Lebensdaten
1889 – 1980
Geburtsort
Worms
Sterbeort
New York
Beruf/Funktion
Wirtschaftswissenschaftler
Konfession
konfessionslos
Normdaten
GND: 118616919 | OGND | VIAF: 66479385
Namensvarianten
  • Staudinger, Hans Wilhelm
  • Staudinger, Hans
  • Staudinger, Hans Wilhelm

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Zitierweise

Staudinger, Hans, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118616919.html [16.04.2024].

CC0

  • Genealogie

    B Hermann (s. 1);
    1) 1912 Else (1889–1966, aus Ladenburg/Neckar, Dr. rer. pol., Volkswirtschaftlerin, emigrierte 1934 in d. USA, Dir. v. „Selfhelp“ (American Council for Emigrés in the Professions) in N. Y., 1946–66 geschäftsführende Dir. d. American Committee for Emigré Scholars, Writers and Artists ebd., Gr. BVK (s. BHdE I), T d. Karl (Carl) Maier, Fabr., u. d. Frieda Mosbacher, 2) 1966 Elizabeth Todd (* 1903), aus St. Joseph (Missouri, USA);
    1 S aus 1) Frank (Franz-Karl) (* 1922), 1 T aus 1) Ruth Schaffner (* 1914);
    N Hansjürgen (s. 3).

  • Biographie

    S. begann nach dem Abitur 1907 in Darmstadt zunächst ein Studium der Literaturwissenschaft in München, ehe er wenig später nach Heidelberg wechselte und sich dort für Wirtschaftswissenschaften und Soziologie einschrieb. Der frühe moralisch-idealistische Einfluß durch das Elternhaus – der Vater gehörte als „ethischer Sozialist“ und profilierter Genossenschaftstheoretiker zu den Vertrauten des SPD–Vorsitzenden August Bebel – sowie das Gemeinschaftserlebnis der Jugendbewegung prägten von Anfang an seine gesellschaftspolitischen Überzeugungen und seinen künftigen Berufsweg. Nach der Promotion 1913 bei Alfred Weber und nach kurzer Tätigkeit im Revisionsverband der südwestdt. Konsumvereine wurde er mit Beginn des 1. Weltkriegs einberufen. Nach schwerer Verwundung, durch die er die Sehkraft eines Auges einbüßte, verpflichtete ihn das Kriegsernährungsamt; 1919 wechselte er in das neugegründete Reichswirtschaftsministerium, wo er bis 1927 in der Grundsatzabteilung und als persönlicher Referent verschiedener Minister tätig war, v. a. bei der Formulierung der von Rudolf Wissell und seinem Staatssekretär Moellendorff nach dem Scheitern der Sozialisierungspläne 1919 angestoßenen Gemeinwirtschaftsidee.

    Die Gelegenheit zu deren Umsetzung bot sich mit S.s Ernennung zum Ministerialdirektor im preuß. Handelsministerium 1927. Nach der von ihm angeregten Gründung der „Preußischen Elektrizitäts-Aktiengesellschaft“ (Preußen-Elektra) wurde er 1929 zum Staatssekretär ernannt und initiierte noch im selben Jahr die „Vereinigte Elektrizitäts- und Bergwerks-Aktiengesellschaft“ (VEBA), die ein einheitliches Verbundsystem aller preuß. Energie- und Bergwerksunternehmen und einen langlebigen, bis Mitte der 1960er Jahre im Staatsbesitz befindlichen und weit über Deutschland hinaus anerkannten öffentlichen Musterbetrieb darstellte.

    1932 wurde S., der wohl bedeutendste Experte der Gemeinwirtschaft in Deutschland, mit dem Staatsstreich Reichskanzler v. Papens gegen die preuß. Regierung in den Ruhestand versetzt. Bei den letzten freien Reichstagswahlen im Nov. 1932 wurde S. im Wahlkreis Hamburg als Abgeordneter der SPD gewählt. Nach deren Verbot und kurzer Gestapo-Haft emigrierte er im Juli 1933 auch mit Rücksicht auf seine jüd. Ehefrau nach Brüssel, wo er als Berater für einen belg. Energiekonzern wirkte. Im Herbst 1934 übernahm er eine Professur für Wirtschaftspolitik an der Emigrantenuniversität unter dem Dach der New School for Social Research in New York, da seine Arbeiten zur Gemeinwirtschaft im New Deal-Amerika lebhaftes Interesse fanden. Das Krisenprogramm des Präsidenten F. D. Roosevelt führte zu dieser Zeit mit der TVA (Tennessee Valley Authority) gerade zur Gründung eines riesigen öffentlichen Elekrizitätserzeugers. Hierbei war S. ein häufig konsultierter ordnungs- und sozialpolitischer Berater.

    Anfang der 1940er bis Ende der 1950er Jahre wirkte S. als Dean der Graduate Faculty of Political and Social Science, die aus der Emigrantenuniversität der New School for Social Research hervorgegangen war. Seine Frau Else, ebenfalls in Heidelberg promoviert, organisierte mit dem emigrierten Theologen Paul Tillich und Eleanor Roosevelt, der Ehefrau des amerik. Präsidenten, ein Selbsthilfekomitee für verfolgte Intellektuelle (American Council for Emigrés in the Professions), das bis Ende der 1950er Jahre Stellen für mehr als 3000 Flüchtlinge vermittelte. Obwohl seit 1940 amerik. Staatsbürger, behielt S. engen Kontakt zur dt. Sozialdemokratie, zunächst zu den New Yorker Exilgruppen und nach 1945 zur wiedergegründeten SPD in Deutschland. Seiner Initiative ist die Finanzierung des „Theodor Heuss-Lehrstuhls“ durch die Bundesrepublik seit Ende der 1950er Jahre für einen jährlichen dt. Gastprofessor an der New School zu verdanken.

  • Auszeichnungen

    A Gr. BVK (1969);
    Wasserkraftwerk „H. S.“ in Großkrotzenburg b. Hanau.

  • Werke

    Individuum u. Gemeinschaft in d. Kulturorganisation d. Ver., 1913 (Diss.);
    Der Staat als Unternehmer, 1932;
    Modern Tendencies in Public Utilities, 1935;
    Social Rates in Electricity, in: Social Research, 1936;
    The United States and World Reconstruction, 1941;
    Wirtsch.pol. im Weimarer Staat, Lebenserinnerungen e. pol. Beamten im Reich u. in Preußen 1889 bis 1934, hg. u. eingel. v. H. Schulze, 1982 (Autobiogr.)

  • Literatur

    | BHdE I;
    Sozialdemokrat. Parlamentarier;
    BHdwE;
    Einzigartig, Dozenten, Studierende u. Repräsentanten d. Dt. Hochschule f. Pol. (1920–1933) im Widerstand gegen d. NS, hg. v. S. Mielke u. a. 2008, S. 354–63;
    Nachlaß:
    State Univ. of New York at Albany.

  • Autor/in

    Claus-Dieter Krohn
  • Zitierweise

    Krohn, Claus-Dieter, "Staudinger, Hans" in: Neue Deutsche Biographie 25 (2013), S. 85-86 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118616919.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA