Lebensdaten
1909 – 1985
Geburtsort
Bürstadt (Hessen)
Sterbeort
Passau
Beruf/Funktion
Historiker ; Bibliothekar ; Byzantinist
Konfession
katholisch
Normdaten
GND: 118616595 | OGND | VIAF: 45095415
Namensvarianten
  • Stadtmüller, Georg
  • Stadtmüller, Georg

Objekt/Werk(nachweise)

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Zitierweise

Stadtmüller, Georg, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118616595.html [16.04.2024].

CC0

  • Genealogie

    Aus mittelrhein. Fam.;
    V Johann, Bahnaufseher b. d. Reichsbahn;
    M Barbara Siegler;
    1949 Mathilde Saenger, Dr. phil.;
    2 S Godehard, Dr. med., Arzt in Oberstdorf, Thomas, Forstmann, 1 T Monika, Jur.

  • Biographie

    Nach dem Abitur am Alten Kfl. Gymnasium in Bensheim (Hessen) 1927 studierte S. klass. Philologie, Geschichte und Deutsch in Freiburg (Br.), seit 1928 in München. Auf das Staatsexamen 1931 folgte hier ein Jahr später die Promotion zum Dr. phil. mit der von Franz Dölger (1891–1968) betreuten Dissertation „Michael Choniates, Metropolit von Athen (ca. 1138–1222)“ (gedr. 1934). Gleichzeitig ließ sich S. an der Bayer. Staatsbibliothek München zum Bibliotheksassessor ausbilden. 1934 wurde er Assistent bei Hermann Aubin (1885–1969) im Seminar für Historische Landeskunde der Univ. Breslau, im folgenden Jahr übernahm er die Bibliotheksleitung des dortigen Osteuropa-Instituts. 1936/37 habilitierte sich S. mit einer Untersuchung über die Ethnogenese der Albaner (1942, ²1966). Von Ernst Kornemann (1868–1946) zum überregionalen Ausblick ermuntert, weitete er sein byzantinistisches Arbeitsgebiet auf die alte Geschichte Südost-und Ostmitteleuropas aus und entwickelte, angeregt von dem ungar. Literaturhistoriker Julius v. Farkas (1894–1958), eine Vorliebe für die politische Geistesgeschichte des ungar. Reichsgedankens im Donau-Karpatenbecken.

    1938 übernahm S. den neu errichteten Lehrstuhl für Geschichte und Kultur Südosteuropas an der Univ. Leipzig. Als Leiter des gleichnamigen Instituts war er zugleich Vizepräsident des 1936 gegründeten, fakultätsübergreifenden Südosteuropa-Instituts und Herausgeber von dessen „Leipziger Vierteljahrsschrift für Südosteuropa“. S. paßte sich der NS-Ideologie an, ohne sich als deren Vertreter zu exponieren (Mitgl. in SA u. NSDAP nach 1938, Parteianwärter seit seiner Breslauer Zeit). Seit 1941 haftete ihm der Ruf politischer Unzuverlässigkeit an. 1943 wurde er deswegen seiner Ämter enthoben und als Dolmetscher zur Wehrmacht eingezogen. Aus amerik. Kriegsgefangenschaft entlassen, kehrte er im Jan. 1946 nicht nach Leipzig zurück.

    1950 wurde S. Honorarprofessor, 1954 Extraordinarius und 1958 Inhaber des neuen Lehrstuhls für Geschichte Ost- und Südosteuropas der Univ. München (em. 1974). Nach seinem Direktorat am Osteuropa-Institut München 1960–63 rief er 1963 das seinem Lehrstuhl angegliederte und bis 1976 von ihm selbst geleitete Albanien-Institut ins Leben; 1968–79 leitete er zudem das seit 1962 bestehende Ungar. Institut München e. V. In der Kommission für die Geistesgeschichte des östlichen Europa, die er 1962 an der Univ. München mitbegründet hatte, brachte er seine byzantinistischen Interessen insbesondere für die Erforschung der Wechselbeziehungen mit der Slawenwelt ein.

    In seiner Forschungs-, Lehr- und Publikationstätigkeit griff er nun mit staats- und völkerrechtsgeschichtlichen Themen zunehmend über sein angestammtes Spezialgebiet hinaus. Mit dem Wechsel vom großdt. Reichsgedanken zur westeurop. Abendlandsidee fand er einen neuen leitenden Vergleichsaspekt, den er nicht nur in historischen Untersuchungen einsetzte. So beteiligte er sich während des Kalten Kriegs an der antisowjet. Sozialismus- und Kommunismusforschung. Nachhaltig entfaltete er seine Vorliebe für Synthesen bei Versuchen, den universalgeschichtlichen Stellenwert Ost- und Südosteuropas zu bestimmen. S. vertrat zeitlebens eine deutschnationale Haltung. Dennoch begriff er die Großregion als historischen Schauplatz mannigfacher Verflechtungen zwischen Nationen und Staaten und verglich deren Interferenzen raum- und epochenübergreifend.

    Bleibende Bedeutung hat S. v. a. durch sein wissenschaftsorganisatorisches Wirken. Mit seinen Impulsen für die Ungarn- und die Albanien-Forschung förderte er zielstrebig Teilrichtungen innerhalb der überwiegend der slaw. Welt zugewandten dt. Ost- und Südosteuropawissenschaften. Zu seinen Schülern zählen Peter Bartl, Horst Glassl, Gerhard Grimm und Edgar Hösch.

  • Auszeichnungen

    A Dr. iur. h. c.;
    Mitgl. d. Academia Benedictina Bavaria;
    Vors. d. Dtld.-Stiftung (1966–68);
    bayer. Verdienstorden (1973);
    BVK (1976).

  • Werke

    u. a. Gesch. Südosteuropas, 1950, ²1976;
    Gesch. d. Völkerrechts, I, 1951;
    Reichsidee u. Machtpol. in d. amerik. Gesch., Die Entfaltung d. amerik. Völkerrechtsgemeinschaft, 1957;
    Geschichtl. Ostkde., 1959, 2. erw. Aufl. in 2 Bdn., 1963;
    Grundfragen d. europ. Gesch., 1965;
    Sozialismen, Nat.-Sozialismus, 1981;
    Begegnung mit Ungarns Gesch., Rückblick auf e. halbes Jh., 1984 (Autobiogr.);
    an d. Osteuropa-Inst. Breslau, in: Jb. d. Schles. Friedrich-Wilhelms-Univ. zu Breslau 26, 1985, S. 211–64 (Autobiogr.);
    Erinnerungen an meine schles. J., in: E. G. Schulz (Hg.), Schlesien, Kunst, Wiss., Volkskde., 1985, S. 209–18;
    Mitbegründer u. Hg.:
    Saeculum, Jb. f. Universalgesch., seit 1950;
    Veröff. d. Osteuropa-Inst., 1960–82;
    Jbb. f. Gesch. Osteuropas, 1960–65;
    Alban. Forsch., seit 1964;
    Saeculum Weltgesch., 1965–71;
    Studia Hungarica, 1968–85;
    Ungarn-Jb., 1969–79;
    Münchner Zs. f. Balkankde., 1978–82;
    Bibliogr.:
    Auswahlbibl. in: Südosteuropa unter dem Halbmond, 1975 (s. L);
    Nachlaß:
    Dr. Mathilde Stadtmüller, München.

  • Literatur

    H. Neubauer, in: Saeculum 20, 1969, S. 3–5;
    G. S., Dem Gründer dieses Jb. z. 70. Geb.tag, ebd. 30, 1979, S. 1–3;
    O. Köhler, ebd. 36, 1985, S. 285;
    P. Bartl u. H. Glassl (Hg.), Südosteuropa unter d. Halbmond, FS G. S. z. 65. Geb.tag, 1975 (W, P);
    H. Glassl u. E. Völkl, in: Ungarn-Jb. 14, 1986, S. IX– XI;
    Th. Şindilariu, Die wiss. Anfänge v. G. S., Motive u. Grenzen d. Integration in d. Wiss.betrieb d. NS-Staates, ebd. 26, 2002/03, S. 95–124;
    G. Grimm, G. S. u. Fritz Valjavec, Zw. Anpassung u. Selbstbehauptung, in: Südostforsch. im Schatten d. Dritten Reiches, hg. v. M. Beer u. G. Seewann, 2004, S. 237–55;
    Z. K. Lengyel, Hungarologie im Ungar. Inst. München, Grundlagen, Ursachen u. Ziele d. Neuprofilierung um d. Jahrtausendwende, in: Das Ungarnbild d. dt. Historiogr., hg. v. M. Fata, 2004, S. 310–26;
    C. R. Unger, Ostforsch. in Westdtld., Die Erforsch. d. europ. Ostens u. d. Dt. Forsch.gemeinschaft 1945–1975, 2007;
    Biogr. Lex. Gesch.wiss.;
    Wi. 1981;
    Munzinger.

  • Autor/in

    Zsolt K. Lengyel
  • Zitierweise

    Lengyel, Zsolt K., "Stadtmüller, Georg" in: Neue Deutsche Biographie 25 (2013), S. 15-16 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118616595.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA