Lebensdaten
1864 – 1940
Geburtsort
Habelschwerdt (Bystrzyca Kłodzka, Grafschaft Glatz, Niederschlesien)
Sterbeort
Oberschreiberhau (Szklarska Poręba, Riesengebirge, Niederschlesien)
Beruf/Funktion
Schriftsteller
Konfession
katholisch
Normdaten
GND: 118617133 | OGND | VIAF: 76448271
Namensvarianten
  • Stehr, Hermann

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Zitierweise

Stehr, Hermann, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118617133.html [29.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Robert, Sattlermeister in H.;
    M Theresia Faber;
    1894 Hedwig († 1939), T d. Josef Nentwig, Gastwirt, u. d. Maria N. N.;
    4 S Willy Erdmann (1896–1915 ⚔), Wolf Heinz Eckart (* 1905), Dietrich Joachim (* 1907), Dramaturg, Schriftst., Johann Stanislaus Wendelin (* 1916), 1 T Ursula (* 1900, Wilhelm Meridies, 1898–1982, Dr. phil., Publ., Lektor d. Verlags Diesterweg in Frankfurt /M., Schriftst. in Leipzig, Redakteur in Hildesheim, Frankfurt/M., zuletzt in Wangen, Allgäu, Hg. d. „Schles. Rdsch.“, s. Ostdt. Biogr.; Oberschles. Lit.Lex.), überführte S.s schriftst. Nachlaß n. Wangen.

  • Biographie

    Nach dem Besuch der Volksschule in Habelschwerdt absolvierte S. eine Lehrerausbildung in der Präparandenanstalt Landeck und am Habelschwerdter Lehrerseminar. Seit 1887 Landschullehrer in Pohldorf (Gfsch. Glatz), geriet er wegen seiner antiklerikalen Haltung in Konflikt mit Kirche und Schulbehörden und wurde mehrfach strafversetzt. Zuletzt unterrichtete er in Dittersbach (Dzietrzychów) bei Waldenburg (Wałbrzych). Sein schriftstellerisches Debut gab S. 1898 mit zwei Erzählungen in der „Neuen dt. Rundschau“ (als Buch u. d. T. Auf Leben u. Tod, 1898). Sie trugen ihm eine gerichtliche Verurteilung wegen Unmoral und Gotteslästerung ein. Vom Lektor des S. Fischer Verlags Moritz Heimann auf S. aufmerksam gemacht, wurde Gerhart Hauptmann zu dessen Förderer. Nach seiner Frühpensionierung infolge eines Gehörleidens 1911 widmete sich S. ganz seiner schriftstellerischen Tätigkeit. Seit 1915 lebte er im schles. (Bad) Warmbrunn (Cieplice Śląskie-Zdrój), wo er, unterstützt von Walther Rathenau, Grundbesitz erwarb.

    Der literarische wie finanzielle Durchbruch gelang S. mit seinem Roman „Der Heiligenhof“ (2 Bde., 1918), der mit dem 1898 verfaßten, 1909 publizierten Roman „Drei Nächte“ und dem 1924 erschienenen „Peter Brindeisener“ zur „Heiligenhof-Trilogie“ zusammengefaßt wurde. Die antimodernistische Grundhaltung der Trilogie, die Idealisierung einer patriarchalisch strukturierten bäuerlichen Lebensgemeinschaft und ein in der Tradition Jakob Böhmes stehender Mystizismus S.s läßt Nähen zur völkischen „Blut- und-Boden“-Literatur erkennen. S.s politische Einstellung war zunächst differenzierter: 1918 trat er für demokratische Wahlen ein und unterstützte die DDP seines Freundes Rathenau. Zu seinen weiteren Freunden zählten Martin Buber, Max Tau (der Herausgeber von S.s erster Werkausgabe 1924), Gerhart Hauptmann und der jüd. Fabrikant und|Kunstmäzen Max Pinkus (1857–1934), der S. den Kauf des „Faberhauses“ Oberschreiberhau ermöglichte, wo dieser seit 1926 lebte und arbeitete.

    Am 7. 5. 1926 wurde S. zum Gründungsmitglied der Sektion für Dichtkunst der Preuß. Akademie der Künste ernannt, nachdem Stefan George diesen Ruf abgelehnt hatte. In der Folgezeit wandte er sich dem national-konservativen Lager zu und wechselte 1930 zum Verlag Georg Müller, wo u. a. Erwin Guido Kolbenheyer, Wilhelm Schäfer und Emil Strauß publizierten. Deren Austritt aus der Akademie 1931 schloß sich S. nicht an. 1933 begrüßte er die „Machtübernahme“ und erklärte sich im März bereit, der Sektion für Dichtkunst auch nach Ausschluß politisch mißliebiger Mitglieder zur Verfügung zu stehen. Mit der Entgegennahme des Goethepreises der Stadt Frankfurt am 18. 10. 1933 signalisierte er sein Einverständnis, als einer der wichtigsten literarischen Repräsentanten des neuen Regimes zu gelten. In seinen letzten Lebensjahren schuf S. die postum veröffentlichten Romane „Die Nachkommen oder Jochen Maechler“ (1942) und „Damian oder Das große Schermesser“ (1944), die mit dem 1929 erschienenen Roman „Nathanael Maechler“ ebenfalls zu einer Trilogie (Das Geschlecht d. Maechler, Roman e. dt. Fam. in drei Bdn.) zusammengefaßt wurden.

    Aufgrund seiner literarischen Themen wie auch seiner zustimmenden Haltung zur NS-Kulturpolitik endete die hohe Reputation und Popularität, die S. zu Lebzeiten genoß – Ende 1932 sollte er für den Literaturnobelpreis vorgeschlagen werden –, 1945 abrupt, auch wenn eine 1948 in Wangen (Allgäu) gegründete H.-S.-Gesellschaft und ein von seinem Schwiegersohn Werner Meridies betreutes H.-S.-Archiv dieser Entwicklung entgegenzuwirken suchten. Befördert durch die politischen Umbrüche nach 1989 bemüht sich die internationale Germanistik seit einigen Jahren, zu einer angemessenen, wissenschaftlich fundierten Neubewertung von S.s Leben und Werk zu gelangen.

  • Auszeichnungen

    A Goethe-Medaille (1932);
    Dr. h. c. (Breslau 1934);
    Adlerschild d. Dt. Reiches (1934).

  • Werke

    Ges. Werke, Festausg. z. sechzigsten Geb.tag, hg. v. M. Tau, 9 Bde., 1924;
    Ges. Werke, 12 Bde., 1927–36;
    H. u. Hedwig S. im Briefwechsel mit Gerhart u. Margarete Hauptmann, hg. v. P. Sprengel, 2008;
    Bibliogr.:
    F. Richter, H.-S.-Bibliogr., 1898–1964, 1965;
    Nachlaß:
    DLA Marbach;
    Stadt- u. Landesbibl. Dortmund.

  • Literatur

    Wege zu H. S., FS d. H.-S.-Archivs z. 100. Geb.tag d. Dichters, hg. v. W. Meridies, 1964;
    W. Meridies, H. S., Sein Leben u. Werk, 1964 (P);
    S. Lobe, Wirkungsgesch. H. S.s u. seines Werkes, 1976;
    U. , Vom Naturalismus z. NS? Zeitgeschichtl.biogr. Stud. zu Max Halbe, Gerhart Hauptmann, Johannes Schlaf u. H. S., 1997;
    „. . . und steigerte meine Furcht u. Zorn“, Btrr. zu Leben u. Werk H. S.s (1864–1940), hg. v. W. Kunicki, 2009;
    Rhdb. (P);
    Ostdt. Biogrr., 1955, Nr. 42;
    Ostdt. Gedenktage 1990;
    Frankfurter Biogr.;
    Wilpert-Gühring;
    Kulturlex. Drittes Reich;
    Lit. Nazi-Dtld. (P);
    BBKL X (W, L);
    Killy;
    Kosch, Lit.-Lex.³ (W, L).

  • Porträts

    Büste v. R. Bednorz, 1954 (S.-Archiv, Wangen), Abb. in: Rundbrief des Großdechanten, Vergangenheit, Gegenwart, Zukunft d. Gfsch. Glatz, 2010, H. 3, S. 31.

  • Autor/in

    Johannes John
  • Zitierweise

    John, Johannes, "Stehr, Hermann" in: Neue Deutsche Biographie 25 (2013), S. 117-118 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118617133.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA