Barium. Eine plausible Erklärung dafür fehlte, weshalb sie zunächst an ihren Befunden zweifelten. Meitner erfuhr durch Hahn von diesen Ergebnissen und konnte sie gemeinsam mit ihrem Neffen, dem Physiker Otto Robert Frisch (1904–79), korrekt als Kernspaltung interpretieren. Meitner und Frisch publizierten im Jan. 1939 ihre Interpretation in den Artikeln „Disintegration of Uranium by Neutrons“ und „Products of the Fission of the Uranium Nucleus“ in der Zeitschrift „Nature“ (Bd. 143, 1939, S. 239 f., 471 f.). Hahn, Meitner und S. kommt gemeinsam das Verdienst zu, die Kernspaltung entdeckt zu haben, wobei S.s Anteil v. a. in seinen hervorragenden analytischen Fähigkeiten zu sehen ist, während Hahn für die Konzeption der Experimente und Meitner (gemeinsam mit Frisch) für deren chemisch-physikalische Deutung verantwortlich waren.

    1944 erlebte S. die kriegsbedingte Auslagerung des bei Luftangriffen schwer beschädigten Instituts ins württ. Tailfingen. Nach dem Krieg war S. maßgeblich am Aufbau des MPI für Chemie in Mainz, das 1949 eröffnet wurde, beteiligt. Zunächst leitete S. die radiochemische Abteilung des MPI, 1950 wurde er neben Josef Mattauch (1895–1976) dessen Direktor. Allerdings verließ S., der seit 1946 den Lehrstuhl für Anorganische Chemie an der Univ. Mainz innehatte, das MPI zum 1. 4. 1953 wegen Unstimmigkeiten mit Mattauch hinsichtlich der Mittelverteilung. An der Universität war S. 1954–58 am Aufbau eines chemischen Instituts mit kernchemischer Abteilung beteiligt (seit 1960: Inst. f. Anorgan. Chemie u. Kernchemie). Die folgenden Jahre waren durch die Arbeiten am Bau eines eigenen Forschungsreaktors geprägt, der im April 1967 eingeweiht wurde. 1970 erfolgte S.s Emeritierung.

    S. und seine Frau, die den Nationalsozialismus ablehnten, verbargen 1943 für einige Wochen die jüd. Klavierlehrerin Andrea Wolffenstein (* 1897) in ihrer Berliner Wohnung, um sie vor Verfolgung zu schützen.

  • Auszeichnungen

    A Enrico-Fermi-Preis d. U. S. Atomic Energy Commission (1966, mit Hahn u. Meitner);
    Ehrenbürger d. Stadt Mainz (1972);
    Fritz-Strassmann-Preis d. Ges. Dt. Chemiker (seit 1969);
    Gerechter unter d. Völkern d. Organisation Yad Vashem (postum 1985).

  • Werke

    Über d. Löslichkeit v. Jod in gasförmiger Kohlensäure, in: Zs. f. physikal. Chemie A 143, 1929,|S. 225–43;
    Unterss. über Oberflächengrößen u. Gitterveränderungen kristallisierter Salze nach d. Emaniermethode v. Hahn, ebd. B 26, 1934, S. 353–61;
    Die Abscheidung d. reinen Strontium-Isotops 87 aus e. alten rubidiumhaltigen Lepidolith u. d. Halbwertszeit d. Rubidiums, in: Berr. d. dt. Chem. Ges. 71 B, 1938, S. 1–9;
    Über d. Entstehung v. Radiumisotopen aus Uran b. Bestrahlen mit schnellen u. verlangsamten Neutronen, in: Die Naturwissenschaften 26, 1938, S. 755 f.;
    Über d. Nachweis u. d. Verhalten d. bei d. Bestrahlung d. Urans mittels Neutronen entstehenden Erdalkalimetalle, ebd. 27, 1939, S. 89–95;
    Friedl. Chemie d. Atomkerne, in: Mainzer Univ.reden 14, 1949;
    Abtrennung u. Bestimmung kurzlebiger Isotope, in: Zs. f. Elektrochemie 64, 1960, S. 1011–14;
    Otto Hahn z. Gedächtnis, in: Zs. f. Naturforsch. 24, 1969, S. 50–54 (mit A. Klemm);
    Das Inst. f. Kernchemie u. d. Reaktor, in: Math. u. Naturwiss. an d. Johann-Gutenberg-Univ., hg. v. F. Krafft, 1977, S. 51–55 (mit G. Herrmann);
    Nachlaß:
    Landeshauptarchiv Koblenz.

  • Literatur

    F. Krafft, Im Schatten d. Sensation, Leben u. Wirken v. F. S., 1981 (W-Verz., P);
    ders., F. S. u. d. Aufbau d. Mainzer Chemie, K. W. I./ M. P. I. f. Chemie – Chem. Inst.Inst. f. Anorgan. Chemie u. Analyt. Chemie – Inst. f. Anorgan. Chemie u. Kernchemie (mit Reaktor), in: Ut omnes unum sint, T. 3., Gründungsprofessoren d. Chemie u. Pharmazie, hg. v. M. Kißener u. F. Moll, 2009, S. 13–69 (Qu, L, P);
    ders., in: DSB 18;
    W. Gerlach, Otto Hahn, Lise Meitner, F. S., Die Spaltung d. Atomkerns, in: Die Großen, Leben u. Leistung d. 600 bedeutendsten Persönlichkeiten unserer Welt, hg. v. K. Fassmann u. a., 1995, S. 51–71 (P);
    P. Brommer u. G. Hermann, F. S. (1902–1980), Mitentdecker d. Kernspaltung, Inventar d. Nachlasses u. Kommentierung d. Versuche z. Kernspaltung, 2001;
    D. E. Newton, in: Notable Scientists, From 1900 to the Present, hg. v. B. Narins, 2001, S. 2145–47;
    D. Fraenkel u. J. Borut (Hg.), Lex. d. Gerechten unter d. Völkern, ²2005;
    Berlin. Lb. I;
    Rhein. Lb. 15, 1995, S. 247–66 (L, P);
    Pogg. VIII;
    Lex. Naturwiss.;
    DSB.

  • Autor/in

    Martin Schneider
  • Zitierweise

    Schneider, Martin, "Straßmann, Fritz" in: Neue Deutsche Biographie 25 (2013), S. 481-482 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118618946.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA