Lebensdaten
1923 – 2009
Geburtsort
Wien
Sterbeort
Sydney (Australien)
Beruf/Funktion
Architekt
Konfession
jüdisch
Normdaten
GND: 118612867 | OGND | VIAF: 112781054
Namensvarianten
  • Seidler, Harry

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Zitierweise

Seidler, Harry, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118612867.html [29.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Max (1888–1971), aus W., Textiluntern. ebd., emigrierte mit seiner Frau 1939 n. London, später in d. USA, schließlich nach Turramurra (Australien), S d. Jacob u. d. Anna Zeichner;
    M Rose Schwarz (1894–1967), aus W.;
    B Marcus (Marcel) (1919-um 1985), emigrierte n. London, Psychotherapeut an d. Univ. Manitoba (Kanada), dann in Australien;
    1958 Penelope (* 1938, ev.), aus S., Architektin, Partnerin v. S., T d. Clive Evatt (1900–84), aus East Maitland, New South Wales, RA, Pol., Minister f. Tourismus u. Einwanderung, Kunstsammler, Ehrenmitgl. d. Royal Australian Historical Soc. 1943 (s. Australian Dict. of Biogr. 17), u. d. Marjorie Hannah Andreas ( 1984);
    1 S Timothy Evatt-S. (* 1964), seit 2000 Office Bearer d. National Gallery of Australia Foundation, 1 T Rose (Polly) (* 1969); Schwager Herbert (Bert) Evatt (1894–1965), Richter, Pol. (s. Australian Dict. of Biogr. 17), Clive Evatt junior, Kunsthändler in S., Schwägerin Elizabeth Evatt (* 1933), Oberste Richterin am Fam.gericht v. Australien.

  • Biographie

    S. verbrachte seine Kindheit und Jugend in Wien in gutbürgerlichen Verhältnissen. Nach dem „Anschluß“ Österreichs 1938 wurde das Textilunternehmen seiner Eltern arisiert. S. ging im Herbst 1938 zunächst allein nach London, wo er das Technical College in Cambridge besuchte. Seit 1940 interniert, zunächst auf der Isle of Man, dann in einem Lager in Kanada, hielt er diese ihn prägende|Zeit in einem später veröffentlichten Tagebuch fest. Nach der Entlassung „auf Bewährung“ studierte S. 1941–44 Architektur an der University of Manitoba (Kanada). 1945 erhielt er ein Stipendium für ein Postgraduate-Studium an der Harvard-University bei Walter Gropius (1883–1969); zu seinen Studienkollegen gehörten hier u. a. Ieoh Ming Pei (* 1917), Paul Rudolph (1918–97) und Henry Cobb (* 1926). Auf Empfehlung Gropius' besuchte S. 1946 einen Formkurs beim ehemaligen Bauhaus-Lehrer Josef Albers (1888–1976) am Black Mountain College, 1946–48 war er – zeitweise einziger – Mitarbeiter Marcel Breuers (1902–81) in dessen New Yorker Büro. Die Bauhaus-Lehren und -Lehrer in den USA formten S.s Architekturauffassung entscheidend: Von Gropius lernte er Analyse und Technologie, von Breuer Methode und Form und von Albers Licht und Raum (D. Sharp, in: H. S., 1997, S. 10). In S.s Bauten zeigte sich dann aber auch eine Affinität zu den skulpturalen Betonstrukturen von Le Corbusier und dessen Nachfolgern. So war für S.s Auffassung vom Bauen Oscar Niemeyer (* 1907) einflußreich, in dessen Büro in Rio de Janeiro S. im Sommer 1948 arbeitete. Hier kam er in Berührung mit neuester Schalenbeton-Technologie, philosophierte über die Schönheit freier, expressiver (Beton-)Formen und beschäftigte sich mit praktischen Details (u. a. Klimatechnologie); Niemeyer, der ein lebenslanger Freund wurde, vermittelte ihm wohl auch eine bestimmte Lebens- und Berufsauffassung. 1948 ging S. nach Australien, um für seine Eltern, die 1946 mit ihrem älteren Sohn Marcus von den USA dorthin gezogen waren, ein Haus zu bauen. Das „Rose Seidler Haus“ in Turramurra (1948–50) bildete den Ausgangspunkt für S.s große Karriere – und einen Markstein der Architekturentwicklung in Australien. Zahlreiche Aufträge für Einfamilienhäuser folgten. Bereits 1954 erschien das erste Buch über sein Werk: „Houses, Interiors and Projects“.

    Nach der Phase der Villenbauten begann Anfang der 1960er Jahre mit dem Bau von hochverdichteten City-Centres S.s Architektur des großen Maßstabs. Der Australia Square Tower in Sydney (1961–67) war der erste derartige innerstädtische Komplex. Bei diesem Bau begann auch die langjährige Kooperation mit dem Konstrukteur Pier Luigi Nervi (1891–1979). In der Folge arbeitete S. vorwiegend mit skulpturalen, geschwungenen Betonfertigteilen und verband damit rationelle ökonomische Serienproduktion mit individueller, origineller Anmutung. Anfang der 1970er Jahre florierte das Büro bereits derart, daß S. sich in Sydney sein eigenes Büro-/Appartmentgebäude errichtete – einer seiner schönsten innerstädtischen Bauten (1973; Erweiterungen 1988 u. 1994). Es folgten weitere hochverdichtete Komplexe mit zentralen Büro-/Wohntürmen: „MLC Centre“, Sydney (1972–75), „Grosvenor Place“, Sydney (1982–88), „Riverside Centre“, Brisbane (1983–86), „Capita Centre“, Sydney (1984–89), „Shell Headquarter“, Melbourne (1985–89), „QV I Office-Tower“, Perth (1987–91) sowie in Asien der „Hong Kong Club & Offices“, Hong Kong (1980–84) und zuletzt das „Lincoln Centre“, Kuala Lumpur (1996–98).

    Ende der 80er Jahre erfüllte sich S.s Wunsch, in seiner ehemaligen Heimatstadt zu bauen: Von der Stadt Wien erhielt er 1989 den Auftrag, eine Wohnanlage auf einem der attraktivsten und teuersten Bauplätze der Stadt zu errichten. Mit der Anlage des „Wohnparks Neue Donau“ (1993–98) durchbrach S. die in Wien damals üblichen städtebaulichen Blockrand-Schemata. Er konzipierte den Wohnpark als Terrassenanlage und situierte diese derart, daß sämtliche Wohnungen den Blick auf die Donau gewährten.

  • Auszeichnungen

    Sir John Sulman Medaille d. Royal Australian Inst. of Architects (1951, 1967, 1981, 1983, 1991);
    Wilkinson Award dess. Inst. (1965, 1966, 1967);
    Ehrenmitgl. d. American Inst. of Architects (1966) u. d. Ges. bildender Künstler Österreichs (Künstlerhaus) (1984);
    Civic Design Award (1967);
    Pan Pacific Citation d. American Inst. of Architects (1968);
    Mitgl. d. Royal Australian Inst. of Architects (1970), d. Australian Ac. of Technological Sciences (1979), d. Ac. d'architecture de France (1982) u. d. Internat. Architektur-Ak. Bulgarien (1987);
    Officer of the Order of the British Empire (1972);
    Gold Medal d. Royal Australian Inst. of Architects (1976);
    Österr. Ehrenstaatsbürger (1985);
    Companion of The Order of Australia (1987);
    Ehrenmedaille d. Stadt Wien (1989);
    Goldmedaille d. Royal Inst. of British Architects (1996);
    Österr. Ehrenzeichen f. Wiss. u. Kunst (1996);
    Goldenes Ehrenzeichen f. Verdienste um d. Land Wien (2002);
    Internat. Hochhauspreis d. Stadt Frankfurt (2004).

  • Werke

    Weitere W Marcus Seidler Haus, Turramurra, 1949–51;
    T. Meller Haus, 1950;
    Williamson Haus, Sydney, 1951;
    Waks Haus 2, Sydney, 1959;
    Ski Lodge, Thredbo, 1962;
    Diamond Bay Appartments, Dover Heights, 1962;
    Double Bay Appartments, Double Bay, Sydney, 1964;
    Harry u. Penelope Seidler Haus, Killara, 1966–67;
    Condominium Apartments, Acapulco (Mexico), 1969–70;
    RAIA Ausst.pavillon, Sydney, 1970;
    Trade Group Offices, Canberra, 1970–74;
    Austral. Botschaft, Paris, 1973–77;
    Ringwood Cultural Centre, Melbourne, 1978–80;
    Hillside Housing, Kooralbyn, Queensland, 1979–82;
    Hannes Haus, 1983–84;
    IBM Tower, Sydney, 1990–91;
    Haus in Pittwater, 1994;
    Gestaltung Austral. Pavillon Biennale di Venezia, 1996;
    Schrr.:
    Houses, Buildings and Projects, 1963 (franz., dt.,|1963);
    Tagebuch:
    Internment, The Diaries of H. S., May 1940 – Oct. 1941, hg. v. J. Wilton, 1986;
    Lehre:
    Gastprof. Harvard Univ. (1976/77), Univ. of British Columbia (1978), Thomas Jefferson Prof. of Architecture Univ. of Virginia (1978), Univ. of New South Wales (1980), Univ. of Sydney (1984 u. 1996), ETH Zürich (1993) u. Univ. of Technology Sydney (1993).

  • Literatur

    R. Banham, H. S. 1955–1963, 1963;
    P. Blake, Architecture for the New World, The Work of H. S., 1973;
    D. Sharp, H. S., Special Issue of World Architecture, 1990;
    K. Frampton u. Ph. Drew, H. S., Four Decades of Architecture, 1992 (P);
    H. S., Selected and Current Works, hg. v. St. Dobney, 1997 (P);
    H. S. im Gespräch mit Gerhard Steixner u. Maria Welzig, in: M. Welzig u. G. Steixner, Die Architektur u. ich, Eine Bilanz d. österr. Architektur seit 1945, vermittelt durch Gespräche mit ihren Protagonisten, 2003, S. 83–97;
    Nachrufe:
    G. Matzig, in: FAZ u. SZ v. 10. 3. 2006;
    BHdE II;
    Dict. of Art.

  • Autor/in

    Maria Welzig
  • Zitierweise

    Welzig, Maria, "Seidler, Harry" in: Neue Deutsche Biographie 24 (2010), S. 186-188 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118612867.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA